Abstammungsgutachten
Der Vaterschaftstest ist ein wissenschaftliches Verfahren, mit dem die Verwandtschaft zwischen zwei Personen – zumeist das Vater-Kind-Verhältnis – festgestellt werden soll.
Diese Verfahren heißen offiziell Abstammungsgutachten und wurden ursprünglich in Gerichtsverfahren (hauptsächlich bei Vaterschaftsanfechtungsklagen) auf Anordnung des Richters durchgeführt. Moderne DNA-Vaterschaftstests sind einfach und kostengünstig durchführbar, sodass es seit den 1990er-Jahren private Anbieter gibt, die diesen Test auch für Privatpersonen durchführen.
Methoden
Die Methoden für den Vaterschaftstest wurden durch den Fortschritt der Wissenschaft weiterentwickelt. Es gibt u.a. die folgenden Methoden:
- Bei Blutgruppentests werden die Blutgruppen der Mutter, des Kindes und des vermutlichen Vaters ermittelt. Anschließend wird geprüft, ob ein gemeinsamer Nachkomme der Mutter und des Vaters die gleiche Blutgruppe haben könnte wie das Kind. Dieses Verfahren kann nur in bestimmten Kombinationen eine Vaterschaft ausschließen, nicht aber bestätigen.
- Bei serologischen Gutachten werden weitere Blutbestandteile (HLA-Antigene und andere Proteine) in die Untersuchung eingezogen.
- Bei anthropologisch-erbbiologischen Gutachten wurde mit Hilfe von vererbbaren äußeren Merkmalen (z.B. Haut-, Augen-, Haarfarbe, Kopfform, Irisstruktur) die Wahrscheinlichkeit der Vaterschaft geprüft.
- Die DNA-Analyse stellt die modernste Methode des Vaterschaftstests dar. Sie bietet einen fast hundertprozentig sicheren, positiven wie auch negativen Vaterschaftsnachweis. Details können dem folgenden Abschnitt entnommen werden.
Vaterschaftstests anhand von DNA-Analysen
Die modernen Methoden des Vaterschaftstests beruhen alle auf DNA-Analysen. Durch das Fingerprinting wurden von 1985 bis 1998 so genannte VNTRs (variable number of tandem reperats) untersucht, die auch Minisatelliten-DNA genannt werden und die bei jedem Individuum in einer unverwechselbaren Länge bzw. Kombination auftreten. Mit PCR-Technik (Polymerase-Kettenreaktion) werden VNTRs enthaltende DNA-Abschnitte vervielfältigt und können mit Gelelektrophorese aufgetrennt und sichtbar gemacht werden. Da die VNTRs bei jedem Menschen unterschiedlich lang sind, ergibt sich für jeden Menschen ein spezifisches Bandenmuster. Etwa ab 1998 wurden die VNTRs fast vollständig durch die STR-Technik (Short Tandem Repeat) verdrängt. Das Ergebnis ist umso sicherer, je mehr der Regionen auf Übereinstimmung geprüft werden. Die Deutsche Ärztekammer empfiehlt, mindestens 16 dieser Regionen (DNA-Marker) testen zu lassen (etwa 50 gibt es insgesamt). Jeweils die Hälfte der Banden muss mit denen jedes Elternteils übereinstimmen. Falls eine Bande beim Kind weder bei der Mutter noch beim Vater vorhanden ist, kann die Vaterschaft mit 100-prozentiger Sicherheit ausgeschlossen werden, es muss in diesem Fall jemand anders als Vater in Betracht kommen. Allerdings kann das Auftreten von Mutationen einen Vaterschaftstest verkomplizieren und zu einer scheinbaren Inkompatibilität der biologischen Abstammung führen. So kann neben der Bestätigung und dem Ausschluss einer Vaterschaft auch trotz DNA-Test das Ergebnis, dass die Vaterschaft unentschieden ist, erhalten werden. Unentschieden kann die Vaterschaft sein, wenn ein oder zwei dieser Marker kein gemeinsames Erbmerkmal zwischen Vater und Kind zeigen. In einem solchen Fall muss individuell entschieden werden, welche zusätzlichen Tests ausgeführt werden sollten, um mehr Daten für die mathematische Auswertung zu gewinnen.
Die für den Test benötigte DNA kann z. B. mit Hilfe einer Speichelprobe (Mundschleimhautzellen), Haaren, Hautzellen, benutzten Windeln/Taschentüchern, Schnullern, Zahnbürsten, Kaugummis oder anderen zellhaltigen Materialien gewonnen werden. Haare oder Windeln führen nur in wenigen Ausnahmefällen zu in einem Verwandtschaftstest verwertbaren DNA-Profilen.
Bereits während der Schwangerschaft ist ein Vaterschaftstest möglich, welcher jedoch mit einem erhöhten Risiko einer Fehlgeburt verbunden ist. Daher wird dieser in der Regel nur dann durchgeführt, wenn ohnehin eine Gewebeprobe mittels Fruchtwasseruntersuchung entnommen werden muss, weil man z. B. eine Erbkrankheit oder andere Anomalien befürchtet.
Rechtliche Beurteilung heimlicher Vaterschaftstests
Rechtsprechung in Deutschland
2005 entschied der Bundesgerichtshof, dass heimliche DNA-Vaterschaftsanalysen weder als Beweis vor Gericht zulässig seien, noch als berechtigter Zweifel für ein Vaterschaftsanfechtungs-Verfahren dienen könne, denn derartige Tests verletzten das Persönlichkeitsrecht des Kindes (Urteile vom 12. Januar 2005 in den Sachen XII ZR 60/03 und XII ZR 227/03). Damit der Test gerichtlich verwertbar ist, bedürfe er der Zustimmung entweder des Kindes selbst oder bei Minderjährigkeit seines gesetzlichen Vertreters. Diese Zustimmung kann nur durch eine gerichtliche Anordnung ersetzt werden; eine solche kann nur im Rahmen eines Vaterschaftsanfechtungsprozesses und nur bei begründetem Verdacht erfolgen. Mit seiner Rechtsprechung bestätigte der Bundesgerichtshof die bisher geltende Praxis, von der lediglich das Amtsgericht München in einer Entscheidung im Jahr 2003 (Gz.: 17HK 0 344/03) abzuweichen versuchte.
Dieses Problem stellt sich nur bei Fällen, in denen die Vaterschaft durch das Gesetz vermutet wird (weil die Eltern miteinander verheiratet sind) oder vom Vater anerkannt wurde. Männer, die "nur" Gewissheit haben wollen, sind von vorne herein nicht klagebefugt und ausgeschlossen.
Männer, die vor Gericht ihre Vaterschaft anfechten, müssen nach der Rechtsprechung konkrete Verdachtsgründe für eine Anfechtung geltend machen, um eine gerichtliche Anordnung eines Vaterschaftstests zu erwirken und dürfen sich dabei nicht auf das Ergebnis eines heimlichen Tests berufen. Dieses Prinzip gilt im übrigen Zivilrecht für alle sonstigen Privatgutachten übrigens ebenso. Als konkrete Verdachtsgründe sind z.B. denkbar:
- nachweislich kein sexueller Kontakt mit der Mutter zum Zeugungszeitpunkt (Benennung von Zeugen)
- eine nachweisliche räumliche Trennung zum Zeugungszeitpunkt
- Zeugungsunfähigkeit des Klägers zum Zeugungszeitpunkt
Daraufhin kann das Familiengericht einen Vaterschaftstest anordnen, dessen Ergebnis im weiteren Verfahrensverlauf als Beweis verwertbar ist. Äußerliche Merkmale kommen in der Regel nicht als Verdachtsmomente in Betracht. Wenn keine auffälligen Ähnlichkeiten mit dem eigenen Kind bestehen, ist dies kein zuverlässiger Hinweis darauf, dass eine Verwandtschaft ausgeschlossen ist.
Gendiagnostikgesetz
siehe Hauptartikel: Gendiagnostikgesetz
siehe auch: Kindschaftssache, Genetischer Fingerabdruck, Kuckuckskind, Vaterschaftsfeststellung
Weblinks
- Rechtsmedizin Uni-Mainz Methoden der DNA-Analyse bei Abstammungsbegutachtung und forensischer Spurenkunde