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Constructive Developmental Framework

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Das Constructive Developmental Framework (CDF) ist ein auf empirischer Entwicklungsforschung beruhendes Assessmentinstrument, das von Otto Laske begründet wurde.

Definition: Constructive Developmental Framework (CDF)

Das Constructive Developmental Framework (CDF) ist ein auf empirischer Entwicklungsforschung beruhendes Assessmentinstrument, das von Otto Laske begründet wurde.

Der CDF-Methodologie liegt die Annahme zugrunde, dass jedes Individuum sich aktiv eine eigene “Welt” konstruiert, die von anderen Weltmodellen verschieden und lebenslang im Entstehen ist. Die CDF-Methodologie umfasst drei Assessmentinstrumente, je eines für die sozial-emotionale und kognitive Entwicklung einer Person, und eines für das psychologische Profil. Die CDF-Methodologie kommt überall dort zur Anwendung, wo es darum geht, Erwachsenen bei ihrer lebenslangen Entwicklung zu unterstützen. Die Methodologie wird am Interdevelopmental Institute (IDM) in verschiedenen Programmen unterrichtet.

Die empirische Grundlage der Methodologie gründet in der Forschung, die vor 40 Jahren an der Kohlbergschule begann. Diese Methodologie wurde seit 1998 durch Otto Laske durch das dialektische Denken der Frankfurter Schule und Hegel’s Philosophie erweitert. Diese Erweiterung zeigt sich vor allem darin, dass CDF strikt zwischen sozial-emotionaler und kognitiver Entwicklung unterscheidet und beide empirisch in Beziehung zueinander setzt.

CDF im Überblick

Drei Dimensionen der geistigen Entwicklung

Nach CDF ist Lernen nicht dasselbe wie Entwicklung. Man kann sein ganzes Leben lang lernen, ohne sich entscheidend zu entwickeln. CDF unterscheidet zwei Achsen der Entwicklung, die horizontale und die vertikale.

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Horizontale und vertikale Achse der Entwicklung (Laske 2006: 23)

Abbildung 1: Horizontale und vertikale Achse der Entwicklung (Laske 2006: 23)


Lernen geschieht auf der horizontalen Achse der Entwicklung und ist eine Veränderung in der Zeit, während Wachstum auf der vertikalen Achse geschieht und eine Veränderung über die Zeit hin ist. Lernen betrifft das Verhalten und bestimmte Fertigkeiten, Wachstum betrifft geistige Fähigkeiten, die in CDF Entwicklungspotentiale genannt werden. Die vertikale Entwicklung bestimmt schliesslich, ob das Lernen effektiv ist und ob sich das Verhalten wirklich ändert.

CDF unterscheidet zwei unterschiedliche, doch verbundene Dimensionen lebenslanger Entwicklung: einerseits die kognitive Entwicklung (KE), d.h. die Entwicklung des Denkens, und andrerseits die sozial-emotionale Entwicklung (SE), d.h. die Entwicklung des sozialen Bewusstseins und des emotionalen Gleichgewichts. Diese beiden Pfade können sich in der Entwicklung einer Person überschneiden oder sich verfehlen. Ein Ungleichgewicht kann zudem die menschliche Arbeits- und Lernfähigkeit beeinträchtigen. Als dritte Dimension kommt noch das psychologische Profil einer Person hinzu, d.h. was eine Person in ihrem Umfeld an Verhalten und Fertigkeiten gelernt hat.

Faktoren der Arbeitsfähigkeit

Das menschliche Bewusstsein kennt keine strikte Trennung von Denken und Fühlen. Beide Aspekte werden über die Lebensspanne hin zunehmend im Bewusstsein integriert. Das Weltmodell beinhaltet sowohl kognitive, sozial-emotionale Entwicklungselemente sowie psychologische Verhaltenselemente. Es ist letzten Endes das Weltmodell, nicht der “Charakter” oder das “Denken” einer Person, das bestimmt, wie ein Mensch in der wirklichen Welt handelt und was er in ihr leisten kann.

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Faktoren der Arbeitsfähigkeit (Laske 2009: 59)

Abbildung 2: Faktoren der Arbeitsfähigkeit (Laske 2009: 59)

Die angewandte Fähigkeit einer Person in der Welt zu handeln und zu arbeiten ist nach CDF also durch folgende Faktoren bestimmt:

  • die kognitive Entwicklung,
  • die sozial-emotionale Entwicklung,
  • die Kapazität, d.h. das psychologische Profil der Person und
  • das Weltmodell, d.h. die Vorstellungen, die die Person im Laufe ihres Lebens von sich und ihrer Umwelt entwickelt hat.

Die Einzigartigkeit des Individuums

Das Assessment einer Person nach CDF zeigt drei wesentliche Aspekte einer Person: Die sozial-emotionale Entwicklung (SE), die kognitive Entwicklung (KE) und das verhaltenspsychologische Profil, das Bedürfnisse und Stressfaktoren einer Person anzeigt (BS). Die drei Dimensionen von CDF unterscheiden sich nach ihrem Allgemeinheitsgrad.

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Individualität einer Person (Laske 2009: 164)

Abbildung 3: Individualität einer Person (Laske 2009: 164)

Das sozial-emotionale Profil bleibt in CDF relativ allgemein und abstrakt und ist auf Tausende von Personen auf der gleichen Stufe anwendbar. Das Profil ist insofern nur eine Schale, die mit Einzelheiten gefüllt werden muss, um einer Person zu einem bestimmten Zeitpunkt einzuschätzen. Im Gegensatz dazu ist das kognitive Profil, das Aussagen über das dialektische Denken einer Person macht, schon genauer auf eine Person zugeschnitten. Den individuellsten Charakter hat das verhaltenspsychologische Profil, das auch psychoanalytische Merkmale einer Person berücksichtigt. Um einer individuellen Person gerecht zu werden, müssen alle drei Dimensionen der Person in einer Triangulation bestimmt werden. Zudem müssen die spezifischen Merkmale im Lichte der allgemeineren Merkmale interpretiert werden.

Kognitive Entwicklung

Epochen der Denkentwicklung

Nach Piaget entwickelt sich das Denken beim Kind in vier Stadien, die er senso-motorisch, prä-operatorisch, konkret-operatorisch und formal-operatorisch nennt. Die Entwicklung des formal-operatorischen Denkens dauert bis etwa zum 25. Lebensjahr. Forschung in der Nachfolge von Piaget konzentriert sich auf die berühmt gewordene Frage von Kohlberg: Gibt es ein Leben nach 25? Gemäss CDF zeigt sich die Denkentwicklung bei Erwachsenen in der Entwicklung des dialektischen Denkens.

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Epochen der Denkentwicklung von Erwachsenen (nach Laske 2009: 120)

Abbildung 4: Epochen der Denkentwicklung von Erwachsenen (nach Laske 2009: 120)

Auch das Denken von Erwachsenen entwickelt sich in Phasen vom gesunden Menschenverstand zum Verstehen, dann zur Vernunft und schliesslich zur praktischen Weisheit. Die ersten drei Epochen der Denkentwicklung können den Denksystemen von Locke, Kant und Hegel zugeordnet werden, setzen jeweils das vorhergehende Denksystem voraus und finden den vorläufigen Abschluss in einer Form von praktischer Weisheit. Die Schleife führt zurück zu einer höheren Art von gesundem Menschenverstand.

Das formallogische Denken ist mit ungefähr 25 Jahren voll entwickelt. Das dialektische Denken beginnt mit ungefähr 18 Jahren und die praktische Weisheit beginnt typischerweise nicht vor 50 Jahren. Die Verwendung von dialektischen Denkformen bildet in der Denkentwicklung von Erwachsenen den wichtigsten Meilenstein.

Vier Klassen von dialektischen Denkformen

Die Denktradition der Dialektik versteht die Welt als ein vielfältiges Ganzes, das sich dauernd verändert. Dieses Wechselspiel von Gegensätzen in der realen Welt lässt sich nicht einfach mit statischen Begriffen fassen. Wenn man zwischen “Welt” und “Denken” unterscheidet, so kann man sagen, dass das Denken der Wirklichkeit nachläuft und sie nur selten wirklich erreicht. Die scheinbare Un-Logik der Realität findet sich auch im Alltag überall: • Was im Kleinen richtig ist, stimmt im Grossen nicht mehr. • Was heute gewiss ist, ist morgen bereits überholt. • Was als einfaches Ding erscheint, ist ein Element eines komplexen Netzwerks. • Was unveränderbar scheint, wird durch Menschen kreativ weiterentwickelt.

Laske unterscheidet im Anschluss an Bhaskar (1993) vier Quadranten der Dialektik, die unterschiedliche Aspekte der Wirklichkeit zeigen: Kontext (K), Prozess (P), Relation (R) und Transformation (T).

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Die vier Quadranten der Dialektik (Laske 2009: 172)

Abbildung 5: Die vier Quadranten der Dialektik (Laske 2009: 172)

Von den vier Quadranten der Dialektik leitet Laske vier Klassen von Denkformen ab, mit denen wir die Wirklichkeit zu fassen versuchen. Sobald ein Phänomen in den Begriffen einer Klasse von Denkformen gefasst ist, stellt sich die Realität in einem anderen Blickwinkel dar. Die Denkformen zeigen Momente der Realität und bilden diese mehr oder weniger gut ab. Sie sind Denkwerkzeuge, die Menschen einsetzen, um der Komplexität der Realität gerecht zu werden.

CDF unterscheidet vier Klassen von dialektischen Denkformen, die den vier Quadranten der Dialektik entsprechen (Laske 2009: 224): • Prozess (P) – ständiger Wandel: Diese Denkform beschreibt, wie Dinge oder Systeme entstehen und wieder vergehen. • Kontext (K) – stabile Struktur: Diese Denkform beschreibt, wie ein Ganzes gegliedert oder wie ein Ding in ein grösseres Ganzes eingebettet ist. Dazu gehöre auch verschieden Perspektiven auf das Ganze. • Relation (R) – Einheit in der Verschiedenheit: Diese Denkform beschreibt innere und äussere Beziehungen eines Systems und die gemeinsame Grundlage. • Transformation (T) – Gleichgewicht und Weiterentwicklung. Diese Denkform beschreibt, wie ein System in einem Gleichgewicht bleibt und sich trotzdem weiterentwickelt.

CDF unterscheidet für jede Klasse zudem sieben individuelle Denkformen, insgesamt also 28 Denkformen.

Das kognitive Profil einer Person

Das kognitive Profil zeigt, wie gut die Flexibilität des Denkens und das Denken in Zusammenhängen entwickelt sind. Das kognitive Profil einer Person wird in CDF mit Hilfe eines einstündigen Interviews erhoben. Ein Interview ist eine semi-strukturierte Begegnung zwischen zwei Personen, in der eine von diesen die Aufgabe des vertieften Verstehens durch Nachfragen übernimmt. Das kognitive Interview erforscht, wie weit jemand über rein logisches Denken hinausgewachsen ist. Es setzt also logisches Denken voraus und prüft, wie weit dieses vom Sprecher dialektisch angewendet wird. Dabei werden die vier Quadranten der Dialektik als Grundlage der Erforschung des kognitiven Profils eingesetzt.

Der Interviewer führt das Gespräch anhand eines Leitfadens mit 15 Stichwörtern zum so genannten inneren Arbeitsplatz. Die Stichwörter lassen sich zu drei Gruppen zusammenfassen, die in CDF Häuser genannt werden: das Aufgaben-Haus, das Organisations-Haus und das Selbst-Haus. Die Häuser können verschiedenen Umgebungen angepasst werden, etwa an berufliche, schulische oder familiäre Arbeit. Aus dem Interviewtransskript werden dann Ausschnitte ausgewählt und in Bezug auf die dialektischen Denkformen analysiert.

Das Ergebnis dieser Analyse ist das kognitive Verhaltensdiagramm, das den Gebrauch von Denkformen während des Interviews zeigt. Aus dem kognitiven Verhaltensdiagramm lassen sich einerseits der kognitive Flüssigkeitsindex und andrerseits das kognitive Profil bestimmen. Der kognitive Flüssigkeitsindex ist ein numerischer Wert, der die Fähigkeit einer Person angibt, dialektische Denkformen zu verwenden. Das kognitive Profil zeigt die Verteilung der verwendeten Denkformen auf die vier Klassen von Denkformen. Ein kognitives Profil von [14, 43, 33; 24 (%)] besagt beispielsweise, dass eine Person im Interview folgende Denkformen verwendet hat: 14% Prozess (P), 43% Kontext (K), 33% Relation (R) und 24% Transformation (T). „Tiefes“ Denken zeichnet sich nach CDF durch folgende Merkmale aus: • ein ausgeglichenes kognitives Profil für die Klassen der dialektischen Denkformen: [P, K, R; T (%)] • einen hohen Index für systemisches Denken, d.h. für die transformativen Denkformen (T) sowie • ein ausgeglichenes Verhältnis von kritischen und konstruktiven Denkformen: (P+R) vs. (K+T).


Sozial-emotionale Entwicklung

Stufen der Erwachsenenentwicklung

Die sozial-emotionale Entwicklung gründet sich auf zwei der wichtigsten erfahrbaren Abstraktionen im Leben, auf dem „Selbst“ und den „Anderen“, und diese Abstraktionen werden von Individuen abhängig von ihrer Entwicklungsstufe erlebt. Die beiden Konzepte „Selbst“ und „Andere“ sind geprägt von den kognitiven Fähigkeiten einer Person. Unter diesem Gesichtspunkt kann man sagen, dass entscheidende Veränderungen in der Persönlichkeitsentwicklung im Bewusstsein stattfinden. Sie haben mit der Fähigkeit einer Person zu tun, „Selbst“ und „Andere“ als Abstraktionen zu begreifen und mit ihnen in einer zunehmend flexiblen Weise geistig umzugehen.

Nach Kegan (1982) wird das menschliche Bewusstsein durch zwei Hauptbestrebungen bestimmt, nämlich autonom zu sein und einer Gruppe anzugehören. Als Menschen „unterliegen“ wir diesen Tendenzen in dem Sinne, dass wir sie nicht unter Kontrolle haben, sondern von ihnen bestimmt werden. Zudem liegen diese beiden Tendenzen miteinander im Streit, und ihr Verhältnis verändert sich über die Lebensspanne hin.

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Die Spirale der Erwachsenenentwicklung (Laske 2006: 31)

Abbildung 6: Die Spirale der Erwachsenenentwicklung (Laske 2006: 31)


Die beiden Tendenzen, sich selber zu sein und einer Gruppe anzugehören, sind im Verlauf des Lebens unterschiedlich stark ausgeprägt. Während der Zeit der Pubertät ist der Drang nach Selbständigkeit ausgeprägt, während in der Zeit des frühen Erwachsenenalters die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, sei es die Familie, eine Gemeinschaft oder die Gesellschaft zunehmend an Bedeutung gewinnt. Ein Teil der Erwachsenen erlebt in ihrer Entwicklung eine weitere Phase der Autonomie und der anschliessenden Integration. Die Zeitangaben und die Stufen sind nicht direkt verbunden. Insgesamt ergibt sich das Bild einer Spirale der sozio-emotionalen Entwicklung von Erwachsenen.

Neben den sozial-emotionale Hauptstufen unterscheidet CDF auch Zwischenstufen. Zwischenstufen unterliegen dem doppelten Einfluss der unteren und oberen Stufe und sind daher konfliktreich.

Stufe Merkmal
5 nicht länger einem bestimmten Aspekt des Selbst verpflichtet, und aufmerksam auf den unablässigen Fluss.
5(4) der eigenen Dekonstruktion voll verpflichtet und von der Verschiedenheit Anderer profitierend.
5/4 noch im Konflikt, aber zunehmend fähig sich zu ‘dekonstruieren’ und im Fluss der Ereignisse zu stehen.
4/5 im Konflikt darüber, Kontrolle aufzugeben und eigene Werte öffentlich kundzutun.
4(5) beginnendes Infragestellen der eigenen Unfehlbarkeit, mit Einsicht in die Besonderheit der eigenen Geschichte.
4 autonome Entscheidungen mit Respekt für die Verschiedenheit anderer; ‘Meine Welt’ Hypothese.
4(3) Prätentionen von Autonomie, mit Risiko Erwartungen anderer nachzugeben.
4/3 noch im Konflikt, aber weniger an interne Stimmen und Gesichtspunkte gebunden. Konfliktschlichtung zu S-4.
3/4 im Konflikt über eigene Werte, Richtung, und Fähigkeiten.
3(4) kann ‘selbständig’ nur mit voller Unterstützung anderer handeln.
3 auf Erwartungen anderer gegründet ‘Gemeinsame Welt’ Hypothese.
3(2) für Erwartungen und Gedanken vorgestellter Anderer offen.
3/2 noch im Konflikt, aber weniger gebunden an eigene Bedürfnisse, Konfliktschlichtung zu S-3.
2/3 im Konflikt darüber, Gefühlen und Gedanken anderer ausgesetzt zu sein. Konfliktschlichtung zu S-2.
2(3) beginnender Einfluss physischer und vorgestellter Anderer.
2 Bedürfnisse und Wünsche regieren. ‘Zwei-Welten’ Hypothese.

Tabelle 1: Stufen der sozial-emotionalen Entwicklung (Laske 2006, 101 ff.)

Das Bewusstsein oszilliert zwischen den Stufen und niemand lebt auf einer einzigen Stufe. Vielmehr gibt es einen Entwicklungsschwerpunkt. Die Stufen unterhalb des Entwicklungsschwerpunktes werden in CDF als Risiko bezeichnet und die Stufen oberhalb als Potential.

Epistemische Position

Sozial-emotionale und kognitive Entwicklung sind miteinander verbunden und das Bindeglied ist die so genannte epistemische Position. Die epistemische Position bestimmt Vorstellung, die jemand von “Wissen” und “Wahrheit” hat und prägt die Fähigkeit, mit Unbestimmtheit und Unsicherheit im eigenen Wissen umzugehen. Nach CDF umfasst Denken zwei wesentliche Bestandteile, einerseits die Einstellung zur Welt und andrerseits die Werkzeuge des Denkens. Einstellung umfasst die sozial-emotionale Stufe und die epistemische Position. Die Werkzeuge sind Denkformen, seien sie logisch oder dialektisch.

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Epistemische Position zwischen den Entwicklungspfaden (Laske 2009: 138)

Abbildung 7: Epistemische Position zwischen den Entwicklungspfaden (Laske 2009: 138)

Die epistemische Position betrifft die Frage, wie gewiss oder ungewiss Wahrheit für jemanden ist. Wahrheit zu finden bedarf immer einer Anstrengung, auch dann, wenn man sie spirituell versteht. Je egozentrischer im Sinne Piagets eine Person ist, desto sicherer erscheint ihr die Wahrheit, doch brechen viele Sicherheiten schon im späten Jugendalter zusammen. Deshalb nimmt die Anstrengung, Wahrheit zu finden im Erwachsenenalter stetig zu.

Das sozial-emotionale Profil einer Person

Das sozial-emotionale Entwicklungsprofil zeigt, was für eine Person im Alltagsleben und bei der Arbeit bedeutsam ist. Das sozial-emotionale Profil ist das Ergebnis eines sozial-emotionalen Interviews, das nach Kegan (1982) auch Subjekt-Objekt Interview genannt wird. Das Interview ist ein projektiver Test, da die befragte Person Gelegenheit erhält, sich in bestimmte Stichwörter zu “projizieren”. Als Stichwörter dienen Begriffe wie Erfolg, Veränderung, Kontrolle, Grenzen, Aussenseiter, Frustration, Risiko usw. Im sozial-emotionalen Interview verhält sich der Interviewer als Zuhörer, der die Aufmerksamkeit des Interviewpartners auf sich selber fokussiert. Aus dem Interviewtransskript werden dann Ausschnitte ausgewählt und in Bezug auf die Entwicklungsstufen analysiert.

Das Ergebnis dieser Analyse ist das sozial-emotionale Profil einer Person, das den Entwicklungsschwerpunkt zusammen mit Risiko und Potential zeigt. Ein sozial-emotionales Profil von S-4/3 {3: 6: 5}besagt beispielsweise, dass sich eine Person entwicklungsmässig auf der Stufe 4/3 befindet und im Alltag und Beruf ihre Entscheidungen hauptsächlich von dieser Stufe aus trifft. Es handelt sich aber um eine Zwischenstufe. Im Interview wurden 6 Ausschnitte auf der Stufe des Entwicklungsschwerpunktes gefunden, 3 auf einer tieferen und 5 auf einer höheren Stufe. Das bedeutet, dass das Potential auf einer höheren Stufe zu urteilen und zu handeln grösser ist, als das Risiko, auf eine tiefere Stufe zurückzufallen.


Psycho-dynamische Entwicklung

Angewandte und potentielle Arbeitsfähigkeit

Die Theorie der Arbeit in CDF stützt sich auf die Vorarbeiten von Elliott Jaques. Nach Jacques (1989, 2002) wird Arbeit definiert als reflektiertes Urteilen bei der Verfolgung von Zielen innerhalb gewisser Zeitgrenzen. Diese Definition betont die Bedeutung geistiger Prozesse bei der Arbeit und den Zeithorizont, für den eine Person Entscheidungen zu treffen hat. Während es sich hier um eine rein kognitive Definition der Arbeit handelt, berücksichtigt CDF zusätzlich auch sozial-emotionalen Aspekte der Arbeit.

Die Arbeitsfähigkeit ist nicht dasselbe wie die Arbeitskapazität, sondern bestimmt diese. CDF unterscheidet zwischen angewandter und potenzieller Arbeitsfähigkeit. Potenzielle Arbeitsfähigkeit bestimmt, was eine Person IST, während angewandte Arbeitsfähigkeit (Kapazität) bestimmt, was eine Person HAT. Eine Person kann sich jederzeit entschliessen, ihre potentielle Arbeitsfähigkeit nicht zu verwenden, oder sie kann durch Umstände verhindert sein, diese voll zu entfalten. Bei der potentiellen Arbeitsfähigkeit unterscheidet CDF zudem zwischen der gegenwärtig verfügbaren und der zukünftig erwartbaren Arbeitsfähigkeit.

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Drei Arten von Arbeitsfähigkeiten (Laske 2009: 57)

Abbildung 8: Drei Arten von Arbeitsfähigkeiten (Laske 2009: 57)

Die gegenwärtig angewandte Arbeitsfähigkeit (Kapazität) einer Person ist abhängig von der kognitiven Entwicklung, vom Interesse an der Arbeit, von der Erfahrung, von den erforderlichen Fertigkeiten sowie von den psychologischen Faktoren, die die Arbeitsausübung allenfalls behindern.

Die gegenwärtig verfügbare Arbeitsfähigkeit ist bestimmt durch die Methoden des Denkens, die eine Person zur Verfügung hat. Aus der Sicht von CDF ist hier die Entwicklung des dialektischen Denkens von entscheidender Bedeutung.

Die zukünftig erwartbare Arbeitsfähigkeit entspricht der potenziellen Arbeitsleistung, welche eine Person zu einer bestimmten Zeit in der Zukunft besitzen wird. Aus der Sicht von CDF ist die erwartbare Arbeitsfähigkeit durch den Stand der kognitiven und sozial-emotionalen Entwicklung einer Person bestimmbar.

CDF-Modell eines erwachsenen Menschen

Das CDF-Modell eines erwachsenen Menschen bringt zwei Giganten der psychologischen Forschung zusammen: Piaget und Freud. Piaget‘s Theorie liegt den kognitiven und sozial-emotionalen Entwicklungsmodellen zugrunde, die von Lawrence Kohlberg, Robert Kegan Michael Basseches, Elliott Jaques und Otto Laske weiterentwickelt wurden. Freud’s Theorie liegt dem psychologischen Verhaltensprofil zugrunde, das mit einer Bedürfnis-Stress-Analyse ermittelt wird und von Henry Murray und Morris Aderman entwickelt wurde. Die Bedürfnis-Stress-Analyse versteht eine Person als Energiesystem im Sinne von Freud. Sie geht davon aus, dass eine Person tiefsitzende, subjektive Bedürfnisse hat und auf inneren Druck des Über-Ichs und auf äusseren Druck der Umgebung reagiert. Dieser Druck bedeutet für die Person psychischen Stress.

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CDF-Modell eines erwachsenen Menschen (Laske, 2009: 419)

Abbildung 9: CDF-Modell eines erwachsenen Menschen (Laske, 2009: 419)

Aus entwicklungspsychologischer Sicht stellen die Ergebnisse der Bedürfnis-Stress-Analyse Anzeichen für das Es dar. Die Aufgabe des Ichs ist es, zwischen den Ansprüchen des Es, des Über-Ichs und der realen Welt zu vermitteln. CDF hilft bei der Klärung der Situation ganz im Sinne Freunds „Wo Es ist, soll Ich werden“.

Das psychologische Verhaltensprofil

Das psychologische Verhaltensprofil zeigt, welche Vorstellungen und Einstellungen eine Person im Moment zur eigenen Arbeit hat und ob sie ihre psychische Energie bei der Arbeit effektiv nutzen kann. In CDF wird das psychologische Profil durch den Online-Fragebogen der Bedürfnis-Stress-Analyse erhoben (Need-Press-Analysis).

Der Fragebogen erhebt drei Bündel von psychologischen Variablen: Selbstverhalten, Aufgabenverhalten und zwischenmenschliches Verhalten. Der organisatorische Stress kann entweder ideal oder aktuell sein. Der Idealstress zeigt die beruflichen Aspirationen einer Person, während der aktuelle Stress durch die gegenwärtigen Erfahrungen der Person in einer Organisation bestimmt ist. Das Bedürfnis-Stress-Profil des Online-Fragebogens liefert für jede Variable drei Werte: das individuelle Bedürfnis-Stress-Inventar, das ideale Organisationsklima und das reale Organisationsklima.

1. Selbstverhalten
1.1 Selbstverständnis 3; 1, 1
1.2 Risikobereitschaft 3; 2, 3
1.3 Flexibilität 8; 5, 6
1.4 Bedürfnis nach Macht 7; 2, 3
1.5 Bedürfnis nach Sichtbarkeit 4; 4, 2
1.6 Konfliktfähigkeit 3; 0, 1
2. Aufgabenverhalten
2.1 Autonomie 6; 1, 0
2.2 Antrieb, etwas zu erreichen 6; 6, 6
2.3 Ressourcen und Einfallsreichtum 9; 8, 9
2.4 Ausdauer und Geduld 6; 7, 8
2.5 Qualität von Planung 1; 2, 4
2.6 Selbstschutz 4; 7, 4
3. Zwischenmenschliches Verhalten
3.1 Zugehörigkeitsgefühl 6; 7, 8
3.2 Verhältnis zur Macht 4; 6, 5
3.3 Empathie 6; 7, 8
3.4 Hilfsbereitschaft 9; 9, 8
3.5 Abhängigkeit und Loyalität 6; 7, 6
3.6 Voreingenommenheit 2; 2, 1

Tabelle 2: Bedürfnis-Stress-Profil

Aus den Ergebnissen des Online-Tests lassen sich zwei Indizes des psychologischen Verhaltens errechnen. Der Energieverlust zeigt, wie viel Energie eine Person aufwenden muss, um die persönlichen Bedürfnisse und ihre Idealvorstellungen von Arbeit unter einen Hut zu bringen. Um solche Widersprüchlichkeiten in Einklang zu bringen, wird Energie aufgewendet, die beim Ausführen von beruflichen Aufgaben nicht zur Verfügung steht. Im angeführten Beispiel beträgt der Energieverlust 30 Punkte. Dies entspricht der Summe aller Differenzen zwischen den individuellen Bedürfnis-Stress-Inventar und dem idealen Organisationsklima.

Der Frustrationsgrad zeigt, ob der Unterschied zwischen idealer und realer Arbeitsumgebung Frustration bewirkt. Der Index weist auf Diskrepanzen zwischen dem idealen Druck und dem realen Druck hin, der tatsächlich in der Realität einer Organisation erfahren wird. Im angeführten Beispiel beträgt der Frustrationsgrad 20 Punkte. Dies entspricht der Summe aller Differenzen zwischen dem idealen Organisationsklima und dem realen Organisationsklima.

Ein Energieverlust von 30 Punkten und ein Frustrationsgrad von 20 Punkten entsprechen einer mittleren Unzufriedenheit, die noch erträglich ist, aber dennoch beachtet werden sollte. Mit Hilfe der Bedürfnis-Stress-Analyse lassen sich auch Vergleiche mit bestimmten Berufsgruppen wie zum Beispiel Managerinnen und Managern durchführen.

Coaching als Prozessberatung

Coaching als professionelles Helfen bedarf theoretischer Grundlagen. Jedes professionelle Helfen beruht auf einem Modell des Kunden, des Patienten oder des Schülers, dem “geholfen” wird. CDF ist ein Diagnostikum das sich für Prozessberatung im Sinne von Edgar Schein (1999) eignet. Der Prozessberater ist nicht primär für die Resultate verantwortlich, sondern vielmehr dafür, eine Person in ihrem geistigen Prozess effektiv und nachhaltig zu unterstützen. Im Unterschied zu anderen Formen der Beratung betrifft Coaching als Prozessberatung vor allem den inneren, nicht den äusseren Arbeitsplatz. Der innere Arbeitsplatz ist der Ort, an dem entschieden wird, was Arbeit für das eigene Leben bedeutet, und wie sie zu vollbringen ist.

Die drei Hauptfragen von Kunden lauten: Wie kann ich meine gegenwärtige Leistung verbessern? Was kann ich wissen und tun? Was soll ich tun und für wen? Aus der Perspektive von CDF kann man zwischen Verhaltens- und Entwicklungscoaching unterscheiden. Verhaltenscoaching dient der Verbesserung der gegenwärtigen Leistung, als angewandter Arbeitsfähigkeit. Entwicklungscoaching hingegen dient der Erhellung und Entwicklung der verfügbaren und erwartbaren Potentiale in Bezug auf die kognitive und sozial-emotionale Entwicklung. Grundsätzlich hat dabei die Selbsterkenntnis Vorrang vor der Leistung, da diese letztlich die Grundlage für die Leistung ist.

Beim Coaching als Prozessberatung kommt es darauf an, ob der Berater ein Modell des Kunden zugrunde legt, das dessen Entwicklungspotential gerecht wird. Bewusst oder unbewusst definieren Berater ihr Kundenmodell in Abhängigkeit der eigenen Entwicklungsstufe. Da auch ein Berater sich auf einer bestimmten Entwicklungsstufe befindet, wird sein Kundenmodell sowohl kognitiv wie sozial-emotional dadurch geprägt. Dies bedeutet, dass er das, was Kunden sagen, in Übereinstimmung mit seiner eigenen Art versteht, die Welt zu interpretieren. Berater haben daher eine Verpflichtung, ihre eigene Entwicklungsstufe zu kennen. Ohne solche Einsicht wird Coaching zu einem “Blinde führen Blinde.”


Entwicklung einer requisiten Organisation

Nach Jaques (1989) sind menschliche Organisationen nach Verantwortlichkeiten strukturiert. Jede Stufe der Verantwortlichkeit definiert eine bestimmte Grösse der Rolle. Die Grösse einer Rolle ist bestimmt durch die Arbeitskomplexität, die eine Person in dieser Rolle zu meistern hat. Die Grösse einer Person entspricht ihrer Arbeitsfähigkeit. Eine requisite Organisation ist nun dadurch definiert, dass sich für jede Stelle die Grösse der Person mit der Grösse der Rolle deckt. Requisite Organisationen bringen also zwei Architekturen in Einklang: die Fähigkeitsarchitektur und die Verantwortlichkeitsarchitektur.

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Fähigkeits- und Verantwortlichkeitsarchitektur (Laske 2009: 84)

Abbildung 10: Fähigkeits- und Verantwortlichkeitsarchitektur (Laske 2009: 84)

In einer requisiten Organisation bestimmt die Arbeitsfähigkeit den Verantwortlichkeitsgrad. Die Arbeitsfähigkeit einer Person ist wiederum geprägt durch deren kognitive und sozial-emotionale Entwicklung. Entwicklungsgrade Erwachsener sind ein Verbindungsglied zwischen Individuen und Organisationen.

Nach CDF sind requisite Organisationen gemäss sozial-emotionaler und kognitiver Entwicklungsgrad ihrer Mitarbeitenden strukturiert. Je höher die organisatorische Verantwortlichkeit desto mehr ist systemisch-dialektisches Denken und Voraussicht erforderlich.  

Stratum Hierarchische Ebene Phase des dialektischen Denkens Kognitiver Flüssigkeitsindex Sozial-emotionale Stufe
VIII Aufsichtsratsmitglied 4 > 50 5
VII CEO 5/4 – 5(4)
VI Vizepräsident 3 > 30 > 50 4(5) – 4/5
V Divisionsleiter 4
IV General Manager 2 > 10 > 30 4/3 – 4(3)
III Abteilungsleiter 3(4) – 3/4
II Gruppenleiter 1 < 10 3
I Mitarbeiter 2/3 – 3(2)

Tabelle 3: Requisite Organisationen gemäss CDF (Laske 2009: 111)

Der Entwicklungsgrad einer Person lässt sich in CDF durch kognitive und sozial-emotionale Assessments erfassen. Die Assessments dienen dann als Grundlage sowohl für die individuelle als auch für die organisationale Weiterentwicklung.  

Literatur

  • Basseches, Michael (1984): Dialectical thinking and adult development. Norwood, N.J.: Ablex Publishing.
  • Bhaskar, Roy (1993): Dialectic. The pulse of freedom. London & New York: Verso.
  • Jaques, Elliott (1989): Requisite organization: the CEO's guide to creative structure and leadership. Arlington, VA: Cason Hall.
  • Jaques, Elliott (2002): The life and behaviour of living organisms. A general theory. London: Praeger.
  • Kegan, Robert (1982): The evolving self: problem and process in human development. Cambridge (Mass.): Harvard University Press.
  • Kegan, Robert (1994): In over our heads: the mental demands of modern life. Cambridge, Mass.: Harvard University Press.
  • King, Patricia M. & Kitchener, Karen S. (1994): Developing reflective judgment. San Francisco: Jossey-Bass.
  • Laske, Otto E. (2006): Measuring hidden dimensions. The art and science of fully engaging adults. Volume 1. Medford: Interdevelopmental Institute Press.
  • Laske, Otto E. (2009): Measuring hidden dimensions. Foundations of requisite organization. Volume 2. Medford: Interdevelopmental Institute Press.
  • Laske, Otto E. (2010): Humanpotenziale erkennen, wecken und messen. Handbuch der entwicklungsorientierten Beratung, Bd. 1. Medford: Interdevelopmental Institute Press.
  • Schein, Edgar H. (1999): Process Consultation Revisited. Reading, MA: Addison-Wesley.


Interdevelopmental Institute (IDM): http://www.interdevelopmentals.org/

Need-Press-Analysis: http://www.needpress.com/