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Dichlordiphenyltrichlorethan

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DDT ist auch der Name einer bekannten russischen Rockmusikgruppe aus Sankt Petersburg.


Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT) ist ein Insektizid, das seit Anfang der 1940er Jahre zur Schädlingsbekämpfung, vorwiegend zur Bekämpfung des Malariaüberträgers eingesetzt wurde und teilweise immer noch wird. Die insektizide Wirkung entfaltet DDT als Kontakt- und Fraßgift.

DDT wurde in den USA und in den meisten anderen Ländern der westlichen Welt in den frühen 70ern geächtet; seine Verwendung ist heute in großen Teilen der Welt - darunter auch Deutschland - verboten. Kurz zuvor hatte die Akademie der Wissenschaften der Vereinigten Staaten (National Academy of Sciences) noch mitgeteilt, dass DDT "500 Millionen Menschenleben vor Malaria gerettet hat". Durch den massiven Einsatz von DDT konnte Malaria in ganz Europa und Nordamerika ausgerottet werden. In den weniger entwickelten Ländern, in denen es nie so konsequent eingesetzt wurde, konnte ein solcher durchschlagender Erfolg bislang nicht erzielt werden.

DDT zählt, trotz seiner relativ geringen Giftigkeit für den Menschen (leichte Vergiftungssymptome bei 0,7 g, tödliche Dosis bei ca. 20 g), zu den zwölf als dirty dozen bekannten organischen Giftstoffe. Diese wurden durch die Stockholmer Konvention vom 22. Mai 2001 weltweit verboten. Problematisch ist DDT, weil es in der Natur nur langsam abgebaut wird - die Halbwertszeit beträgt 10 bis 20 Jahre - und sich so über die Nahrungskette im Fettgewebe von Mensch und Tier anreichern kann. Die biologische Halbwertszeit, also die Zeitspanne die der Körper benötigt bis die Hälfte des aufgenommenen DDT wieder ausgeschieden wurde, beträgt beim Menschen über ein Jahr. Zu den Schäden, die das angereicherte DDT sowohl im menschlichen, als auch im tierischen Körper verursachen kann, gehören eine sinkende Qualität der Spermien und eine mögliche Verweiblichung männlicher Embryonen. Vor allem jedoch können Chemikalien wie DDT durch verschiedene Mechanismen entscheidende Konsequenzen für das Hormonsystem haben. Mögliche Folgen sind eine Beeinflussung der Synthese, der Ausschüttung, der Wirkung, des Stoffwechsels und der Ausscheidung von Hormonen. Außerdem ist DDT in der Lage, sich an die Rezeptoren der Hormone zu binden und so deren Transport zu den Zellen zu verhindern. Mögliche Konsequenzen dieser Beeinflussung durch DDT können an vielen Stellen des Körpers auftreten: Fortpflanzungorgane, Leber, Nieren, Nebennieren, Immunsystem, Herz-Kreislaufsystem oder die Knochen können dauerhafte Schäden davontragen.

Geschichte

Erstmals synthetisiert (hergestellt) wurde DDT im Jahre 1874 von dem österreichischen Chemiker Othmar Zeidler. Die insektizide Wirkung wurde allerdings erst 1939 von dem Schweizer Paul Hermann Müller entdeckt, der hierfür 1948 den Nobelpreis in Medizin erhielt

Spuren der Malaria-Bekämpfung in Italien

Die industrielle Produktion begann Anfang der 1940er Jahre. DDT wurde zuerst zur Malariabekämpfung eingesetzt, später verwendete man es als "Allzweckmittel" gegen allerlei Arten von Insekten. Es gab auch eine militärische Anwendung von DDT. Rekruten der US-Armee wurden zum Schutz vor Läusen mit DDT eingepudert und erhielten zusätzlich DDT-Imprägnierte Hemden. Nach 1945 wurde das DDT-Puder auch in Deutschland zur Bekämpfung einer typhusübertragenden Läuseart angewendet. In der Folgezeit wurde DDT überall als Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft, dem Obst- und Gemüsebau angewendet. Es fand auch in Insektensprays für den Haushalt Verwendung.

Mitte der 1950er Jahre wurde erstmals eine schädigende Wirkung von DDT in Form von großen Vogelsterben bekannt. Im Jahre 1962 veröffentlichte die amerikanische Biologin Rachel Carson das Buch Silent Spring (Der stumme Frühling), in dem sie einen "stummen Frühling" aufgrund dieses Vogelsterbens prognostiziert. Es dauerte acht Jahre, bis das amerikanische Umweltministerium schließlich eine Anhörung über DDT abhielt. Es kam dann zu DDT-Verboten:

  • 1972 Verbot der Ausbringung (außer in Notständen zur Krankheitsbekämpfung) in den USA
  • 1972 Verbot der Ausbringung in der Bundesrepublik Deutschland
  • 1978 Produktionsverbot in der Bundesrepublik Deutschland

DDT wurde in der DDR unter dem Namen Hylotox 59 noch bis 1989 eingesetzt und ist darum vor allem in Ostdeutschland noch häufig nachweisbar.

Die zwei Gesichter von DDT

Viele Studien belegen, dass der massive und flächendeckende Einsatz von DDT, wie er früher in der Landwirtschaft - insbesondere im Baumwollanbau - der entwickelten Industrieländern üblich war, eine Belastung für die Umwelt darstellen kann. So handelt es sich bei DDT um ein Breitbandinsektizid, welches nicht nur die krankheitsübertragenden Insekten (z.B. Anopheles-Mücken), sondern auch viele anderen Insektenarten tötet; außerdem können bei den zu bekämpfenden Insekten im Laufe der Zeit Resistenzen auftreten. Weiterhin reichert der Stoff sich durch seine lange Abbauzeit (Halbwertszeit 10-20 Jahre) zunächst im Boden und über die Nahrungskette schließlich auch im Fettgewebe von Mensch und Tier an (Bioakkumulation). Besonders empfindlich scheinen Raubvögel, die sich von stark belasteten Nagern oder Fischen ernähren, zu reagieren: die Aufnahme von DDT hat nach einigen Studien zur Folge, dass die Vögel dünnschalige, für eine erfolgreiche Brut untaugliche Eier legen. Bei einigen Arten gingen in den Jahren massiven DDT-Einsatzes die Bestände derart zurück, dass ein Aussterben zu befürchten war; nach dem Verbot des Insektizides erholten sich die Greifvogelbestände wieder. Seither feiert die Umweltbewegung die Ächtung von DDT als einen ihrer größten Erfolge. Besonders die amerikanische Zoologin und Autorin Rachel Carson (1907-1964) beschäftigte sich mit der Wirkung des Pestizids. Allerdings gibt es auch Studien die zeigen, dass DDT (bzw. seine Abbauprodukte DDD und DDE) nicht ursächlich für das Vogelsterben oder dünnschaligere Eier waren; Studien, die solche Ergebnisse erbrachten, wurden teilweise erhebliche methodische Mängel nachgewiesen.

Der Triumph der westlichen Umweltorganisationen hat aber auch eine tragische Kehrseite: mit der allgemeinen Ächtung von DDT nahm man den von Malaria am stärksten betroffenen Ländern der dritten Welt die schärfste Waffe gegen diese Krankheit. Etwa zwei Millionen Menschen, 90% davon in Afrika, sterben jedes Jahr an Malaria, 300 bis 500 Millionen Menschen infizieren sich jährlich neu. Jedes zwanzigste afrikanische Kind stirbt an Malaria und viele der Überlebenden erleiden irreversible Hirnschäden. Nach Ansicht vieler Experten könnte man diese Zahlen durch den limitierten Einsatz von DDT dramatisch reduzieren. Beispielsweise belief sich in der südafrikanischen Stadt Ndumo die Zahl der Malaria-Neuerkrankungen im Jahr 2000 auf ca. 9.000 - trotz des Einsatzes eines alternativen Insektizides. Da die Moskitos offensichtlich rasch resistent gegen dieses Mittel geworden waren, entschlossen sich die Behörden zu einem beschränkten Einsatz von DDT zurückzukehren: einzig die Innenwände der Wohnhäuser wurden einmalig mit dem Insektengift behandelt. Der Erfolg stellte sich rasch ein und schon im nächsten Jahr gab es nur noch 12 Fälle von Malaria in diesem Ort.

Ein weiteres Beispiel für die Effektivität von DDT bei der Kontrolle von Malaria-übertragenden Mosquitos ist Ceylon. 1948 meldete Ceylon 2,8 Millionen Fälle von Malaria und die Regierung entschloss sich ein DDT-Spraying-Programm zu etablieren. 1963 sank die Zahl der Malariaerkrankungen in Ceylon auf 17 Fälle. Man schloß daraus, dass die Krankheit nun besiegt sei und beendete das Versprühen von DDT. Ein Jahr danach, 1964 zählte man schon 150 Fälle von Malaria und bis ins Jahr 1969 erhöhte sich die Zahl dann auf 2,5 Millionen Fälle jährlich.

Renato Gusamo, ehemals Leiter des Anti-Malaria-Programms der Pan-Amerikanischen Gesundheitsorganisation (Pan American Health Organization) sagte, dass er sich eine wirksame Bekämpfung der Malaria ohne DDT in den Tropen, vor allem in Afrika nicht vorstellen könne.

Der großflächige Einsatz von DDT nach dem 2. Weltkrieg führte anfänglich zu einem spektakulären Rückgang der Zahl der Malariafälle. Er hatte jedoch einige Schwachpunkte, wurde schließlich als Fehlschlag gewertet und abgebrochen. Die Anreicherung in der Nahrungskette und die mögliche Toxizität für Menschen, aber auch die Entwicklung von DDT-Resistenz bei Mücken waren einige dieser Probleme. Deswegen verhindern heute gerade Länder wie Europa und Nordamerika den Einsatz von DDT in den am verheerendsten von Malaria betroffenen armen und unterentwickelten Ländern. Paradoxerweise ist DDT wie es dort heutzutage eingesetzt wird - in kleinen Mengen im Inneren von Häusern versprüht - nach heutigen Erkenntnissen aller Wahrscheinlichkeit nach ungefährlich für Mensch und Natur. Nach Ansicht vieler Fachleute wird der von DDT ausgehende mögliche Schaden bei weitem wettgemacht von dem Nutzen, den es bei der Bekämpfung von Malaria hat. So meint Die Welt in einem Artikel vom 17. Januar 2005 wohl nicht zu unrecht: DDT ist der wohl am grandiosesten falsch eingeschätzte Stoff in der Geschichte der Weltgesundheit (siehe Weblinks: "Verhängnisvolles Verbot").

Technisches DDT

In technischem DDT lassen sich verschiedene Isomere und Metaboliten in unterschiedlichen Konzentrationen nachweisen:

  • 70% 4,4'-DDT
  • 15% 2,4'-DDT
  • 5% 4,4'- DDD
  • weitere gering konzentrierte Substanzen

Struktur und Eigenschaften

Das o,p'-DDT-Isomer, welches in technischem DDT einen Anteil von ca. 20% hat, besitzt nachweislich einen Einfluß auf den Hormonhaushalt (östrogene Wirkung). Der DDT-Metabolit DDE hat eine androgene Wirkung. Außerdem zeigten DDT und seine Metaboliten DDE und DDD im Tierversuchbei Ratte und Maus eine cancerogene (krebserregende) Wirkung. DDT und DDE wurden im Labortest zusätzlich als erbgutverändernde Stoffe identifiziert. Ob und weshalb DDT beim Menschen krebserregend sein könnte, ist derzeit Gegenstand aktueller Forschungen. Die cancerogene Wirkung ist möglicherweise auf die hormonelle Wirksamkeit zurückzuführen. Eine akute DDT-Vergiftung äußert sich vor allem in neurotoxischen (nervlichen) Wirkungen wie Zungentaubheit, Schwindel, Zuckungen der Gesichtsmuskulatur bis hin zum Krampfanfall und Lähmungen.