Fallschirmspringen


Fallschirmspringen bezeichnet die Gesamtheit der Aktionen von Absprung, Fall oder Freifall bis zur Landung einer Person aus einer erhöhten Position (meist aus Luftfahrzeugen) unter Benutzung eines Fallschirms. Der Fallschirm bremst den Fall dabei auf eine verträgliche Sinkgeschwindigkeit zum Zeitpunkt der Landung ab.
Für das sportliche Fallschirmspringen als Luftsportart wird auch der englische Begriff Skydiving benutzt. Zum Teil dient der Fallschirm dabei nur noch der verletzungsfreien Landung. Der sportliche Schwerpunkt liegt auf dem noch verzögerungslos ausgeführten Freifall mit Relativ- und Stilsprüngen, am geöffneten Fallschirm als verzögertem Fall auch für Kappenrelativ.
Der Fallschirmsprung dient auch der Rettung von Luftfahrzeugbesatzungen in Luftnot und stellt militärisch eine mögliche Verbringungsart der Fallschirmjägertruppe, von Spezialeinheiten der Luftlandetruppen und anderer Teilstreitkräfte wie Kampfschwimmern dar – dort entweder im automatischen Sprung oder als HAHO im Gleiteinsatz am geöffneten Gleitfallschirm.
Die Auslösung des Fallschirms kann entweder unmittelbar beim Absprung als automatischer Fallschirmsprung aus niedrigen Höhen mit Rundkappen oder in großen Höhen mit Gleitfallschirmkappen sowie zu einem späteren Zeitpunkt manuell während des Freifallsprungs erfolgen. Die Mindesthöhe für den Öffnungsvorgang liegt bei 400 m. Meist erfolgt die Öffnung bei 800 m bis 700 m Höhe. Gleitfallschirme sinken bei 100 % Vorwärtsfahrt (die mehr als 60 km/h betragen kann) mit etwa 5 m/s (18 km/h), das Auftreffen auf dem Boden (ohne die horizontale Komponente) entspricht damit etwa einem Sprung aus 1,25 m Höhe. Rundkappenfallschirme haben je nach Kappengröße und Springergewicht eine konstante Sinkgeschwindigkeit von 3,5–5 m/s.
Geschichte

Leonardo da Vinci (1452–1519) fertigte 1483 eine Zeichnung eines pyramidenförmigen Fallschirms aus Leinen und Holz an. Ein Test dieses Musters im Jahre 2000 belegte, dass dieser Fallschirm funktioniert, sanfter fliegt als moderne Fallschirme, jedoch durch sein Gewicht von 90 kg ohne Lenkung beim Aufsetzen problematisch ist.[1]
Einer weitverbreiteten modernen Sage zufolge soll der aus dem damals zur Republik Venedig (heute in Kroatien liegenden) Šibenik stammende Diplomat und Gelehrte Faust Vrančić (1551–1617) der erste Mensch gewesen sei, der erfolgreich einen Fallschirm ersann, baute und 1617 kurz vor seinem Tod im Alter von 65 Jahren persönlich erprobte. Das als Beleg angegebene und 1648 in London erschienene Werk Mathematical Magick von John Wilkins befasst sich jedoch in keiner Weise mit Fallschirmen, erwähnt Faust Vrančić nicht und auch kein Ereignis aus dem Jahre 1617. Es gibt keinerlei Beleg dafür, dass sein Fallschirm jemals getestet worden sei.[2]
Der Franzose Louis-Sébastien Lenormand sprang 1783 in Montpellier mit einem selbst konstruierten Fallschirm vom Turm des Observatoriums und landete unversehrt. Dieses Ereignis gilt als der Beginn des modernen Fallschirms und seiner eigentlichen Entwicklungsgeschichte.
Am 3. Oktober 1785 ließ Jean-Pierre Blanchard in Bornheim, einem Stadtteil von Frankfurt am Main, seinen Hund und am 23. August 1786 in Hamburg einen Hammel von einem Ballon aus mit dem Fallschirm herab.
Der Franzose André-Jacques Garnerin (1769–1823) sprang am 22. Oktober 1797 aus einem zirka 400 m hoch fliegenden, mit Wasserstoff gefüllten Ballon über Paris ab.[3] Als eine der ersten Fallschirmspringerinnen gilt die deutsche Luftakrobatin Käthe Paulus (1868–1935). Sie war zugleich auch die erste deutsche Berufsluftschifferin und die Erfinderin des zusammenlegbaren Fallschirms.
Der Frankfurter Peter Paul Erkrath, (geb. 2. Oktober 1901, gest. 25. Oktober 1957), war einer der ersten „Fallschirmpiloten“ Deutschlands. 1934 war er Rekordhalter mit 100 erfolgreichen Sprüngen. Die Sensation auf dem Flugsporttag in Pirma am 12. Juli 1932 war ein Doppel-Fallschirmabsprung mit zwei Fallschirmen aus 800 m, den Erkrath zum zweiten Mal vorführte und beinahe zu einem Unfall geführt hätte. Nachdem sich der erste Fallschirm geöffnet hatte, durchtrennte er die Leinen, ließ sich durchfallen und öffnete dann einen zweiten Fallschirm und landete mit diesen. Bei diesem Doppelsprung durchschnitt er aber auch die Öffnungsleine des zweiten Fallschirms. Es gelang ihm jedoch die Verpackung zu öffen und damit den Fallschirm auszulösen.
Manuell auszulösende Fallschirme waren bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs nur als Rettungsfallschirme für Piloten gängig. Zivile Fallschirmsprünge waren selten und dienten meist Showzwecken und wurden weniger aus sportlichen Gründen unternommen. In den aufgestellten Fallschirmjägerverbänden wurde für den manuellen Sprung nicht ausgebildet. Weitergehende Verbreitung fand Freifallspringen als Sport in Deutschland erst nach 1945.
Allgemein


Absprünge sind von festem Untergrund und aus jeglichem Luftfahrzeug heraus möglich. Häufig werden als Absetzmaschine Flugzeuge wie Pilatus Porter, Cessna 182, Antonow An-2, Cessna Caravan, Twin Otter, Dornier Do 28, Short Skyvan oder Cessna 206 Soloy (PPL-fähig) eingesetzt. Insbesondere in der Anfangszeit des sportlichen Fallschirmspringens in Deutschland kam die Dornier Do 27 häufig zum Einsatz, da sie gute Langsamflugeigenschaften hat, was beim Absetzen der Springer von Vorteil ist.
Ein Fallschirmsprung erfolgt im Allgemeinen aus 1000 bis 4500 m über Grund. Der Steigflug im Flugzeug bis in diese Höhe dauert etwa 5 bis 20 Minuten. Im freien Fall werden bei der klassischen Freifallhaltung in Bauchlage innerhalb der ersten 10 Sekunden 300 Höhenmeter überwunden, bis Körpergewicht und Luftwiderstand so gegeneinander wirken, dass die weitere Fallgeschwindigkeit etwa 180 km/h beträgt. Je nach Körperhaltung sind auch höhere Geschwindigkeiten möglich. Bei Tandemsprüngen wird kurz nach dem Absprung ein kleiner Brems- und Stabilisierungsschirm (Drogue) geöffnet, der die Geschwindigkeit nicht über 200 km/h ansteigen lässt. Bei einem Absprung aus 4000 m ist die Öffnungshöhe in etwa 40 bis 60 Sekunden erreicht.
Der Fallschirm wird in der Regel zwischen 1.500 und 700 m über Grund geöffnet. Der Entfaltungsvorgang des Fallschirms dauert zwei bis fünf Sekunden und etwa 200 Höhenmeter, der Schirm hat während des Öffnens eine Bremsbeschleunigung von bis zu etwa 20 m/s². Die anschließende Schirmfahrt dauert etwa 3 bis 5 Minuten mit einer Sinkgeschwindigkeit von etwa 5 m/s. Gesteuert wird der Flächenfallschirm durch eine rechte und eine linke Steuerleine, durch die die Kappe jeweils einseitig abgebremst wird. Durch gleichzeitiges Ziehen an beiden Steuerleinen wird das Profil der Gleitfallschirmkappe verändert, der resultierende dynamische Auftrieb verringert kurzzeitig die Sinkgeschwindigkeit (bis auf null — sogar das Steigen um einige Meter ist möglich) als auch die Vorwärtsfahrt. So kann eine stehende und sanfte Landung erreicht werden.
Bei einer Öffnungsstörung oder einem Totalversagen des Fallschirms kann die Hauptkappe durch ein Trennkissen (bei Rundkappen durch Kappentrennschlösser) abgetrennt werden und durch Betätigen einer zweiten Öffnungsvorrichtung der Reserveschirm geöffnet werden. Folgende zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen sind möglich und üblich: Die Reserve Static Line (RSL) ist eine Verbindung zwischen der Hauptkappe und der Öffnungsvorrichtung für den Reservefallschirm, die automatisch beim Trennen der Hauptkappe den Reservefallschirm öffnet. Ein Öffnungsautomat misst ständig Höhe und Fallgeschwindigkeit des Springers und öffnet automatisch die Reserve, wenn unterhalb einer definierten Höhe eine definierte Sinkgeschwindigkeit überschritten wird.
Ausbildung und Lizenz

Fallschirmspringen ist in Deutschland nur mit einer gültigen Lizenz oder in der Ausbildung erlaubt. Voraussetzung für die Ausbildung sind eine Tauglichkeitsbescheinigung vom Hausarzt, der Nachweis eines Erste-Hilfe-Kurses und ein Mindestalter von 14 Jahren (eine Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten vorausgesetzt).
Während der Ausbildung darf der Schüler nur unter Aufsicht eines geprüften Ausbilders springen. Das schließt unter anderem einen Ausrüstungscheck vor dem Besteigen des Flugzeuges ein. In Deutschland sind als Ausbildungsmethode die konventionelle Fallschirmausbildung und die AFF-Methode zugelassen. Während der Ausbildung führt der Schüler bei beiden Methoden Sprünge durch, bei denen er Aufgaben zu lösen hat (Springen mit Sprungauftrag). Das können ein besonderer Exit (Verlassen des Flugzeuges), Drehungen im Freifall und eine Ziellandung sein. Während der Ausbildung ist das Tragen eines Hartschalenhelms und ein automatisches Öffnungsgerät für den Fallschirm Pflicht.
Zum Erhalt der Lizenz muss ein Schüler in Deutschland eine theoretische Prüfung ablegen (Multiple Choice) und zwei Prüfungssprünge aus 1.200 m und mindestens 3.000 m absolvieren. Der Schüler muss bis dahin mindestens 23 Sprünge vorweisen können und mindestens 16 Jahre alt sein.[4] In Österreich müssen mindestens 28 Sprünge nachgewiesen werden, damit er einen Prüfungssprung und die schriftliche Prüfung ablegen kann.[5] In anderen Ländern kann es daher je nach den dortigen Luftfahrtgesetzen weitere Abweichungen geben.
Die einmal erworbene Lizenz ist unbeschränkt gültig. Regelmäßige medizinische Kontrolluntersuchungen sind nicht vorgeschrieben. Es sind mindestens zwölf Sprünge in den letzten zwölf Monaten nachzuweisen. Sollte diese Sprungzahl nicht erreicht werden, kann die Lizenz durch Überprüfungssprünge jederzeit wieder reaktiviert werden. Somit kann eine Fallschirmsprunglizenz in Deutschland nicht verfallen.
Als Trockenübung wird das Bodyflying in einem vertikalen Windkanal (Rundturm mit starkem Motor und horizontalem Propeller oder starkem Luftgebläse) durchgeführt.
Sicherheitsausrüstung

Öffnungsautomat
Siehe Hauptartikel: Öffnungsautomat
Der Öffnungsautomat misst die Höhe und Fallgeschwindigkeit des Springers und öffnet automatisch den Reservefallschirm, wenn unter einer definierten Höhe (meistens 225 m über Grund) eine definierte Sinkgeschwindigkeit überschritten wird. Frühe Öffnungsautomaten waren rein mechanische Bauteile, während heutzutage vorwiegend elektronische Varianten verwendet werden. Diese Geräte sind sehr zuverlässig und gehören mittlerweile zur Grundausstattung eines Fallschirmsystems. Teilweise sind sie auch für verschiedene Springergruppen und auf vielen Sprungplätzen vorgeschrieben.
Reservefallschirm
Siehe Hauptartikel: Fallschirm#Reservefallschirm
RSL
Die RSL (Reserve Static Line), auch Stevens Lanyard genannt, verbindet einen Haupttragegurt des Hauptschirms mit der Öffnungsleine des Reservefallschirmcontainers. Beim Abtrennen des Hauptschirms zieht der wegfliegende Hauptschirm den Verschluss-Pin des Reservecontainers, wodurch der unter dem Druck einer eingebauten Feder stehende Reservehilfsschirm herausspringt und den Reservefallschirm öffnet. Die RSL verkürzt die Zeitspanne bis zur vollen Funktionsfähigkeit des Reserveschirms wesentlich.
Höhenmesser

Beim Fallschirmspringen wird mit einem Höhenmesser am Handrücken oder an der Brust die Sprung- und Öffnungshöhe gemessen. Höhenmesser haben in der Regel eine Skala bis 4000 m (eine volle Umdrehung) oder 12000 Fuß, seltener finden sich auch Skalen bis 6000 m. Das Kreissegment von 0 bis 800 m ist meistens rot, von 800 bis 1000 gelb markiert. Vor dem Start wird der Höhenmesser manuell auf Platzhöhe eingestellt. Bei einer Außenlandung oder einem Absprung über einem Fremdplatz wird der Höhenmesser auf diesen eingestellt. Die Höhe über NN kann den Flugkarten entnommen werden. Barometrische Abweichungen werden zumeist vernachlässigt.
Höhenmesser am Handrücken werden für den Freifall und Relativ benutzt, an der Brust für Zielspringen und Außenlandungen, da sich die Hände an den Steuerleinen befinden und der Boden beobachtet wird. In speziellen Disziplinen des Fallschirmspringens, wie beispielsweise der Freefly-Version, werden auch Höhenmesser eingesetzt, die seitlich an den Brustgurten mit der Skala nach oben angebracht sind. Dadurch ist es möglich, insbesondere im freien Fall die Arme uneingeschränkt zum Steuern zu benutzen, ohne die Armhaltung durch den Blick auf einen am Handrücken angebrachten Höhenmesser verändern zu müssen. Für Wettbewerbe, die eine exakte Höhenmessung erfordern, wie beispielsweise beim Swoopen, kommen vermehrt elektronische Höhenmesser zum Einsatz, die das Einstellen von ein oder mehreren akustischen und optischen Alarmeinstellungen zulassen. Bei Wasserlandungen entfallen der Höhenmesser und akustische Höhenwarner, da eindringendes Wasser sie beschädigen würde.
Schutzhelm
Fallschirmspringer, die sich beim Freifall nahe kommen, können eine hohe Relativgeschwindigkeit zueinander entwickeln. Das kann besonders bei Gruppensprüngen zu schweren Kopfverletzungen führen. Für Sprungschüler sind daher Hartschalenhelme vorgeschrieben. Da die Helme die Bewegungsfreiheit einschränken, ziehen viele lizenzierte Springer Lederkappen vor.
Der Kopfschutz dient auch dazu, bei harten Landungen den Kopf zu schützen. Lederkappen haben hier eine geringere Schutzwirkung als Hartschalenhelme, sind aber bequemer zu tragen. Zudem kann der Helm bei Gefahrensituationen im Absetzflugzeug von Nutzen sein, etwa bei Turbulenzen oder einer Notlandung, insbesondere da die Springer in Absetzmaschinen nicht angegurtet sind.
Bei Freifallformationen bzw. relative Work (Relative Work) werden oft Integralhelme mit Vollvisier getragen. Sie reduzieren das Windgeräusch im Freifall, haben ein weites Sichtfeld, sind meistens beschlagfrei und bieten Platz für optische und akustische Höhenwarner.
Risiken
Abgesehen von möglichen Problemen mit dem Absetzgefährt und im freien Fall ergeben sich die meisten Risiken bei der Schirmöffnung und bei der Landung. Fallschirmspringen als Sportart gilt nach der Statistik als sehr sicher.
Fehlöffnungen
Fehlöffnungen können unter bestimmten Umständen beseitigt werden. Andernfalls sind Notfallmaßnahmen einzuleiten (Abtrennen des Hauptschirms und Öffnen des Reserveschirms). Die häufigsten Ursachen für Fehlöffnungen sind Packfehler und Fehlverhalten während des Öffnungsvorgangs, selten Materialfehler. [6]
- Vollständiges Blockieren der Schirmöffnung
- Nach dem Betätigen der Öffnungsvorrichtung öffnet die äußere Verpackung nicht. Dies kann vorkommen, wenn der Hilfsschirm/Handdeploy Öffnungsgriff ins Lee gerät (Windschatten am Rücken), die Hilfsleine nicht sauber verlegt wurde oder der Haltestift der Öffnungsklappen verkehrt gesteckt ist. Ein oder mehrere Schläge mit dem Ellbogen gegen den Fallschirm-Container können die Blockierung möglicherweise lösen.
- Baglock
- Der Hauptschirm wurde zwar durch das Handdeploy herausgezogen und die Leinen sind gestreckt, aber der Schirm öffnet sich durch zu große Fangleinenaugen in den letzten Packgummis nicht, da er noch in seiner Tasche (Pod) feststeckt. Dies ist u. U. durch ruckartiges Ziehen an den Tragegurten behebbar. Ursache: zu starke Packgummis, zu kleiner Pod für zu große Kappe, meist durch nachträgliche Nach- oder Umrüstung.
- Fahne/Fackel
- Der Haupschirm öffnet sich nicht, nur teilweise, ist gerissen oder Fangleinen verhindern eine Entfaltung der Fallschirmkappe nach falschem Packen. Abtrennen der Hauptkappe mit Öffnen des Reserveschirms ist notwendig.
- Hufeisen
- Der Hauptschirm verhängt sich noch vor Betätigen des Öffnungssystems oder während dessen mit dem oberen Ende mit dem Hilfsschirm am Springer. Der Schirm kann sich nicht aus der inneren Verpackung entfalten. Vor dem Öffnen der Reserve sollte versucht werden, den Schirm nachträglich zu öffnen. Ursache ist meist eine unstabile Absprunghaltung, früher auch beschädigte oder ungenügend gepackte äußere Verpackung.
- Leinenüberwurf
- Eine oder mehrere Leinen haben sich im Öffnungsvorgang über den Schirm gelegt und blockieren dessen symmetrische Entfaltung und damit die Steuer- und Bremsfähigkeit. Während in manchen Fällen ein Durchschneiden der betroffenen Leine(n) Abhilfe schaffen kann, ist meistens ein Abtrennen des Schirms und das Öffnen der Reserve empfehlenswert. Ursache: unstabile Absprunghaltung.
- Leinenriss
- Durch Reißen einer oder mehrerer Leinen sind die Symmetrie und die Flugfähigkeit des Schirms beeinträchtigt. Bei maximal zwei gerissenen Leinen kann der Hauptschirm aber meist noch sicher gelandet werden. Ursache ist eine Materialermüdung oder harte Öffnung.
- Biplane
- Zusätzlich zum Hauptschirm hat sich auch der Reserveschirm geöffnet (z. B. durch eine automatische Reserveaktivierung bei zu tiefer Schirmöffnung). Stehen beide Schirme voreinander, kann diese Variation durch vorsichtiges Steuern mit dem hinteren Schirm sicher geflogen und gelandet werden. Stehen die beiden Schirme nebeneinander („side by side“) oder klappt ein Schirm unter den Springer („down turn“, was zu einem senkrechten Sinken mit schneller Drehung und ohne Bremsmöglichkeit führt), muss der Hauptschirm abgetrennt werden.
- Leinenverdrehung
- Die Fangleinen verdrehen sich während der Öffnung ineinander, bei voll geöffnetem Schirm. Bei ausreichender Höhe kann dies durch Rotation des Springers gegen die Eindrehrichtung behoben werden.
- Festhängender Slider
- Der Slider bleibt im oberen Leinenbereich hängen, wodurch sich der Schirm nicht voll entfalten kann. Durch Ziehen an den hinteren Trageleinen kann der Slider in der Regel gelöst werden.
- Hauptkappenriss
- Riss einer oder mehrere Kammern des Gleitfallschirms mit dadurch verursachter unvollständiger Trageigenschaft und schneller einseitiger Drehung. Sofortige Kappentrennung und Ziehen des Reserveschirms. Ursache ist meist mürber Stoff an Knickstellen durch lange Lagerung bei älteren Kappen.
- Verhängtes Handdeploy
- durch unstabile Absprunghaltung oder Absprung vorwärts bei sofortiger Öffnung aus niedriger Absprunghöhe mit downwash bei einem Hubschrauber als Absetzluftfahrzeug kann sich die Handdeployleine um den Unterarm legen und zu einem Öffnungsversagen führen. Die Störungsbeseitigung erfolgt manuell. Vermeidung einer Absprunghaltung vorwärts entgegen Flugrichtung, und durch Drehen Absprung mit der Flugrichtung bei niedriger Absetzhöhe und sofortige Öffnung.
Störungen bei der Landung
- Hindernislandung
- Durch widrige Wetterbedingungen (z. B. Windböen) oder Steuerfehler kann es im Landevorgang zur Kollision mit Hindernissen (z. B. Bäume, Hausdächer, Masten usw.) kommen.
- Bremsfehler
- Wird der Schirm im Landeanflug zunächst zu hoch abgebremst, kippt er beim Lösen der Bremse leicht nach vorne und nimmt erneut Geschwindigkeit auf. Dabei kann es zu einer Erhöhung der Sinkgeschwindigkeit kommen, die bei zu geringem Abstand zum Boden nicht mehr korrigiert werden kann.
- Drehungen in Bodennähe
- Bei Drehungen in Bodennähe (z. B. beim Swooping) kann es zu Fehleinschätzungen der Höhe kommen, wodurch die Abwärtsspirale der Drehung vor Bodenkontakt nicht mehr rechtzeitig beendet werden kann.
- Downwash / Lee
- Abwinde oder Böen in Bodennähe können den Landeanflug in nicht mehr korrigierbarem Ausmaß beeinflussen.
- Die im Windschatten (Lee) auftretenden Wirbel können zu unerwünscht hohen Sinkraten bei der Landung führen: "Im Lee tut's weh". Abhilfe: Vermeiden, oder Landefall
- Mit-Wind-Landung
- "Schaust Du dem Windsack in das Maul, dann ist was faul", Ursache: Wind beim Briefing falsch herum angesetzt, damit falsche Landerichtung, nicht beachteter Windsack im Landeanflug. Abhilfe: Landefall
Sprungablauf
- Gurtzeug (inkl. Ausrüstung) prüfen und anlegen
- Flugzeug in umgekehrter Sprungreihenfolge besteigen (wingsuits, Tandem, AFF, Solo höher öffnend, Freeflyer, RW – bei Anflug gegen den Wind)
- Aufstieg auf Sprunghöhe und letzter Check
- Türöffnung und Ausstieg (mind. 5 s Abstand)
- Bei Erreichen der Öffnungshöhe (1000 bis 1200 m) stabile Position, Ausgleichsbewegung und Handdeploy ziehen
- Nach 3 s Kappencheck
- Symmetrie (sieht der Schirm gleichmäßig aus?)
- Alle Kammern mit Luft gefüllt?
- Leinen frei und Slider unten
- Keine Beschädigungen
- Ab 300 m wird die Landung eingeleitet
- Die Landung sollte gegen den Wind erfolgen, ab 2 m mit halber, dann mit voller Bremse ausgeführt werden.
Disziplinen



Das Fallschirmspringen untergliedert sich in verschiedene Disziplinen.
- Klassische Disziplinen:
- Zielspringen – Der Springer versucht, bei der Landung einen vorgegebenen Zielpunkt präzise zu treffen und eine elektronische Zielscheibe die in Zentimeter die Abweichung vom Nullpunkt misst.
- Stilspringen – auch Figurenspringen genannt. Der Springer absolviert im freien Fall vorher festgelegte linke und rechte Drehungen (horizontal) und Salti vorwärts und rückwärts (vertikal) in möglichst sauberer Ausführung und Ausrichtung.[7] Diese Disziplin ist inzwischen durch das breiter gefächerte Freestyle-Springen weitgehend verdrängt worden.
- Freifallformation/RW (Relative Work) – Der Springer fällt bäuchlings und bildet mit anderen Springern im freien Fall Figuren, die zwei bis mehrere Hundert Springer groß sein können. Die gängigsten Varianten bei Wettbewerben sind Vierer- und Achter-Formationen, die in einer vorgegebenen Zeit möglichst viele vorher festgelegte Figuren absolvieren müssen.
- Kappenformation/CF (Canopy-Formation)/CRW (Canopy-relative-Work) – Nach dem Absprung wird sofort der Fallschirm geöffnet und die Springer bilden Formationen am geöffneten Schirm.
- Freeflying – Der Springer fällt im Sitzen (Sitfly) oder auf dem Kopf (Headdown).
- Skysurfing – Entwickelt etwa ab Anfang der 1990er-Jahre, erfolgten Fallschirmsprünge mit einem an den Füßen befestigten „Surfbrett“. Nach etwa 10 Jahren begann der Niedergang dieser Disziplin, sie ist mittlerweile nur noch eine Randerscheinung.
- Wingsuit – Fliegen mit einem Flügelanzug aus Stoff der die Arme und Beine mit Flügeln verbindet. Ähnlich einem Gleithörnchen. Es gibt die Disziplinen: Formationen, Acrobatics, Glide, Time und Proximity Flying. [8]
- Base-Jumping bzw. BASE-Jumping – BASE steht für ‚Buildings, Antennas, Spans and Earth‘ und ist eine Bezeichnung für Sprünge von festem Untergrund wie von Brücken, Hochhäusern, Antennenmasten oder Felsen. Aufgrund des extremen Risikos sind BASE-Sprünge nur an wenigen Orten auf der Welt dauerhaft erlaubt, zusätzlich gibt es Einzelgenehmigungen für besondere Veranstaltungen.
- Canopy-Piloting/Swooping – Disziplin, bei der am Schirm kurz vor der Landung hohe Geschwindigkeiten knapp über dem Boden (meistens über einem Wassergraben) geflogen werden. Ziel ist es, das Steigen des Schirmes, das sich durch den erhöhten Auftrieb beim Bremsen entwickelt, so lange wie möglich in waagrechte Vorwärtsfahrt umzusetzen. Disziplin mit hohem Risiko, da auf Bodenhöhe mit voller Vorwärtsfahrt geflogen wird und zuvor, um den Effekt noch zu erhöhen, eine sehr hohe Anfangsgeschwindigkeit aufgebaut wird, beispielsweise durch eine 180°-Drehung knapp über dem Boden (Hook Turn).
- Para-Ski – Eine Wintersportkombination aus Zielspringen in alpinem Gelände und Riesentorlauf, die ihren Ursprung in der Bergrettung hat.
- Hit ’n’ Rock – Eine Disziplin, die das traditionelle Zielspringen mit einem akrobatisch-komischen Element verbindet. Es geht darum, möglichst nah an einer Zielscheibe zu landen, sich der Fallschirmausrüstung zu entledigen und dann in einem 12 m (40 Fuß) von der Zielscheibe entfernten Schaukelstuhl Platz zu nehmen. Die Zeit wird von der ersten Bodenberührung bis zum Hinsetzen gemessen. Hit ’n’ Rock ist eine beliebte Disziplin bei POPS-Treffen (Parachutists Over Phorty Society).
- Speedskydiving – Ziel ist es, im freien Fall eine möglichst hohe Geschwindigkeit zu erreichen.
- Wassersprünge zu Demonstrationszwecken meist bei öffentlichen Veranstaltungen wie Hamburger Hafengeburtstag, Stauseefest Ederstausee u.a.
- HAHO high altitude high opening – Eine aus dem Militär stammendes Verbringungsverfahren, bei der aus großer Höhe (bis 10.000 m) mit Sauerstoffmaske gesprungen wird. Der Fallschirm wird nach kurzem Freifall, heute auch nach automatischem Öffnen mit Reissleine im automatic opening high altitude, in großer Höhe geöffnet, um dann im Gleiteinsatz eine möglichst große Strecke mit Wind bis zu einem geplanten Landegebiet zurückzulegen.[9]
- HALO high altitude low opening – Eine aus dem Militär stammendes Verbringungsverfahren besonders mit Rundkappen-Hochleistungsfallschirmen, das vor dem HAHO benutzt wurde, bei der aus großer Höhe (über 4.000 m) mit Sauerstoffmaske gesprungen wurde. Der Fallschirm wird nach dem Freifall in geringer Höhe (unter 1000 m) über dem Landegebiet geöffnet. Zwecke des HAHO und des HALO waren die Absetzmaschine aus dem Feuerbereich der Flugabwehr zu halten und die Absetzmaschine nicht zu gefährden.
Abgesehen von den Disziplinen „Zielspringen“, „Swooping“ und „Kappenformation“ liegt der Schwerpunkt beim Skydiving auf dem freien Fall, nicht auf der Fahrt am geöffneten Schirm.
Rekorde
Sprunghöhe und -dauer
- Höchster Absprung: Joseph Kittinger, 31.332 m[10], 16. August 1960, New Mexico (USA)
- Längster freier Fall (Dauer): dto., 4'36"[11]
- Längster freier Fall (Strecke): Jewgeni Andrejew, 25.500 m[10], 1. November 1962, bei Wolsk (UdSSR)
Formationen
- größte Freifallformation, international: 400 Springer[12], gesprungen in Udon Thani, Thailand am 8. Februar 2006
- größte Freifallformation nur Frauen, international: 181 Springerinnen[13], gesprungen in Perris, USA am 27. Oktober 2009
- größte Freifallformation nur deutsche Teilnehmer: 200 Springer[14], gesprungen in Eloy, USA am 14. November 2008
- größte Freifallformation nur Frauen, Deutschland: 84 Springerinnen[15], gesprungen in Eisenach am 16. September 2011
- größte Formation am geöffneten Fallschirm, international: 100 Springer[16], geflogen in Lake Wales, Florida, USA am 21. November 2007
Sprungzahl
- Gesamt: Don Kellner, über 40.000 Sprünge[17]
- Frauen: Cheryl Stearns, über 17.000 Sprünge[18]
- Innerhalb von 24 Stunden, Männer: Jay Stokes, 640 Sprünge, 8. September 2006[19]
- Innerhalb von 24 Stunden, Frauen: Cheryl Stearns, 352 Sprünge, 8.–9. November 1995
Alter
- Ältester Fallschirmspringer: Frank Moody, 102 Jahre
Psychologische Betrachtungen
Der Reiz des Fallschirmspringens erwächst aus einem zwiespältigen Erleben: Einerseits ist Fallen grundsätzlich etwas Angstauslösendes, andererseits wird es von Fallschirmsportlern bewusst gesucht und als lustvoll und lohnend erlebt. Der Unterschied liegt in der Art und Weise des Fallens: Wer ungewollt, aus Ungeschicklichkeit oder Nachlässigkeit fällt, erlebt dies als negatives Ereignis. Wer aber das Fallen aktiv zu beherrschen, zu steuern und zu gestalten vermag, verbindet dies mit positiven Gefühlen. Der Fallschirmspringer strebt nach dem kontrollierten Fall, nicht nach dem Absturz. Dieses spannungsgeladene Erleben zeigt sich besonders intensiv in Extremformen des Sports wie dem Basejumping, dem Wasserfallspringen (Sprung im freien Fall über herabstürzende Wassermassen) oder dem Höhlenspringen (Sprung im freien Fall in eine oben offene Erdhöhle), aber auch in der Befindlichkeit von Sprungschülern.
G. Semler[20], Fallschirmspringer und Psychologe, sieht den Reiz des Fallschirmspringens in der Überwindung der Angst und im Angst-Lust-Erlebnis, das die erfolgreiche Abwicklung des Sprungs begleitet. S. A. Warwitz[21], Wagnisforscher, spricht von der „Kultivierung eines Traumas“. Bei seinen empirischen Recherchen über die ganze Bandbreite des Fallschirmsports kommt er auf neun verschiedene Erklärungsmodelle.[22] Als wesentliche Motive nennt er:
- das Erleben von Hochgefühlen wie Glück, Stolz und Selbstbewusstsein beim Beherrschen des freien Falls,
- die Erfahrung von Freiheit und Souveränität über Körper und Raum,
- die Lust an der Gestaltung von Bewegung im freien Raum,
- die Sinnverwirklichung und Selbstfindung bei der Bewältigung einer schwierigen selbst gestellten Aufgabe, auch im Verbund mit Gleichgesinnten.
Obwohl es sich beim Fallschirmspringen um eine Bewegung in der Vertikalen, also um ein Fallen, handelt, wird sie von den Sportlern wegen der ungehemmten Bewegungsmöglichkeiten im Luftraum auch als Fliegen erlebt.
Mythen und Irrtümer
Falsche Ansichten über das Fallschirmspringen werden insbesondere durch Spielfilme und Medienberichte verbreitet, die die Sportart dramatischer oder „verrückter“ darstellen wollen, als sie in Wirklichkeit ist. Dabei werden auch häufig physikalische Gegebenheiten außer Acht gelassen. Hier eine Richtigstellung der häufigsten Irrtümer:
- Ein Fallschirmspringer wird durch das Öffnen des Schirms nicht wieder nach oben gezogen. Filmaufnahmen, die solch einen Eindruck erwecken, entstehen dadurch, dass der gefilmte Springer durch die Schirmöffnung stark abgebremst wird, während der Kameramann mit gleich bleibender Geschwindigkeit weiter fällt. (Öffnet der Kameramann seinen Fallschirm zuerst, sieht es umgekehrt so aus, als ob der Fall des gefilmten Springers plötzlich stark beschleunigt wird.)
- Eine akustische Verständigung im freien Fall ist nur unter besonderen Umständen möglich. Bei einer Freifallgeschwindigkeit von etwa 200 km/h ist das Windgeräusch normalerweise so laut, dass alles andere übertönt wird. Für eine Verständigung müsste daher entweder ein Springer dem anderen aus nächster Nähe ins Ohr schreien, oder beide müssten geschlossene Helme mit Funkverbindung benutzen.
- Nur wenige Naturtalente können bereits bei den ersten Fallschirmsprüngen ihres Lebens sofort eine saubere und stabile Freifallhaltung einnehmen, ohne auf fremde Hilfe (zum Beispiel mitspringende Ausbilder) angewiesen zu sein. Aber selbst für solche Ausnahmeathleten sind Freifallformationen, Freeflying usw. erst nach entsprechendem Training möglich.
- Bei einer üblichen Absprunghöhe von 4.000 m über Grund dauert der freie Fall etwas mehr als 60 Sekunden. Filmszenen, bei denen die Freifalldauer mehrere Minuten beträgt, sind aus Aufnahmen mehrerer Sprünge zusammengeschnitten. Unter realen Bedingungen wäre ein mehrminütiger freier Fall nur aus einer so großen Absprunghöhe möglich, dass die Springer einen aufwändigen Kälteschutz und eine eigene Sauerstoffversorgung benötigen würden.
- Es ist zwar möglich, einer aus einem Flugzeug gefallenen Person innerhalb einiger Sekunden nachzuspringen und sie (bei ausreichender Höhe bzw. Zeit) im freien Fall einzuholen. Die anschließend während der Schirmöffnung auftretenden Kräfte und Belastungen wären jedoch für ein Festhalten mit reiner Muskelkraft zu groß. Falls im freien Fall keine mechanische Verbindung zum Schirmgurtzeug hergestellt werden kann, würde diese Person beim Öffnen des Schirms mit hoher Wahrscheinlichkeit losgerissen.
- Im modernen Fallschirmsport sind Todesfälle durch einen sich nicht öffnenden Fallschirm zur Ausnahme geworden. Die häufigsten Ursachen für tödliche Verletzungen sind Unfälle nach der Schirmöffnung, wie etwa Kollisionen, Drehungen am Schirm zu dicht über dem Boden und Lenk- bzw. Bremsfehler bei der Landung.
Deutschland
Zahlen
Deutschland | 1995 bis 2009 | 2008 | 2009 | |
---|---|---|---|---|
Jahres- Minimum |
Jahres- Maximum | |||
Fallschirmsprünge | 226.000 | 311.000 | 289.000 | |
Tandemsprünge | 16.000 | 31.500 | 31.500 | |
Reserveaktivierungen | 245 | 310 | 260 | |
meldepflichtige Unfälle | 47 | 112 | 77 | 85 |
schwere Unfälle | 2 | 5 | 4 | 2 |
tödliche Unfälle | 2 | 10 | 10 | 4 |
Sprung-Lizenzen | 14.051 | 14.580 | ||
neue Sprung-Lizenzen | 460 | 460 | ||
gültige Lehrer-Lizenzen | 849 | 838 | ||
AFF-Lehrer-Lizenzen | 219 | 225 | ||
Tandem-Lizenzen | 531 | 544 |
In den Jahren 1995 bis 2009 wurden jährlich zwischen 226.000 und 311.000 Fallschirmsprünge in Deutschland absolviert. Zwischen 16.000 und 31.500 Tandemsprünge werden jährlich durchgeführt. Der Reserveschirm wurde jedes Jahr in 245 bis 310 Fällen aktiviert. Beim Fallschirmspringen ereigneten sich jedes Jahr zwischen 47 und 112 meldepflichtige Unfälle, wovon in jedem Jahr zwischen 2 und 10 tödlich ausgingen. Im Jahr 2008 gab es in Deutschland 849 gültige Fallschirmsprung-Lehrer-Lizenzen, 531 Tandemsprung-Lizenzen und 219 AFF-Lehr-Lizenzen. Springerlizenzen wurden in Deutschland bis Ende 2009 insgesamt 14.580 ausgestellt, davon sind 9.056 unbefristet. Es wurden im Jahr 2008 460 Lizenzen, im Jahr 2009 462 Lizenzen erstmalig erworben.[23][24][25]
Der Deutsche Fallschirmsportverband berichtet in seinen Kurzberichten für das Jahr 2008 von zehn tödlichen und vier schweren Unfällen, für das Jahr 2009 von vier tödlichen und zwei schweren, für das Jahr 2010 von vier tödlichen und fünf schweren Unfällen.[26]
Sprungplätze in Deutschland
Auf einer Deutschlandkarte sind beim Deutschen Fallschirmsportverband alle Sprungplätze in Deutschland verzeichent [1]
Rechtliches
Nach Luftverkehrsgesetz sind Fallschirme nicht-verkehrszulassungspflichtige Luftfahrzeuge. Fallschirme sind Luftsportgeräte. Für die Ausübung des Fallschirmsports ist ein Luftfahrerschein erforderlich. Voraussetzungen der Erlaubnis für Fallschirmspringer bestimmen sich aus der Verordnung über Luftfahrtpersonal (LuftPersV). Die Lizenzen vergibt der Deutsche Fallschirmsportverband, der hierzu vom Bundesverkehrsminister beauftragt ist. Das Mindestalter für den Beginn der Ausbildung zum Erlangen der Erlaubnis für Fallschirmspringer beträgt 14 Jahre, für die Lizenzerteilung beträgt das Mindestalter 16 Jahre. Eine Lizenz für Fallschirmspringer wird seit 2004 unbefristet erteilt.[27]
Für Fallsprünge innerhalb des kontrollierten Luftraums ist eine Flugverkehrskontrollfreigabe der zuständigen Flugverkehrskontrollstelle vom Führer des Absetzfahrzeugs einzuholen (Luftverkehrs-Ordnung §16a Absatz 1 und 2, jeweils Satz 1, Punkt 1). Für einen Fallschirmsprung außerhalb eines genehmigten Flugplatzes ist neben der Flugverkehrskontrollfreigabe eine Außenlandeerlaubnis des beauftragten Verbandes erforderlich. Ungenehmigte Außenlandungen sind Straftaten.[27] Die Absetzfreigabe wird mit der Sprechgruppe Dropping Approved („Absetzen genehmigt“) erteilt. Der Pilot meldet das Absetzen des letzten Fallschirmspringers mit Last Jumper Out („letzter Springer abgesetzt“). Vom Erteilen der Erlaubnis bis drei Minuten, nachdem der letzte Springer das Flugzeug verlassen hat, werden vom kontrollierten Flugverkehr Sicherheitsabstände zur Sprungzone eingehalten, der unkontrollierte Flugverkehr erhält Navigationswarnungen (NOTAM).[28]
Der Fallschirmspringer hat einen Nachweis einer Halter-Haftpflicht (Haftplichtsumme 1,5 Mio. Euro), eine gültige Lizenz als Fallschirmspringer, einen Lufttüchtigkeitsnachweis, einen Reserve-Packnachweis und sein Sprungbuch mitzuführen. In das Sprungbuch sind alle Sprünge mit Datum, Sprungort, Sprunghöhe, Sprungart und Kennzeichen des absetzenden Flugzeuges einzutragen. Im Fallschirmsport gilt rechts vor links, auf Konfrontationskurs weichen beide Fallschirmspringer nach rechts aus, der untere Fallschirmspringer hat Vorrecht vor dem oberen.[27]
Wenn bei einem Fallsprung eine Person schwer verletzt wurde, schwerer Sachschaden am Luftfahrzeug oder ein Drittschaden von mehr als 500 Euro entstand, ist dies vom Halter dem Deutschen Fallschirmsportverband zu melden.[27]
Für Fallschirmsprung-Schüler darf die Windgeschwindigkeit 8 m/s nicht übersteigen.
International
Die United States Parachute Association berichtet für 1983 bis 1993 jährlich durchschnittlich 29 tödliche Unfälle, für 1994 30, für 1995 27, 1997 31, 1998 47, 1999 25, 2000 32, 2001 35.[29] 2010 gab es 21 tödliche Unfälle (USPA, bei ca. 3 Mio. Sprüngen).
Siehe auch
Literatur
- U. Beckmann: Fallschirmsport in Wort und Bild. Verlag Toeche-Mittler, Darmstadt 1974.
- W. Buss und K. Pietzsch: Die Fallschirmentwicklung in Deutschland 1934–1945. DFVLR, Braunschweig 1982.
- W. D. Brown: Parachutes. Sir Isaac Pitman & Sons Ltd., London 1951.
- W. Gericke: Das Fallschirmspringen. Tilia Verlag, Wiesbaden 1962.
- Klaus Heller: Fallschirmspringen für Anfänger und Fortgeschrittene. Nymphenburger, München 1981–2008, ISBN 3-485-01636-5.
- G. Semler: Die Lust an der Angst. München 1994.
- H. Steiner: Der Fallschirm. Verlag Richard Karl Schmidt & Co, Berlin 1931.
- S. A. Warwitz: Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen. Baltmannsweiler 2001, ISBN 3-89676-358-X.
Weblinks
Verbände und Behörden
- Deutscher Aero Club e. V., www.daec.de (DAeC)
- Deutscher Fallschirmsportverband e. V., www.fallschirmsportverband.de (DFV)
- Verband unabhängiger Prüfer von Luftsportgerät e. V., www.prueferverband.de
- Österreichischer Aero Club, www.aeroclub.at (ÖAeC)
- Schweizerischer Fallschirm-Verband Swiss Skydive, www.swissskydive.org
- United States Parachute Association (USPA), www.uspa.org
- Verein Deutscher Objektspringer e. V., www.base-jump.de (VDO)
- Europäischer Militär-Fallschirmsprungverband e. V.,www.european-paratrooper.de
Allgemeine Informationen
- Deutsche Online-Community für Fallschirmspringer, www.mySkydive.de
- Geschichtliches zum Fallschirmspringen, www.braunix.de
- Internationales Netzwerk für Fallschirmspringer, www.dropzone.com
- Informationen zur Ausbildung in Deutschland, fallschirmsportclub-braunschweig.de
Einzelnachweise
- ↑ Dropzone.com: Adrian Nicholas Proves Da Vinci Chute Works, www.dropzone.com, 9. Juli 2000 (englisch)
- ↑ aero.com
- ↑ André Jacques Garnerin ('Spartacus Educational'): History of Aviation (englisch)
- ↑ Ausbildung in Deutschland, Deutscher Fallschirmsportverband e.V.
- ↑ Ausbildung in Österreich, Fallschirmspringerclub Skydive Tirol
- ↑ Klaus Heller Fallschirmspringen für Anfänger und Fortgeschrittene Nymphenburger in der F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH; Auflage: 7., veränd. Aufl., 2008
- ↑ Fallschirmspringen - Sportliche Disziplinen, DAeC Landesverband Nordrhein Westfalen e.V.
- ↑ Das Wingsuitfliegen bietet folgende Disziplinen, ..., Bad Birds Schweighofen
- ↑ http://www.danmil.de/Absetzsysteme.html toter Link
- ↑ a b High Altitude World Record Jumps, ParachuteHistory.com (englisch)
- ↑ U.S. Centennial of Flight Commission - Joseph Kittinger
- ↑ WE DID IT!!! – World Team Thailand '06
- ↑ Woman’s World Record Final Release (englisch)
- ↑ Neuer Deutscher Rekord: 200 Springer in größter Freifallformation, ka-news.de
- ↑ DFV: Fallschirmspringerinnen knacken deutschen Rekord
- ↑ Rekorde International – canopy-formation.de
- ↑ Vita – Homepage von Don Kneller
- ↑ Cheryl Stearns mit 30 Weltrekorden im Fallschirmspringen
- ↑ Jay Stokes Rekord
- ↑ G. Semler: Die Lust an der Angst. München 1994.
- ↑ S. A. Warwitz: Fallen – die Kultivierung eines Traumas. In: Ders.: Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen. Baltmannsweiler 2001. S. 77–87
- ↑ S.A. Warwitz: Erklärungsmodelle für das Streben nach Wagnis. In: Ders.: Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen. Baltmannsweiler 2001. S. 98–308.
- ↑ Deutscher Fallschirmsportverband, Statistik 2008
- ↑ Deutscher Fallschirmsportverband, Statistik 2009
- ↑ Deutscher Fallschirmsportverband, Statistik 2003
- ↑ Deutscher Fallschirmsportverband, Unfallberichte
- ↑ a b c d Deutscher Fallschirmsportverband, Luftrecht
- ↑ Voraussetzungen für die Erteilung einer Flugverkehrskontrollfreigabe zur Durchführung von Fallschirmabsprüngen ... im kontrollierten Luftraum vom 25. Januar 2007 (NfL I – 59/07)
- ↑ Zusammenfassungen der Unfallberichte