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Karl von Bruhn

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Johann Karl Balduin von Bruhn, Decknamen Balduin, Joseph Lieblin (* 16. März 1803 in Herzhorn[1]; † 19. Jahrhundert) war bereits im Vormärz ein entschiedener Oppositioneller und nahm aktiv an der Revolution von 1848 teil. In den 1860er Jahren wurde er Mitglied im ADAV und war Redakteur des Nordstern.

Vormärz und Revolution

Er brach ein juristisches Studium in Kiel ab und trat 1829 als Freiwilliger in die preußische Armee ein. Er diente als Artillerist zuletzt im Rang eines Unteroffiziers. Lange Zeit war er in der Bundesfestung Mainz stationiert. Im Jahr 1834 verließ er den Militärdienst.

Er wurde aktives Mitglied des Bundes der Geächteten beziehungsweise des Bundes der Gerechten. Bruhn verwendete den Decknamen Balduin. Er musste aus Deutschland fliehen, als 1840 Ermittlungen gegen ihn angestellt wurden. Im Jahr 1841 wurde er in Mainz in Abwesenheit zum Tode verurteilt.

Er lebte danach in der Schweiz und blieb weiterhin für die politische Opposition in Deutschland tätig. Bruhn hat unter anderem den Heckerzug 1848 mit vorbereitet und diente als Oberst in der Truppe der Revolutionäre. Nach der Niederlage ging er zunächst wieder in die Schweiz. Er nahm dann aktiv an der Septemberrevolution 1848 in Frankfurt am Main teil. Danach lebte er zeitweise unter anderem Namen in Hamburg und spielte dort eine führende Rolle in den demokratischen Arbeitervereinen. Er stand in enger Verbindung mit Johann Philipp Becker. Er gehörte dem Bund der Kommunisten an. Als er im Mai 1849, um sich der Reichsverfassungskampagne anzuschließen, nach Süddeutschland reisen wollte, wurde er verhaftet. Bei ihm wurden verschiedene Schriftstücke und Adressen von Gleichgesinnten gefunden. Darunter war auch ein Empfehlungsschreiben von Karl Marx. Die politischen Zusammenhänge waren den Behörden offenbar unbekannt und Bruhn wurde nur wegen Vagabundierens verurteilt.

Reaktionsära

Zeitweise unter fremden Namen nahm er seine politische Tätigkeit wieder auf. Er lebte seit 1850 in Altona und wurde dort Vorsitzender des örtlichen Arbeitervereins. Auf Grund seiner Tätigkeit wurde Bruhn festgenommen, sechs Wochen in Haft gehalten und 1851 freigesprochen.[2] Bruhn schloss sich einer Gruppe von Oppositionellen an, die sich in der Schweiz gebildet hatte. Einer ihrer Abgesandten in Deutschland war Bruhn. Dieser brachte nach Darstellung von Marx, die ehemaligen Mitglieder des Bundes der Kommunisten in Holstein dazu, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, sich der Gruppe anzuschließen. Weil er sich auch damit in Opposition zur Londoner Führung stellte, wurde er 1850 ausgeschlossen.[3] Der Ausschluss wurde in Hamburg aber nicht umgesetzt. In einem Brief eines Abgesandten heißt es dazu: "Ich war bei Martens in Hamburg zuerst. Martens fand das Benehmen gegen Bruhn wenigstens unklug, da Bruhn, wie er sagte, einen sehr großen Einfluss habe und täglich mehr an Boden gewinne. Ich habe mich in Altona selbst davon überzeugt und es für nötig gehalten, mich sofort wieder mit Bruhn in Verbindung zu setzen. Das Resultat war für beide Teile sehr befriedigend, näheres darüber mündlich."[4]

Arbeiterbewegung

Bruhn schloss sich Anfang der 1860er Jahre dem ADAV an und versuchte ab 1863 in Altona Anhänger zu werben. Damit hatte er aber nur begrenzten Erfolg. Auch in Pinneberg gründete er die dortige ADAV Gemeinde. In den frühen 1860er Jahren war er Redakteur des Nordsterns. Im Jahr 1865 positionierte sich das Bruhn als innerparteilicher Gegner des ADAV Präsidenten Bernhard Becker. Statt der Diktatur eines Einzelnen setzte er auf eine Parteileitung durch drei Personen. [5] In Altona stellte sich Bruhn und mit ihm die ADAV Gemeinde auf die Seite der Gräfin Hatzfeld. Der Bevollmächtigte Krohne musste zurücktreten und Bruhn übernahm dieses Amt. Es wurde eine Versammlung mit dem Präsidenten Becker einberufen, auf der dieser seine Positionen darlegen sollte. Im Verlauf der Versammlung zog Becker die Legitimation von Bruhn als Bevollmächtigter in Zweifel und drohte damit die Polizei einzuschalten. Daraufhin wurde er von Bruhn und seinen Anhängern aus dem Saal gedrängt. In der Folge trat die Altonaer Gemeinde aus dem ADAV aus. Im Nordstern forderte Bruhn Becker zum Rücktritt auf. Ihm gelang es auch andere ADAV Gemeinden in Schleswig-Holstein zum Abfall vom Verein zu bringen. Insgesamt konnte sich Bruhn mit seiner Meinung nicht durchsetzen. In der Folge spielten er und der Nordstern kaum noch eine Rolle im ADAV. Nachdem Carl Wilhelm Tölcke Präsident des ADAV geworden war, schlossen sich die meisten abgefallenen Gemeinden der Partei wieder an. Bruhn stand auch im Gegensatz zu Johann Baptist von Schweitzer, der mit dem Social-Demokrat eine Zeitung gegründet hatte, die den Nordstern verdrängt hatte.[6] Im Jahr 1866 war Bruhn als Bevollmächtigter für Altona ersetzt worden. Ein Jahr später kandidierte er in Pinneberg für den Norddeutschen Reichstag.[7] Bruhn schloss sich dem vom ADAV abgespaltenen Lassallescher Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein an und war Redakteur der Freien Zeitung dieser Organisation.[8]


Literatur

  • Wermuth, Stieber: Die Communisten-Verschwörungen des neunzehnten Jahrhunderts im amtlichen Auftrage zur Benutzung der Polizei-Behörden der sämtlichen deutschen Bundesstaaten. Theil 2. A. W. Hayn, Berlin 1854 S. 33
  • Herwig Förder, Martin Hundt, Jefin Kandel, Sofia Lewiowa: Der Bund der Kommunisten. Domumente und Materialien. 3 Bde., Dietz Verlag, Berlin 1970, 1982, 1984
  • Kurt Koszyk und Karl Obermann: Zeitgenossen von Marx und Engels. Ausgewählte Briefe aus den jahren 1844 bis 1852. Van Gorcum & Comp., Assen 1975 ISBN 9-0232-1293-2
  • Gerd Krämer: "Mann der Arbeit aufgewacht." Die Altonaer und Ottenser Gemeinden des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins. Digitalisat

Einzelnachweise

  1. Nach seinem Steckbrief in Allgemeiner Polizei-Anzeiger 31 (1850), S. 13 (Digitalsiat)
  2. Karl Marx / Friedrich Engels: Briefwechsel, Januar 1849 bis Dezember 1850 Berlin, 1981 S. 1371
  3. Karl Marx, Friedrich Engels: Ansprache der Zentralbehörde des Bundes der Kommunisten vom Juli 1850, In:Karl Marx / Friedrich Engels: Werke, Artikel, Entwürfe Juli 1849 bis Juni 1851. Berlin, 1977 S. 337
  4. Karl Marx / Friedrich Engels: Werke, Artikel, Entwürfe Juli 1849 bis Juni 1851. Berlin, 1977 S. 933
  5. Arno Herzig: Die Entwicklung der Hamburger Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert. In. Tales of Two Cities: Hamburg and Chicago. Berlin, 2006 S,188
  6. Roger Morgan: The German Social Democrats and the First International: 1864–1872. Cambridge, 1965 42
  7. Arbeiterbewegung Pinneberg
  8. Georg Eckert: Zur Geschichte der Sektionen Wiesbaden und Mainz der Internationalen Arbeiter-Assoziation. In: AfS 8/1968 S. 107