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Erdbeben

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Als Erdbeben wird die Erschütterung der Erde bezeichnet. Dies ist die Folge eines plötzlichen, meist nur wenige Sekunden andauernden Bruches des die Erdkruste aufbauenden Gesteins und der dadurch freigesetzten Energie, die sich in Form von seismischen Wellen durch die Erde ausbreitet. Der Ort des Bruches wird auch Erdbebenherd genannt und dessen Position in der Tiefe als Hypozentrum bezeichnet. Die zur Darstellung in Landkarten verwendete Projektion des Herdes auf die Erdoberfläche wird Epizentrum genannt. Nach internationaler Übereinkunft wird dabei der Beginn des Bruches angegeben, welcher sich aber über mehrere Kilometer erstrecken kann und in seiner Gesamtheit als Herdfläche bezeichnet wird. Unterseeische Erdbeben werden fälschlicherweise auch als Seebeben bezeichnet.

Die Wissenschaft, die sich mit Erdbeben befasst, heißt Seismologie. Erdbeben sind Naturereignisse, aber wenn dabei jemand zu Schaden kommt nennt man sie Naturkatastrophen.

Panoramafoto von San Francisco nach dem Erdbeben 1906

Entstehung von Erdbeben

Erdbeben entstehen durch dynamische Prozesse der Erde. Eine Folge davon ist die Plattentektonik, also die Bewegung der Lithosphärenplatten, welche die Erdkruste und den obersten Erdmantel umfassen. Insbesondere an den Plattengrenzen, wo sich verschiedene Platten auseinander (Spreizungszone), aufeinander zu (Kollisionszone) oder aneinander vorbei (Transformverwerfung) bewegen, kommt es zum Aufbau gewaltiger Spannungen innerhalb des Gesteins, wenn sich die Platten in ihrer Bewegung verhaken und verkanten. Wird die Scherfestigkeit der Gesteine überschritten, entladen sich dann plötzlich diese Spannungen durch ruckartige Bewegungen der Erdkruste (tektonische Beben). Die dabei freigesetzte Energie kann die einer Wasserstoffbombe um das Hundertfache übertreffen. Da die aufgebaute Spannung nicht auf die unmittelbare Nähe der Plattengrenze beschränkt ist, kann der Entlastungsbruch in seltenen Fällen auch im Inneren der Platte auftreten, wenn das Krustengestein eine Schwächezone aufweist.

Erdbeben können ferner z.B. durch den Aufstieg von Magma unterhalb von Vulkanen ausgelöst werden oder auch durch Förderung von z.B. Erdgas, da die Druckveränderung wiederum auch die Spannungsverhältnisse im Gestein beeinflusst. Weiter können Erdbeben auch durch einstürzende unterirdische Hohlräume im Bergbau entstehen (Gebirgsschlag). Sowohl vulkanische Beben als auch Gebirgsschläge sind jedoch von der Energiefreisetzung weitaus limitierter als tektonische Beben.

Eine Voraussetzung für das Auftreten von Erdbeben ist das Vorhandensein spröden, bruchfähigen Gesteins. Die Temperatur nimmt im Erdinneren jedoch stetig zu, wodurch das Gestein mit zunehmender Tiefe immer weniger spröde reagiert und schließlich deformierbar wird. Erdbeben sind daher meist auf die obere Schicht der Erdkruste beschränkt. Manchmal lassen sich Beben bis in Tiefen von bis zu 700 km lokalisieren. Dieser scheinbare Widerspruch geht auf die Subduktion von Lithosphärenplatten zurück: Kollidieren zwei Platten, wird die dichtere der beiden unter die leichtere gedrückt und taucht in den Erdmantel ab. Da die Erwärmung des Gesteins der abtauchenden Platte (auch als Slab bezeichnet) wesentlich langsamer voranschreitet als deren Abwärtsbewegung , kann das Krustenmaterial bis in oben genannte Tiefen bruchfähig bleiben. Die Hypozentren innerhalb der abtauchenden Platte erlauben somit Rückschlüsse auf die Position des Slab in der Tiefe (sogenannte Benioff-Zone).

Erdbeben erzeugen verschiedene Typen von Erdbebenwellen, die sich durch die ganze Erde ausbreiten und von Seismographen (bzw. Seismometern) überall auf der Erde aufgezeichnet werden können. Die mit starken Erdbeben einhergehenden Zerstörungen (z.B. Gebäudeschäden, Spaltenbildung) an der Erdoberfläche sind auf die sogenannten Oberflächenwellen zurückzuführen, die eine elliptische Bodenbewegung auslösen.

Durch Auswertung der Stärke und Laufzeiten von Erdbebenwellen kann nicht nur die Position des Erdbebenherdes bestimmt werden, sondern es werden auch Erkenntnisse über das Erdinnere gewonnen. Die Positionsbestimmung unterliegt als Messung an Wellen der gleichen Unschärfe, die aus Wellenphänomenen in anderen Bereichen der Physik bekannt sind. Im Allgemeinen nimmt die Unschärfe der Ortsbestimmung mit zunehmender Wellenlänge zu, das bedeutet: Eine Quelle von langperiodischen Wellen kann nicht so genau lokalisiert werden wie eine Quelle von kurzperiodischen Wellen. Da schwere Erdbeben den größten Teil ihrer Energie im langperiodischen Bereich entwickeln, kann besonders die Tiefe der Quelle nicht genau bestimmt werden.

Die Seismogramme sind Aufzeichnungen der Erdbebenwellen.

Explosion Atombombe (1) Atombombenexplosion auf Mururoa, 5.9.1995, Magnitude 4,8,

Starkes Erdbeben (2) Starkes Erdbeben bei den Nikobaren, 24.7.2005, Magnitude 7,3,

Tsunami-Erdbeben (3) Erdbeben indischer Ozean ("Tsunami-Erdbeben"), 26.12.2004, Magnitude 9,3.

Die oben gezeigten Seismogramme sollen einen visuellen Eindruck unterschiedlicher Erdbeben - Magnituden vermitteln und wurden nicht nach wissenschaftlichen Aspekten ausgewählt.

Durch unterseeische Erdbeben, bei der Eruption ozeanischer Vulkane oder durch unterseeische Erdrutsche können so genannte Tsunamis ausgelöst werden: Durch die plötzliche vertikale Verlagerung großer Teile des Ozeanbodens entstehen Wellen, die sich mit Geschwindigkeiten von bis zu 800 Kilometer pro Stunde fortbewegen. Auf dem offenen Meer sind Tsunamis kaum wahrnehmbar, gelangt die Welle jedoch in flacheres Wasser, kann sich der Wellenberg auf bis zu 100 Meter Höhe erheben. Am häufigsten entstehen Tsunamis im Pazifik. Deshalb besitzen die an den Pazifik angrenzenden Staaten ein Tsunami-Frühwarnsystem.

Historisches

Schon in der Antike fragten sich Menschen, wie Erdbeben und Vulkanausbrüche entstehen.

Man schrieb diese Ereignisse häufig Göttern zu (in der griechischen Mythologie dem Poseidon). Manche Wissenschaftler im alten Griechenland glaubten, die Kontinente schwämmen auf Wasser und schaukelten wie ein Schiff hin und her. Andere Leute glaubten, Erdbeben brächen aus Höhlen aus. In Japan gab es den Mythos von einem Drachen, der den Erdboden erzittern ließ und auch noch Feuer spie, wenn er wütend war. Im europäischen Mittelalter schrieb man Naturkatastrophen dem Wirken Gottes zu. Mit der Entdeckung und Erforschung des Magnetismus entstand die Theorie, man könne Erdbeben wie Blitze ableiten. Man empfahl daher Erdbebenableiter nach Art der ersten Blitzableiter.

Erst Anfang des 20. Jahrhunderts kam die heute allgemein anerkannte Theorie von der Plattentektonik und der Kontinentaldrift durch Alfred Wegener auf, dessen Erklärungsmuster zunächst jahrzehntelang nicht anerkannt wurden.

Bestimmung der Erdbebenstärke

Die Erdbebenstärke wird anhand der makroseismischen Intensitätsskala EMS-98 und der Europäischen Makroseismischen Skala (Grünthal, 1998) bestimmt. Die folgende Darstellung ist verkürzt:

  • I: Nicht fühlbar
  • II: Kaum bemerkbar, nur sehr vereinzelt von ruhenden Personen wahrgenommen.
  • III: Schwach, von wenigen Personen in Gebäuden wahrgenommen. Ruhende Personen fühlen ein leichtes Schwingen oder Erschüttern.
  • IV: Deutlich, im Freien vereinzelt, in Gebäuden von vielen Personen wahrgenommen. Einige Schlafende erwachen. Geschirr und Fenster klirren, Türen klappern.
  • V Stark, im Freien von wenigen, in Gebäuden von den meisten Personen wahrgenommen. Viele Schlafende erwachen. Wenige werden verängstigt. Gebäude werden insgesamt erschüttert. Hängende Gegenstände pendeln stark, kleine Gegenstände werden verschoben. Türen und Fenster schlagen auf oder zu.
  • VI: Leichte Gebäudeschäden, viele Personen erschrecken und flüchten ins Freie. Einige Gegenstände fallen um. An vielen Häusern, vornehmlich in schlechterem Zustand, entstehen leichte Schäden wie feine Mauerrisse und das Abfallen von z. B. kleinen Verputzteilen.
  • VII: Gebäudeschäden, die meisten Personen erschrecken und flüchten ins Freie. Möbel werden verschoben. Gegenstände fallen in großen Mengen aus Regalen. An vielen Häusern solider Bauart treten mäßige Schäden auf (kleine Mauerrisse, Abfall von Putz, Herabfallen von Schornsteinteilen). Vornehmlich Gebäude in schlechterem Zustand zeigen größere Mauerrisse und Einsturz von Zwischenwänden.
  • VIII: Schwere Gebäudeschäden, viele Personen verlieren das Gleichgewicht. An vielen Gebäuden einfacher Bausubstanz treten schwere Schäden auf; d.h. Giebelteile und Dachgesimse stürzen ein. Einige Gebäude sehr einfacher Bauart stürzen ein.
  • IX Zerstörend, allgemeine Panik unter den Betroffenen. Sogar gut gebaute gewöhnliche Bauten zeigen sehr schwere Schäden und teilweisen Einsturz tragender Bauteile. Viele schwächere Bauten stürzen ein.
  • X: Sehr zerstörend, viele gut gebaute Häuser werden zerstört oder erleiden schwere Beschädigungen.
  • XI: Verwüstend, die meisten Bauwerke, selbst einige mit gutem erdbebengerechtem Konstruktionsentwurf und -ausführung, werden zerstört.
  • XII: Vollständige Verwüstung, kein von Menschenhand geschaffenes Bauwerk hält stand.

Standortabhängige Erdbebenstärke (Intensitäten)

Die erste international benutzte Skala zur Erfassung und Einschätzung von Erdbeben war die Mercalliskala. Sie beruht vor allem auf der subjektiven Einschätzung der Erdbebenstärke und auf Beobachtungen. Diese Beobachtungen schließen die Auswirkungen von Erdbeben auf Natur und Bauwerke ein. (Makroseismik). Da es damals noch keine Geräte zur Messung der Erdbebenstärke gab, war die Einteilung in verschiedene Schweregrade entsprechend subjektiv und ungenau. Später wurden die ersten Intensitätsskalen zur MSK-Skala und zur EMS-98 Skala weiterentwickelt.

Zur Kennzeichnung der Stärke von Erdbeben dienen Skalen, von denen zum Beispiel die von Mercalli und Sieberg 12 Stufen angibt (Mercalliskala), darunter:

  • Unmerklich: nur von Seismographen registriert
  • Leicht: von wenigen Personen bemerkt
  • Mäßig: leichte Bewegung von Möbeln, Klirren von Gläsern und Fenstern
  • Stark: von allen mit Schrecken wahrgenommen, leichte Risse in Bauwerken
  • Zerstörend: Schornsteine fallen ein, schwere Mauerrisse, Bodenrisse
  • Große Katastrophe: Kein Werk von Menschenhand hält stand, große Veränderungen der Erdoberfläche

Die Mercalliskala wurde später zur MSK-Skala weiterentwickelt und verfeinert. Heute wird die Stärke von Erdbeben von Seismometern erfasst und mittels der Richterskala angegeben.

Standortunabhängige Erdbebenstärke (Magnituden)

Durch die Entwicklung von Seismographen konnten Erdbeben auch gemessen werden. Die Erdbebenstärke wird im allgemeinen mit der von Francis Richter eingeführten Richterskala angegeben (Lokalbeben Magnituden). Aufgrund der Ausbreitungseigenschaften von Erdbebenwellen gibt es heute eine ganze Reihe von Magnitudenskalen (Momentenmagnitude, Oberflächenwellenmagnitude) die auch ab und zu zu Verwechslungen führen können. Wegen der unterschiedlichen Methoden, mit denen diese verschiedenen Magnituden berechnet werden, sind teilweise erhebliche Diskrepanzen insbesondere bei automatisierter Berechnung unvermeidlich.

Erdbebenstärke über physikalische Größen

Bei größeren Erdbeben wird teilweise auch die freigesetzte Energie oder der Versatz an der Erdoberfläche angegeben.

Vorhersage

Datei:Chuetsuearthquake in Ojiya.jpg
Zerrissene Bahn: Chuetsuerdbeben, Ojiya, Niigata, Japan, 2004

Die zeitlich und räumlich exakte Vorhersage von Erdbeben ist nach dem heutigen Stand der Wissenschaft nicht möglich. Die zu Grunde liegenden Prozesse des Spannungsaufbaus bis hin zum Entlastungsbruch des Gesteins werden von einer großen Zahl von physikalischen Parametern gesteuert. Die verschiedenen bestimmenden Faktoren sind qualitativ weitestgehend verstanden. Auf Grund des komplexen Zusammenspiels aber ist eine genaue Quantifizierung der Herdprozesse bislang nicht möglich, so dass üblicherweise nur Wahrscheinlichkeiten für das Auftreten eines Erdbebens in deiner bestimmten Region genannt werden können.

Allerdings sind eine Reihe von Effekten bekannt, die oft im Vorfeld von Erdbebenereignissen beobachtet werden können und als Vorläuferphänomene bezeichnet werden. Einige davon äußern sich in der Veränderung geophysikalisch messbarer Größen, wie z.B. der seismischen Geschwindkeit, der Neigung des Erdbodens oder die elektromagnetischen Eigenschaften des Gesteins. Andere Phänomene basieren auf statistischen Beobachtungen, wie etwa das Konzept der seismische Ruhe, wo in einer potentiell gefährdeten Region über einen längeren Zeitraum die seismische Hintergrundaktivität, also das stetige Auftreten kleinerer Beben, abnimmt und auf ein bevorstehendes größeres Ereignis hindeutet.

Sowohl messbare als auch statistisch erfasste Vorläuferphänomene variieren jeweils sehr stark in ihrem zeitlichen Verlauf (bis hin zu Jahren) wie auch in ihrer Größenordnung. In vielen Fällen bleiben einzelne oder mehrere dieser Effekte auch ganz aus. Zudem wäre der instrumentelle Aufwand, der für eine lückenlose Erfassung dieser Phämone erforderlich wäre, nicht realisierbar, so dass die Möglichkeit einer exakten Vorhersage von Erdbeben für die nächste Zukunft nicht zu erwarten ist.

Wiederholt wurde auch von ungewöhnlichem Verhalten bei Tieren kurz vor größeren Erdbeben wie auch bei Tsunamis berichtet. So konnte im Februar 1975 in der Volksrepublik China ein drohendes Erdbeben durch die Sensibilisierung der Bevölkerung in Bezug auf ungewöhnliches Verhalten der Tiere vorab erkannt werden. Allerdings zeigten sich z.B. beim Tangshan-Beben vom 27. Juli 1976, bei dem es mehrere hundertausend Tote gab, im Vorfeld keinerlei Anzeichen von Verhaltensänderungen bei Tieren.

Gelegentliche Berichte von erfolgreichen Vorhersagen zeigen vor dem Hintergrund der Häufigkeit von Beben in der betreffenden Region in der Regel kaum statistische Signifikanz. So wurde z.B. von einem japanischen Wissenschaftler auf Grund eines elektromagnetischen Vorläuferphänomens für den Zeitraum 14. bis 19. September 2003 ein Erdbeben der Stärke 7 in Tokio vorhergesagt. Zwar trat am 20. September 2003 tatsächlich ein Erdbeben in Tokio auf, jedoch war die Magnitude um etwa 1,5 Größenklassen niedriger, was weniger als einem Hunderstel der vorhergesagten Energiefreisetzung entspricht. Ein weitaus stärkeres Beben (Magnitude 8), mit zwei starken Nachbeben (Mag. 5,8 und 7) ereignete sich eine Woche später, am 26. September, das Epizentrum lag jedoch in einiger Entfernung, ungefähr 80 km südöstlich vor der Küste der Hauptinsel Hokkaidō.

Bekannte Erdbeben

Umfassende Aufstellung in der Liste von Erd- und Seebeben.

Stärkste gemessene Erdbeben

Nach Angaben des USGS; Stärke jeweils nach der Richterskala.

  1. Großes Chile-ErdbebenChile, 22. Mai 1960: 9,5
  2. Prince William Sund (Alaska), 28. März 1964: 9,2
  3. Andreanof Islands (Alaska), 9. März 1957: 9,1
  4. Erdbeben im Indischen Ozean – vor Sumatra, 26. Dezember 2004: 9,0 (Nach neueren Auswertungen langperiodischer Signale hatte dieses Beben sogar möglicherweise eine Magnitude von 9,3 - 9,4)
  5. Kamtschatka (Russland), 4. November 1952: 9,0
  6. Erdbeben vor Ecuador, 31. Januar 1906: 8,8
  7. Erdbeben vor Nord-Sumatra, 28. März 2005: 8,7
  8. Rat Islands (Alaska), 4. Februar 1965: 8,7
  9. Assam (Indien), 15. August 1950: 8,6
  10. Ningxia-Gansu, China, 16. Dezember 1920: 8,6
  11. Kuril Islands 13. Oktober 1963: 8,5
  12. Erdbeben in der Banda-See (Indonesien), 1. Februar 1938: 8,5
  13. Kamtschatka, 3. Februar 1923: 8,5

Siehe auch

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Literatur