Real Time Quantitative PCR
Die Real time quantitative PCR (RTQ-PCR, auch Real Time Detection PCR, kurz RTD-PCR) ist eine Vervielfältigungsmethode für Nukleinsäuren, die auf dem Prinzip der herkömmlichen PCR beruht, und zusätzlich die Möglichkeit der Quantifizierung bietet. Die Quantifizierung wird mit Hilfe von Fluoreszenz-Messungen am Ende bzw. während eines PCR-Zykluses (daher der Name "Real Time") durchgeführt und unterscheidet sich somit von anderen quantitativen PCR-Methoden (qPCR), die erst nach Ablauf der PCR quantitativ ausgewertet werden (z.B. Kompetitive PCR). Die Fluoreszenz nimmt proportional mit der Menge der PCR-Produkte zu, was eine Quantifizierung möglich macht. Eine Gelelektrophoretische Auftrennung der Fragmente ist nicht nötig, die Daten sind sofort verfügbar und das Kontaminationsrisiko ist gering.
Die Real time quantitative PCR kann auch für andere Zwecke verwendet werden, z.B. zur Unterscheidung zwischen homozygoten und heterozygoten Zellen.
Für die Real time PCR wird oft die Abkürzung RT-PCR verwendet, was aber auch zu Verwechslungen führen kann, da auch die Reverse-Transkriptase-Polymerasekettenreaktion so abgekürzt wird.
Methoden
Interkalierende Farbstoffe
Die einfachste Möglichkeit der Quantifizierung der PCR-Produkte ist die Nutzung von DNA-Farbstoffen (z.B. Ethidiumbromid oder SYBR® Green). Diese Fluoreszenzfarbstoffe lagern sich in die DNA ein (interkalieren) bzw. binden an die doppelsträngige DNA, wodurch die Fluoreszenz dieser Farbstoffe ansteigt. Die Zunahme der Target-DNA korreliert daher mit der Zunahme der Fluoreszenz von Zyklus zu Zyklus. Ein Nachteil diese Verfahrens ist die geringe Spezifität, da zwischen verschiedenen PCR-Produkten nicht unterschieden werden kann. Außerdem können keine Multiplex-Messungen durchgeführt werden. Der Vorteil ist, dass nach abgelaufener PCR eine Schmelzkurvenanalyse durchgeführt werden kann, anhand derer die Fragmentlänge(n) und dadurch die Spezifität bestimmt werden kann. Bei einer Schmelzkurvenanalyse wird die DNA aufgeschmolzen und dann die Temperatur langsam erniedrigt. Bei einer für jede Sequenz spezifischen Temperatur bildet sich aus den einzelsträngen wieder ein Doppelstrang, so dass die Fluoreszenz ansteigt.
FRET-Sonden
Eine andere Möglichkeit ist es, den Förster (oder Fluoreszenz)-Resonanz-Energie-Transfer (FRET) auszunutzen. Ein Donor-Fluorochrom (Reporter), das durch eine Lichtquelle angeregt wird, gibt einen Teil seiner Energie an ein in ausreichender Nähe befindliches Akzeptor-Fluorochrom (Quencher) ab. Nimmt der Abstand der Fluorochrome zu, so nimmt FRET und somit das Fluoreszenzsignal des Akzeptors ab, während das des Donors zunimmt. Diese Methode ist sehr aufwendig und teuer, bietet aber die Vorteile der hohen Spezifität des Assays.
LightCycler®-Sonden
Die einfachste Möglichkeit der Nutzung des FRET zur Quantifizierung von Nukleinsäuren besteht in der Verwendung von LightCycler®-Sonden. Zwei verschiedene, jeweils mit einem FRET-Donor bzw. FRET-Akzeptor markierte Oligonukleotide, die nebeneinander an die Ziel-Sequenz binden und damit die Fluorochrome in eine für den FRET ausreichende Nähe bringen, können als Sonden für die Quantifizierung der PCR-Produkte eingesetzt werden.

TaqMan®-Sonden
Eine weitere häufig genutzte Möglichkeit des FRET besteht in der Anwendung einer Sonde, die an ihrem einen Ende mit dem Quencher, an ihrem anderen Ende mit einem Reporter-Fluoreszenzfarbstoff (z.B. TAMRA und FAM) markiert wird (Double-Dye-Oligos, TaqMan®-Sonde). Wenn die Taq-Polymerase, die zusätzlich eine Exonuclease-Aktivität besitzt, die Sonde während der Synthese des Gegenstranges am 5'-Ende abbaut, entfernen sich dadurch Quencher und Fluorophor voneinander und eine steigende Reporter-Fluoreszenz kann gemessen werden.

Molecular Beacons

Eine weitere Möglichkeit der Echtzeit-Quantifizierung von PCR-Produkten unter Ausnutzung des FRET bietet die Nutzung von Molecular Beacons als Sonden. Molecular Beacons sind Oligonukleotide, die sowohl mit einem Reporter-Fluorophor als auch mit einem Quencher gekoppelt sind. Die Nukleotide am 5'-Ende der Sonde sind denem am 3'-Ende komplementär (Schaft-Region), so dass sich eine für Molecular Beacons charakteristische Sekundärstruktur (Schaft-Loop) ausbilden kann. In diesem Zustand zeigt der Reporter durch seinen geringen Abstand zum Quencher keine Fluoreszenz. Durch Anlagerung der Loop-Region an eine komplementäre DNA-Sequenz während eines PCR-Zyklus wird der Abstand zwischen Quencher und Reporter vergrößert. Eine Reporter-Fluoreszenz kann somit beobachtet werden.
Skorpions-Sonden

Skorpions-Sonden sind komplexe Oligonukleotide, welche die Eigenschaften von Real-Time-PCR-Sonden und PCR-Primern in einem (Uni-Skorpions) oder zwei Molekülen (Bi-Skorpions) vereinigen. Ähnlich den Molecular Beacons besitzen sie eine charakteristische Sekundärstruktur mit einer selbstkomplementären Schaft-Region, deren Enden mit einem Reporter-Fluorophor und einem Quencher modifiziert wurden. Zusätzlich tragen diese Sonden am 3'-Ende einen PCR-Primer. Während eines PCR-Zyklus kann mit steigender DNA-Konzentration eine Reporter-Fluoreszenz durch Anlagerung der Loop-Region an eine komplementäre DNA-Sequenz und damit vergrößerten Abstand zwischen Quencher und Reporter beobachtet werden.
Lux®-Primer
Lux®-Primer sind mit einem Fluoreszenzfarbstoff markierte Oligonukleotide, deren Fluoreszenzintensität von ihrer jeweiligen chemischen Umgebung abhängt. Werden diese Primer während einer PCR in eine DNA eingebaut, kann eine Zunahme der Fluoreszenz beobachtet werden.
Quantifizierung
Verschiedene Rechenmodelle werden für die Quantifizierung herangezogen, wobei meisstens ein Referenz-Gen (z.B. GAPDH, Actin, Tubulin) mitgemessen wird, um einen relativen Menge-Vergleich durchzuführen (relative Quantifizierung). Andere, weitaus kompliziertere Methoden sollen eine absolute Quantifizierung ermöglichen, bei der die genaue Anzahl der in der Probe vorhandenen Templates bestimmt werden kann.
CT-Wert
In der ersten Phase der Amplifikation einer PCR ist die Templatemenge begrenzt und die Wahrscheinlichkeit, dass sich Template, Primer und Polymerase treffen, suboptimal, während in der dritten Phase der Amplifikation die Menge der Produkte (DNA, Pyrophosphat, Monophosphatnucleotide) derart ansteigt, dass es zur Hemmung durch diese kommt, häufiger Produktfragmente miteinander hybridisieren, die Substrate langsam verbraucht werden und letztlich die Polymerasen und Nucleotide durch die Hitze langsam zerstört werden. Ein exponentieller und daher quantifizierbarer Anstieg findet sich nur in der Phase dazwischen. Exponentiell bleibt eine PCR bei 12 bis 400 Ausgangskopien für ca. 30 Zyklen, bei 200 bis 3200 für 25 Zyklen und bei anfänglich 3200 bis 51200 für höchstens 20 Zyklen. Um immer am Anfang der exponentiellen Phase messen zu können, wird häufig der CT-Wert (Threshold Cycle = "Schwellenwert-Zyklus") verwendet, der den Zyklus beschreibt, an dem die Fluoreszenz erstmalig signifikant über die Hintergrund-Fluoreszenz ansteigt.
Effizienz
Die Effizienz kann auf verschiedene Arten berechnet werden, die sich in ihrem Ergebnis leicht unterscheiden. Die einfachste Art ist folgende:
Die Effizienz E kann mit Hilfe der Steigung m einer Standardkurve berechnet werden:
Eine Steigung m von -3.32 würde somit eine Effizienz von 100 % bedeuten, -3.58 eine Effizienz von 90 %.
Absolute Quantifizierung
Eine absolute Quantifizierung ist aufwendig und die Ergebnisse fragwürdig, daher wird diese Art der Quantifizierung selten durchgeführt. So muss u.a. die Effizienz der reversen Transkription, die zwischen 5 und 95% liegen kann, bestimmt werden, z.B. durch Verwendung synthetisierter RNA bekannter Menge.
Relative Quantifizierung
Hierfür wird eine interne Kontrolle benötigt. Eine interne Kontrolle kann ein Gen-Transkript sein, dessen Signal verwendet wird, um Variationen in der Ausgangsmenge der eingesetzten RNA auszugleichen. Dieses wird als Normalisierung bezeichnet. Weil die Gesamtanalyse auf diesem Signal basiert, ist die Wahl der internen Kontrolle ein wichtiger Aspekt des Experiments. Die ideale interne Kontrolle ist leicht zu detektieren und dessen Expression sollte nicht während des Zellzyklus, zwischen Zelltypen oder als Antwort auf die experimentelle Behandlung (z.B. Stress, Medikamente, Krankheit) variieren.
Berechnung mit Hilfe einer Standard-Kurve
Es besteht eine lineare, umgekehrt proportionale Beziehung zwischen dem Logarithmus der eingesetzten Menge und dem CT. Ist die Ausgangsmenge bekannt, kann eine Standardkurve durch Auftragen des Logarithmus der Ausgangsmenge gegen den CT konstruiert werden. Durch die Geradengleichung x = (CT - b)/m kann an der Standardkurve für jede unbekannte Probe der Logarithmus der Kopienzahl bestimmt werden. Alle Proben werden normalisiert, indem die errechnete Kopienzahl des Targetgens durch die Kopienzahl der internen Referenz geteilt wurde: GEN(normalisiert) = Kopienzahl Target / Kopienzahl Referenz
Die unterschiedliche Expression zweier Proben relativ zueinander lässt sich als Quotient darstellen und ergibt eine n-fache Expression : GEN(normalisiert) (Gruppe A) / GEN(normalisiert) (Gruppe B) = n-Fache Expression Gruppe A zu Guppe B
Berechnung nach der delta-delta-CT-Methode
Die unterschiedliche Expression wird als n-fache Expression mit Hilfe des delta-delta-CT-Wertes angegeben. Wichtig bei diesem Verfahren ist eine gleiche Effizienz der beiden beteiligten PCR-Reaktion. Die CT-Werte werden hierbei einfach voneinander abgezogen (delta-CT), die beiden delta-CT-Werte der einzelnen Gruppen (z.B. krank/gesund, mit/ohne Medikament) voneinander abgezogen (delta-delta-CT-Wert) und in die Gleichung n-Fache Expression (Gruppe A zu Gruppe B) = 2 -delta-delta-CT eingesetzt.