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Wirtschaft Spaniens

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Spanien
Währung Euro (EUR)
Kennzahlen
BIP nach Wirtschaftssektor Landwirtschaft: 3,2 %
Industrie: 25,8 %
Dienstleistungen: 71 %
(2011, geschätzt)
[1]
Wachstum Vorlage:Fallen 0,4 % (Q2 zu Q1 2012)[2]
Erwerbstätige nach Wirtschaftssektor Landwirtschaft: 4,2 %
Industrie: 24 %
Dienstleistungen: 71,7 %
(2009, geschätzt)
[1]
Arbeitslosenquote 24,63 %[3] (Juni 2012)
Außenhandel
Exportpartner Frankreich 18,2 %
Deutschland 10,4 %
Portugal 8,1 %
Italien 8,1 % (2011)
[1]
Importpartner Deutschland 12,6 %
Frankreich 11,5 %
Italien 6,9 %
China 6 % (2011)
[1]
Öffentliche Finanzen

Die Wirtschaft Spaniens stellt die zwölftgrößte Volkswirtschaft weltweit dar. Wichtigste Wirtschaftszweige sind der Tourismus, die Kommunikations- und Informationstechnik, die metallverarbeitende Industrie, der Maschinenbau, die Landwirtschaft und die Petrochemie. Die wichtigsten Export- und Importpartner sind Frankreich und Deutschland.

Wirtschaftskennzahlen

Veränderung des Bruttoinlandsprodukts (BIP), real
in % gegenüber dem Vorjahr
Jahr 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
Veränderung
in % gg. Vj.
3,1 3,3 3,6 4,1 3,5 0,9 -3,7 -0,3 0,4 -1,8* -0,3*
Quelle: Eurostat[4](September 2012) * = geschätzt

Spanische Unternehmen

Siehe auch: Liste der größten Unternehmen in Spanien

Die typischen Branchen mit großen spanischen Unternehmen waren 2011 Banken, mit den führenden Banken Banco Santander, das zweitgrößte Finanzinstitut Europas, und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria, mit Schwerpunkt in Spanien, Portugal und Mittel- und Südamerika. Eine weitere typische Branche ist die Bauindustrie mit Grupo ACS und Ferrovial an der Spitze. Große Einzelunternehmen sind der Telekommunikationskonzern Telefónica, die Versorger Iberdrola und Gas Natural, das Versicherungsunternehmen Mapfre, das Infrastrukturunternehmen Abertis und das Textilunternehmen Inditex.

Wirtschaftsstruktur

Tourismus

Der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Spanien.

Wirtschaftsgeschichte

Bruttosozialprodukt pro Kopf, 1900 bis 2003

Franquismus

In der Zeit der Diktatur von Francisco Franco (1939–1975) (s.a.: Franquismus) war die spanische Wirtschaftspolitik bis in die frühen 1950er darauf bestrebt, sich unabhängig von Importen und Exporten zu machen. Die Gründe für diese Politik waren das Bestreben Francos Spanien aus dem Zweiten Weltkrieg heraus zu halten und in der Nachkriegszeit waren es die schlechten politischen Beziehungen zu den Siegermächten. Es gab gleichfalls innerspanische Gründe, wie die politische Stabilisierung der Diktatur. Diese Wirtschaftspolitik scheiterte. In den 50er Jahren, spätestens 1959, setzte sich eine neue Wirtschaftspolitik durch. Angelehnt an das französische Vorbild, offener gegenüber ausländischen Investitionen und dem Handel mit wichtigen Wirtschaftspartnern, begann eine wirtschaftlich erfolgreiche Zeit für Spanien in der das Land seinen wirtschaftlichen Rückstand gegenüber dem Rest Europas aufzuholen begann.

Autarkiebestrebungen

Ein wichtiges industriepolitisches Instrument war das 1941 gegründete Instituto Nacional de Industria (INI). Mit dieser staatlichen Holding forcierte die Regierung die Industrialisierung Spaniens, indem sie Tochterunternehmen im Bergbau, in der Energie- und Gasversorgung, in der Erdölwirtschaft, in der Metallerzeugung, im Fahr- und Flugzeugbau, im Schiffbau, im Düngemittelsektor und in weiteren Branchen gründete. Weitere Instrumente waren hohe Schutzzölle und verordnete Höchstpreise.

In der Finanzbranche begann am 17. Mai 1940 eine Wirtschaftspolitik des status quo. Gemeint war damit, dass die Finanzbranche stark reguliert wurde, beispielsweise wurde die Gründung neuer Banken erschwert und der Zugang ausländischer Banken verhindert.

Nach dem Ende des Spanischen Bürgerkrieges standen die Privatbahnen vor einer finanziellen Misere. Die Franco-Regierung nationalisierte deshalb zum 24. Januar 1941 die meisten Bahnstrecken und fasste sie im Eisenbahnunternehmen Red Nacional de los Ferrocarriles Españoles (RENFE) zusammen.

1940 wurden Arbeiter in einer Art Einheitsgewerkschaft, der Organización Sindical Española (OSE), zusammengefasst, deren Vorsitzender Ministerrang hatte. Diese Organisation war wiederum nach Produktionszweigen unterteilt, den Sindicatos verticales.

Es gab Strafbataillone mit Arbeitssoldaten (Batallones Disciplinarios de Soldados Trabajadores), die fast 100.000 Personen umfassten und beispielsweise Staudämme und Schnellstraßen bauen mussten. Herausragende Bauten waren der Guadalquivir-Bewässerungskanal (Canal de Riego del Bajo Guadalquivir) und das größte Gefängnis Europas, das Carabanchel-Gefängnis[5]. (s.a.: Francos Konzentrationslager)

Der Wechselkurs de Peseta zum US-Dollar wurde durch das Instituto Español de Moneda Extranjera (IEME) (1939-1973) offiziell mit 10,95 Pesetas pro US-Dollar zwischen 1939 und 1947 festgelegt. 1948 wurden multiple Wechselkurse eingeführt. Es gab für Importprodukte neun Wechselkurse und für Exportprodukte fünfzehn Wechselkurse.[6] Das IEME stand unter Kontrolle des Handelsministeriums, während das Finanzministerium, durch die Bank von Spanien (Notenbank Spaniens), die Geldpolitik in Spanien steuerte.

Öffnung des Landes

Spanien gelang es erstmals im September 1953 mit einem US-amerikanisch-spanischen Verteidigungsabkommen, dem Pakt von Madrid, die bis dahin bestehende internationale Isolation zu durchbrechen. (Aufnahme in die UN im Dezember 1955) Die damit verbundene US-amerikanische Wirtschaftshilfe hatte einen Wert von 170 Millionen US-Dollar (Stand Ende Oktober 1955)[7], doch die erhoffte Zunahme der privaten Investitionen aus dem Ausland in die spanische Wirtschaft erfüllten sich nicht.[8]

1953 bestanden die spanischen Exportprodukte zu über der Hälfte aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen, zwischen einem Fünftel und einem Viertel aus Rohstoffen wie Pyrit, Eisenerz, Wolfram und Quecksilber und aus Fertigwaren, bestehend hauptsächlich aus Baumwolle. Das wichtigste Importprodukt war in diesen Jahren Rohbaumwolle und bei schlechter Ernte Weizen.[9] 1956 erreichten die Importe aus der USA einen Wert von 250 Millionen US-Dollar, 65 Prozent des Wertes über dem von 1955, wobei 175 Millionen US-Dollar landwirtschaftliche Produkte waren.[10]

1951 erfolgte eine Abwertung und ab 1951 durften Exporteure einen Teil der verdienten Devisen an der Börse in Madrid zu höheren Kursen frei verkaufen. Zwischen 1953 und 1958 betrug die Wachstumsrate der spanischen Wirtschaft um die 5 Prozent. Erkauft wurde das durch eine massive Abwertung der Pesete, hohe Inflation und einen rapide wachsenden Schwarzmarkt. 1957 erfolgte eine Vereinheitlichung der verschiedenen Wechselkurse auf 42 Pesetas pro US-Dollar. 1959 wurde der Wechselkurs auf den internationalen Wechselkurs von 60 Pesetas pro US-Dollar festgesetzt. [11]

Spanien trat im Juli 1959 dem Europäischen Währungsabkommen und der OECD (damals noch OEEC) bei. Gemeinsam mit der OECD, der Weltbank und dem IWF wurde der 1959 beschlossene sogenannte Plan de Estabilización („Stabilisierungsplan“) (eigentlich „Plan de Estabilización y Liberalización“ (es:Plan de Estabilización de 1959) ausgearbeitet, der eine wirtschaftliche Öffnung des Landes und staatliche Entwicklungspläne nach französischem Vorbild vorsah (indikative Wirtschaftsplanung = Das Setzen von wirtschaftlichen Anreizen um bestimmte volkswirtschaftliche Ziele zu erreichen und eine gemeinsame Investitions- und Produktionsplanung von Staat und Privatwirtschaft). Es wurden insgesamt drei Pläne aufgestellt: Der erste Plan 1964–1967, der zweite Plan 1968–1971 und der dritte Plan 1972–1975. Etwa 500.000 Spanier verließen in dieser Zeit das Land. Mit der Durchführung der Wirtschaftsreformen waren Kreditzusagen in Höhe von mehreren hundert Millionen US-Dollar verbunden (75 Mio. US-Dollar der IWF, 100 Mio. US-Dollar die OEEC, 130 Mio. US-Dollar die USA, 45 Mio. US-Dollar verschiedene europäische Länder und 68 Mio. US-Dollor private US-Banken.[12]) Ins Zentrum der Wirtschaftspolitik, genannt "es:Desarrollismo", rückte nun das Industrieministerium und das neu geschaffene „Kommissariat für Entwicklungspläne“, während das INI zum Auffangbecken kriselnder Unternehmen wurde. Kommissar für den Entwicklungsplan, Laureano López Rodó, und seine neu geschaffene Behörde, das „Büro für Wirtschaftskoordination und -programmierung“ (OCYPE). Das Industrieministerium stand unter der Leitung des in Nachfolge von Joaquín Planell ernannten Minister Gregorio López Bravo.

Renault 4CV FASA (1957)

Spanien begann in den 50er Jahren vom steigenden Fremdenverkehr zu profitieren, so wurde 1955 etwa 150 Millionen US-Dollar erlöst.[7] Der französische Club Méditerranée eröffnete das erste Clubdorf in den 1950er auf der Insel Mallorca. Überhaupt kamen die meisten Touristen in Spanien aus Frankreich.

In den 1960er bis in die frühen 1970er Jahre wuchsen Importe und Exporte, doch insgesamt entstand ein immer stärkeres Handelsdefizit. Diese Zeit wurde „el milagro español“ („Spanisches Wunder“) bezeichnet. Die wichtigsten Wachstumskräfte waren staatliche Investitionen in die Infrastruktur und der Massentourismus. Dies führte wiederum zu einem Wandel der Wirtschaftsstruktur - die Landbevölkerung wanderte in die großen Städte. Zwischen 1951 und 1981 wanderten 5 Millionen Spanier aus den ärmeren, ländlichen Gegenden Spaniens weg. Sie gingen nach Frankreich, Deutschland und in die Wirtschaftszentren Spaniens. Die bevorzugten spanischen Ziele waren Madrid, Katalonien und Valencia (s.a.: Liste der Städte in Spanien).

1950 war auch das Jahr in dem der Automobilhersteller Seat gegründet wurde. Wichtigster Kapitalgeber mit 51 Prozent war die staatliche INI, zu 42 Prozent spanische Banken und zu sieben Prozent der italienische Automobilkonzern Fiat. Bis 1979 baute Seat ausschließlich in Lizenz Fahrzeuge von Fiat und so war ein Bestseller dieser Jahre der Kleinwagen Seat 600 (1957–1973). Ab den 80er Jahren wurden die Beziehungen zum Volkswagen-Konzern enger und 1986 übernahm VW die Anteile an Seat von der INI. 1952 entstand mit Moto Vespa S.A. eine spanische Produktion - mit Unterstützung der INI - des italienischen Motorrollers Vespa. Renault España begann 1953 mit einer lokale Produktion (Fabricación de Automóviles) des Renault 4CV und Citroën España S.A. 1958 mit dem Bau des Citroën 2CV.

Freie Gewerkschaften waren illegal aktiv. Beispielsweise gab es ab den späten 1950er Jahren die damals kommunistische Comisiones Obreras (CCOO). Altere Gewerkschaften waren größtenteils ins Ausland abgedrängt, wie beispielsweise die bereits 1888 entstandene sozialistische Unión General de Trabajadores, die 1910 gegründete anarchosyndikalistische Confederación Nacional del Trabajo und die 1911 entstandene baskische ELA-STV. Mit dem Ley de Convenios Colectivos von 1958 wurden erstmals Tarifverträge zwischen Unternehmen und Beschäftigten möglich. 1962 gab es erstmals Tarifverträge für mehr als 2 Millionen Menschen. Die meisten Streiks in den Jahren 1963 bis 74 waren in der Stahl- und Metallverarbeitenden Industrie (44,5 Prozent), Bergbau (1,1 Prozent) und Bau (9,6 Prozent).[13]

1967 entstand die staatliche Bergbauholding HUNOSA (Hulleras del Norte S. A.), deren größter Aktiomär (76.92 Prozent) die staatliche INI war. Einige Jahre später übernahm die INI zu 100 Prozent die defizitäre Holding. Die Kohleminen lagen im nordwesten Spaniens, in Asturien. Während HUNOSA im Januar 1981 noch etwa 22.000 Mitarbeiter hatte, waren es Ende 2004 nur noch etwa 4000 Mitarbeiter.

Transition

Die größte wirtschaftliche Herausforderung war die durch die Ölkrisen der siebziger Jahre (1973 und 1979) ausgelöste Wirtschaftskrise. Das hohe Wirtschaftswachstum Spaniens von durchschnittlich 7 Prozent pro Jahr von 1960 bis 1974 endete. Noch im Sommer 1973 wuchs das Bruttosozialprodukt mit 8 Prozent und die Arbeitslosigkeit lag bei 2 Prozent. Die mit etwa 10 Prozent besonders stark expandierende Industrieproduktion litt besonders, im Besonderen die energie- und kapitalintensiven Branchen der Stahl-, der Automobil- und vor allem der Schiffbauindustrie. Neben dem Anstieg der Energiepreise und dem Aufkommen der asiatischen Konkurrenten gab es innerspanische Gründe für die Krise, wie beispielsweise zu hohe Lohnkosten und fehlende politische Reformen.

Nach Francos Tod 1975 gründete sich 1976 die Spanische Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) und die Alianza Popular, die 1989 in die Volkspartei (Partido Popular, kurz PP) umbenannt wurde. 1977 folgten dann die Union des Demokratischen Zentrums (UCD) und die Kommunistische Partei Spaniens (PCE).

Der Minister für Gewerkschaftsbeziehungen Enrique de la Mata Gorostizaga erließ im April 1977 das Gesetz zur Vereinigungsfreiheit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, aufgrund dessen die Gewerkschaften sich legal gründen konnten.

Die Spanische Parlamentswahl vom 15. Juni 1977 führte dazu, dass der im Juli 1976 von König Juan Carlos I. mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragte Adolfo Suárez (1976–1981) zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. Im folgte Leopoldo Calvo-Sotelo (1981-1982) im Amt. Beide führten Spanien in der Übergangszeit von der Diktatur zur Demokratie.

Im Juli und August 1977 stieg die Inflation auf 42 Prozent, der Lohnanstieg in der Industrie betrug 30 Prozent und die Arbeitslosigkeit stieg auf 6 Prozent. Am 11. Juli 1977 erfolgte eine Abwertung der Peseta um 20 Prozent.

Mit dem Pakt von Moncloa schloss die Regierung von Adolfo Suárez im Oktober 1977 mit der politischen Opposition eine Vereinbarung um den wirtschaftlichen Folgen der ersten Ölkrise von 1973 entgegen zu wirken. Die Vertragsparteien vereinbarten darin auch die wirtschaftspolitischen Grundlagen auf denn der neue demokratische Staat aufgebaut sein soll und die dann in der spanischen Verfassung vom Dezember 1978 realisiert wurden.

Zwar fiel 1978 die Inflation auf 16,5 Prozent, aber der zweite Ölpreisschock zerstörte die weitergehende Gesundung der Wirtschaft und so stieg die Arbeitslosigkeit weiter bis Anfang der 1980er Jahre auf über 22 Prozent.

Von 1978 bis 1983 erlebte Spanien eine Bankenkrise. In den letzten Jahren waren viele Banken neu gegründet worden. Diese neuen, meist kleinen Banken gerieten alle in wirtschaftliche Schwierigkeiten und keine dieser Banken überlebte als selbstständige Bank. Die Holding Rumasa, Eigentümer mehrerer kleiner Banken, wurde 1983 verstaatlicht.[14]

Ministerpräsident Adolfo Suárez führte 1980 neue Arbeitsgesetze (Estatuto de los Trabajadores) ein, die zwischen der Regierung und den Gewerkschaften Unión General de Trabajadores und CCOO vereinbart wurden. Danach können in Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten Betriebskomitees (spanisch: comité de empresa) gegründet werden, bei kleineren Unternehmen Unternehmen werden Personaldelegierte (spanisch: delegados de personal) gewählt. Die Zusammensetzung der Betriebskomitees wird durch Wahlen bestimmt.

Aufbruch in die Demokratie

1982 löste Felipe González (PSOE) seinen Vorgänger Leopoldo Calvo-Sotelo als Ministerpräsident ab. Damit begann für Spanien ein rasanter Wirtschaftsaufschwung - das Land wuchs zur fünftgrößten Wirtschaft Europas heran. Das Bruttosozialprodukt pro Kopf stieg von 7284 US-Dollar im Jahr 1980 auf über 30.000 US-Dollar pro Kopf im Jahr 2010. Spanien trat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft am 1. Januar 1986 und dem Europäischen Währungssystem Mitte 1989 bei und übernahm 1999 bzw. 2002 den Euro als neue Währung. Spanien ist ein vorrangig gefördertes Land der Regionalpolitik der Europäischen Union

Ministerpräsident José María Aznar führte das System der Zeitverträge ein. In der Folge stieg die Anzahl der Beschäftigten mit verschiedenen Arten von Zeitverträgen von 1985 bis 1989 von 2,5 Mio. auf 5,1 Mio. an. 1993 waren etwa 95 Prozent aller neuen Arbeitsverträge Zeitverträge und insgesamt machten diese Zeitverträge etwa 30 Prozent aller existierenden Arbeitsverträge aus. Die nächste Reform erfolgte 1994, als die Arbeitslosenrate 24,2 Prozent erreichte. Das Ergebnis war, dass 1997 die Zahl der Zeitverträge sich gegenüber 1994 verdoppelte und insgesamt nun etwa 37 Prozent aller Arbeitsverträge ausmachte. [15]

Ende des Wirtschaftsbooms, Krise und Reformen

Mit der 2007 einsetzenden internationalen Finanzkrise endete das etwa 15 Jahre anhaltende überdurchschnittliche Wirtschaftswachstum und Spanien trat im zweiten Quartal 2008 in die Rezession ein. Nachdem es so schien als ob die Krise überwunden wäre, zeigte sich, dass die internationale Finanzkrise die aufgestauten landesinternen Fehlentwicklungen, wie etwa im Bau- und Bankensektor, so verschärft hatten, dass diese das Land in die nächste Wirtschaftskrise stürzten. Die Arbeitslosigkeit, die 2007 nur etwa 8 Prozent betrug, stieg auf über 20 Prozent im Jahr 2011 an. Auch die zuvor moderate Staatsverschuldung von etwa 40 Prozent (2008) erhöhte sich stark und die jährlichen Neuverschuldungen des Staates wurden zum Problem.

Die international tätigen spanischen Unternehmen glichen ihren in Spanien zurückgehenden Umsatz durch Expansion im Ausland aus. Sie reduzieren ihre Schulden und erschlossen sich neue internationale Finanzquellen. Dagegen ist die wirtschaftliche Situation für die große Anzahl der nur national agierenden Unternehmen katastrophal, da ihnen Umsatz und Finanzierung wegbrechen. Nur der Tourismussektor bleibt davon unberührt.

Die internationale Finanzkrise in Spanien

Die internationale Finanzkrise (s.a.: Chronologischer Verlauf) führte im April 2007 zu einem Börsencrash der Immobilienunternehmen.[16] Der spanische Aktienindex IBEX 35 erreichte seinen Höhepunkt im November 2007 und fiel um über 50 Prozent auf seinen Tiefstand im Frühjahr 2009.

Die bei den Parlamentswahlen vom 9. März 2008 wiedergewählte Regierung Zapatero beschloss 2008 mehrere Konjunkturmaßnahmen. Der Plan Español para estímulo de la economia y el empleo (kurz: Plan E) förderte Baumaßnahmen, unterstützte Arbeitslose und gab Geld für Einzelmaßnahmen, wie beispielsweise eine Abwrackprämie für Autos und zusätzliche Umweltschutzmaßnahmen und Forschungsgelder. Zusätzlich bekamen lokale Behörden die Erlaubnis höhere Defizite zu machen.[17] Nach Angaben der EU stellte die Gesamtheit der Projekte das größte Konjunkturprogramm innerhalb der EU dar. Mit diesen Maßnahmen gelang es den Wirtschaftseinbruch 2009 auf -3,7 Prozent und 2010 auf -1,0 Prozent zu begrenzen. 2011 gelang sogar ein positives Wirtschaftswachstum von 0,7 Prozent, ehe die spanische Wirtschaft wieder einbrach.

Zusammen mit den Kosten der steigenden Arbeitslosigkeit führten diese Konjunkturmaßnahmen dazu, dass die spanische Regierung neue Schulden aufnahm. 2008 wies der Staatshaushalt ein Defizit von -4,1 Prozent auf. 2009 explodierte die Neuverschuldung dann auf -11,2 Prozent. Im Juni 2009 kündigte die spanische Wirtschafts- und Finanzministerin Elena Salgado Kürzungen für die Staatsausgaben 2010 an.[18] Ab Januar 2010 - die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands drohte - folgte ein Sparpaket nach dem anderen, aber es gelang auch in den folgenden Jahren nicht die Staatsausgaben zu konsolidieren. Die Staatsverschuldung Spaniens war von 62,3 Prozent 1999 auf 36,2 Prozent 2007 reduziert worden, aber nach 2007 stieg sie extrem an: 2008 40,2 Prozent, 2009 53,9 Prozent, 2010 61,2 Prozent und 2011 68,5 Prozent.[19]

Krise des spanischen Immobilienmarktes

So gut wie wertloses Agrarland wurde in Bauland umgewandelt, wobei die Gemeinden dabei vier bis fünf Prozent des Grundstückswertes als Gebühr bekamen. Bauträger ließen dann dort, von den Sparkassen finanziert, beispielsweise Ferienanlagen errichten, die sie anschließend verkauften. Dies führte dazu, dass 2004 etwa 2 Millionen[20] Menschen im Bausektor beschäftigt waren. Die spanischen Käufer finanzierten die Immobilien mittels variabel verzinsten Krediten (Zinssatz gleich Euribor plus Aufschlag).[21] Eigenkapital.

Hunderttausende von Immobilienbesitzern leiden unter Zwangsversteigerungen, da ihnen das Geld zur Bezahlung der Kredite fehlten. Der Wert der Immobilien ist von 2008 bis 2012 um etwa ein Drittel[20] im Wert gefallen. Im Sommer 2012 zwang die Regierung die Banken zu Wertberichtigungen von 35 Prozent bei fertigen Wohnimmobilien und von 80 Prozent bei Grundstücken.[22] Der Widerstand gegen Zwangsräumungen nimmt zu und auch Hausbesetzungen werden häufiger. Die Proteste in Spanien 2011/2012 finden zum Teil hier ihre Ursachen.

Krise der spanischen Sparkassen

Der spanische staatliche Bankenrettungsfonds Fondo de Reestructuración Ordenada Bancaria (FROB) gab bis Anfang 2011 wiederholt Geld, wenn kriselnde Sparkassen fusionierten. Da viele spanische Banken ab 2011 Probleme bekamen sich über den Kapitalmarkt zu refinanzieren, begann 2011 die Regierung die Sparkassen zu ermuntern ihre Eigenmittel anzuheben. Zur Eindämmung der Krise tätigte die EZB im Dezember 2011 und im Februar 2012 Refinanzierungsgeschäfte in Höhe von mehreren hundert Milliarden mit einem Zinssatz von 1 Prozent für drei Jahre zu Gunsten vieler europäischer Banken.[23] Die EZB wurde während der Krise zur wichtigsten Geldquelle vieler spanischer Sparkassen, die Kredite der spanischen Banken betrugen beispielsweise im Juli 2012 netto 375,5 Mrd.[24] Hinzu kam, dass die Kreditausfallquote beispielsweise im Juni 2012 bei fast zehn[25] Prozent lag und Einlagen von Unternehmen und Haushalten bei spanischen Banken reduziert wurden. So sanken die Einlagen von Juli 2011 bis zum Juli 2012 um zwölf[26] Prozent. Anderseits besitzen die spanischen Banken, im Besonderen die Sparkassen, viele Aktien wichtiger spanischer Unternehmen.[27]

Einige Banken wurden verstaatlicht[28]: Bankia, Caja Castilla-La Mancha, CajaSur[29], Caja Mediterráneo[30] (zeitweise) und Banco de Valencia.

Die Euro-Finanzminister beschlossen im Juni/Juli 2012, dass die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) durch Ausgabe von Anleihen bis zu 100 Mrd. Euro am Kapitalmarkt aufnehmen wird und diese unter Auflagen Spanien in mehreren Tranchen zur Rekapitalisierung des spanischen Bankensektors geben wird. Für die Rückzahlung haftet der spanische Staat.[31][32] Die Eurogruppe hatte im Juli die ersten 30 Mrd. Euro für den spanischen staatliche Bankenrettungsfonds FROB genehmigt. Wenn einmal eine europäische Bankenaufsicht unter Aufsicht der EZB eingerichtet sein wird, soll der Kredit auf den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) übertragen werden, wobei aber noch vieles unklar ist.

Ab Ende November oder Anfang Dezember 2012 werden spanische Banken Kredite an eine staatliche Bad Bank abgeben können. Wirtschaftsminister Luis de Guindos sagte im August 2012, dass die spanische Zentralbank den Wert dieser Papiere und wieviel Bargeld, Schuldtitel oder Aktien die Banken im Gegenzug dafür bekommen werden festlegen wird.[33]

Krise der Autonomen Gemeinschaften Spaniens

Das 1,3 Mrd.[34] Euro teure Science Center (Oper, Kino und Museum) in Valencia

Ein wichtiges Problem der Autonomen Gemeinschaften Spaniens ist, dass die Regionen im 1980 geschaffenen Rat der Fiskal- und Finanzpolitik (spanisch: Consejo de Política Fiscal y Financiera) einen geringeren Einfluss als die Zentralregierung haben. Dieser Rat gestaltet die Finanzbeziehungen zwischen der Zentralregierung und den Regionen, die Zuweisungen des Interterritorialen Ausgleichsfonds (spanisch: Fondo de Compensación Interterritorial) an die Regionen (Finanzausgleich zwischen finanzstärkeren und finanzschwächeren Regionen) und koordiniert die Verschuldungspolitik und die öffentlichen Investitionen. Da das gesamtstaatliche Haushaltsdefizit Spaniens von 8,9 Prozent (2011) auf 6,3 Prozent (2012) reduziert werden soll, sieht die spanische Regierung harte Sparmaßnahmen für die Regionen vor, was deren Autonomie - nach Ansicht der Autonomen Gemeinschaften - schmälern würde (siehe auch: Regionale Parteien in Spanien). So ist für 2012 eine maximale Neuverschuldung von 1,5 Prozent vorgegeben.[35] Anderseits bitten von den 17 Autonomen Gemeinschaften sieben Regionen (Stand 19. Oktober 2012) die spanische Zentralregierung um eine Finanzierung, da sie am Kapitalmarkt keinen Kredit mehr haben. Die an hunderttausende Kleinanleger verkauften Anleihen der Autonomen Gemeinschaften erlitten deshalb an den Kapitalmärkten hohe [36] Kursverluste. Die Zentralregierung hat zur Lösung der Krise am 13. Juli 2012 einen 18 Mrd. Euro schweren Liquiditätsfonds für die autonomen Regionen geschaffen, der ähnlich funktioniert wie der europäische EFSF.

Am Dienstag, den 11. September 2012, dem Diada Nacional de Catalunya, gingen mehr als eine Million Katalanen in Barcelona für einen unabhängigen katalanischen Staat demonstrieren. Der Regierungschef Kataloniens, Artur Mas, beklagte, dass Katalonien sehr viel mehr Geld an den Zentralstaat überweist als es von dort zurück bekomme.[37] Mas strebt daher für Katalonien eine Steuerautonomie an, vergleichbar der des Baskenlands und Navarra, dem sogenannten Foralsystem. Alle drei Regionen gehören zu den wirtschaftsstärksten Regionen Spaniens, wobei Katalonien von allen Regionen Spaniens am höchsten verschuldet ist.

Krise des spanischen Arbeitsmarktes

Arbeitslosigkeit nach Alter (2005-2012)
Arbeitslosenquote Spanien[38]
Jahr 2007 2008 2009 2010 2011 2012
Wert in % 8,3 11,3 18,0 20,1 21,7

Die Zahlenwerte für die Jugendarbeitslosigkeit (Jugendliche unter 25 Jahren) erreichten in der Krise über 50 Prozent. Da bei der Berechnung der Jugendarbeitslosigkeit in Spanien die Jugendlichen in einer Ausbildung aus der Statistik heraus genommen werden, kann dieser Zahlenwert nicht mit denen, z.B. in Deutschland, verglichen werden. Nimmt man dagegen alle Jugendlichen als Grundlage der Berechnung, dann beträgt die Jugendarbeitslosigkeit stattdessen 19 Prozent.[39]

Im August 2009 führte das Kabinett Zapatero II für Arbeitslose ein Sozialgeld von 420 Euro ein, welches sie nach dem Auslaufen der Arbeitslosenhilfe für sechs Monate bekommen sollen. Das Kabinett Rajoy verlängerte diese Maßnahme im August 2012.

2008 legte die Regierung ein Programm zur Förderung der freiwilligen Heimkehr arbeitsloser lateinamerikanischer Immigranten auf. Mehrere zehntausend Lateinamerikaner, die in den Boomjahren nach Spanien einwanderten, verließen das Land. Die größte Gruppe der Lateinamerikaner bilden die etwa 480.000 Ecuadorianer. Die anderen großen Einwanderergruppen sind die etwa 810.000 Rumänen und die etwa 735.000 Marokkaner.[40] Für das Jahr 2011 gab das Statistikamt INE bekannt, dass erstmals seit zehn Jahren mehr Menschen (50.090) ausgewandert als eingewandert sind, wobei 62.611 Spanier und 445.130 Ausländer das Land hauptsächlich nach Marokko, Ecuador, Bolivien, Brasilien und Frankreich verließen.[41]

Einzelnachweise

  1. a b c d CIA: The world factbook
  2. FTD: Deutschland wächst noch, Euro-Zone schrumpft, 14. August 2012
  3. focus.de: Höchste Arbeitslosigkeit in Spanien seit 18 Jahren, 27. Juli 2012
  4. Wachstumsrate des realen BIP von Spanien, Abgerufen am 7. September 2012
  5. taz: Abrissbirne gegen die Erinnerung, 25. Oktober 2008
  6. Marcela Sabaté, María Dolores Gadea, José María Serrano: A story of PPP persistence. The Spanish Peseta (1870-1998) against the Dollar and the Pound, Seiten: 5,6
  7. a b Bank für Internationalen Zahlungsausgleich – Jahresbericht 1954, Seite 126
  8. Zeit.de: Zwei Jahre nach dem Pakt von Madrid – Zwischenbilanz der Amerika-Hilfe, 10. November 1955
  9. Bank für Internationalen Zahlungsausgleich – Jahresbericht 1954, Seite 116
  10. Bank für Internationalen Zahlungsausgleich – Jahresbericht 1957, Seite 162
  11. Marcela Sabaté, María Dolores Gadea, José María Serrano: A story of PPP persistence. The Spanish Peseta (1870-1998) against the Dollar and the Pound, Seiten: 5,6
  12. Birgit Aschmann, Treue Freunde...?: – Westdeutschland Und Spanien 1945 Bis 1963, Seite 296, Anmerkung 255
  13. arteHistoria, Abdón Mateos und Alvaro Soto: Relaciones laborales y conflictividad social (España)
  14. group30.org; Jaime Caruana: Lessons Learned from Previous Banking Crises: Sweden, Japan, Spain, and Mexico; April 2009, Seiten 33–40
  15. iese.edu.es: Sandalio Gómez, Ignacio Contreras, María Dolores Gracia: Las reformas laborales en España y su impacto real en el mercado de trabajo en el período 1985-2008, Seite 13
  16. cotizalia.com: Año III... después de Astroc, 23. April 2010
  17. eurofound.europa.eu, Esteban Villarejo: Government plan to boost economy and protect unemployed people, 30. April 2009
  18. Welt-Online 15. Juni 2009: Neue spanische Finanzministerin macht Kassensturz
  19. Eurostat: Öffentliches Defizit im Euroraum und in der EU27, 23. April 2012
  20. a b bloomberg.com: Property Values Sink Further in Spain — Wealth Will Be Slow to Recover, 15. August 2012
  21. Morgenpost.de: Spanien droht der Immobilien-Crash, 3. April 2008
  22. FTD: Wiederbelebung des Immobilienmarkts, 6. August 2012
  23. Tagesspiegel.de: Draghi plant die Operation Dicke Bertha, 28. Februar 2012
  24. n-tv.de: Immer stärker am Tropf der EZB – Spaniens Banken ziehen Geld, 14. August 2012
  25. heise.de: Und nun die Mutter aller Finanzmarktreformen?, 1. September 2012
  26. Welt.de: Scharfer Rückgang der Privateinlagen bei spanischen Banken, 28. August 2012
  27. n-tv: Banken stehen vor Notverkäufen – Das Ende der Spanien AG, 26. Juni 2012
  28. Handelsblatt: Notenbank rettet Banco de Valencia vor Pleite, 21. November 2011
  29. t-online.de: Empörung in Spanien: Sparkasse begeht "Harakiri", 25. Mai 2010
  30. Süddeutsche.de: Spanisches Geldinstitut Caja Mediterraneo, 29. Juni 2012
  31. consilium.europa.eu: Euro Area Summit statement, 29. Juni 2012
  32. cducsu.de: Finanzhilfe für Spanien - 22 Fragen und Antworten, 18. Juli 2012
  33. FTD: Madrid gibt grünes Licht für Bad Bank, 31. August 2012
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