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Holzblasinstrument

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Die Einteilung der Blasinstrumente in Blech- und Holzblasinstrument erfolgt nach der Art der Tonerzeugung. Blechbläser musizieren mit Hilfe einer ungeteilten, schwingenden Luftsäule, d h. der gesamte Luftstrom durchläuft das Instrument bis zur Schallöffnung. Bei Holzbläsern wird die Luftsäule geteilt, d. h. an verschiedenen Stellen Luft vorher abgeleitet.

Die Teilung der Luftsäule beim Holzsblasinstrument erfolgt durch verschiedene Mechnismen wie Anblaslöcher bei Querflöten und Schwegelpfeifen oder ins Mundstück geschobene einfache oder doppelte Rohrblätter.

Wer auf einer Flasche oder einem Kamm bläst, spielt also ein Holzblasistrument. Die Pfeifen einer Orgel sind ihrer Bauart nach ebenfalls Holzblasinstrumente.

Die bis heute gängige Bezeichnung lässt sich nur etymologisch deuten. Urahn der Holzblasinstrumente war wohl eine (hölzerne) Flöte, die schon bei den alten Ägyptern und Griechen (Panflöte) bekannt war. Die ersten Blechblasinstrumente (nach heutiger Anschauung) waren zwar sicherlich aus Horn (Kuh-, Stier- oder Widderhorn), ihre handwerklichen Nachbauten aber aus Blech.

Geschichte

Bauarten

Mit Anblaskante

Mit einfachem Rohrblatt

Mit Doppelrohrblatt

Klangerzeugung

Grundprinzipien der Klangerzeugung

Bei den Rohrblattinstrumenten wie Klarinette oder Oboe arbeiten das Rohrblatt oder die Rohrblätter wie Ventile. Sie öffnen und schließen sich abhängig vom Druck der schwingenden Luftsäule im Instrument. Bei Flöten teilt sich die angeblasene Luft an der Anblaskante und strömt abhängig vom Luftdruck im Instrument abwechselnd in das Innere des Instruments und außen vorbei.

Durch diese periodische Öffnen und Schließen des Luftstroms wird der Luftsäule im Instrumentenrohr beständig Schwingungsenergie zugeführt. Es bildet sich eine longitudinale stehende Welle in der Luftsäule im Inneren des Instruments. Deren Länge - und damit die Frequenz und damit die Tonhöhe - richtet sich im Wesentlichen nach folgenden Parametern:

  • Der Länge des Rohres.
  • Dem Ventilmechanismus am Lufteinlass: Bei Rohrblattänderungen reagiert dieser am effizientesten, wenn die Druckänderung maximal ist. Bei Flöten reagiert er am effizientesten, wenn die Geschwindigkeitsänderung maximal ist.
  • Der Form der Innenbohrung. Sie ist entweder annähernd zylindrisch wie bei der Flöte und der Klarinette oder annähernd konisch wie bei der Oboe.

Die praktische Erfahrung im Instrumentenbau und seit dem 19. Jahrhundert auch mathematisch-physikalische Überlegungen von Wissenschaftlern wie Hermann von Helmholtz und Lord Rayleigh brachten folgende Erkenntnisse:

  • Bei einem Rohrblattinstrument mit zylindrischer Bohrung (wie der Klarinette) ist die Wellenlänge des Grundtons viermal so groß wie die Rohrlänge.
  • Bei einem Rohrblattinstrument mit konischer Bohrung (wie der Oboe) ist die Wellenlänge des Grundtons doppelt so groß wie die Rohrlänge.
  • Bei einer Flöte (stets mit zylindrischer Bohrung) ist die Wellenlänge des Grundtons ebenfalls doppelt so groß wie die Rohrlänge.

Dies erklärt beispielsweise, warum eine Klarinette tiefer erklingt als eine Flöte oder eine Oboe.

Obertöne und Überblasen

Des weiteren ist die Tonhöhe abhängig vom Luftdruck, mit dem das Instrument angeblasen wird. Bei relativ niedrigem Anblasdruck entsteht zunächst der Grundton. Erhöht man nun den Anblasdruck und damit die Energie, so kommt schließlich auch eine Welle höherer Energie zu Stande. Höhere Energie bedeutet kürzere Wellenlänge oder gleicbedeutend: höhere Frequenz. Nur ganz bestimmte dieser höheren Frequenzen sind jedoch stabil und führen zu stehenden Wellen. Es sind diejenigen, die ein ganzzahliges Vielfaches der Grundfrequenz oder entsprechend einen ganzzahligen Teiler der Wellenlänge des Grundtons bilden.

Bei einem Rohrblattinstrument mit zylindrischer Bohrung - der Klarinette - sind sogar nur die ungeradzahligen Vielfachen der Grundfrequenz möglich.

Diese Frequenzen bezeichnet man als Harmonische oder Naturtöne eines Instruments. Nehmen wir beispielsweise die große Flöte in C, so sind deren Naturtöne (bei komplett geschlossenen Grifflöchern):

  1. Grundton C
  2. Doppelte Frequenz => 1 Oktave höher => c
  3. Dreifache Frequenz => 1 Oktave + 1 Quint höher => g
  4. Vierfache Frequenz => 2 Oktaven höher => c'
  5. Fünffache Frequenz => e' (Naturton; bei der heute üblichen temperierten Stimmung liegt dieser Ton ganz leicht unterschiedlich)
  6. usw. ...

Die Technik, durch Erhöhen des Anblasdrucks das Instrument in einer höheren Lage zu spielen, bezeichnet man als Überblasen. In der Praxis lassen sich Holzinstrumente nur bis zum dritten oder vierten Oberton überblasen - darüber hinaus versagen sowohl die physiologischen Möglichkeiten des menschlichen Atmungsapparates als auch die klangphysikalischen Möglichkeiten des Instrumentes.

Die Rolle der Grifflöcher

Durch Öffnen der Grifflöcher entweicht Luft seitlich aus dem Rohr. Damit wird die wirksame Rohrlänge verkürzt, die Wellenlänge der Luftsäule im Rohr wird verkürzt, der Ton wird höher. Je nach Instrument werden die Grifflöcher entweder direkt mit den Fingern oder mit Klappen bedeckt und geöffnet.

Wären die Grifflöcher genau so groß wie der Rohrdurchmesser, so würde das Rohr genau bis zum obersten offenen Griffloch verkürzt. In der Praxis macht man die Grifflöcher kleiner. Ein kleineres Griffloch weiter oben hat in Bezug auf die Tonhöhe denselben Effekt wie ein entsprechend größeres Griffloch weiter unten am Instrument.

Eine weitere Verfeinerung wird erziehlt, indem Grifflöcher nur teilweise abgedeckt oder geöffnet werden. Bei Klappeninstrumenten gibt es auch dafür speziell ausgebildete Klappen. Bei den meisten Blockflöten sind die beiden unteren Grifflöcher jeweils in zwei kleine Teil-Löcher aufgeteilt, um das teilweise Abdecken zu erleichtern.

Abgesehen von der Tonhöhe beeinflussen die Grifflöcher auch den Klang und die Abstrahlcharakteristik eines Instruments. Sie tun dies selbst in geschlossenem Zustand, weil sie Unebenheiten im Inneren des Instrumentes verursachen und damit die ideale, glatte Innenbohrung beeinträchtigen.

Die Gestaltung und Lage der Grifflöcher an den heutigen Istrumenten ist Ergebnis jahrhundertelangen Experimentierens, Intuition und praktischer Erfahrung. Trotz ausgefeilter Messmethoden und physikalischer Experimente sind die komplizierten Wechselbeziehungen zwischen der Lage der Grifflöcher und dem Klang eines Instruments immer noch in vielerlei Hinsicht unverstanden.

Literatur

Arthur H. Benade: Holzblasinstrumente, in: Die Physik der Musikinstrumente, (ISBN 3-922508-49-9), Seite 22ff.