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Wissenschaftlicher Witz

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Der wissenschaftliche Witz benutzt in der Regel Fachwissen, um unmögliche Dinge oder Situationen mit Hilfe wissenschaftlicher Fachausdrücke soweit zu verstecken, dass sie nicht auf den ersten Blick erkennbar sind. Dabei werden gerne Aspekte der Ironie und Satire aufgenommen. Die Abgrenzung zum wissenschaftlichen Betrug ist für Außenstehende nicht immer sofort erkennbar und hängt von der jeweiligen Motivation des Urhebers ab.

Beispiele

Allgemein

Es gibt die „Annals of Improbable Research“ (AIR), ein Journal, das die skurrilen Seiten der Wissenschaft behandelt und meistens einige ziemlich verrückte, aber echte wissenschaftliche Ergebnisse darstellt, und darüber hinaus auch speziell für die AIR geschriebene wissenschaftliche Satiren veröffentlicht (etwa den Bericht über ein Experiment, in dem eine Katze jeweils einhundert mal aus verschiedener Höhe fallen gelassen wurde, um zu prüfen, ob sie auf den Füßen landet). Für diese Forschungsleistungen werden außerdem jedes Jahr die Ig-Nobelpreise vergeben.

Altertumswissenschaften

Auf den Eintrag „Apopudobalia“ im ersten Band des „Neuen Pauly“ über eine antike Vorform des Fußballs fallen zumindest Studenten immer wieder herein.

Biologie und Zoologie

Das vielleicht bekannteste und ausgefeilteste Objekt dieser Art sind die Rhinogradentia, ein Running Gag der Zoologie, der auch in anderen Wissenschaften (z. B. in der Medizin) zur Erheiterung von wissenschaftlichen Kongressen Verwendung findet. Diese imaginäre Tiergruppe geht auf das Buch Bau und Leben der Rhinogradentia zurück, das von einem namhaften Zoologen unter Wahrung aller formalen Aspekte einer wissenschaftlichen Publikation geschrieben und im G. Fischer Verlag (mittlerweile Elsevier Science) veröffentlicht wurde, der für zahlreiche Standard-Lehrbücher der Biologie bekannt ist. Die Rhinogradentia sind nach mehreren Übersetzungen auch weltweit bekannt und beliebt. Fragen aus diesem Bereich der Zoologie werden international in Klausuren verwendet, aber auch, um ernsthaft biologische Zusammenhänge mit humorvollem Einschlag in der Lehre darzustellen.

Dann gibt es noch den schrägen Hangnager, ein eher als klassisch zu bezeichnendes Wesen aus dem Bereich der Biologen-Witze.

Als enzyklopädisch-wissenschaftspropädeutische Neuschöpfung gibt es im Bereich der Wikipedia die Leuchtschnabelbeutelschabe.

Altbekannt dagegen sind die Artikel über Quaderbaum und Quaderbambus aus der Naturwissenschaftlichen Rundschau von 1978 und 1979, die von vielen Lesern als wahre Meldungen empfunden wurden, weil Derartiges im deutschen wissenschaftlichen Schrifttum einfach zu selten ist - und weil sie einfach zu täuschend echt klangen:

  • W. Selhus. 1978. Der „Quaderbaum“, Quercus quadrata van Hoosten, ein sensationeller Fund. Naturwiss. Rundschau (Stuttgart) 31:139-142.
  • W. Selhus. 1979. Der „Quaderbaum“, Quercus quadrata van Hoosten, ein sensationeller Fund, Mitteilung II. Naturwiss. Rundschau (Stuttgart) 32:135-137.
  • W. Liese. 1979. Chimonobambusa quadrangularis, der Quaderbambus. Naturwiss. Rundschau (Stuttgart) 32:137-138.

Chemie

  • Dihydrogen-Monoxid
  • KKK-Regel in Römpp Chemie Lexikon (bis einschließlich 9. Auflage)
  • Die mausgraue Wasserstofflinie: eine nicht vorhandene Spektrallinie im Emissionsspektrum einer Wasserstoff-Flamme
  • Benzolring: Sehr beliebt ist das Spiel Anfänger im Labor einen "Benzolring Größe 6" holen zu lassen, meist noch mit dem Vermerk "die hängen dahinten an der Wand"

Industrie

Auch die produzierende Industrie ist nicht frei von solch merkwürdigen Produkten. Ein Beispiel dafür ist der Gardinenhobel, der bei der Abschlussinspektion neu hergestellter Gardinen dazu dient, Löcher und „Noppen“ einfach wegzuhobeln.


Literatur

Seit einiger Zeit taucht (überwiegend in Gästebüchern von Homepages) Werbung des „Bundes Deutscher Literaten“ für eine Website über den fiktiven Schriftsteller Kurt Georg Schramm auf.

Chad Kroski ist ein fiktiver Bestsellerautor, der einem Werbespot des Mobilfunkbetreibers T-Mobile entsprungen ist. Der Werbespot lief im deutschen Fernsehen erstmalig am 1. Juli 2005.

Medizin

Im Pschyrembel, einem medizinischen Nachschlagewerk, findet man Loriots Steinlaus, sogar mit einer Abbildung und auf der CD als Video.

Bei der Bundeswehr hält sich beharrlich das Gerücht, den Soldaten werde ein die Libido senkendes Mittel namens Hängolin in die Mahlzeiten gemischt; in der Schweizer Armee ist dieses Mittel als „Antibock“ bekannt.

Auch die praecorticale Subillumination ist ein medizinisches Phänomen. (Subillumination des Praecortex = Unterbelichtung, Beschränktheit)

Musikwissenschaft

In zahlreichen musikwissenschaftlichen Lexika taucht Otto Jägermeier auf, ein fiktiver Zeitgenosse Richard Strauss' und spätromantischer Komponist, besonders bekannt durch seine Forschungsarbeit auf Madagaskar und sein von madegassischen Einflüssen geprägtes Spätwerk.

Philosophie

In der Hochphase postmoderner Theorie veröffentlichte Alan Sokal 1996 in der Zeitschrift Social Text einen Aufsatz mit dem Titel „Transgressing the Boundaries: Towards a Transformative Hermeneutics of Quantum Gravity.“ Sein Anliegen war es zu zeigen, ob ein führendes Wissenschaftsmagazin einen frei erfundenen Zusammenhang publiziert, solange er eindrucksvoll klingt und konform zur ideologischen Grundlinie der Zeitschrift ist. Die folgend so genannte Sokal-Affäre führte zu hitzigen Diskussionen über die Richtigkeit der dekonstruktivistischen Infragestellung der positivistischen Naturwissenschaft.

Politik

Die Politik besitzt dafür Jakob M. Mierscheid, der im Bundestagshandbuch erwähnt ist und über den offiziellen Server des Deutschen Bundestages erreichbar ist.

Als Diplomat in geheimster Mission ist für Deutschland Edmund F. Dräcker unterwegs. Als 1982 eine Zeitung berichtete, Dräcker habe auf einer Eisscholle nahe dem antarktischen Archipel die Flagge der Bundesrepublik Deutschland gehisst, nahm das die DDR-Presse für bare Münze und sah darin einen Beleg für den imperialistischen Charakter West-Deutschlands.

Rechtswissenschaften

Im juristischen Bereich spielt Friedrich Gottlob Nagelmann eine ähnliche Rolle. Er ist inzwischen an der Universität Potsdam beheimatet und hat dort eine eigene Institutshomepage.

Technik

Kolbenrückziehfeder

Write Only Memory, eine Analogiebildung zu Read-Only-Memory (ROM). Die wichtigsten Bauteile dieses elektronischen Mistkübels sind der Drinverter und der Perverter. Daneben gibt es noch die CD-WOM, eine einmalig beschreibbare CD, die nach dem Beschreiben nicht mehr gelesen werden kann.

Sehr selten aufzutreiben sind Wireless-LAN-Kabel. Leider hat sich die führende IT-Industrie bisher auf keine europaweite Norm verständigen können. Dadurch ist es sehr erschwert, für die Installation eines eigenen WLAN-Netzwerkes die zugehörigen Verbindungskabel der elektronischen Komponenten mit passenden Steckern zu erwerben.

Perfunsator (Elektronik): Der Perfunsator ist ein ausgedachtes elektronisches Bauteil unbekannter Wirkung, mit der sich jedoch die „Beschattgrenze“ einer elektronischen Schaltung beeinflussen lässt. Ein Versagen des Perfunsators oder falsche Justage der Beschattgrenze wird von Technikern scherzhaft als Grund für das Versagen eines Schaltkreises angegeben, wenn in Wirklichkeit die Versagensursache nicht bekannt ist, die weitere Nachforschung aber nicht lohnend erscheint. Schon das Aussehen eines Perfunsators ist unbestimmt. Er ist wahlweise so klein, das er auf integrierten Schaltungen oder in Computern verbaut werden kann, findet jedoch auch im klassischen Maschinenbau Anwendung, z. B. in der Zündanlage von Dieselmotoren(!), wo er als becherförmiges Bauteil beschrieben wird.

Der Gleichriechter, die Verballhornung des Gleichrichters, ist eine Anspielung auf durchbrennende elektronische Bauelemente, was in der Entwicklung elektronischer Schaltungen oftmals auf falsche Dimensionierung zurückzuführen ist. In die gleiche Kategorie gehört der magic smoke, der für die Funktion von elektronischen Bauelementen verantwortlich ist. Bei Überlastung kann er austreten - das Bauteil kann somit nicht mehr funktionieren ('blauer Rauch').

Der Heliummonteur ist ein durch Heliumeinsatz schwebender Bauarbeiter, der dadurch auch ohne Gerüst an den unmöglichsten Stellen arbeiten kann. Analog dazu gibt es den Montagezwerg, der in der Lage ist, Schrauben auch an Stellen einzudrehen, die Maschinen oder menschlichen Monteuren unzugänglich ist.

Zumindest in Süddeutschland ist auch der Lufthaken bekannt (an der RWTH Aachen auch als Siemens-Luftanker bezeichnet), den man an Stellen eindreht oder schlägt, an denen herkömmliche Haken, auf Grund fehlender fester Materie, keinen Halt finden. Der Lufthaken ist in der Regel mit dem vorangestellten Namen einer dort ansässigen großen Elektronikfirma verbunden. Auch in der Luftfahrt wird darauf gerne zurückgegriffen ([1]).

Sogar Kuriositäten wie der „Überspannungseimer“ und die „Frequenzbiegezange“ sind zumindest im Raum Lübeck in den Elektrogewerken bekannt. Auch Mülltüten für „Spannungsabfall“ sind genannt worden.

Im Bereich der Feinmechanik wird sowohl gerne Messing verwendet, als auch sind die Bauteile in der Regel recht klein. Fallen dann solche Teile auf den Boden, ist ein Messing-Magneten ein sehr hilfreiches Werkzeug zum Wiederauffinden der Teile ... ! Interessanterweise sind die beiden Pole dieser Magneten der West- und der Ostpol, was Kompasse mit Nadeln aus diesem Material für die Navigation sehr hilfreich machte. In Zeiten von GPS und Navi-Systemen verliert der Messing-Magnet allerdings an Bedeutung.

Eine weitere Kuriosität ist die Dunkelbirne, welches das Gegenstück zur Glühbirne darstellt und das Abdunkeln von Räumen ermöglichen soll. Sie ist allerdings nicht das Leuchtmittel, welches in der Schwarzlichtlampe verwendet wird.

Eine weitere Erfindung im Bereich von Landschaftsgestaltung ist der „Böschungshobel“. Er dient dazu, ein Gelände zu nivellieren.

In der Bundeswehr (v.a. Luftwaffe) werden oftmals Rekruten zum Versorgungsoffizier geschickt um einen "Eimer Frequenzwasser" zu holen. Zur weitern Ausgestaltung wird dem Soldat befohlen dabei aus Selbstschutzgründen seine ABC Schutzausrüstung anzulegen.

Mathematik

Ähnlich wie Karl Ranseier gibt es auch in der Mathematik fiktive Personen. Beispiele dafür sind Alessandro Binomi, der Entdecker der binomischen Formeln, und Julius Eigen ein Opfer des immer wiederkehrenden Todes. Eigen ist angeblich Erfinder des Eigenwerts.

„Sei Epsilon kleiner Null“ gilt als der kürzeste Mathematikerwitz.

Treffen sich zwei Funktionen in einem abgeschlossenen Intervall, sagt die Eine zur Anderen: „Verschwinde, sonst differenziere ich Dich!“ Sagt die Andere: „Kannst Du ja versuchen - aber ich bin eine e-Funktion!“

Variation: „Verschwinde, sonst differenziere ich Dich!“ Sagt die Andere: „Kannst Du ja versuchen - aber ich bin exp(x)!" Darauf die erste: „Und ich bin d/dy!“

„Es gibt drei Arten von Mathematikern. Solche die richtig bis Drei zählen können und andere, die es nicht können.“

Physik

In der Physik ist auch die Vakuumröhren-Scheuermilch oder eine Vakuumröhren-Reinigungslösung bekannt, die im physikalischen Praktikum vom Betreuer als Reinigungsmittel für Bauteile genannt wird, die Hochvakuum ausgesetzt sind: Der Vorschlag wird unterbreitet, um eine Alternative für das beim Auftreten von virtuellen Lecks (d.h. Lecks, die durch die Desorption von an inneren Oberflächen der Bauteile haftenden Molekülen hervorgerufen werden, also keine Lecks im engeren Sinne) mühsame dauernde Pumpen der Installation aufzuzeigen. (Obwohl dies physikalisch völlig sinnlos wäre: Man würde mit dem Auswischen bzw. manuellen Reinigen der Installation die Situation nur noch schlimmer machen, weil man eher mehr Moleküle auf die Oberfläche aufträgt als entfernt, die beim Vakuum-Pumpen später dann desorbieren.)

Max Planck hat dereinst mit einem Kollegen gewettet, dass allein der Name eines Wissenschaftlers das Erscheinen einer (auch offensichtlich unsinnigen) Veröffentlichung in einem wissenschaftlichen Journal ermöglicht. Planck hat darufhin einen Artikel eingereicht, in dem in wissenschaftlichem Tenor eine fiktive Studie der durchschnittlichen Anzahl der Beine von afrikanischen Giraffen im natürlichen Habitat untersucht wurde. Das Ergebnis lag erwartungsgemäß bei vier. Die Arbeit wurde publiziert und Planck hatte die Wette gewonnen.

Wirtschaftswissenschaften

Die Wirtschaftswissenschaften sehen sich gelegentlich dem Vorwurf ausgesetzt, sämtliche Lebenslagen rein wirtschaftlich zu bewerten. So hat beispielsweise Gary Becker die Grundlagen der Preistheorie u. a. auf Kriminalität und Familienverhältnisse angewandt (siehe auch Rotten Kid Theorem). Als Satire schrieb Alan Blinder daraufhin einen Artikel über das Zähneputzen aus ökonomischer Sicht („The economics of brushing teeth“), die sogar im angesehenden Journal of Political Economy (Vol. 82) veröffentlicht wurde. Darin stellt Blinder ein mathematisches Modell vor, das sich mit der Optimierung der täglich auf das Zähneputzen verwendeten Zeit beschäftigt, ausgehend von der Annahme, dass das Einkommen einer Person eine von Arbeitszeit und Zahnhygiene abhängige Funktion ist.

Pädagogik

Die Pädagogik ist im Grunde eine sehr ernste Sache (auch Erziehungswissenschaft). Als unernster Beitrag zum Diskurs über Handeln im pädagogischen Praxisfeld Schule sind im deutschsprachigen Raum nur Lolationsstrategien bekannt, die als permissiv-opake Handlungsmuster zur Instrumentierung schülerorientierter Alltagsinszenierungen des Unterrichts dienen und von Hilbert Meyer beschreiben werden.

Autoren

Als besonders scharfsinniger Schöpfer von Witzen mit wissenschaftlichem Anspruch (und beißender wissenschaftlicher Satire) gilt der berühmte Göttinger Physiker Georg Christoph Lichtenberg (1742 - 1799).

Siehe auch: Urban Legend, Hoax, Nihilartikel, Skurrile wissenschaftliche Namen, Ausbildungsinitiationsritus