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Skulptur Projekte

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Skulptur Blickst du hinauf und liest die Worte von Ilya Kabakov (1997)

Die Skulptur.Projekte sind eine internationale Skulptur-Ausstellung im westfälischen Münster.

Konzept

Bei den Skulptur.Projekten lädt die Stadt Münster international renomierte Künstler ein, in situ zu arbeiten. Dabei wird die Frage nach der Beziehung von Kunst, öffentlichem Raum und urbanem Umfeld gestellt. Die Künstler suchen sich den Standort ihrer Skulptur selbst aus. Einzig gibt es die Vorgabe, dass diese, soweit möglich, innerhalb des Promenadenrings stehen sollen. Diese Vorgabe soll auch auswertigen Besuchern die Möglichkeit geben, sich eine Vielzahl von Skulpturen auszuschauen.
Die Leitung der Ausstellung liegt bei dem Leiter des Westfälischen Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte, Prof. Klaus Bußmann, der Kurator ist Prof. Kasper König. Träger sind die Stadt Münster, der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und das Landesmuseum, Unterstützung wird gewährt von der Stiftung Kunst und Kultur des Landes Nordrhein-Westfalen sowie der Westfälischen Wilhelms-Universität. Außerdem gibt es zahlreiche Sponsoren aus der lokalen Wirtschaft.

Die Skulptur.Projekte finden alle zehn Jahre statt, jeweils parallel zur documenta in Kassel und dauern ebenso 100 Tage.
Bisherige Skulptur.Projekte:

Die nächste Ausstellung findet im Sommer 2007 statt.

Nach den 100 Tagen der Ausstellung läuft der Pachtvertrag mit dem Eigentümer des Geländes aus, die Skulpturen müssen abgebaut und den Künstlern zurückgegeben werden. Etliche Projekte werden jedoch von der Stadt Münster, dem Landschaftsverband oder dem Landesmuseum erworben und permanent ausgestellt. So bereichern heute zahlreiche Arbeiten der Skulptur.Projekte das Stadtbild der Westfalenmetropole. Andere Arbeiten, bei denen keine Einigung über die permanente Ausstellung getroffen werden konnte, stehen zum Beispiel in Hamburg, Berlin oder London.

Ausstellungen

1977

Die erste Skulptur.Projekte im Sommer 1977 wurde von heftiger Kritik der konservativen Bevölkerungsteile Münsters begleitet, die Künstler mussten teilweise unter Polizeischutz arbeiten. Vier der geplanten neun Arbeiten waren am Aasee beheimatet, der ein Jahr vor der Ausstellung auf seine heutige Form vergrößert wurde.

Permanente Ausstellung

Datei:Poolballs1.jpg
Die Poolballs von Claes Oldenburg am Aasee

Die wohl bekannteste Skulptur des Jahres 1987 waren die Giant Pool Balls von Claes Oldenburg. Er verteilte auf Zeichnungen, Aquarellen und Fotomontagen gigantische Billardkugeln über die ganze Stadt. Schließlich wurden drei dieser Betonkugeln (Durchmesser 3,5 Meter) an den Aaseeterrassen aufgestellt. Diese befinden sich seit 1987 im Besitz der Stadt und sind eines der bekanntesten Motive aller Ausstellungen.

Joseph Beuys ließ unter dem Titel Unschlitt/Tallow den exakten Nachbau eines Fußgängertunnels am Hindenburgplatz mit Stearin ausgießen und zerschnitt den entstehenden Block dann willkürlich in 23 Teile. Die Schnittstücke wurden im Lichthof des Landesmuseums ausgestellt. Heute ist das Werk (welches Beuys auch dem Landesmuseum als Schenkung anbot) Teil der Sammlung Marx in Berlin.

Ohne Titel von Donald Judd

Ebenfalls permanent in Münster steht ein Werk von Donald Judd ohne Titel. Am Aasee nahe des Allwetterzoos schuf er zwei konzentrische Ringe aus Beton, der innere Ring auf einer Höhe, die von 90 cm auf 2,10 Meter ansteigt mit einem Durchmesser von 13,50 Meter, während der äußere seine Höhe von 60 cm beibehält und 15 Meter im Durchmesser misst. Auf den sanft abfallenden Wiesen stellt das Werk laut Judd ein topografisches Regulativ dar.

Ulrich Rückriem schuf mit seinem Beitrag Dolomit, zugeschnitten eine Wand aus neun Steinen. Sie ist platziert an einem Weg, auf dessen anderer Seite die Petrikirche steht. Die neun Steine, in ihrer Höhe gegenseitig zu- und abnehmend, bilden so zusammen mit Strebepfeilern am Wegesrand gegenüber einen Zwischenraum des Weges zum Kirchenbaus. Die Skulptur war von 1977 bis 1981 ausgestellt, ab 1986 dann im Besitz der Stadt Münster permanent.

Temporäre Ausstellung

Michael Asher stellte einen Caravan an verschieden Plätzen auf, während der Ausstellung an insgesamt 19 verschiedenen. Er wollte mit der Aufstellung eine Konfrontation zwischen nomadischem (der Caravan) und festem Wohnen (die Häuser in der direkten Umgebung) hervorrufen.

Richard Serra stellte zwei 13,40 x 2,08 x 3 Meter große Stahlwände paarweise angeordnet auf dem Hindenburgplatz aus. Laut Serra gibt es keine etablierten Muster oder zu erwartenden Regungen des Publikumsbewußtseins.

Weitere temporäre Ausstellungen wurden erstellt von Carl André, Richard Long und Richard Serra.

Nicht realisiert werden konnte auf Grund von Überschreitungen des Budgets der Beitragsvorschlag von Bruce Nauman.

1987

Pro Arbeit war 1987 ein Kostenfaktor von ca. 15.000 DM veranschlagt worden, jedoch wurde dieser Rahmen von einigen Künstlern weit überschritten. Bei einigen dieser eigentlich zu teuren Skulpturen sprangen Sponsoren aus der regionalen sowie überregionalen Wirtschaft und teilweise auch offizielle Stellen (zum Beispiel die italienische Botschaft oder das Wiener Kunstbundesministerium) ein, unter anderem die WestLB und IBM Deutschland. Das Budget der Ausstellung betrug 1,5 Millionen DM, je 300.000 DM trugen die Stadt, der LWL und die Kunststiftung NRW. Die restlichen 600.000 DM spendeten Sponsoren.
Wie schon 1977 war die Münsteraner Bevölkerung dem Projekt gegenüber eher kritisch eingestellt, während auswärtige Besucher die Skulptur.Projekte wiederum sehr positiv aufnahmen. Auch die Pressemeldungen waren überwiegend positiv, viele zogen einen Vergleich zur documenta, und nicht wenige sahen die Skulptur.Projekte als Sieger aus dem Vergleich hervorgehen. Ein Grund für das zahlreiche Erscheinen ausländischer Presse mag auch das Werbemobil gewesen sein, das die Stadt Münster zur Eröffnung der dokumenta nach Kassel und später zur Kunstmesse Art nach Basel geschickt hatte.

Permanente Ausstellung

Datei:Schiff1.jpg
Skultpur Ein Schiff für Münster

Das wohl bekannteste Projekt der Ausstellung 1987 ist Ein Schiff für Münster von Ludger Gerdes. Am Horstmarer Landweg, zum Zeitpunkt der Ausstellung ein unbebautes Wiesengebiet, ist eine 43 Meter lange in die Länge gezogene künstliche Insel geschaffen worden, umrahmt von einem Wassergraben. Die Insel in Form eines Schiffes, deren Mauern mit Sandstein eingefasst sind, zeigt mit dem Bug genau Richtung Innenstadt. Ein Holzpavillion mit zwei Pappeln imitieren die Brücke des Schiffes. Die Skulptur wurde der Stadt 1987 vom Künstler geschenkt.
Im Sommer 2005 wurden 200 m³ Schlamm aus dem Graben entfernt, da das Schiff sonst fast wie gestrandet ausgesehen hätte.

Keith Haring realisierte mit dem Red Dog for Landois eine Skulptur, die am ehemaligen Gelände des Zoos steht und seinem Gründer Hermann Landois gewidmet ist. Sie stellt einen zweidimensionalen stilisierten, feuerroten Hund aus Stahl dar, der sein Maul bellend gen Himmel erhebt. Damit wollte Haring gegen den dort entstandenen Bürohausneubau protestieren. Laut Haring ist er ein spielerischer Protest gegen blinden Fortschritt und ein Denkmal für die Imagination. Nach über zehn Jahren in Münster steht die Skulptur, die eine Leihgabe der Galerie Hans Meier aus Düsseldorf war, inzwischen nicht mehr an dem Platz, dem sie gewidmet ist.

Datei:Zwinger4.jpg
Das gegenläufige Konzert im Zwinger

Ein zuerst nur temporär installiertes Projekt von Rebecca Horn im Zwinger (Das gegenläufige Konzert) stellt eine Symbiose zwischen der Natur und dem dort geschehenen Unrecht während der Zeit des Nationalsozialismus dar. Mit flackernden ewigen Lichtern, metallenen, rhythmisch klickenden Hämmern und einem stetigen Wassertropfen, der zwölf Meter tief in eine Zisterne fällt, schafft Horn eine beklemmende Atmosphäre in dem ehemaligen Gefängnis, in dem die Gestapo Hinrichtungen durchführen ließ. Zur nachfolgenden Skulptur.Projekte 1997 wurde das Werk leicht verändert wieder installiert. Die nun permanente Ausstellung enttabuisierte den Ort und machte die Installation eines Mahnmals, in welches die Skulptur heute fest eingebunden ist, dort möglich.

Kirschensäule von Thomas Schütte

Am Harsewinkelplatz ließ Thomas Schütte die Kirschensäule errichten, eine Säule aus Sandstein, auf der er zwei leuchtend rote Kirschen platzierte. Die Säule stellt eine Anspielung auf den Wiederaufbau der Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg dar. Durch den Sandstein sieht sie älter aus als sie ist, ähnlich wie die Stadt, die 1945 zu 90% in Schutt und Asche lag und heute im Stil des späten Mittelalters glänzt. Auch die nicht ganz stimmigen Proportionen der Säule unterstützen dies. Die Farbe der Kirschen jedoch soll um die Wette strahlen mit dem Lack der Autos, die auf dem Harsewinkelplatz stehen (1987 war der Platz ein Parkplatz), ein Symbol der Moderne auf der „historischen“ Säule.

Rémy Zaugg versetzte die vorhandenen Bronzeskulpturen „Knecht mit Pferd“ und „Magd mit Stier“ wieder an den Eingang der Stadt an die Bundesstraße 54. Dort hatten sie um 1912 die in die Stadt zum Markt ziehende Landbevölkerung begrüßt. Heute heißen sie Besucher der Stadt am Eingang des großen Kreisverkehrs am Ludgeriplatz willkommen. Die Umsetztung löste heftige Debatten über die historische Identität der Stadt aus und über die Eingriffe, die die Moderne vorgenommen hat, besonders als bekannt wurde, dass der ursprüngliche Aufstellungsort durch zahlreiche Verschiebungen in Vergessenheit geraten war.

Lothar Baumgarten installierte Drei Irrlichter in den Käfigen am Turm von St. Lamberti, in denen 1535 die Leichnahme der Täufer öffentlich ausgestellt wurden. Heute flackern bei Nacht in den Käfigen drei Lichter, als Erscheinung von drei Seelen oder inneren Feuern, die keine Ruhe finden können.

Temporäre Ausstellung

Reiner Ruthenbeck ließ im Lichthof des Altbaus des Landesmuseums eine 14x2,4 Meter große Fahne aus Wollstoff an einem 5,6 Meter hohen Fahnenmast aufhängen. Die auf dem Boden liegenden Teile drapierte er um eine Gruppe Fahrräder, eine Hommage an die Fahrradstadt Münster.

Richard Serra platzierte auf dem Ehrenhof des Erbdrostenhofes zwei Plastiken aus insgesamt 24 Tonnen Stahl (Trunk - Johann Conrad Schlaun Recomposed). Die zwei Stahlplatten, gewölbt wie das Gebäude von Johann Conrad Schlaun und in der Höhe bis zur Unterkante der Balkone reichend, sind hochkant aufgestellt, dazwischen ein Hohlraum. Die Skulptur, die massiven Protest der Bevölkerung auslöste, steht seit 1988 in St. Gallen.

Thomas Struth projizierte in seinem Nachtprojekt während der Ausstellung Nachts bis 1 Uhr klassische Vorstadtarchitektur auf die Fassanden in der Innenstadt.

Schwarzer Block vor dem Rathaus von Hamburg-Altona

Sol LeWitt platzierte einen 1,75 x 5,20 x 1,75 Meter großen schwarzen Betonblock so vor dem Schloss, dass der Blick auf das Eingangsportal versperrt wurde. Hinter dem Schloss, im Botanischen Garten, platzierte er in einer Linie zu Block und Eingang eine weiße Pyramide. Laut Ikonografie sind dies die Symbole von Tod und Leben. Im offiziellen Katalog zur Skulptur.Projekte firmierte dieses Werk noch als White Pyramid/Black Form, jedoch wurde der Block vom Künstler kurze Zeit später mit dem Zusatz Dedicated to the missing Jews versehen. Dieses Mahnmal widmete sich damit nicht nur den ermordeten, sondern auch den fehlenden Juden, also den Kindern der während der Zeit des Nationalsozialismus umgekommenen Juden. Der Platz vor dem Schloss (das heute Sitz der Westfälischen Wilhelms-Universität ist) sollte symbolisieren, dass diese fehlenden Menschen dort hätten studieren oder lehren können. Der Plan, diese Skulptur am selben Ort permanent aufzustellen, scheiterte am Widerstand der Universität. Heute steht sie zur Erinnerung an die dortige ehemalige jüdische Gemeinde vor dem schneeweißen Rathaus von Hamburg-Altona. Auch die Pyramide wurde abgebaut und befindet sich im Besitz der Stadt Hamburg.

Richard Deacon verwirklichte an zwei Enden einer Straße zwei schlangenartige Skulpturen (Like a Snail A und B), die aus Holz und verzinktem Stahl bestehen. Heute stehen sie in der Londoner Tate Gallery.

Insgesamt 61 Künstler schufen Skulpturen, von denen einige jedoch auf Grund von Budgetüberschreitungen nicht realisiert wurden. Auch Joseph Beuys begann ein Projekt in den Rieselfeldern (eine Baumbepflanzung), verstarb jedoch vor der Fertigstellung.

Pressestimmen

Die Skulptur.Projekte erweckten Interesse in der Medienlandschaft der ganzen Welt. So verglichen mehrere Zeitungen die Münstersche Ausstellung mit der documenta, die Wiener Zeitung Die Presse schrieb: Gemessen an der documenta 8 in Kassel ist das zweite Ausstellungs-Großunternehmen des heurigen Sommers in Deutschland "Skulptur.Projekte in Münster 1987" das konsequentere.. Auch die Hannoversche Allgemeine Zeitung kommentierte in diese Richtung: Münster hat geschafft, was Kassels documenta mit ihrer lauthals verkündeten "sozialen Dimension" und ihrem Freiluft-Skulpturenprojekt nicht gelungen ist: Man erfährt den Reiz und die Geschichte der Stadt mit neuem Bewußtsein.
Ebenso The Wall Street Journal zog Vergleiche mit Kassel: Hier, anders als in Kassel, ist man erschlagen von dem Respekt für die Umgebung, den fast alle Künstler an den Tag gelegt haben. Obwohl es hier sehr wenige Skulpturen gibt, die in und aus sich als herausragend bezeichnet werden können, ist das Erlebnis, die Stücke zu finden und betrachten, die über die ganze Stadt und ihre Randbezirke verstreut sind, außerordentlich vergnüglich.

Andere Zeitungen beschäftigten sich mit der Beziehung der Münsteraner zu ihrer Ausstellung, die Bauwelt schrieb: Ob die Münsteraner es nun selbst zu schätzen wissen oder nicht: Sie sind zu beneiden um eine in jeder Hinsicht einzigartige Ausstellung. So abwechslungsreich, so qualitätsvoll und so einleutend gab es andernorts Kust im öffentlichen Raum selten zuvor.
Laut Capital hatte sich die Beziehung seit der ersten Skulptur.Projekte wesentlich verbessert: Mit gemischten Gefühlen, jedoch eher stolz sehen die Münsteraner zu, wie ihre Stadt aus aller Welt die Freunde neuer Kunst anlockt.

Die Qualität der Arbeiten wurde unter anderem kommentiert vom Genfer Journal de Genève: Den besten Arbeiten ist es gelungen, die Besonderheiten der Stadt zu begreifen, das Flair der örtlichen Begebenheiten zu respektieren. [...] Wichtig zu sagen, dass die Ausstellung über die ganze Stadt ausgedehnt ist und eine Rundtour einen guten Tag zu Fuß dauert. Wenn man nicht die Fahrräder vorzieht: Man kann sie leihen, und alle Welt tut es auch.

1997

1997, zur dritten Skulptur.Projekte, hatte sich das Verhältnis der Münsteraner zu ihrer Open-Air-Ausstellung deutlich verbessert, wohl auch, weil die internationalen Künstler (nicht nur) ausländische Gäste in die Stadt zog und so zum nicht unwesentlichen wirtschaftlichen Faktor geworden war. Auch das Image der Stadt profitierte von der Skulptur.Projekte als Gegenveranstaltung zur documenta. Aber neben der Reputation waren auch die Kosten gestiegen: Das Gesamtbudget lag 1997 bei umgerechnet drei Millionen Euro.
Am ersten Wochenende waren sämtliche Hotelbetten in der Stadt ausgebucht, wobei laut Pressesprecher der Skulptur.Projekte mehr ausländische als deutsche Gäste die Schau besichtigten. Von dem Kurzführer zur Ausstellung 1997 wurden drei Auflagen zu je 10.000 Exemplaren gedruckt. Die Gesamtzahl der Besucher wird auf ca. 500.000 geschätzt.

Nicht ganz unwesentlich für die gesteigerte Akzeptanz dürfte gewesen sein, dass zum Beispiel die Giant Pool Balls von 1977 inzwischen zum Markenzeichen der Stadt geworden waren und auch andere Skulpturen das Stadtbild deutlich prägten. Dazu waren viele der umstrittensten Werke längst verschwunden.

Permanente Ausstellung

Datei:Pier3.jpg
Das Pier in den Aasee dient als Erholungsplattform

Jorge Pardo baute auf Grund des fast völligen Fehlens von Stegen einen ca. 40 Meter langen Pier in den Aasee hinein. Sein Ende besteht aus einer asymmetrischen Aussichtsplattform mit einem offenen, sechseckigen Pavillion. Er besteht komplett aus Holz des kalifornischen Redwood.

100 Arme der Guan-yin, hier ohne die ehemals angebrachten Arme

Ebenfalls in der Stadt verblieben ist die Skulptur 100 Arme der Guan-yin von Huang Yong Ping. Auf einer Verkehrsinsel südlich der St. Ludgeri-Kirche am Marienplatz steht ein rundes Gerüst in der Form eines Flaschentrockners, statt der Flaschen waren während der Ausstellung jedoch 50 Arme angebracht, die profane Dinge wie Besen und Haken hielten. Einerseits ist die Skulptur ein Bezug auf die buddhistische Göttin Tausendarmige Guan-yin, andererseits aber auch auf das Kruzifix von St. Ludgeri, dessen Jesusfigur bei einem Bombenangriff während des Zweiten Weltkriegs beide Arme verlor.

Permanent installiert wurde Blickst Du hinauf und liest die Worte von Ilya Kabakov in unmittelbarer Nähe zu den Betonringen der Skulptur.Projekte 1977. Es ist ein „Poetischer Sendeturm“. Auf den Querstreben in 13 Metern Höhe sind aus dünnem Draht Buchstaben geformt. Sie ergeben den Text: Mein Lieber! Du liegst im Gras, den Kopf im Nacken, um dich herum keine Menschenseele, du hörst nur den Wind und schaust hinauf in den offenen Himmel - in das Blau dort oben, wo die Wolken ziehen - das ist vielleicht das Schönste, was du im Leben getan und gesehen hast. Die Skulptur wurde vom Landesmuseum gekauft.

Der Text der Skulptur Blickst du hinauf... von Ilya Kabakov

herman de vries umbaute einen wilden Garten mit seinem aus 20.000 Backsteinen bestehenden Sanctuarium (lat: heiliger Raum). Aus allen vier Himmelsrichtungen gibt es ovale Öffnungen, die den Betrachter zum Hineinschauen einladen. Auf dem Fries des nach einer traditionellen Mauertechnik aus dem 18. Jahrhundert gebauten „Rundtempels“ ist ein Text in Sanskrit eingraviert: om. dies ist vollkommen. das ist vollkommen. vollkommen kommt von vollkommen. nimm vollkommen von vollkommen, es bleibt vollkommen.


Temporäre Ausstellung

Martin Kippenberger hat mit Metro-Net. Subway around the world auch in Münster einen Teil seines weltweiten, fiktiven U-Bahnnetzes aufgebaut (andere Stationen sind auf der Insel Sýros, in Dawson City und in Kassel zur documenta X). An der Kreuzschanze installierte er einen U-Bahn-Entlüftungsschacht, aus dem in regelmäßigen Abständen das Geräusch einer vorbeifahrenden Bahn ertönt. Dies wirkt besonders ironisch, da Münster ob der vielen Fahrradfahrer und der beschränkten Größe der Stadt keine Verwendung für eine U-Bahn hätte.

Wolfgang Winter und Berthold Hörbelt haben vier Informationsstände aus Flaschentransportkisten errichtet. In den Kastenhäusern waren gepolsterte Kisten als Sitzmöbel aufgestellt, für Besucher lagen Stadtpläne und Informationen zu den Standorten aller Skulpturen aus.

Rachel Whitereads Untitled (Books) im Landesmuseum ist eine aus Gips gegossene Negativform eines Bücherregals mitsamt der darin stehenden Bücher. Die Zweideutigkeit der Arbeit besteht darin, dass in diesem Regal nicht die Bücher sichtbar sind, sondern der normalerweise unsichtbare verstaubte Raum, der keine Bücher enthält.

Nam June Paik schuf eine der bekanntesten Skulpturen der Skulptur.Projekte 1997, die 32 cars for the 20th century: play Mozart's Requiem quietly: Er ordnete 32 komplett in silber gehaltene Automobile der Baujahre 1920, 1930, 1940 und 1950 vor dem fürstbischöflichen Schloss zu vier Gruppen an, jeweils zu einer geometrischen Figur. Die Autos enthielten statt Motor und sonstigem Interieur Elektonikschrott wie alte Fernseher und Radios, aus einigen klang leise Mozarts Requiem.

Karin Sander hat die Vorgabe, für ihre Skulptur einen Ort im Zentrum der Stadt zu wählen, wörtlich genommen. Sie ließ den Schwerpunkt der Stadt bestimmen. Diesen Punkt, der ca. zehn Kilometer südlich des Doms in der Von-Kluck-Straße 34/36 liegt, markierte sie mit einem roten Kreis vom Durchmesser 1,3 Meter, der exakten Fehlertoleranz der Messung.

Georg Herold hängte bei seiner Skulptur bent poetry, w. up! im Schlossgarten ca. 250 rote Dachlatten so an Stahlseilen an Bäumen auf, dass sie ein Labyrinth ergeben. Auf der Unterseite der Latten notierte er Zitate aus der Literatur-, Kunst- und Philosophiegeschichte.

Nicht realisiert wurde das Projekt von Gabriel Orozco, der in Anlehnung an den Jahrmarkt Send ein Riesenrad zur Hälfte im Hindenburgplatz versenken wollte. Ebenfalls nicht realisiert werden konnte ein Projekt von Charles Ray, der einen Baum so pflanzen wollte, dass er sich, bewegt von einem Mechanismus unter der Erde, in zwei Stunden einmal um sich selber dreht.

Insgesamt wirkten 76 Künstler in 73 Gruppen an der Skulptur.Projekte 1997 mit.

Presse-Stimmen

Im Jahr 1997 schrieben auch Deutschlands größte Zeitungen und Magazine über die Skulptur.Projekte. Der Spiegel schrieb in seiner Ausgabe 22/1997 unter anderem: Das Pionierprojekt Skulpturen hat es in Münster zu Popularität gebracht – und sprengt nun alle Gattungsgrenzen. (...) Während die Kasseler Schauräume noch fest verschlossen sind, wären in Münster die Vorbereitungen schon darum kaum geheimzuhalten, weil sie zumeist im Freien stattfinden. Auch die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtete wieder über die Ausstellung und kam zu einem Ergebnis, das vor allem den Verantworlichen sowie Sponsoren gut gefallen haben dürfte: Die Kunst der Möglichkeiten - Die dritte „Skulptur.Projekte“ - Schau ist der beste PR-Coup, den Münster haben kann

Auch wurden wieder Vergleiche zur documenta gezogen, die 1997 in ihre X Saison ging. Die Süddeutsche Zeitung sahen in Münster erneut den Sieger (Zehn Jahre sind keine Epoche - Die Skulptur-Projekte in Münster stehlen der documenta mit Phantasie und Witz die Schau.), auch Die Woche kommentierte ähnlich: Lieber 99 Tage Münster als 100 Tage Kassel! Die Großausstellung SKULPTUR.PROJEKTE versucht sich in der Konkurrenz zur Dokumenta - mit erheblichem Erfolg. Sogar die Illustrierte Bunte brachte einen Bericht, überliess die Wertung aber dem leser selber: Magic Münster – die ganze Stadt ein Kunstwerk. Die documenta bekommt Konkurenz: Münster wird für drei Monate Europas Skulpturen-Hauptstadt.

Allgemein über die Philosophie schrieb die Berliner taz: Nach Münster werden keine Werke bestellt sondern Künstler eingeladen. Des weiteren gab es Berichte unter anderem in der Los Angeles Times, der El Pais aus Madrid, der New York Times und der französischen Le Monde

2007

2007 werden etwa 35 Künstler eingeladen, Skulpturen im öffentlichen Raum zu entwerfen. Unter den elf Künstlern (Stand: Sommer 2005), die bereits Vorarbeiten in Münster geleistet haben, sind u.a. Rosemarie Trockel und Isa Genzken.
Im Vorfeld der Skulptur.Projekte werden außerdem sämtliche in den letzten 30 Jahren von der Stadt erworbene Arbeiten begutachtet und wenn nötig restauriert, was bei einigen Arbeiten nötig ist, da sie unter anderem mit Graffiti beschmiert wurden.

Die Stadt Münster wird ca. 1,5 Millionen Euro in das Projekt fließen lassen, zusätzlich stellt der LWL eine Million Euro zur Verfügung. Auch das Land Nordrhein-Westfalen hat über die Kunststiftung Unterstützung signalisiert.

Literatur

  • Klaus Bußmann, Kasper König, Florian Matzner: Zeitgenössische Skulptur, Projekte in Münster 1997, Ostfildern: Hatje Cantz Verlag, 1997, ISBN 3775706496
  • Rainer Schnettler: Ausstellung von Skulptur im öffentlichen Raum. Konzeption, Vermittlung, Rezeption am Beispiel der "Skulptur" 1977 in Münster und der "Skulptur Projekte in Münster 1987", Frankfurt am Main: Lang, 1991. ISBN 3631438788