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Kapitalneutralisierung

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Die Kapitalneutralisierung ist ein durch die Konvergenzdiskussion (Dritter Weg), als auch die Alternativbewegung gebräuchlich gewordener ökonomisch-rechtlicher Fachbegriff.

Neutralisierung des Kapitals nach Rudolf Steiner

Als erster hat Rudolf Steiner, Begründer der Anthroposophie, Überlegungen zur "Neutralisierung des Kapitals" angestellt. Das durch den Einsatz individueller Fähigkeiten im Laufe der Zeit gebildete Eigentum an Produktionsmitteln, also das Kapital (im rechtlichen Sinne) soll den privaten Genußerwartungen seiner Eigentümer dadurch entzogen werden, indem es es nach einer gewissen Zeit der Nutzung durch den Eigentümer, oder einen sonstigen traditionellen dispositiven Faktor, statt vererbt zu werden, in die Verwaltung eines Gliedes des geistigen Organismus übergeht, welches dieses wiederum an einen erneuten "Fähigen" zum weiteren wirtschaftlichen Gebrauche als Arbeitsleiter [Steiner] überträgt. Auch die Unternehmensleitung durch mehrere solcher "Fähiger" soll möglich sein. Voraussetzung dazu sei aber ein neues Rechtssubjekt, welches dazu führe, dass das Kapital gewissermaßen "sich selbst gehört". Dieses neue Rechtssubjekt stehe in der Tradition der germanischen Allmende - und im Gegensatz zum Eigentumsbegriff des römischen Rechts. Dieses der rein privaten Verfügungsmacht entzogene Kapital stelle somit ein eigentumsrechtlich "neutralisiertes Kapital" dar. Daher spricht man hier von "Kapitalneutralisierung".

Kapitalneutralisierung in der heutigen Gesellschaft

In einem Rechtssystem, das in der Tradition des römischen Eigentumsbegriffes steht, sind die von Rudolf Steiner gewollten Reformen bzw. der Entzug von persönlichem Eigentum nur bedingt möglich, etwa durch die Übertragung des Kapitals an eine gemeinnützige Stiftung oder an eine Genossenschaft. Die "Neutralisierung des Kapitals" ist unter heutigen Bedingungen aber prinzipiell möglich.

Modellhaft wurde dies bereits durch die Stiftung Aktion Dritter Weg[1] , den Scott Bader Commonwealth [2] und durch die nicht-gemeinnützige WALA-Stiftung[3] sowie neuerdings auch von Götz W. Werner durch die dm-Stiftung [4] versucht.

Literatur

  • Rudolf Steiner: Zur Frage des Eigentums, in: Soziale Zukunft, 3. Jg., (1958), Nr. 8 / 9, S. 104 – 105
  • Hans-Georg Schweppenhäuser: Das Eigentum an den Produktionsmitteln, Berlin 1963
  • Hans-Georg Schweppenhäuser: Macht des Eigentums, Stuttgart 1970
  • Sozialwissenschaftliches Forum, Band 5: Eigentum - Die Frage nach der Sozialbindung des Eigentums an Boden und Unternehmen, Vlg. Freies Geistesleben, Stuttgart 2000
  • Christoph Strawe: Marxismus und Anthroposophie (Dissertation), Klett-Cotta, Stuttgart 1986, S. 225
  • Ramon Brüll: Auf dem Wege zum neutralisierten Kapitaleigentum. In: Zeitschrift INFO3, Nr. 8, 1984, S. 19 - 21
  • Ramon Brüll: Treuhandwirtschaft und unveräußerliches Kapital - Ein Vorschlag zur Bankenkrise. In: Zeitschrift INFO3, Nr. 11, November 2008, S. 81 - 86
  • Ota Sik: Humane Wirtschaftsdemokratie, Knaus Vlg., Hamburg 1979
  • Ota Sik: Ein Wirtschaftssystem der Zukunft, Springer Vlg., Berlin/Heidelberg/New York/Tokio 1985
  • Matthias Neuling: Rechtsformen für alternative Betriebe (Dissertation an der Universität Bremen), Hamburg 1984
  • Michael Heinen-Anders: Aus anthroposophischen Zusammenhängen, BOD, Norderstedt 2010


Einzelnachweise

  1. Aktion Dritter Weg. Ein Modellversuch. Ein Bericht von Rudolf Saacke, in: Max V. Limbacher: Projekt Anthroposophie, Rowohlt Vlg., Reinbek bei Hamburg 1986, S. 97 - 106
  2. Scott Bader Celebrates 60th Commonwealth Anniversary
  3. Wala-Stiftung
  4. "Drogeriekönig verschenkt seine Konzernanteile Stiftung"

Siehe auch