John Wesley (Prediger)
John Wesley (1703-1791) war ein englischer Erweckungsprediger und einer der Begründer der Evangelisch-methodistischen Kirche.
John Wesley wurde am 17. Juni 1703 in Epworth in Lincolnshire geboren, als fünfzehntes von neunzehn Kindern. Sein Vater, Samuel Wesley, kam aus einer anglikanischen Pfarrerdynastie. Seine Mutter, Susanna Wesley geb. Annesley, die "Mutter des Methodismus", war die Tocher eines puritanischen Pfarrers und eine ungewöhnlich gebildete und fromme Frau. Mit dreizehn Jahren befasste sie sich intensiv mit den kirchlichen und dogmatischen Kontroversen ihrer Zeit, entschloss sich selbständig, der Anglikanischen Kirche beizutreten und setzte bei ihrem Vater durch, dass sie in der Anglikanischen Kirche konfirmiert wurde.
Susanna Wesley kümmerte sich intensiv um die Erziehung ihrer Kinder: Die Kinder lernten das Vaterunser, sobald sie reden konnten. Mit fünf Jahren lernten sie lesen und begannen in der Folge den Tag immer mit einem Kapitel der Bibel und einem Psalm, dann folgte Grammatik, Mathematik, Geschichte, Geographie, Autoren wie Milton und Shakespeare, alles nach einer von Susanne Wesley entwickelten Lernmethode. Die Mädchen bekamen den gleichen Unterricht wie die Jungen, und eine Schwester von John konnte mit acht Jahren bereits im griechischen Neuen Testament lesen. Daneben achtete die Mutter sehr auf Disziplin und anständiges Benehmen.
Mit fünf Jahren wurde John im letzten Moment aus dem brennenden Elternhaus gerettet, ein Erlebnis, das ihm bis ins Alter in lebhafter Erinnerung blieb.
In Oxford gründete sein Bruder Charles 1726 mit zwei Mitstudenten den "Holy Club", in dem sie sich zum Bibelstudium und vertieften geistlichen Leben zusammenfanden. Nachdem John sich ihnen angeschlossen hatte, wurde er sehr schnell der Leiter und Organisator der Gruppe. Sie studierten täglich drei Stunden das griechische neue Testament, fasteten zweimal wöchentlich, besuchten Gefangene, Kranke und Arme und spendeten alles Geld, das sie nicht unbedingt zum Lebensunterhalt brauchten. Die Gruppe, wegen ihres methodisch geführten Gemeinschaftslebens spöttisch "Methodisten" genannt, vergrößerte sich, und 1735 trat ihr auch George Whitefield bei.
1728 erhielt John die Priesterweihe und wirkte als Dozent am Lincoln College der Universität Oxford.
1735 ging er mit seinem Bruder für zwei Jahre als Missionar nach Georgia. Auf der Überfahrt schloss er sich einer Gruppe der Herrnhuter Brüdergemeine um Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf an und war beeindruckt, als diese, Männer, Frauen, und Kinder während eines fürchterlichen Seesturms ruhig ihre Psalmen sangen, während die Engländer auf dem Schiff in Panik gerieten.
Zurück in England, hatte erst Charles und wenige Wochen später auch John ein Bekehrungserlebnis, das sie von einem unbefriedigten kirchlich-dogmatischen Christentum zur vollen Heilsgewissheit kommen ließ. Beide nahmen an, dass der heilige Geist von ihrer Seele Besitz ergriffen hätte. Bei John war der Auslöser Luthers Einführung zum Römerbrief.
Nach einem Besuch in Herrnhut entwickelte er eine intensive evangelistische Tätigkeit, beginnend als Open-Air-Prediger in Kingswood und Bristol, wo er den Bergarbeitern vor ihren Kohleminen predigte. Aus seinen peinlich genau geführten Tagebüchern ist ersichtlich, dass er unermüdlich von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf ritt und täglich vier bis fünf Predigten hielt. Dies blieb so bis zu seinem Tod - er soll insgesamt 40'000 Predigten gehalten haben, oft vor Tausenden von Zuhörern. Der Inhalt war: Buße, Sündenvergebung, Heilsgewissheit, Wiedergeburt unter Betonung von Christi Heilstat.
John Wesley war nicht nur Prediger und Theologe sondern auch ein begabter Organisator: er fasste die Leute, die nach seinen Predigten ihr Leben ändern wollten, in kleinen Gruppen (Klassen) zusammen, die sich durch Bibelstudium, Einzelseelsorge und gegenseitige Rechenschaftspflicht bei der Stange hielten, er ernannte Laienprediger, und organisierte jährliche Konferenzen, um sich über den Methodismus in Theorie und Praxis auszutauschen.
Von Anfang an hatte er auch eine ausgeprägte Neigung zur sozial-diakonischen Tätigkeit. Er kämpfte für Reformen im Gefängniswesen und für die Abschaffung der Sklaverei. Er richtete Volksbibliotheken ein und sammelte Geld zum Aufbau von vorbildlichen Schulen. Er richtete Darlehenskassen zur Selbsthilfe ein. Er kümmerte sich ferner um die Volksgesundheit, indem er eine Poliklinik und Armenapotheken gründete, Bücher über Volksmedizin verfasste und - angeregt durch Benjamin Franklins "electric treatment machine" - die Elektrotherapie mittels "electric shock machines" zur Heilung diverser Krankheiten, vor allem zur Behandlung nervöser Störungen, einführte (vgl. John Wesley: The Desideratum, or Electricity made Plain and Useful, London 1760). Er hielt Elektrizität für die "Seele des Universums", für eine Art Feuer, das das Blut im menschlichen Körper in Wallung bringt - interessant insofern, als ja auch die direkte Einwirkung des heiligen Geistes auf die menschliche Seele ein zentraler Aspekt seiner Lehre war.
Seine Sozialwerke finanzierte er aus dem Erlös seiner Schriften, während er selbst sehr sparsam lebte.
Er starb am 2. März 1791 in London.
Theologie
John Wesley hat keine systematische Theologie hinterlassen, und noch weniger seine Anhänger auf eine Sonderlehre verpflichtet, aber er hat deutliche theologische Akzente gesetzt, die bis heute für die Methodistische Kirche wesentlich sind.
- Wesley war einer der ersten, der erkannte, dass Mission die Aufgabe der Christen in der modernen Welt ist.
- Wesley dachte ökumenisch - ihm ging es um die Sammlung und innere Einheit aller wahren Christen,
- Christsein war für ihn weder eine blosse innere Herzensangelegenheit noch eine bloss formale Sache, sondern Form, Dienst, Verantwortung und Organisation.
- Er verband verständliche Predigt und theologische Klarheit. Selbst ein hochgebildeter Mann, forderte er auch von seinen Laienpredigern eine überzeugende Bildung.
- Er verband Heilsfreude und Heiligungsernst auf eine einzigartige Weise mit missionarischer und diakonischer Aktivität.
- Daneben vertrat Wesley auch einige merkwürdige Ansichten. So war er sehr abergläubisch und glaubte etwa fest an Gespenster, stellte sie sogar auf die gleiche Stufe wie Engel und sah im Geisterglauben einen Beleg dafür, dass die menschliche Seele unsterblich sei. Bei Aktivitäten, die einer bestimmten Entscheidung bedurften, ließ er oft das Los entscheiden, was zu tun sei, denn er hielt die Fingerzeige des Loses für überirdische Eingebungen. Auch schlug er zu Beginn seiner Predigten oft die Bibel zufällig irgendwo auf, weil er überzeugt davon war, dass Gott ihm so diejenige Stelle anweisen würde, über die es am jeweiligen Tag zu predigen galt.
Siehe auch: Evangelisch-methodistische Kirche
Links:
- Deutsch:
- Englisch
- John Wesley's Bibelkommentar
- Predigten von John Wesley
- Der letzte Brief von John Wesley (an den Parlamentarier Wilberforce bezüglich Abschaffung der Sklaverei)
- John Wesley: An On-line-Exhibition
- John Wesley the Methodist
- John Wesley: Primitive Physick or An Easy and Natural Method of Curing Most Diseases
- John Wesley and the Eighteenth Century Therapeutic Uses of Electricity