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Mühlheim-Dietesheim

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Dietesheim
Wappen von Dietesheim
Koordinaten: 50° 7′ N, 8° 51′ OKoordinaten: 50° 7′ 23″ N, 8° 51′ 18″ O
Höhe: 100 m ü. NN
Einwohner: 2803 (1925)
Eingemeindung: 1. April 1939
Postleitzahl: 63165
Vorwahl: 06108

Dietesheim ist heute ein Stadtteil der hessischen Stadt Mühlheim am Main. Der Ort liegt südlich des Mains zwischen Mühlheim und Hanau-Steinheim, im Süden liegt der Stadtteil Mühlheim-Lämmerspiel.

Geschichte

Spätpaläolithischer Fundplatz in Dietesheim

Aufgrund von Lesefunden, insbesondere Steingeräten, im Bereich eines sich immer weiter ausdehnenden Basaltsteinbruchs veranlasste im Herbst 1976 Gerhard Bosinski eine archäologische Sondierung. Dabei wurden in einer nur 1 m² großen und 60 cm tiefen Verfüllung rund 320 Artefakte gefunden. Auf Grund dieses Ergebnisses wurden 1977, 1978 und 1980 Ausgrabungen im Auftrag des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen auf eine größere Fläche ausgedehnt.[1]

Mittelalter

Der Name Dietesheim geht vermutlich auf den Personennamen Thiudin oder Theotini zurück. Die Endung -heim lässt auf eine Gründung bereits aus fränkischer Zeit schließen. Weitere historische Namen aus der Überlieferung sind Ditinesheim (1013) und Diedeßheim (1532).

Kaiser Heinrich II. tauschte 1013 seinen Besitz in Dietesheim mit dem Kloster Lorsch.[2]

Dietesheim gehörte bis 1819 auch zur Dietesheimmark, einer Markgenossenschaft. Seine Einwohner hatten ab 1372 Burgrecht in Frankfurt mit allen daraus resultierenden Rechten und Pflichten (in Kriegszeiten durfte in der befestigten Stadt Zuflucht gesucht werden, als Gegenleistung mussten sie 10 Ruten Stadtgraben instand halten).

Dietesheim lag im Amt Steinheim, das zunächst den Herren von Eppstein gehörte und ab 1371 als Pfand je zur Hälfte den Grafen von Katzenelnbogen und den Herren von Hanau. 1393 gelangte das Pfand insgesamt an die Herren von Kronberg.

Neuzeit

1425 verkaufte es Gottfried von Eppstein das Amt an das Kurfürstentum Mainz. In den Jahren 1631-1634, während des Dreißigjährigen Kriegs, beschlagnahmte König Gustav II. Adolf das Amt als Kriegsbeute und stattete damit die mit ihm verbündeten Grafen Heinrich Ludwig von Hanau-Münzenberg und Jakob Johann von Hanau-Münzenberg aus.[3] Da beide Grafen schon bald starben und der Westfälische Friede auf das Normaljahr 1624 abstellte, kam Dietesheim wieder an Kurmainz. Das der allgemeinen Agrardepression zum Opfer gefallene kleine Dorf Meielsheim wurde zur Wüstung. Seine Bewohner siedelten überwiegend in die umliegenden Orte wie Mühlheim, Dietesheim, Lämmerspiel oder Bürgel um.

Nach der Säkularisation des Kurfürstentums Mainz fiel Dietesheim 1803 an das Großherzogtum Hessen.

Am 1. April 1939 nach Mühlheim eingemeindet.[4]

Einwohnerentwicklung

Jahr Einwohnerzahlen ab 1638
1576 34 (Haushalte)
1638 46
1809 460
1846 719
1871 916
1885 1.311
1905 2.102
1925 2.803

Wirtschaft

Traditionelle Wirtschaftszweige

  • der Basaltabbau und die Weiterverarbeitung von Basalt
  • der Kiesabbau
  • das Lederhandwerk
  • die Zigarrenherstellung
  • die Main-Fischerei

Bis zur Industrialisierung war Dietesheim, wie viele Dörfer am Main, geprägt durch die Main-Fischerei. Nach dem Ankauf mehrerer Besitzungen am Untermain durch das Kurfürstentum Mainz wurde im Jahre 1425 die „Schiffer- und Fischerzunft“ gegründet, aus der dann später eine eigene Fischerzunft hervorging. Fast alle alteingesessenen Familien in Dietesheim waren mehr oder weniger mit der Fischerei verbunden. Begünstigt durch seine Lage in der Nähe der Freien Reichsstadt Frankfurt beschickten auch die Dietesheimer Fischer den dortigen Markt. Ursprünglich wurden die Fische mit dem Nachen transportiert, später – nach dem Bau der Eisenbahn – mit dieser. Allerdings musste man den Weg von Dietesheim bis zum Bahnhof nach Offenbach zu Fuß bewerkstelligen, was dann meist Sache der Frauen war. Viele der Fischerfrauen brachten die lebende Ware in die Haushalte der jüdischen Familien in Frankfurt, wo sie dann im Hause ausgenommen wurden. Im Laufe der wirtschaftlichen Weiterentwicklung verlagerten sich die wirtschaftlichen Schwerpunkte dann mehr und mehr auf andere Bereiche (Basaltabbau etc., s.o.).

Wirtschaft heute

Insgesamt bieten die schnell erreichbaren umliegenden Städte, insbesondere Frankfurt am Main als Wirtschaftsmetropole Rhein-Main, neben den begrenzten örtlichen Beschäftigungskontigenten genügend Anreiz und Beschäftigungsmöglichkeiten für die ansässige Bevölkerung.

Verkehr

In unmittelbarer Nähe befinden sich die Städte: Frankfurt am Main, Offenbach am Main und Hanau.

Durch Mühlheim und Dietesheim führt die Bundesstraße 43. Sie ist überwiegend zweispurig in zwei verschiedenen Trassen als Einbahnstraße durch beide Ortsteile geführt.

Dietesheim verfügt über eine eigene S-Bahn-Station mit Verbindungen nach Hanau (Endstation) und nach Wiesbaden, über Offenbach und Frankfurt mit diversen Anschlussvarianten.

Schulen

In Dietesheim gibt es eine Grundschule, die Geschwister-Scholl-Schule, und eine Sonderschule, die Johann-Hinrich-Wichern-Schule (Schule für Lernhilfe), diese wurde zum Ende des Schuljahres 2007/2008 (Juni 2008) geschlossen. Die weitere Nutzung des stadteigenen Schulgebäudes steht zur Zeit (Stand Januar 2012) noch nicht fest, es liegen jedoch einige Konzepte vor.

Sport

Neben dem Angebot von Vereinen für Ballsportarten (Spvgg Dietesheim: Fußball, Tennis, Kegeln, Basketball, Handball als Spielgemeinschaft mit Mühlheim) Turnen (Spvgg Dietesheim), Reiten (Reit- und Fahrverein Maintal), Kunstradfahren (RC Adler), Schwimmen, Gymnastik (Spvgg Dietesheim), Leichtathletik (TG Dietesheim), Badminton (TG Dietesheim), Tennis (TC Dietesheim) und vielem mehr, bietet die Schützengemeinschaft Mühlheim – Dietesheim die Möglichkeit, den Schießsport nach den Regeln des Deutschen Schützenbundes sowie in Abteilungen nach den Regeln des Bundes Deutscher Sportschützen und der Deutschen Schießsport Union auszuüben.

In dem Stadtteil Mühlheim gibt es ein Hallenbad, im Stadtteil Lämmerspiel ein Freibad.

Religion

Katholische Kirche von 1891 mit Pfarrhaus
Evangelische Kirche von 1751 mit Ortskern

Da der Ort lange Zeit im mainzischen Besitz war, wurde hier nicht die Reformation eingeführt. Es gibt eine katholische Pfarrei St. Sebastian. Die katholische Pfarrgemeinde gehört als Teil des Dekanates Rodgau zum Bistum Mainz.

Die jetzige evangelische Kirche der Evangelischen Friedensgemeinde Mühlheim am Main mit Dietesheim, die sich im alten Ortskern von Dietesheim befindet, war ursprünglich die Kirche der Katholiken.

Das Kirchweihfest, die Dietesheimer-Kerb ist ein über die Ortsgrenzen hinaus beliebtes Fest, das im August jeden Jahres gefeiert wird.

Ausflüge – Erholung – Freizeit

Zur Erholung und Freizeitgestaltung bieten sich die Auenlandschaft am Main und ein entlang des südlichen Mainufers führender, gut ausgebauter Radwanderweg von Frankfurt bis Aschaffenburg an.

Ein bekanntes und beliebtes Ausflugsziel in Dietesheim sind die ehemaligen Steinbrüche, die heute ein Naherholungsgebiet bilden, das unter Naturschutz steht. Bis zum Jahr 1982 wurde hier auf 150 Hektar Fläche Basalt abgebaut. Neben den Steinbrüchen bestanden hier ein Betonstein- und Schotterwerk, eine Asphaltmischanlage und seit Anfang der 1960er Jahre eine Unterkunft für Gastarbeiter. Betrieben wurde dies durch die Mitteldeutsche Hartstein-Industrie (MHI) und Vogelsberger Basalt. Die MHI verpflichtete sich das Gelände kostenlos an die Stadt Mühlheim abzugeben[5] In verschiedenen Steinbrüchen sind bizarre Felsformationen zu bewundern.

Das sich nach Einstellung des Basaltabbaus dann hochdrückende Grundwasser, das früher abgepumpt wurde, bildete eine beeindruckende Seenlandschaft von insgesamt mehr als 61 Hektar mit zum Teil tiefblauem, sauberen Wasser.

Insgesamt befinden sich heute elf Seen auf dem Gelände der ehemaligen Steinbrüche. Neben den größten Seen, dem Vogelsberger See und dem Oberwaldsee, die miteinander verbunden sind, gibt es noch weitere kleinere Seen: den Frankfurter See; Ristersee; Bellerbornsee; Schüsslersee; Betzensee und den Grünen See, an dem sich eine Gaststätte befindet. Zur Rekultivierung des Gebietes wurden am Vogelsberger See und am Oberwaldsee rund 120.000 Bäume, meist Eichen und Buchen, sowie annähernd 7.000 Sträucher aller Art gepflanzt, die sich seit Einstellung des Basaltabbaus zu einer interessanten Wald- und Seenlandschaft mit einer wunderbaren Pflanzen- und Tierwelt entwickelten. Selten gewordene Pflanzen und Tiere haben hier einen neuen Lebensraum gefunden. Seit dem Frühjahr 2008 sind die Steinbrüche auch zur neuen Heimat einer Population von etwa 2.000 Mauereidechsen geworden, die im benachbarten Hanau einem Baugebiet weichen musste, und in einer aufwendigen Aktion in die Steinbrüche übersiedelt wurde.

Ausgeschilderte Wege führen die Besucher durch das Erholungsgebiet. Verschiedene Aussichtsplattformen, Stege und Unterstände sowie eine Brücke sind Teil der Wanderwege. Rund um die Steinbrüche existieren auch weitführende Reiterwege.

Zelten, Lagern, Schwimmen und Bootfahren ist grundsätzlich verboten. Zuwiderhandlungen werden durch den meist anwesenden Ordnungsdienst geahndet. Ein Grillplatz für private Feste steht zur Verfügung.

Am Rande der Steinbrüche finden sich mehrere Vereinshäuser, auf deren Gelände diverse Vereinsfeiern und -feste, meistens in den warmen Monaten abgehalten werden. Zwischen dem Grünen See und der Bahnlinie befindet sich der Hansteinweiher, der durch den Abbau von Kies entstanden ist. Der Weiher ist Pachtgelände eines Angelsportvereins.

Weitere Dietesheimer Wahrzeichen

Einzelnachweise

  1. Fritz-Rudolf Herrmann, Albrecht Jockenhövel: Die Vorgeschichte Hessens. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1990, ISBN 3-8062-0458-6, S. 445.
  2. [1] Urkunde Nr. 94 (Reg. 3602) aus dem Codex Laureshamensis
  3. Richard Wille: Hanau im Dreißigjährigen Krieg. Hanau 1886, S. 91, 593f.
  4. (Erlaß des Reichsstatthalters in Hessen über den Zusammenschluß der Gemeinden Mühlheim und Dietesheim zu der Stadt Mühlheim am Main. In: Hessisches Regierungsblatt v. 28. Februar 1939, S. 26-27)
  5. www.op-online.de vom 29. August 2009: 1980 endete Abbau