Klavier

Das Klavier (frz.: clavier "Tastatur") gehört zur Gruppe der Tasteninstrumente. Beim Klavier wird der Klang durch eingebaute Hämmer erzeugt, die auf die Saiten schlagen, von ihnen zurückprallen und von einer speziellen Mechanik (Repetitionsmechanismus) zurückgezogen werden. Dabei lösen sich die Dämpfer von den Saiten und verbleiben solange von ihnen losgelöst, bis die Taste losgelassen wird. Die Tasten selbst befinden sich hierbei auf einer Klaviatur (Tastatur) an der Vorderseite des Instruments.
Der ebenfalls übliche Name Piano ist eine Verkürzung der ursprünglichen Bezeichnungen "Pianoforte" und "Fortepiano" (von italienisch piano: leise und forte: laut), die sich darauf bezogen, dass es mit diesem Instrument im Gegensatz zu früheren Tasteninstrumenten möglich ist, durch unterschiedlich festes Anschlagen der Tasten nach Belieben leise oder laut zu spielen.
Die Begriffe Klavier und Piano beziehen sich nicht eindeutig auf eine der beiden Bauformen Flügel oder Pianino. So ist Klaviermusik für beide Bauformen geeignet, und der Pianist spielt in der Regel auf einem Flügel. Jedoch steht im allgemeinen Sprachgebrauch Klavier für die aufrechten Bauform des Pianinos.
Aufbau
Das Klavier besteht aus den folgenden Komponenten:
- Mechanik mit Tasten und Saiten
- Resonanzboden aus Holz, der die Schwingungen der Saiten verstärkt und abstrahlt
- Rahmen aus Metall, in dem die Saiten gespannt sind (Raste)
- Gehäuse
- Pedale und Dämpfungsmechanik
Klaviatur

Pro Oktave gibt es je sieben große weiße Tasten (früher mit Elfenbein, heute mit Kunststoff beschichtet), die bis an die vordere Kante der Klaviatur reichen. Sie bringen die Stammtöne (C-D-E-F-G-A-H) hervor. Dazwischen befinden sich fünf kürzere, aber höhere schwarze Tasten (früher aus Ebenholz), die die dazwischen liegenden Halbtöne erzeugen.
Pianinos und Flügel, sowie einige Digitalpianos verfügen damit im allgemeinen über 88 Tasten (52 weiße und 36 schwarze), die über mehr als 7 Oktaven vom ‚‚A (Subkontra-A) bis zum c’’’’’ abdecken. Instrumente mit kürzeren Tastaturen und geringeren Tonumfängen sind allerdings nichts Außergewöhnliches.
Pedale
Der Klang kann durch zwei oder drei Pedale beeinflusst werden.
- Das rechte Pedal sorgt dafür, dass alle die Saiten berührenden Dämpfer aufgehoben werden und der Ton somit nach dem Anschlagen und Loslassen einer Taste weiterklingen kann. Außerdem schwingen die nun ungedämpften Saiten anderer Töne mit, was dem Klavier einen volleren Klang gibt.
- Das mittlere (nicht bei allen Klavieren vorhandene) Pedal hat bei Flügeln und Klavieren unterschiedliche Funktionen. Beim Klavier wird durch die Betätigung ein Filzband zwischen Hämmer und Saiten gehängt, welches das Instrument deutlich leiser macht. Beim Flügel dient das mittlere Pedal, auch "Sostenuto-Pedal" genannt, dem Halten einzelner Töne. Die Dämpfer der zum Zeitpunkt des Pedaldrucks niedergedrückten Tasten bleiben offen, während alle anderen Dämpfer ihre ursprüngliche Funktion wahrnehmen. Dieses Pedal findet vor allem in der Klaviermusik des 20. Jahrhunderts Verwendung. Bei der Benutzung dieses Pedales kann es jedoch passieren, dass sich benachbarte Dämpfer trotzdem heben. Es sollte auch regelmäßig neu eingestellt werden. Selten kommt es auch vor, dass beim Halten des mittleren Pedals der Klang des Pianos in den Klang eines Cembalos umgewandelt wird.
- Das linke Pedal bewegt beim Klavier die Klaviermechanik näher an die Saiten, so dass die Kraft, die jeder Hammer bei Betätigung aufbauen kann, geringer ist. Damit wird das Spielen besonders leiser Stellen vereinfacht. Beim Flügel heißt das Pedal "Verschiebung". Die gesamte Mechanik wird nach rechts bewegt, so dass die Hämmer nicht mehr alle drei Saiten eines Saitenchors treffen – daher auch die Bezeichnung "una corda" ("eine Saite"). Es verändert sich dadurch auch die Klangfarbe, weil nunmehr eine Saite existiert, die nicht durch direkten Anschlag, sondern durch Resonanz erregt wird. Außerdem treffen bei der Verschiebung andere Stellen des Hammerfilzes auf die Saiten. Diese Stellen sind anders "intoniert", d. h. vom Klavierstimmer mit der Intoniernadel aufgeweicht bzw. mit einer Feile gehärtet, als die Filzstellen, die in Normalstellung die Saiten anschlagen.
Klangerzeugung
Eine Besonderheit des Klaviers ist, dass die Töne bis auf etwa die unterste Oktave nicht nur von einer, sondern zwei bis drei identisch gestimmten Saiten erzeugt werden, einem so genannten Saitenchor. Ursprünglich war dies dazu gedacht, die Lautstärke des Klaviers zu erhöhen; es führt aber zu einem komplexen Verlauf des Klanges, der sich aus Sofort- und Nachklang zusammensetzt.
Sofortklang
Als Sofortklang wird der laute, aber schnell abklingende Teil des Klaviertones bezeichnet. Er entsteht hauptsächlich durch die vertikale Schwingung der Saiten, die so über den Steg ihre Schwingungsenergie schnell an den Resonanzboden und als Schall an die Luft abgeben kann. Die Saiten eines Saitenchors werden aufgrund von geringen Unregelmäßigkeiten des Hammers mit leicht unterschiedlicher Amplitude angeschlagen und geben, da sie in Phase schwingen, ihre Energie schnell an die Luft ab. Sobald allerdings eine Saite zur Ruhe gekommen ist, beginnen die Saiten des Saitenchors als gekoppelte Pendel zu schwingen und tauschen ihre Energie hauptsächlich gegeneinander aus, bis sie schließlich aufgrund der Dämpfung zur Ruhe kommen.
Nachklang
Als Nachklang wird der leisere, dafür aber länger klingende Teil des Klaviertones bezeichnet. Er entsteht vor allem durch die immer leicht angeregte horizontale Schwingung der Saiten, die ihre Energie nur sehr schwer über den Steg an die Umgebung abgeben können.
Bei der Verwendung des linken Pedals bleibt von Anfang an eine der Saiten in Ruhe. Der Saitenchor als System gekoppelter Pendel gibt seine Energie dann nur sehr langsam an den Resonanzboden ab. Sie bleibt dem System lange erhalten und führt zu einem leisen, aber sehr lang anhaltenden Ton. Dies ist vor allem bei Pianostellen erwünscht, da der Ton viel länger über der Umgebungslautstärke bleibt, als es nur mit dem Sofortklang möglich wäre.
Geschichte
Zu den Vorläufern des Klaviers gehört das Clavichord. Im 15. Jahrhundert wurde das erste Tasteninstrument mit Hammermechanik entworfen.
Bartolomeo di Francesco Cristofori entwickelte 1709 bzw. 1711 in Florenz das erste moderne Hammerklavier, bei dem ein Hammer mittels einer Stoßzunge gegen die Saite geschleudert wird und sie zum freien Schwingen sofort wieder freigibt. Zwei weitere Erfindungen waren notwendig, um das Instrument spielbar zu machen:
- ein Mechanismus, der das Zurückfallen des Hammers auf die Saite verhindert (wodurch ein zweiter Ton entstünde);
- ein Dämpfer, der die Saite nach Loslassen der Taste dämpft.
Zusätzlich stammt von Christofori die Doppelsaite, bei der jeder Ton durch zwei gleich gestimmte Saiten erzeugt wird.
Durch Betätigen des (heute linken) Piano-Pedals werden die Hämmer leicht seitlich verschoben, so dass nur eine Saite angeschlagen und der Ton somit leiser wird.
Er erfand ebenso das (heute rechte) Forte-Pedal, durch das die Dämpfer auch nach Loslassen der Taste nicht auf die Saiten fallen, der Ton also länger nachklingt.
Im Jahre 1726 hatte Christofori sein Instrument vollendet. Es umfasste vier Oktaven (heutige Klaviere haben über sieben). Heute gibt es noch zwei Originale, eines in Leipzig und eines in New York.
In Deutschland wurde kurz darauf das erste "Pianoforte" von Johann Gottfried Silbermann gebaut und unter dem Namen Hammerklavier populär.
Weitere Entwicklungen folgten:
- 1775 – Johann Andreas Stein erfindet die Prellmechanik und macht damit Hammerflügel modulationsfähiger und klangvoller.
- 1820 – R. Wornum leitet mit der Entwicklung des ersten Pianinos die Ablösung des Tafelklaviers ein.
- 1821 – Sébastien Érard entwickelt die Repetitionsmechanik, die das virtuose schnelle Spiel und eine rasche Anschlagfolge ermöglicht.
- 1826 – Die Hammerköpfe erhalten einen Filzbelag.
- 1830 – Kreuzsaitiger Bezug
Notation
Der Klavierpart eines Stückes wird für gewöhnlich mit zwei Notenzeilen notiert, die durch Taktstriche und eine geschweifte Klammer am Anfang des Systems verbunden sind. Für die rechte Hand ist die obere, für die linke die untere Zeile vorgesehen, jedoch ist dies bei entsprechender Bezeichnung nicht zwingend. Die obere Zeile wird mit einem Violinschlüssel, die untere mit einem Bassschlüssel versehen; dies kann sich im Verlauf des Stückes beliebig ändern. Die Noten können zur Angabe des empfohlenen Fingersatzes mit den darüber oder darunter geschriebenen Zahlen 1 bis 5 versehen werden (1 = Daumen, 2 = Zeigefinger usw.).
Bekannte Hersteller
Bekannte Klavierbauer sind (in alphabetischer Reihenfolge): August Förster, Bechstein, Blüthner, Bösendorfer, Fazioli, Feurich, Grotrian-Steinweg, Ibach, Kawai, Pallik & Stiasny, Petrof, Pfeiffer, Samick, Sauter, Schimmel, Seiler, Steingraeber & Söhne, Steinway & Sons, Wilhelm Steinberg, Thürmer, Yamaha, Zeitter & Winkelmann
Klaviermusik
Das Klavier fand weitestreichende Verbreitung in fast allen Sparten der Musik. Ob als Soloinstrument mit oder ohne begleitendes Orchester, als begleitendes Instrument für Kunstlied, als Ensemble-Instrument in der Kammermusik, als markantes Instrument zur Begleitung von Stummfilmen – wohl für kaum ein anderes Instrument entstand eine derart reichhaltige Literatur, zu der von nahezu allen Komponisten beigetragen wurde und wird. Auch aus Jazz und Popmusik ist das Instrument nicht wegzudenken. Darüberhinaus dient das Klavier allgemein als Proben-Begleitinstrument (vgl. Klavierauszug, Korrepetitor), und zur Nachahmung von Instrumentalensembles und ganzer Orchester. Seit dem 20. Jahrhundert sogar zur Wiedergabe außereuropäischer Ensemblemusik durch Umstimmen von Tonalität und Mensur.
Die allgemein bekanntesten Musikstücke für das Klavier sind wohl das Präludium C-Dur aus dem Wohltemperierten Klavier (Band 1) von Johann Sebastian Bach, „Für Elise“ von Ludwig van Beethoven und der (4/4-taktige) Flohwalzer, den viele Klavierschüler bald auswendig können.
Professionelle Klavierspieler heißen Pianisten, nach der früheren Bezeichnung Piano(forte) für ein Klavier .
Siehe auch
- Flügel, Pianino, Pianola, Digitalpiano, Präpariertes Klavier, Keyboard, Cembalo, Clavichord, Kinderklavier, Kunstspielklavier, Reproduktionsklavier
- Klavierspiel, Klavierstück, Klavierauszug
- Etüde
- Liste von Pianisten
- Jazzpiano
Weblinks
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