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Tunnel

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Tunneleinfahrt in Richtung San Francisco
Tunnelausfahrt zur San Francisco-Oakland Bay Bridge
Im Inneren eines Autotunnels

Ein Tunnel ist eine künstliche Passage, die durch einen Berg, unter einem Gewässer oder einem anderen Hindernis hindurch führt.

Als Verkehrsweg bietet er Schienenfahrzeugen, Kraftfahrzeugen oder auch Schiffen sowie Fußgängern und Ver- und Entsorgungsleitungen eine Durchfahrt beziehungsweise einen Durchgang. Er unterscheidet sich von der Galerie dadurch, dass er außerhalb der Zu- und Ausfahrt allseitig geschlossen ist.

Tunnel sind im allgemeinen ein- oder zweispurig, können aber auch mehrspurig sein. Der Bau eines Tunnels ist kostenintensiv und meist auch eine technische und geologische Herausforderung an die Ingenieurskunst. Vor der Planung sind die Aspekte des Umweltschutzes und die Baukosten sorgfältig gegen die Ersparnis durch die Verkürzung der Route abzuwägen.

Sprachliche Herkunft

Der Begriff Tunnel wurde in England (the tunnel) geschaffen, dabei lehnte man sich an das französische Wort tonnelle an, welches blumenbewachsene, durchschreitbare Bögen zumeist aus Draht oder Holz bezeichnet. Das Wort wanderte weiter nach Deutschland und dann weiter zurück nach Frankreich (le tunnel). Die tonnelle stammt übrigens wegen ihrer Form ab vom französischen Begriff für ein spezielles, großes Fass (tonne). Dieses Fass wiederum gab wegen seines Inhalts (etwa 1.000 Liter) der Masseneinheit Tonne (1.000 kg) ihren Namen.

Im Duden wird neben dem Lemma „der Tunnel“ auch „das Tunell“ angeführt.

Geschichte

Vorläufer der Tunnel waren die unterirdischen Be- und Entwässerungskanäle, die bereits von den antiken Griechen (beispielsweise Samos: der zur verdeckten Wasserversorgung ca. 530 v. Chr. gebaute Tunnel des Eupalinos), der unter dem israelischen König Hiskija ebenfalls zur Wasserversorgung bei Belagerung gegrabene 500 m lange Tunnel von der Gibon-Quelle zum Siloah-Teich in Jerusalem, der etwa 150 v. Chr. geschlagene 700 m lange Tunnel zur Wasserversorgung nach Qumran am Toten Meer, besonders von den Römern ausgeführt wurden (beispielsweise Ableitung des Fucino-Sees, 5,6 km langer Tunnel, Mitte des 1. Jahrhunderts, Zuleitung der Trinkwasserleitung am Pont du Gard). Aufgrund von Resten antiker Schachtbauwerke in der Umgebung von Dover geht moderne Forschung davon aus, dass bereits die Römer sich mit dem Gedanken eines Ärmelkanaltunnels nicht nur theoretisch beschäftigt haben.

Nördlich der Alpen gab es in Deutschland vor dem Zeitalter des Eisenbahnbaus nur vier Tunnel, zu denen der Tiergarten-Tunnel in Blankenheim in der Eifel zählt. Sie wurden möglicherweise durch Bergleute angelegt und befanden sich häufig in Nachbarschaft zu Klöstern, die möglicherweise Zugang zu antikem Wissen (Bibliotheken) hatte. Die Einführung des Schwarzpulvers zur Gesteinssprengung bewirkte im 17. Jahrhundert mehr Aufmerksamkeit (beispielsweise 1679 bis 1681 der 157 m lange Malpas-Tunnel für den Canal du Midi und der Schiffstunnel von Weilburg an der Lahn) für den Tunnelbau beim Ausbau der Schiffskanäle in England, Frankreich und Italien. 1708 wurde mit dem Urnerloch der erste "alpenquerende" Tunnel (Länge 64 m) für den Güter und Personenverkehr eröffnet. Der 1789 eröffnete Sapperton Tunnel im Thames & Severn Canal in England durch Hügel gegraben, war 3,5 km lang und zum Transport von Kohlefrachtern gebaut. Auch der 2.869 m lange Norwood-Tunnel in England ist ein weiteres Beispiel. Durch den 4.880 m langen Mauvages-Tunnel im Rhein-Marne-Kanal im Elsaß werden Boote und Schiffe heute mit einer Elektrolokomotive getreidelt.

Der erste Verkehrstunnel unter einem Fluss wurde am 1. Januar 1869 in Chicago eröffnet. Der erste Flusstunnel auf dem europäischen Kontinent war der am 7. September 1911 eröffnete Elbtunnel in Hamburg.

Die ersten Eisenbahn-Tunnel schuf George Stephenson auf der Strecke Liverpool - Manchester 1826 bis 1830. 1837 bis 1839 wurde auf der Strecke Leipzig - Dresden bei Oberau der erste deutsche Eisenbahn-Tunnel gebaut. Die großen Gebirgs-Tunnel ermöglichte erstmals die Erfindung des Dynamits und der mit Druckluft betriebenen Gesteinsbohrmaschinen.

Tunnel schrieben auch politisch - militärische Geschichte: So wurden in den 1960er Jahren geheime Fluchttunnel aus Ostberlin und der DDR nach Westberlin und Spionagetunnel vice versa während der Zeit der Berliner Mauer gebaut. Während des Vietnamkrieges besaß der Vietcong in den 1970er Jahren eine Vielzahl von Tunneln bis in die Nähe der südvietnamesischen Hauptstadt Saigon, in die die Soldaten der Vietnamesischen Volksbefreiungsarmee sich bei amerikanischen Luftangriffen und Patrouillen versteckten, Nachschublager unterhielten und Verwundete operierten und pflegten. Während des Bürgerkriegs in Bosnien in den 1990er Jahren bauten die bosnischen Truppen einen geheimen Tunnel von Sarajewo unter dem serbischen Belagerungsring hindurch, durch den sie bescheidenen Nachschub erhielten.

Tunnelarten

Cochemer Tunnel

Sporntunnel

Sporntunnel sind zumeist in Flusstälern zu finden. Oftmals werden Eisenbahnlinien, seltener auch Straßen, durch Flusstäler verlegt, da die Flussläufe zumeist eine moderate Steigung aufweisen. Viele Flusstäler mäandrieren jedoch sehr stark. Dann ist zur Abkürzung oder Begradigung der Trasse ein Sporntunnel notwendig. In den deutschen Mittelgebirgen sind Sporntunnel meist nicht länger als 200 m, im Hochgebirge können sie jedoch auch 1.000 oder 2.000 m lang sein. Ein überdurchschnittlich langer Sporntunnel ist in Deutschland der 4.203 m lange Cochemer Tunnel an der Moselbahn. Ungewöhnlich viele Sporntunnel besitzt die Elstertalbahn.

Scheiteltunnel

Ein Scheiteltunnel ist ein meist kurzer Tunnel, der einen Berg meist knapp unterhalb eines Passes durchquert. An beiden Enden des Scheiteltunnels sind dann meist längere Auffahrtrampen an den Bergflanken vorhanden, wodurch die Streckenlänge erhöht wird, jedoch der Tunnel kürzer ausfällt. Der älteste noch befahrene Eisenbahntunnel Deutschlands, der 691 m lange Buschtunnel (1838), durchsticht nach einer 2 km langen Steilrampe mit 27 ‰ einen Höhenrücken im Aachener Süden.

Basistunnel

Ein Basistunnel führt durch einen Berg, jedoch ohne dass es steile Auffahrtrampen gibt, wodurch ein Basistunnel deutlich länger als ein Scheiteltunnel ausfällt.

Kehrtunnel

Ein Kehrtunnel wird in einem Berg geführt, jedoch nicht um diesen zu durchqueren, sondern um bei Steigungsstrecken im Gebirge die Streckenlänge zu erhöhen, wodurch die Steigung geringer ausfallen kann. Diese Bauart vollführt unterirdisch einen Richtungswechsel von 180 Grad. Das Prinzip wurde erstmalig 1863 beim Bau der Schwarzwaldbahn genutzt.

Siehe auch: Kehrschleife

Kreiskehrtunnel

Stockhalde- Kreiskehrtunnel der Wutachtalbahn. Oben Zug auf Talfahrt kurz vor der Einfahrt in den Tunnel.
Zug bei der Ausfahrt aus dem Stockhaldetunnel. Beide Fotos wurden vom gleichen Standpunkt aus aufgenommen.

Ein Kreiskehrtunnel dient dem gleichen Zweck wie ein Kehrtunnel, nur dass der Tunnel wie eine Schraubenlinie einen Richtungswechsel von 360 Grad vollführt. Der einzige Tunnel dieser Bauart in Deutschland und der einzige weltweit in einem Mittelgebirge ist der 1.700 m lange Große Stockhalde-Kehrtunnel der Wutachtalbahn ("Sauschwänzlebahn"). Im Hochgebirge sind Kreiskehrtunnel häufiger zu finden, so zum Beispiel auf der Südrampe der Gotthardbahn.

Autobahntunnel

Ein Autobahntunnel ist ein Tunnel, durch den eine Autobahn hindurchführt. Hierbei wird heute allgemein für jede Richtungsfahrbahn eine eigene Tunnelröhre vorgesehen. Es gibt auch Autobahntunnel mit mehreren Röhren, wie den neuen Elbtunnel in Hamburg.

Häufig ist noch eine Röhre vorhanden, die im Gefahrenfall eine schnelle Evakuierung erlaubt.

Zum Bau eines Autobahntunnels ist, da er über zwei Röhren mit einen relativ großen Querschnitt verfügt, ein größerer Erdaushub nötig als für den Bau eines Eisenbahntunnels. Auch sind wegen der Autoabgase bei Autobahntunneln umfangreichere Lüftungsanlagen nötig als bei Eisenbahntunneln vergleichbarer Länge.

Autobahntunnel sind besonders bei Autobahnen im Gebirge anzutreffen, um größere Kurvenradien und geringere Steigungen zu realisieren, als es bei tunnelfreier Führung möglich wäre. In Ballungsräumen dienen Autobahntunnel auch dem Lärmschutz, wobei man hier auch Tunnel finden kann, bei denen die Decke erst nachträglich aufgebracht wurde. Andere Anwendungen von Autobahntunnel sind Unterwassertunnel (z. B. der Hamburger Elbtunnel).

Im Zweiten Weltkrieg wurden in Deutschland einige Autobahntunnel als bombensichere Fabrik genutzt. Der Autobahntunnel unter dem Gran Sasso (Italien) dient auch als Zufahrt zu einem Labor zum Nachweis von Neutrinos.

Bekannte Autobahntunnel

Einfahrt zum Karawankentunnel auf österreichischer Seite
Gotthardtunnel

Tunnelbau

Der Bau von Tunneln erfolgt in geschlossener oder in offener Bauweise. Bei der geschlossenen Bauweise erfolgt die Herstellung bergmännisch in der Neuen Österreichischen Bauweise mittels Bohr- und Sprengvortrieb beziehungsweise Baggerausbruch oder maschinell mittels einer Tunnelbohrmaschine. Beim Tunnelbau in offener Bauweise erfolgt die Herstellung des Tunnelbauwerks in einer offenen Baugrube, die anschließend wieder verfüllt wird.

Insbesondere Tunnel sind mit sehr hohen Investitionskosten verbunden. So schlägt in Deutschland ein zweistreifiger Straßentunnel, welcher bergmännisch in mittelschweren Bodenverhältnissen hergestellt wird, im Schnitt mit 20.000 € pro Meter zu Buche. Dies ist nur ein Durchschnittswert, der nach unten, vor allem aber stark nach oben hin abweichen kann. Davon entfallen in der Regel 15-20% auf die Ausstattung des Tunnels, zum Beispiel Beleuchtung, Notrufsäulen, etc. Neben den zum Teil enormen Baukosten ist die Unterhaltung des Tunnel ebenfalls sehr kostspielig. So rechnet man im Schnitt mit jährlichen 180.000 € Folgekosten pro Kilometer Tunnelstrecke.

Tunnelsicherheit

Notrufnische im Autobahntunnel der A 17 bei Dresden

In Tunneln kann ein funktionierendes Sicherheitssystem im Falle eines Unfalls oder Brandes Leben retten. Folgende bauliche und technische Maßnahmen erhöhen die Sicherheit in Tunnelanlagen:

  • Nach Fahrtrichtungen getrennte Tunnelröhren
  • zusätzliche Rettungsstollen, die als Fluchtweg einerseits, als Zugang für Einsatzkräfte andererseits dienen.
  • Belüftungsanlage mit Strahlventilatoren und evtl. Belüftungsschächten
  • Anlage zur Sichttrübungsmessung
  • Anlage zur Windgeschwindigkeitsmessung
  • Sprinkleranlage und für die Feuerwehr Löschwasserentnahmestutzen
  • Fluchtweghinweise mit Entfernungsangabe und Fluchtwegbeleuchtung
  • Notrufnische mit Notrufanlage und mit Feuermelder und Feuerlöscher
  • Abflusssystem für brennbare Flüssigkeiten
  • Überwachungskamera
  • Nothaltebuchten bei Straßentunneln
  • Notbeleuchtung bei Eisenbahntunneln

Weiterhin ist ein intensives Sicherheitsmanagment notwendig, welches das Erstellen von Alarmplänen und Übungen mit ansässigen Feuerwehren (so genannte Portalfeuerwehren) beinhaltet.

Zahlreiche schwere Unfälle in Tunneln (Siehe Katastrophen im Straßenverkehr und Schienenverkehr) zeigen immer wieder, dass viele Tunnel nur über ein schlechtes Sicherheitssystem verfügen.

Um die Sicherheit zu erhöhen werden auch laufend Tests von den Verkehrsclub durchgeführt. Dabei werden ungefähr 30 Tunnel in ganz Europa miteinander verglichen. Durch Veröffentlichung dieser Vergleiche soll auf die Tunnelbetreiber ein öffentlicher Druck gemacht werden. Derzeit (2005) beginnt ein von der EU gefördertes Sicherheitsprojekt, dass unter der Federführung des ÖAMTC mit zehn weiteren Ländern unter dem Namen EuroTAP (European Tunnel Assessment Programme). Die EU hat zur Verbesserung der Tunnelsicherheit die Richtlinie 2004/54/EG erlassen, deren Umsetzung in den Mitgliedsstaaten bis zum 30. April 2006 abgeschlossen sein muss.

Trotz aller dieser Maßnahmen kann vor allem in Straßentunneln keine hundertprozentige Sicherheit gewährleistet werden. Auch die Benutzer müssen sich der Gefahren bewusst sein und sich an die Regeln halten, wie:

  • Fahrzeugbeleuchtung einschalten
  • Fahrgeschwindigkeit reduzieren
  • Sicherheitsabstand einhalten
  • Autoradio mit Verkehrsfunk einschalten
  • Auch die Umstellung der Lichtverhältnisse der Augen beachten
  • Nicht stehen bleiben im Tunnel.
  • Ampel unbedingt beachten.
  • Nie hinter einem brennenden Fahrzeug noch in den Tunnel einfahren. Die Verqualmung kann den Motor zum Absterben bringen, was eine Flucht aus dem Tunnel wesentlich erschwert.

Motive

Bei der Querung von Wasserflächen ist oftmals eine Entscheidung zwischen Tunnel und Brücke zu treffen. Generell sind Unterwassertunnel kostspieliger als zum Beispiel Hängebrücken. Bei Schiffswegen ist die Einsetzbarkeit von Brücken jedoch oftmals eingeschränkt. Beispiele für Tunnel, die aus schifffahrtstechnischen Gründen an Stelle einer Brücke gebaut werden mussten, sind der Holland und Lincoln Tunnel zwischen New Jersey und Manhattan sowie die Elizabeth-Tunnel zwischen Norfolk und Portsmouth in Virginia.

Seit neuerer Zeit wird Tunnelbau auch aus Gründen des Landschafts- und Umweltschutzes betrieben. So gab es zum Beispiel in den letzten fünf Jahren heftige Auseinandersetzungen um den Bau eines Tunnels im Zuge der BAB 4 westlich von Jena in Thüringen. Ursprünglich war ein Tunnel vorgesehen, der die Autobahn aus dem ökologisch wertvollen Leutratal herauslegen sollte. Aus Kostengründen wurden diese Pläne - zum Nachteil der Anwohner - auf einen 2,9 km langen Tunnel abgespeckt.

Die längsten Tunnel der Erde

Die derzeit längsten und bereits für den Verkehr freigegeben Tunnel der Erde sind:

Siehe auch: Liste der längsten Tunnel der Erde

Siehe auch