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Historisches und Völkerkundemuseum St. Gallen

Das Historische und Völkerkundemuseum (HVMSG) steht seit bald 100 Jahren im St.Galler Stadtpark. Bei seiner Eröffnung 1921 verfügte es über einen beachtlichen Fundus an Objekten, der seither laufend erweitert wird. Heute besitzt das Museum die bedeutendste kulturgeschichtliche Sammlung der Nordostschweiz; ein Schwerpunkt bildet die Geschichte der Stadt St.Gallen. Die völkerkundliche Sammlung deckt ein breites Spektrum ab und enthält eine Reihe herausragender Objekte. Voraussichtlich anfang 2014 wird die neugestaltete Archäologie-Abteilung eröffnet – ein Gemeinschaftsprojekt mit der St.Galler Kantonsarchäologie. Ein Schwergewicht sollen die wichtigen Funde bilden, die in den letzten Jahren in der St.Galler Altstadt, in Weesen und in Kempraten gemacht wurden.
Das Gebäude als Mitspieler
Eine besondere Qualität des HVMSG bildet sein Gebäude, 1915-1921 nach Plänen der Winterthurer Architekten Bridler & Völki erstellt. Der neoklassizistische Walmdachbau verfügt über eine westliche Schaufassade mit mächtiger Säulenordnung, die auf der Ostseite wiederholt wird. Im zentralen Innenhof finden regelmässig Veranstaltungen statt, darunter das St.Galler Kulturfestival. Die Innenräume sind buchstäblich um die Sammlungen herum gebaut, was dem Ganzen den Charakter eines Gesamtkunstwerks verleiht. Das Gebäude ist nicht einfach eine Hülle, sondern eine Art eigenständige, sinnliche Kulisse. Sie ist in der ganzen Ausstellung präsent und gibt dem aufmerksamen Blick vielerlei zu entdecken.
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Ostfassade
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Nordost-Fassade aus Sicht der Steinachstrasse
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Eingebettet in einen idyllischen Stadtpark
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Innenhof des Walmdachbaus
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Eingangshalle und Foyer
Eine lange Vorgeschichte
Am Beginn beider Sammlungen des HVMSG stand eine Privatinitiative. Der Grundstock der historischen Abteilung wurde im 19. Jahrhundert durch den Historischen Verein des Kantons St.Gallen zusammengetragen. 1877 wurde diese Sammlung in einem Neubau untergebracht, dem heutigen Natur- und Kunstmuseum – zusammen mit der Naturaliensammlung und den Beständen des Kunstvereins. Raummangel führte bereits 1912 zur Äufnung eines Baufonds für die städtischen Sammlungen durch die Ortsbürgergemeinde St.Gallen. 1915-1921 wurde östlich dieses Museums ein zweites Gebäude errichtet: das Historische und Völkerkundemuseum. Es ist einer der letzten kulturellen „Leuchttürme“, welche die Stadt dem Stickereiboom zu verdanken hatte. Nach dem Zusammenbruch der Stickereiindustrie wäre ein solch prächtiges Gebäude wohl nicht mehr geplant worden. Ethnologisch interessante Objekte und wertvolle Kunstobjekte gelangten ab 1850 in steigendem Mass nach St.Gallen – dank der weitreichenden Geschäftsverbindungen der Stadt, aber auch vielseitiger, diplomatischer und kultureller Auslandsbeziehungen. Auch hier bildete der Stickereiboom den wesentlichen Hintergrund. Zum Träger des neuen Museumszweiges wurde die Ostschweizerische Geographisch-Commercielle Gesellschaft, gegründet 1878. Sie legte eine ethnologische Sammlung an, die zunächst im Westflügel der Kantonschule untergebracht war und 1899 ins Stadthaus der Ortsbürgergemeinde gezügelt wurde. 1917 ging die Sammlung als Schenkung an die Ortsbürgergemeinde.
Rund 70'000 Objekte
Im St.Galler Kulturleben nimmt das HVMSG einen zentralen Platz ein. Mit seinen Samm-lungen und Sonderausstellungen ist es ein wichtiger Träger des historischen Gedächtnisses der Stadt und gleichzeitig eine Plattform für Kunst- und Kulturgeschichte, Ethnologie sowie Themen der Zeitgeschichte. Seine Kernaufgabe ist und bleibt aber die Bewahrung, Erschliessung und Vergrösserung der Sammlungen. Das HVMSG ist sozusagen das historische „Ding-Gedächtnis“ der Stadt St.Gallen. Seine Sammlungen umfassen heute rund 70'000 Objekte. Unter ihnen lassen sich immer wieder Entdeckungen machen und Schätze heben. Wie für jedes Museum gilt auch im HVMSG: Die Erschliessung und Aufarbeitung der Bestände wird nie abgeschlossen sein.
Vielfältige Aktivitäten

Bis 1979 gehörte das HVMSG der Ortsbürgergemeinde St.Gallen. Danach wurde es Teil der "Stiftung St.Galler Museen". Mit deren Auflösung per 1. Januar 2012 wird es in eine Einzelstiftung umgewandelt.

Die Finanzierung wird weiterhin zum grossen Teil durch die Stadt St.Gallen erfolgen. Der Museumsbetrieb wurde in den letzten Jahren stark modernisiert und professionalisiert. Das HVMSG verfügt heute über eine zeitgemässe Infrastruktur und alle nötigen Abteilungen – von Inventarisation bis Restaurierung, von Öffentlichkeitsarbeit bis Caféteria. Es veranstaltet regelmässig Sonderaustellungen und bietet ein reichhaltiges Veranstaltungsprogramm. Dazu kommen Publikationen zu kunsthistorischen, kulturgeschichtlichen und völkerkundlichen Themen. Seit einigen Jahren arbeitet das HVMSG zudem mit auswärtigen Fachleuten zusammen, vor allem im Bereich der Völkerkunde. Im Mai 2009 veranstaltete das Museum z.B. eine grosse Afrika-Tagung, an der renommierte Sammler ihre Afrika-Bestände diskutierten. 2010 konnte man das Ostasiatische Seminar der Universität Zürich für die Mitarbeit an einer grossen Japan-Ausstellung gewinnen, die im September 2012 eröffnet wird. Vielfältige Kontakte pflegt das HVMSG aber auch zu historisch Interessierten. Es versteht sich explizit als "Museum der offenen Türen", ist Auskunftsstelle, Projektpartner, Leihgeber.
Period Rooms aus der Ostschweiz
Ein zentrales Element der historischen Abteilung sind period rooms: originale Zimmer des 16. bis 18. Jahrhunderts aus Stadt und Kanton St.Gallen. Besonders hervorzuheben sind die alte Ratsstube aus der Stadt St.Gallen (1679) und ein Prunkraum von Fürstabt Joachim Opser aus dem Hof Wil (1580). Ein weiteres Highlight ist der Stadtgeschichtssaal mit wichtigen Bildzeugnissen zur St.Galler Leinwandgeschichte und dem Modell des spätmittelalterlichen St.Gallen. Es wurde vom St.Galler Architekten Salomon Schlatter zur Eröffnung des Museums 1921 gebaut, Vorlage war ein Stich von Matthäus Merian aus dem Jahr 1642. Insgesamt vermittelt die Historische Abteilung einen Überblick, der von der regionalen Ur- und Frühgeschichte bis ins frühe 20. Jahrhundert reicht. Dazu kommt ein reicher Bestand an Kunst: Sakralkunst, Appenzeller und Toggenburger Volkskunst, Kostüme, ein Glasgemälde-Kabinett. Nicht fehlen dürfen natürlich Uniformen, Waffen und Fahnen. Die Liste spannender Einzelobjekte ist lang. Sie reicht vom römischen Graffito bis zum Auto der Marke „Turicum“ mit Baujahr 1909, das einst einem Tierarzt gehörte, von der Burgunderfahne – die 1476 als Kriegsbeute nach St.Gallen kam – bis zum prächtigen Löwen im Wirtshausschild von 1786. Jeder Besucher kann in der Dauerausstellung seine eigenen Entdeckungen machen. Für das ganz junge Publikum gibt es zudem im Obergeschoss ein Kindermuseum. Es wurde 2007 eröffnet und erfreut sich grosser Beliebtheit.
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Das historische Rickenbachzimmer [1]zeigt eine Wohnstube anno 1800
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Ein typisches Toggeburger Zimmer wie zu Zeiten Gotthelfs
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Der alte Korridor mit antiken Möbeln ausgestattet
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Bayersaal aus dem 17. Jahrhundert
Weltkultur aus allen Kontinenten
Die völkerkundliche Abteilung ist zur Hauptsache historisch. Sie dokumentiert vergangene Kulturen rund um den Globus und ist zum einem rechten Teil Schenkungen zu verdanken. Die Palette der Donatoren und Verkäufer ist vielfältig. Kaufleute, Tierfänger und Missionsschwestern sind darunter, Forschungsreisende und Professoren, aber auch Beamtenwitwen und Künstler. Mit Han Coray (1880-1974) und Eduard von der Heydt (1882-1964) sind zwei Sammler von Weltrang vertreten. Schwerpunkte im Bereich Afrika bilden der Totenkult im alten Ägypten; Masken und Skulpturen aus West- und Zentralafrika sowie Bronzearbeiten aus dem Königreich Benin. Im Bereich Asien sind es der Kulturkreis Indien einschliesslich Zentralasien, Indochina und Indonesien; Keramik von der Steinzeit bis zur letzten Kaiserdynastie und religiöse Kunst aus China; Kunstgewerbe, Nô-Masken und Figuren aus Japan. Die Verbindung von Asien und Afrika bildet der islamische Kulturkreis. Der amerikanische Kontinent ist mit den Indianer- und Inuit-Kulturen Nordamerikas vertreten, den präkolumbische Kulturen Mittel- und Südamerikas und den Amazonas-Indianern.
Link und Kontakt
Historisches und Völkerkundemuseum
Museumstrasse 50
CH-9000 St.Gallen
Tel +41 (0)71 242 06 42 | Fax +41 (0)71 242 06 44
Homepage des HVMSG
Quellenangaben
- ↑ Rickenbachzimmer in lat. Bd 1, Stuttgart 1892, Arbno Kohler