Jüdische Gemeinde Baiertal
Die Entstehung der Jüdischen Gemeinde in Baiertal, einem Stadtteil der Stadt Wiesloch im Rhein-Neckar-Kreis (Baden-Württemberg), geht in das 18. Jahrhundert zurück. Die jüdische Gemeinde bestand bis 1937.
Geschichte
Die ersten Juden kamen kurz nach 1700 als Untertanen des Deutschen Ordens nach Baiertal, hatten jedoch Schutzgelder an die gesamten Kondominatsherren zu entrichten. Einen ersten Betraum hatten die Juden zunächst im Unterdorf, zwischen 1800 und 1805 erbaute sich die Gemeinde dann in der Ortsmitte eine Synagoge, neben der 1839 noch eine jüdische Schule entstand. Das rituelles Bad (Mikwe) befand sich vermutlich im Gebäude der Schule. Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof in Wiesloch bestattet. Die jüdische Gemeinde hatte zeitweise einen Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. 1827 wurde die Gemeinde dem Bezirksrabbinat Heidelberg zugeteilt. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging durch Landflucht und Auswanderung die Zahl der jüdischen Gemeindemitglieder stark zurück. Vom 1. September 1868 an mussten die jüdischen Kinder wieder die reguläre christliche Schule besuchen.
Nationalsozialistische Verfolgung
Auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts und der Repressalien sind mehrere jüdischen Bürger verzogen bzw. ausgewandert. Die jüdischen Unternehmen mussten nach und nach geschlossen werden.
Beim Novemberpogrom 1938 wurden durch SA-Männer jüdische Wohnungen überfallen und demoliert. Die Synagoge wurde angezündet und bald danach abgebrochen. Steine der Synagoge wurden für eine Drainage zur Trockenlegung des örtlichen Sportplatzes verwendet. Die letzten 14 jüdischen Einwohner wurden am 22. Oktober 1940 im Rahmen der sogenannten Wagner-Bürckel-Aktion in das Lager Gurs deportiert.
Das Gedenkbuch des Bundesarchivs verzeichnet 30 in Baiertal geborene jüdische Bürger, die dem Völkermord des nationalsozialistischen Regimes zum Opfer fielen.[1]
Jüdische Einwohner in Baiertal
Jahr | Anzahl |
---|---|
1723 | 4 Familien |
1803 | 31 Familien |
1812 | 156 Personen ca. 18 % der Einwohner |
1825 | 149 Personen ca 15 % der Einwohner |
um 1850 | ca. 170 Personen |
1875 | 118 Personen |
1890 | 104 Personen |
1900/02 | 84 Personen |
1925 | 31 Personen |
1933 | 25 Personen |
1940 | 14 Personen |
Gedenken
Eine erhalten gebliebene Säule des Synagogenportals erinnert seit 1977 mit einer Gedenktafel auf dem ehemaligen Synagogenplatz an die jüdische Gemeinde.
Persönlichkeiten
- Pauline Maier (1877-1942), jüdische Krankenschwester, die während der Zeit des Nationalsozialismus ermordet wurde. Ihr Vater Raphael Maier hatte in der Hauptstraße 8 eine Pferdehandlung.
Literatur
- Stadtteilverein Baiertal (Hrsg.): Von buridal bis Baiertal, Wiesloch 1988, S. 202–204.
- Klaus-Dieter Alicke: Lexikon der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum. 3 Bände. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2008, ISBN 978-3-579-08035-2.
- Joachim Hahn und Jürgen Krüger: Synagogen in Baden-Württemberg. Band 2: Joachim Hahn: Orte und Einrichtungen. Theiss, Stuttgart 2007, S. 518−520, ISBN 978-3-8062-1843-5 (Gedenkbuch der Synagogen in Deutschland. Band 4)
Weblinks
- Jüdische Gemeinde Baiertal bei Alemannia Judaica (mit vielen Fotos)
Einzelnachweise
- ↑ Gedenkbuch - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 - 1945. Abgerufen am 1. November 2012.