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Miles Davis

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Miles Dewey Davis III. (* 26. Mai 1926 in Alton, Illinois; † 28. September 1991 in Santa Monica) war ein afroamerikanischer Jazz-Trompeter, Komponist und Bandleader. Er gilt als einer der einflußreichsten und innovativsten Musiker des 20. Jahrhunderts.

Leben

Jugend (1926 - 1944)

Miles Davis stammte aus einem vermögenden Elternhaus. Sein Vater verdient als Zahnarzt gut für die Verhältnisse der Schwarzen damals. Außerdem besaß die Familie eine Farm mit 500 Morgen Land. Dort lernte Miles auch reiten. Bereits 1927 zog er mit seinen Eltern nach East St. Louis in ein Viertel ohne Rassentrennung um, wo er seine gesamte Kindheit verbrachte. Mit 9 Jahren bekam er von einem Freund seines Vaters seine erste Trompete geschenkt, aber erst als er mit 13 ein neues Instrument und Unterricht bekommt macht er wirklich Fortschritte. Sein erster Lehrer Elwood Buchanan lehrt ihn auch ohne Vibrato zu spielen, obwohl dass damals bei den Jazztrompetern sehr in Mode war. Miles sollte den Rest seiner Karriere für seinen klaren Ton bekannt bleiben.

Während seiner High School zeit freundet sich Davis mit Clark Terry an. Das coole Auftreten und der Trompetenstil des sechs Jahre älteren Mannes hatten großen Einfluss auf Miles Davis. Mit sechzehn trat Miles in die Musikergewerkschaft ein und mit siebzehn spielte er ein Jahr lang in Eddie Randle's “Blue Devils”. Während dieser Zeit bekam er das Angebot mit der Tiny Bradshaw Band auf Tour zu gehen, aber seine Mutter bestand darauf, dass er seine High School beendete. 1944 besuchte die Billy Eckstine Band St. Louis. Damals waren Dizzy Gillespie und Charlie Parker Bandmitglieder und Davis durfte als dritter Trompeter für ein paar Wochen den kranken Buddy Anderson vertreten. Diese Band hatte mit ihrem Bebop einen nachhaltigen Eindruck bei dem 18jährigen hinterlassen.

Ebenfalls 1944 bekommt seine Freundin Irene Birth eine Tochter. Da Irene aber auch noch andere Liebschaften hatte wusste Miles nicht sicher ob Cheryl sein Kind ist, er übernahm aber die finanzielle Verantwortung dafür.

Bebop und Cool Jazz (1944 bis 1955)

Im selben Jahr noch (1944) zog Davis nach New York City unter dem Vorwand die Juilliard School of Music zu besuchen. Tatsächlich aber machte er sich sofort auf die Suche nach Dizzy Gillespie und Charlie Parker. Bereits nach wenigen Semestern brach er das Studium ab, da die dortige Ausbildung zu sehr eingeschränkt, klassisch und für Davis's Geschmack zu “weiß” war. Gleichzeitig warf er aber Parker und Lester Young vor sich zu wenig mit dieser Musik auseinanderzusetzen. Davis ging öfters in die öffentliche Bibliothek um sich die Partituren von Strawinsky, Alban Berg, Prokofieff und anderen auszuleihen. Mittlerweile war er Mitglied in Charlie Parkers Quintet. 1945 machte er seine ersten Plattenaufnahmen zusammen mit Charlie Parker. Davis' Trompetenstil war bereits ausgeprägt, doch es mangelte ihm an Selbstvertrauen und an der technischen Virtuosität seiner Vorbilder. Seine ganze Karriere über sollte Davis in seinen technischen Möglichkeiten auf der Trompete begrenzt bleiben, ohne dass dies seine Kreativität und seinen Einfluss auf die Jazzmusik behindert hätte.

1946 ging Miles für einige Zeit mit Charlie Bird und Dizzy Gillespie nach Los Angeles, um den Bebop auch an der Westküste bekannt zu machen. Im selben Jahr brachte Irene ihr zweites Kind Gregory auf die Welt. Als Charlie Birds' Heroinabhängigkeit immer mehr zum Problem wurde began Miles Davis sich auf seine Solokarriere zu konzentrieren und arbeitete mit Gerry Mulligan und Gil Evans, und anderen auf die Gründung eines Nonets hin. Dies war gleichzeitig der Beginn einer 20-jährigen Zusammenarbeit mit Gil Evans. Um den gewünschten Sound zu erreichen wurden so ungewöhnliche Instrumente wie die Tuba und das Horn eingesetzt. Im September 1948 trat diese Gruppe dann zum ersten mal auf. Bereits ein Jahr später löste sich das Nonet wieder auf, hatte aber vorher zwölf Aufnahmen für Capitol Records gemacht, die als 78er Schallplatten nicht allzu erfolgreich verkauft wurden. Die Aufnahmen wurden erst 1957 richtig berühmt, als sie gesammelt unter dem Titel “The Birth Of The Cool” veröffentlicht wurden. Der Einfluss war aber schon vorher in der Jazzszene zu spüren, da sie den “Cool Jazz” begründeten, der von Chet Baker, Stan Getz und Shorty Rogers aufgenommen wurde und die bald schon den Ton angaben was gerade angesagt war.

In New York war Davis ständig in Kontakt mit Drogen. Als er 1950 vom Pariser Jazzfestival zurückkehrte, wo er sich unglücklich in Juliette Greco verliebt hatte und sich dann in den USA wieder den Rassismusproblemen ausgesetzt sah, während er in Paris wie ein Star behandelt worden war wurde Davis immer mehr drogenabhängig. Er teilte diese Abhängigkeit mit vielen seiner Kollegen, so zum Beispiel Thelonious Monk, Chet Baker, Billie Holiday, Sonny Rollins, Stan Getz und vielen anderen. Für die nächsten Jahre spielte Davis zwar viele Sessions, zumeist jedoch uninspiriert. Aufgrund seiner Sucht und des damit verbunden Imageschadens konnte er nur für kleine Labels wie "Prestige" oder "Blue Note" Aufnahmen machen. Er schaffte es auch nicht eine feste Gruppe zusammenzuhalten. Um sich von der Droge zu befreien zog er 1954 nach East St. Louis und wurde dort mit Unterstützung seines Vaters seine Abhängigkeit los. Um nicht ständig in Berührung mit den New Yorker Drogenkontakten zu kommen, ging er vorerst nach Detroit, wo er auch musikalisch wieder zu kräften kam.

Im März 1954 kam er dann wieder nach New York. Dort entdeckte er bald darauf den Harmon-Dämpfer aus Metall den er mit entferntem Stiel spielte. Dieser Dämpfer prägte vortan den Sound vieler seiner Stücke und er sollte ihn zeit seines Lebens verwenden. Im laufe des nächsten Jahres machte er mehrere wichtige Aufnahmen für das Prestige Label. Aufgrund der Weiterentwicklung der Tontechnik zur Langspielplatte war es mittlerweile möglich Jazzstücke aufzunehmen die länger als 3 Minuten waren. Miles hatte jetzt die Möglichkeit sein Können bei längeren Soli unter beweis stellen. So zum Beispiel beim über 13 Minuten langen “Walkin'”, dass für die Jazzmusiker der Zeit ein wegweisendes Stück war, von den Kritikern aber noch nicht so richtig anerkannt wurde.

Sein großes Comeback hatte Miles Davis im Juli 1955 als er unangekündigt beim Newport Jazz Festival für drei Stücke auf die Bühne kam und zu Monk's “'Round Midnight” ein legendäres Solo spielte. Dieser Auftritt führte dazu, dass George Avakian ihn bei Columbia unter Vertrag nahm, obwohl er gleichzeitig noch einen Vertrag bei Prestige zu erfüllen hatte. Die Erlaubnis dafür erreichte er bei Prestige, indem er sie überzeugte, dass Prestige bei den noch ausstehenden Aufnahmen von der Werbung der wesentlich größeren Plattenfirma Columbia profitieren würde.

Das erste Quintet und Sextet (1955 - 1958)

1955 gründete Davis dann sein brühmtes Miles Davis Quintet. Die Band bestand aus John Coltrane (Tenorsaxophon), Red Garland (Piano), Paul Chambers (Bass) und Philly Joe Jones (drums). Das Quintet wurde schnell berühmt. Um den Vertrag bei Prestige zu erfüllen nahm die Band an nur zwei Tagen insgesamt vier Alben auf (Workin', Cookin', Steamin' und Relaxin'). Dass die Qualität der Alben unter dieser Fließbandarbeit praktisch nicht gelitten hatte zeigt wie gut das Quintet damals funktionierte. Für Columbia nehmen sie fast zur selben Zeit das Album “'Round About Midnight” auf, auf dem die Gruppe noch fokusierter und sorgfältiger zu Werke geht. Zu dieser Zeit wurde Miles Davis zu einem echten Star in der Jazzszene. Sein distanzierte und coole Haltung - er drehte dem Publikum bei Auftritten des öfteren den Rücken und verließ bei den Solos seiner Kollegen die Bühne - waren der Inbegriff dessen was zu der Zeit hip und cool war. Sein selbstbewußtes Auftreten in der Öffentlichkeit war vielen der Schwarzen damals ein Vorbild.

1957 nimmt Davis das Album “Miles Ahead” auf, das aufwendig orchestriert ist und ihm wenig improvisatorischen Spielraum läßt. Trotzdem ist Miles sehr zufrieden mit seiner Arbeit. Ausnahmsweise spielt er fast alle Aufnahmen mit dem Flügelhorn ein. Das Album wird ein kommerzieller Erfolg. Aufgrund ihrer Drogenexszesse ersetzte Davis Coltrane und Jones durch Sonny Rollins und Arthur Taylor. Doch er ist mit dem Sound des neuen Quintets nicht hunderprozentig zufrieden und engagiert Julian Cannonball Adderley. Mittlerweile haben Rollins und Red Garland das Quintet verlassen. Neuer Pianist war Tommy Flanagan. Als John Coltrane seine Drogensucht überwunden hatte wollte Miles in zurückholen. Vorher ging er aber nach Paris um dort mit Kenny Clarkes Quartet zu spielen. Als er Louis Malle vorgestellt wurde ließ er sich überreden die Musik für den Film “Ascenseur pour l'échafaud” (Fahrstuhl zum Schafott) zu schreiben und aufzunehmen. In nur einer Nacht entstanden die Aufnahmen die Miles mit einer ganz neue Arbeitsweise im Studio vertraut machten. Statt großer Plannung wurde auf kurze Anweisungen und Spontanität gesetzt. Eine Technik die auch bei so legendären Alben wie "Kind of Blue" oder "Bitches Brew " anwendung finden sollte.

In New York zurück gelang es Miles sein Traumsextett zusammenzustellen indem er Coltrane und Garland zurück holte. Nach einigen Auftritten spielte die Gruppe das Album “Milestones” ein, das durch Adderleys Beitrag neben dem Bebop auch etwas blusigere Stück hatte. Auserdem wird der neu aufkommende modale Jazz weiterentwickelt. Miles Davis spielte bei der Entwicklung dieser Stilrichtung wieder ein wegweisende Rolle. Bei den Aufnahmen dazu kam es zu einem Streit zwischen Garland und Davis, so dass letzterer bei dem Stück “Sid's Ahead” selbst Klavier spielte. Etwa zu der Zeit als Bill Evans an Garlands stelle trat verließ Philly Joe Jones entgültig die Band. Da Jones das Sextet kurz vor einem Auftritt in Boston verließ musste sein Ersatz Jimmy Cobb aus New York nachreisen und baute sein Instrument auf während die Band schon spielte und begann sein Engagement beim Miles Davis Sextet mitten in “'Round Midnight”.

Ende Mai stand mit den beiden Neuzugängen eine zuverlässige und musikalisch geschliffenere Version des Sextets, die in dieser Form 7 Monate bestehen sollte und sich dann für “Kind of Blue” nochmals im Studio versammelte. Als Bill Evans die Gruppe verließ weil ihn das ständige Touren auslaugte wurde kurzzeitig Red Garland zurückgeholt um ihn dann als er wieder einmal zu spät zu einem Auftritt kam durch Wynton Kelly zu ersetzten.

Kind of Blue (1959 – 1964)

Damit stand die Formation, mit der Miles Davis im Frühjahr 1959 ins Studio ging und sein legendäres Album Kind of Blue Aufnahm. Bill Evans kehrte dafür nocheinmal zurück und überließ Wynton Kelly nur für das Stück “Freddie Freeloader” das Klavier. In zwei Sessions am 2. März und 22. April entstand ein Album, das beispielhaft für den modalen Jazz ist und nach Aussage von Columbia Records und der RIAA das meistverkaufte Jazzalbum überhaupt ist. Über 6 Millionen Einheiten sollen davon bisher abgesetzt worden sein.

In den folgenden Jahrzehnten spielte er mit den Großen des Jazz. Er entwickelte immer wieder neue Richtungen im Jazz und vermischte verschiedene Stilrichtungen in seiner Musik. So wirkte er stilbildend auf andere Musiker.

Miles Davis war und ist bekannt für seine Improvisationen mit wenigen und lang anhaltenden Tönen. Er schaffte so einen großen Kontrast zu den Musikern seiner Zeit, besonders im Bebop. Diese Musikrichtung ist bekannt für ihre virtuosen (schnellen) Soli. Ende der 60er prägte er in seiner elektrischen Phase mit Alben wie "In a Silent Way" und "Bitches Brew" die Fusion zwischen Jazz und Rock, spielte 'epische' Werke von über einer Stunde ein und begann mit Postproduktion, Loops und Effekten zu experimentieren. Pangaea und Agharta, zwei am selben Tag aufgenommene Live-Alben, gelten heute noch als die wichtigsten Live-Alben des Electric Jazz.

Der späte Miles Davis (80er) zeichnete sich durch harmonisch experimentelle Stücke aus. Seine Formationen waren der Karriere-Startschuss für viele einstmalige Nachwuchs-Musiker wie Herbie Hancock, Wayne Shorter, Chick Corea, Keith Jarrett, John McLaughlin.

Anfang September 1991 läßt sich Davis im St. John's Hospital and Health Care Center in Santa Monica durchchecken. Bei einem Streit mit einem Arzt erleidet er einen schweren Schlaganfall und fällt ins Koma. Am 28. September beschließt seine Familie die künstliche Lebensverlängerung zu beenden. Miles Davis wurde in der Woodlawn Cemtery in der Bronx in New York beerdigt.

Alles in allem legte Davis konzeptionell immer wieder neue Grundsteine, indem er nie konservativ auf irgendeinem Jazz-Stil beharrte, sondern immer mit der Zeit ging und mit jungen Musikern experimentierte. «Doo-Bop» könnte man sogar als die erste echte Fusion von Jazz und Hip Hop bezeichnen.

Beachtenswert ist auch seine Autobiografie, die Auskünfte über sein Schaffen und Einflüsse gibt.

Diskografie

Eine komplette Liste der von Miles Davis aufgenommenen Alben zu erstellen, ist nicht einfach, da - je nach Blickwinkel - bis zu 150 Aufnahmen aufgezählt werden könnten. Des Weiteren werden immer wieder die jeweiligen Aufnahmesessions der Musiker als Neuauflage des Albums herausgegeben. Die folgende Liste versucht, bei besonderen Alben die aus heutiger Sicht neu entstandene Richtung im Jazz anzugeben. Dabei muss (wie immer) beachtet werden, dass bei solchen Unterteilungen und Begrifflichkeiten die Grenzen fließend sind!

  • Birth of the Cool (1949) Cool Jazz
  • Walkin' (1954) Bebop
  • Round About Midnight (1955)
  • Miles Ahead (1957, m. Gil Evans)
  • Ascenseur pour l'échafaud (Fahrstuhl zum Schafott)- Soundtrack (1958) Modaler Jazz
  • Porgy and Bess (1958, m. Gil Evans)
  • Milestones (1958)
  • Kind of Blue (1959) Modaler Jazz
  • Sketches of Spain (1960, m. Gil Evans)
  • Sorcerer (1962)
  • Quiet Nights (1963, m. Gil Evans)
  • E.S.P. (1965)
  • Miles Smiles (1966)
  • Nefertiti (1967)
  • Filles de Kilimanjaro (1968)
  • In a Silent Way (1969) Fusion
  • Bitches Brew (1969)
  • A Tribute to Jack Johnson (1970)
  • Live-Evil (1970) Fusion
  • Dark Magus (1974)
  • Agharta (1975)
  • Pangea (1975)
  • The Man with the Horn (1981) Jazz Pop
  • We Want Miles (1982)
  • Star People (1983)
  • Decoy (1984)
  • You're Under Arrest (1985)
  • Tutu (1986)
  • Amandla (1989)
  • Doo-Bop (1991) Hip-Hop
  • Miles & Quincy Jones: Live at Montreux (1991)

Literatur

  • Peter Niklas Wilson: Miles Davis. Sein Leben, seine Musik, seine Schallplatten. Waakirchen, Oreos 2001. ISBN 3-923657-62-5
  • Miles Davis und Quincy Troupe: Miles Davis. Die Autobiographie. München: Heyne, 2000. ISBN 3453171772

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