Zum Inhalt springen

Geschichte Ungarns

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 19. November 2005 um 01:22 Uhr durch Tsca.bot (Diskussion | Beiträge) (Bot: ergänze: es, lt, zh). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Der Ursprung der Magyaren

Nachdem einige Gruppen der uralischen Völker bereits im 4. und 3. Jahrtausend v. Chr. von dem namensgebenden Uralgebirge Richtung Westen gewandert waren, lösten sich die Magyaren zwischen 1000 und 500 v. Chr. endgültig von ihnen ab. Etwa in dieser Zeit bildete sich wohl auch ein ethnisches Selbstbewusstsein der Urungarn heraus. Wichtige Elemente dieser Entwicklung stellten die Sprache, Bräuche, Trachten und der Glaube dar. So stammt auch die berühmte ungarische Sage von einem Wunderhirschen wohl aus dieser Zeit, die sich dann im Laufe der Zeit zu der Sage von Hunor und Magor veränderte.

Im 5. Jahrhundert veranlasste die Völkerwanderung die Magyaren zur Wanderung Richtung Westen. Die Endstation dieser Wanderung war ein Gebiet zwischen Wolga und dem Uralgebirge. In diesem Gebiet fand übrigens noch 1236 der Dominikanermönch Julianus einige der im Osten gebliebenen Magyaren; er nannte dieses Gebiet Magna Hungarica (altes Ungarn). Die meisten Magyaren zogen dann um 700 bis 750 dem Lauf der Wolga folgend in südlicher Richtung weiter. Einige blieben allerdings auch zurück; auf sie dürfte Julianus später gestoßen sein.

Das nächste Siedlungsgebiet der Magyaren bezeichnet man als Lavédia, dass nach dem vermutlichen Fürsten der Ungarn, Levedi, benannt ist. Der byzantinische Kaiser Konstantin VII. bezeichnete ca. 950 dieses Wohngebiet der Ungarn als Etelköz (Zwischenstromland). Die genaue Lage beider Gebiete ist allerdings bis heute nicht bekannt. Gesichert ist aber, dass die Ungarn um 850 das Dongebiet verließen und in westlicher Richtung weiterwanderten. Ihr damaliges Wohngebiet reichte ungefähr vom Dnjepr bis zur unteren Donau und den Ostkarpaten.

Nachdem die Ungarn um 850 von den Petschenegen im Bündnis mit den Chasaren besiegt wurden, trennte sich ein bedeutender Bevölkerungsteil von den Ungarn und siedelte danach südlich des Kaukasus im persischen Grenzgebiet. Diese Savarden, wie sie Kaiser Konstantin bezeichnete, standen auch noch ein Jahrhundert lang mit den in das Karpatenbecken gewanderten Ungarn in Kontakt.

Die Ungarn, die in ihren alten Siedlungsgebieten verblieben, verfügten um diese Zeit über eine große, bis zu 20.000 Reiter starke Streitmacht. Im Zuge der nach Westen gerichteten Streifzüge erkundeten ihre Reitertrupps auch die weiten Ebenen des Karpatenbeckens.

Die Petschenegen wurden um 894 von den Usern in eine neue Heimat gezwungen und verbündeten sich mit den zu Ungarn im Krieg stehenden Bulgaren. Zusammen vertrieben sie die Magyaren aus dem Gebiet zwischen Dnjepr und Donau (Ob dies aber wirklich die Ursache für die Wanderung der Ungarn über die Karpaten war ist umstritten). Der ungarische Stammesverband flüchtete 895/896 über die Pässe der Ostkarpaten in die Pannonische Tiefebene und nach manchen Ansichten auch damals schon nach Siebenbürgen.

Landnahmezeit

Gesellschaftsaufbau

Mit der Landnahme lockerten sich die Beziehungen zur Welt der Steppe, deren Bestandteil vor der Landnahme auch die Magyaren waren. Ihre heutige Heimat nahmen die Ungarn zwischen 895 und 900 in Besitz. Sie waren in einem Stammesbund organisiert, allerdings mit einheitlicher Führung. Insgesamt waren es mindestens 10 Stämme, teilweise sogar unter Führung eines Doppelfürstentums, also mit zwei Fürsten. Der eine hieß Kündü oder Kende, der andere Gyula; sie teilten sich Regierungs- und militärische Aufgaben.

Insgesamt gliederte sich die ungarische Bevölkerung der damaligen Zeit in folgende Hauptgruppen:

  • Adel: reiche, vornehme Familien und „Sippen“, die Führungspositionen inne hatten
  • Bürger oder Mittelschicht: Im Dienst des Adels stehende Familien, teilweise wohlhabend
  • Unterschicht: noch Freie, die sogar über Gemeineigentum verfügten, kaum wohlhabend
  • Knechte: Unfreie, im Besitz des Adels

Die Grenzen zwischen den verschiedenen Schichten und Gruppen waren fließend und sie verband ein kompliziertes Gefüge zwischen Pflichten und Rechten. Die Heirat war für alle Gruppen von Bedeutung, aber vor allem der Adel nutzte die Gelegenheit zu Machtausbau und Festigung, so auch für länger anhaltende „Bündnisse“ mit anderen Familien und Sippen. Die Mittelschicht war für den Schutz des Adels bestimmt, sie waren bewaffnet und schützten ihre Herren. Dieser Dienst war freiwillig, allerdings bekam die Mittelschicht für ihre Dienste Unterhalt und Unterbringung vom Adel.

Die Unterschicht hatte die Last der Ausgaben des Adels zu tragen, die es in Form von Naturalien und Arbeitsdienst ableistete. Arbeitsdienst leisteten vor allem die „Gemeinen“ und waren zu verschiedenen Diensten gegenüber ihren Herren verpflichtet. Obwohl diese unteren Schichten, genauso wie die Mittelschicht und der Adel frei und dazu auch formell gleichberechtigt waren, gerieten sie immer mehr in Abhängigkeit zum Adel, viele verloren die Freiheit und sanken in die Gruppe der Knechte ab. Zu dieser Gruppe gehörte auch die von den Streifzügen mitgebrachten Gefangene, wie auch die im eroberten Karpatenbecken ansässigen Slawen, von denen die Ungarn die Landwirtschaft lernten und etwa 1500 grundlegende Wörter aus dem Bereich der Staatsverwaltung (Komitat, König), Landwirtschaft (Kirsche), Religion (Priest, Engel), Handwerk (Müller, Schmied) und andere (Mittwoch, Donnerstag, Straße, Fenster, Teller, Mittagessen, Abendessen) in ihre Sprache übernahmen. Im Südosten der Pannonischen Tiefebene gab es vereinzelt noch Überreste der Awaren.

Streifzüge, Landnahme und Aufbau eines Staates

Ab 862 tauchten die nomadischen alten Ungarn (Magyaren), die damals noch aus der Region hinter den Karpaten ihre sporadischen Feldzüge gen Westen unternahmen, zum ersten Mal im Karpatenbecken auf, ein zweites Mal fielen sie 881 ein. In diesen beiden Feldzügen unterlagen sie dem Ostfrankenreich. 889 waren die Ungarn erfolgreicher: Diesmal plünderten sie Großmähren und Teile des Ostfränkischen Reiches. 892 wechselten sie aber bereits die Fronten und wurden von den Ostfranken gegen Großmähren angeworben.

Die Ungarn siedelten sich, wie bereits oben erwähnt, erst ab 895/896 im heutigen Ungarn an. Sie drangen zunächst 895 lediglich in das mittlere/obere Theißgebiet (Gebiete Großmährens). Nördlich und nordwestlich dieses Gebietes war das Gebiet des Neutraer Fürstentums (Teil von Großmähren), westlich davon das Gebiet der Ostfranken, die weiteren Expansionen Einhalt boten. Auch archäologische Funde lassen die obere Theißgegend als anfängliches fürstliches Siedlungsgebiet vermuten.

Um 900 zogen die Ungarn nach Transdanubien und brachten es unter ihre Herrschaft, wobei ihnen mehrere Geschehnisse die Eroberung erleichterten. So starb 894 der großmährische König Sventopluk, und die darauf folgenden Thronstreitereien schwächten sein Reich zunehmend (noch im selben Jahr verlor Großmähren nach ungarischen Plünderungen das Gebiet Transdanubiens an das Ostfrankenreich). Der ostfränkische König Arnulf ging mit den Ungarn sogar 892 ein Bündnis gegen die Lombarden ein, der gemeinsam geschlagen wurde. Als König Arnulf kurze Zeit später auch starb, sahen die Ungarn den richtigen Zeitpunkt für Gebietserweiterungen. Die Wahl der zu erobernden Gebiete waren vor allem strategische Gesichtspunkte, so dass sich die Ungarn hauptsächlich an Gewässern, Flusstälern oder von Sümpfen geschütztem Gebiet niederließen. Ein wichtiges Zentrum der ungarischen Stämme befand sich einigen Chroniken zufolge zu dieser Zeit auf der Insel Csepel im mittleren Abschnitt der Donau (ungefähr in der heutigen Stadt Budapest).

Mit den Schlachten von Brezalauspurc 907 schlugen die Ungarn bayerische Truppen, eroberten östliche Teile des heutigen Österreichs (bis 955) und zerstörten die Zentralmacht Großmährens. Um 925 eroberte eine Gruppe der ungarischen Stämme unter der Führung von Lél (nicht die der Árpáden) die heutige Südwestslowakei (siehe Neutraer Fürstentum).

Generell ist für das 10. Jahrhundert zu beachten, dass zumindest in seiner zweiten Hälfte die von Ungarn beherrschten Gebiete aus einer Reihe von ungarischen Stammesgebieten bestand, von denen jenes der Hauptlinie der Árpáden, d. h. der Kern des späteren ungarischen Staates, nur im nördlichen Transdanubien lag. Seit etwa den 70er Jahren des 10. Jahrhunderts war die Lage den vorhandenen Quellen zufolge so, dass den Árpáden neben dem bereits genannten Gebiet noch die Lehnfürstentümer von Neutra und von Bihar sowie das von Verwandten regierte Siebenbürgen indirekt unterstanden. Die restlichen Gebiete wurden von feindlich gesinnten ungarischen Stammesführern beherrscht und erst später von König Stephan sukzessive erobert.

Die Verteidigung der ungarischen Gebiete musste sich hauptsächlich nach Osten und Norden richten, da die Magyaren ihre Angriffe und Feldzüge stets nach Westen ausführten, oft mit oder als Verbündeter eines westlichen Staates. Im 10. Jahrhundert bestimmten diese Feldzüge die gesamte ungarische Außenpolitik. Sie beschafften sich durch Raub- und Beutezüge durch ganz Europa Luxusartikel und teure Waren (darunter auch Gefangene), die man sonst nicht hätte hervorbringen können. Die Heere westlicher Staaten bestanden zur damaligen Zeit größtenteils aus schwer gepanzerten und bewaffneter Reiterei, während die Reiter der Magyaren schnell und immer beweglich waren, ein Vorteil, der lange Zeit ihren Erfolg garantierte. Ihre Taktik war für die damalige Zeit recht außergewöhnlich: Sie versuchten das Heer des Gegners einzukreisen und vom Pferd aus mit Pfeilen zu beschießen. Nach einer Zeit täuschten sie die Flucht an, um sich dann im Überraschungsmoment umzudrehen und den Gegner so in die Falle zu locken. Mit dieser Taktik gelang es ihnen viele, auch kulturell und technisch hoch entwickelte Regionen Europas zu plündern und brandzuschatzen. Auch andere Faktoren begünstigten den Erfolg der Magyaren: Die zermürbenden Kriege der einzelnen europäischen Staaten untereinander, aber auch das von innen schwächende feudale Durcheinander. In Ungarn selber bewirkten die Streifzüge eine weitere Differenzierung der Bevölkerung. Die Führungsschicht des Staates wurde immer vermögender, hauptsächlich durch Kriegsbeute wie Silber, Tiere und teuere Stoffe, später auch durch Tributzahlungen.

Auch 933 wollten die Ungarn vom deutschen Kaiser Heinrich I. Tribut verlangen und zogen gegen Deutschland in den Krieg. Heinrich rechnete aber mit einem Angriff und konnte eine starke Streitmacht aufbieten. In der Schlacht bei Riade wurden die Ungarn geschlagen. Der Glaube an die Unbesiegbarkeit der Ungarn war erschüttert, allerdings gingen die Raubzüge der Ungarn weiter. Erst die vernichtende Niederlage bei der Schlacht auf dem Lechfeld nahe Augsburg bot den Ungarn Einhalt. Bei dieser Schlacht wurden drei gefangen genommene ungarische Führer (Bulcsú, Lél, Súr) erhängt, Österreich fiel wieder an die Deutschen und das Neutraer Fürstentum an die Árpáden. Dem damals noch heidnischen Glauben der Magyaren nach wurden die drei Erhängten zu Dienern der Deutschen, was psychologisch stark negative Folgen für die Magyaren hatte.

Außenpolitisch wurde, ausgelöst durch diese Niederlage, ein neuer Kurs eingeschlagen. Der neue Großfürst Taksony setzte den Angriffen gen Westen ein Ende und hielt sich an Verteidigung. Er war bereit, auch unter Inkaufnahme von Gebietsverlusten, den Frieden mit dem Deutschen Reich aufrechtzuerhalten. In südlicher Richtung gingen die Angriffe unterdessen aber weiter. So stellte Byzanz die Tributzahlung an Ungarn ein, so dass sich Taksony 959 für einen Feldzug gegen Byzanz entschied, der erst 11 Jahre später entschieden wurde. Die Magyaren konnten, selbst im Bündnis mit Petschenegen, Bulgaren und Russen die entscheidende Schlacht bei Arkadiupolis nicht für sich entscheiden und mussten sich geschlagen geben. Damit war das Ende der Streifzüge der Magyaren besiegelt, Großfürst Géza, der den Thron von seinem Vater Taksony geerbt hatte, sah sich gezwungen, die Angriffe einzustellen, da ansonsten die Großmächte Europas das Ungarntum vernichtet hätten. Er musste sich auch Problemen im Inneren zuwenden. Die Streifzüge als Einnahmequelle waren versiegt, so dass er sich auf andere Bereiche konzentrieren musste. Die außen- und innenpolitische Lage machten eine Staatsgründung immer dringlicher.

Géza (lebte 949997) und sein Sohn Vajk (seit seiner Taufe Stephan (István) genannt, er lebte 9751038) holten deutsche Missionare und Ritter ins Land, ferner Missionare aus Byzanz und bauten eine Verwaltung auf. Mit dem gewachsenen Anhang schalteten sie innere Rivalen (Koppány) aus, so dass sich Stephan I. im Winter 1000/1001 zum König krönen lassen konnte.

Mit der Herrschaft Stephans I. ging die Christianisierung des Landes einher. 1030 wehrte er den Angriff des römisch-deutschen Kaisers ab und sicherte so die Existenz seines Staates. Stephan I. wurde später im Jahr 1089 heilig gesprochen. 1102 kam durch Personalunion das Königreich Kroatien zu Ungarn.

Ungarns Innenpolitik wurde in den folgenden Jahrhunderten von dem Kampf zwischen dem König und dem Hochadel bestimmt, der im 13. Jahrhundert seinen Höhepunkt erreichte. Ungarns Außenpolitik war von weitreichenden Heiratsbündnissen und (nach dem Machtverfall von Byzanz ab 1180) von einer Großmachtpolitik auf dem Balkan bestimmt.

Im Jahr 1241 verwüsteten die Mongolen das Land, so dass König Béla IV. (12351270) wieder viele deutsche Einwanderer ins entvölkerte Land holen musste, die hauptsächlich in Siebenbürgen (siehe Siebenbürger Sachsen) und in der heutigen Slowakei angesiedelt wurden. 1370–1386 und 1440–1444 wurde Ungarn mit Polen in Personalunion von den Anjou und Jagiellonen regiert. Ende des Mittelalters blühte Ungarn unter den Königen wie dem Luxemburger Sigismund (König seit 1387) oder dem vom Kleinadel gewählten Matthias Corvinus (14581490) auf. Von 1490–1526 wurde es von den polnisch-litauischen Jagiellonen in Personalunion mit Böhmen regiert. Mit dem Tod Ludwigs II. in der Schlacht bei Mohács (1526) wurde es von den Osmanen unter Sultan Süleyman dem Prächtigen erobert.

Türkenkriege – Ungarn dreigeteilt

Nachdem König Ludwig II. in der Schlacht von Mohács gefallen war, fiel der ungarische Thron entsprechend vorherigen Vereinbarungen an die Habsburger. Fürst Johann Zápolya widersetzte sich diesen und trennte das Fürstentum Siebenbürgen in einem Bürgerkrieg (1527–1538) von Ungarn ab, allerdings um den Preis türkischer Oberherrschaft. Parallel dazu wurden mittelungarische Gebiete (heutiges Ungarn) 1526–1541 direkt von den Türken besetzt und 1541 zu einer Provinz des Osmanischen Reichs erklärt (1541 wurde Buda/Ofen erobert).

Nach Zápolyas Tod im Jahre 1540 und der Besetzung von Buda im Jahre 1541 zerfiel Ungarn definitiv in drei Teile. Die königlichen Gebiete (Teile des heutigen Nordwest- und Nordostungarns, das Burgenland und West-Kroatien, Oberungar = die heutige Slowakei) wurden unter der Bezeichnung "Königliches Ungarn" zu einer Provinz der Habsburger in Wien, die fortan mit den Türken um den Besitz des Landes kämpfen mussten. Formal wurden aber die Habsburger weiterhin als ungarische Könige gekrönt. Hauptstadt des Königlichen Ungarns wurde Pressburg (ungarisch Pozsony, slowakisch Bratislava, jiddisch Bratslaw). Siebenbürgen blieb ein türkischer Vasallenstaat und der Rest eine Provinz des Osmanischen Reichs.

Nach langen Kämpfen gegen die Türken brachte die Schlacht am Kahlenberg bei Wien 1683 die Entscheidung, und nach 145 Jahren türkischer Besetzung Ungarns fiel Buda im Jahre 1686. Die Ungarn missbilligten aber die harte Herrschaft der Habsburger, so dass es 17031711 zum Kuruzenaufstand unter Fürst Rákóczi kam. Nach dessen Niederlage kam es zum Frieden von Sathmar (1711), in dem die traditionellen Freiheiten der Adeligen im Königreich Ungarn erneuert und die Habsburger als Könige Ungarns wieder anerkannt wurden. Dieser Frieden und die anschließenden Landtagssitzungen in Pressburg von 1712 und 1714 beendeten den Aufstand.

Siehe auch: Die Slowakei in der frühen Neuzeit (1526–1711)

Die Donaumonarchie

Unter der Herrschaft von Maria Theresia kam es erneut zu deutschen Ansiedlungen (u. a. der Donauschwaben) im Königreich Ungarn. Während der Napoleonischen Kriege war das österreichisch-ungarische Verhältnis weitgehen spannungsfrei. In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts entwickelte sich jedoch dann eine starke liberale und nationale Bewegung in Ungarn. 1844 ersetzte das Ungarische die lateinische Sprache als Staatssprache. 1848/49 kam es zur Revolution gegen die Habsburger unter Führung von Lajos Kossuth. Nach der blutigen Niederschlagung des ungarischen Freiheitskampfes mit russischer Unterstützung und einer Phase der Unterdrückung (u. a. der Hinrichtung des ungarischen Ministerpräsidenten Batthyány sowie 13 weiterer Revolutionsführer am 6. Oktober 1849) kam es 1867 unter Kaiser Franz Joseph I. zum Ausgleich der Habsburger mit Ungarn, um dem Vielvölkerstaat in der modernen Zeit eine größere innere Festigkeit zu verleihen.

Datei:Länder der Ungarischen Krone (Doppelseitige Farbkarte).jpg
Länder der Ungarischen Krone am Ende des 19. Jahrhunderts

Dies vollzog sich unter der Mitwirkung des ungarischen Anwalts Ferenc Deák („Der Weise der Heimat“). Ungarn war nun bis 1918 zweiter Hauptbestandteil der k.u.k. Doppelmonarchie. Die Regierung in Ungarn handelte 1868 den Ungarisch-Kroatischen Ausgleich aus, der die Autonomie des Königreichs Kroatien innerhalb des ungarischen Reichsteils der k.u.k. Doppelmonarchie regelte. Ab 1879 führte jedoch die zunehmende Magyarisierungspolitik im ungarischen Reichsteil zu erheblichen Spannungen mit anderen Volksgruppen.

Zwischenkriegszeit und Zweiter Weltkrieg

1918 wurde Ungarn als eigenständiger Staat wiedererrichtet, zunächst als demokratische Republik unter Mihály Károlyi. Ungarn wurde aber wie Österreich als Nachfolgestaat der k.u.k. Monarchie zu Reparationen verpflichtet. Nach dem viermonatigen Intermezzo der Räterepublik im Jahre 1919 unter Béla Kun wandelte sich Ungarn zu einem autoritär geführten, konservativen Staat, der zudem 1920 durch den Vertrag von Trianon zwei Drittel seines Staatsgebietes verlor (u. a. das Burgenland, die Slowakei, Siebenbürgen, Kroatien und Slawonien). Die Stärke des Heeres wurde auf 32.000 Mann beschränkt. Außerdem wurden dem Land Reparationszahlungen auferlegt, die teilweise 33 Jahre lang abzubezahlen waren. Nominell war Ungarn immer noch ein Königreich, das von Miklós Horthy als Reichsverweser regiert wurde. Aufgrund wirtschaftlicher Krisen und geschickter revisionistischer Propaganda näherte sich Ungarn immer mehr der nationalsozialistischen Führung Deutschlands an. Letztlich resultierte dies in der Beteiligung des Landes am Zweiten Weltkrieg auf Seiten der Achsenmächte. Im August 1943 machte die ungarische Regierung unter Horthy den Alliierten ein Friedensangebot, woraufhin das Land im März 1944 von deutschen Truppen besetzt wurde, die die Macht in Ungarn an die faschistische Bewegung der Pfeilkreuzler von Ferenc Szálasi übergaben. Noch im Oktober 1944 besetzte die Rote Armee Teile Ungarns, die letzten Kampfhandlungen endeten am 4. April 1945.

Kommunismus

Zunächst sahen die Alliierten nach dem Krieg für Ungarn eine demokratische Verfassung vor. Als aber am 15. November 1945 die Kommunisten eine empfindliche Niederlage erleiden mussten, begannen sie, mit unsauberen Methoden (mit den „Blauen Stimmzetteln“ und der „Salamitaktik“) nach der Macht zu greifen. Ihren Gipfel fanden diese Vorfälle in der Auflösung der anderen Parteien und einer Ein-Parteien-Wahl, der „Partei der Ungarischen Werktätigen“. Am 20. August 1949 wurde eine Verfassung nach sowjetischem Vorbild beschlossen. Von 19481953 verfolgte Ungarn unter Mátyás Rákosi einen stalinistischen Kurs.

Nach dem Tod Stalins schloss sich ab Juni 1953 unter Ministerpräsident Imre Nagy eine Periode vorsichtiger Liberalisierung an. Mit der Entmachtung Nagys 1955 durch die weitgehend unverändert gebliebene Parteispitze ging eine Restauration einher. Die politische Lage blieb angespannt.

Schließlich kam es am 23. Oktober 1956 zu einem Volksaufstand, in dessen Verlauf Imre Nagy erneut zum Ministerpräsidenten ernannt wurde.

Der Aufstand wurde jedoch durch die sowjetische Armee blutig niedergeschlagen. Insgesamt fünf sowjetische Divisionen waren zwischen dem 1. und 4. November daran beteiligt; als Besatzungsarmee verblieben etwa 100.000 sowjetische Soldaten in Ungarn. Imre Nagy wurde im Juni 1958 in einem Geheimprozess zum Tode verurteilt und kurz darauf hingerichtet. Bis 1963 wurden ca. 400 Menschen, vorwiegend Arbeiter, als Vergeltung für den Aufstand hingerichtet. Viele Ungarn verließen nach dem gescheiterten Volksaufstand das Land und emigrierten nach Westeuropa und Nordamerika.

Unter János Kádár, Parteichef von 1956–1988, erfolgten ab 1968 erste Wirtschaftsreformen, die auch unter dem Begriff Gulaschkommunismus bekannt wurden.

1987 setzte der friedliche Systemwechsel mit der Bildung erster Oppositionsgruppen ein. In der Partei übernahmen Wirtschaftsreformer die Macht, und Ende 1988 wurde Miklós Németh Ministerpräsident. 1989 wurde Imre Nagy rehabilitiert und am 23. Oktober die dritte ungarische Republik ausgerufen.

siehe auch: Vorgeschichte des Ungarischen Volksaufstandes

Demokratie und westliche Integration

Im März 1990 wurden freie Wahlen ausgeschrieben, 1991 verließ die sowjetische Armee das Land, die kommunistische Regierung dankte ab, und Ungarn trat aus dem Warschauer Pakt aus. Am 8. Februar 1994 wurde das Land Mitglied in der Partnerschaft für den Frieden, 1999 Mitglied der NATO, am 1. Mai 2004 Mitglied der Europäischen Union. Bemerkenswert ist, dass es in Ungarn seither bei jeder Parlamentswahl zu einem Sieg der Opposition und somit zu einem Regierungswechsel kam. Die Ministerpräsidenten seit 1990:

Siehe auch:

Literatur

  • von Bogyay, Thomas: Grundzüge der Geschichte Ungarns. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft: 1990. ISBN 3-534-00690-9
  • Fischer, Holger / Gündisch, Konrad: Eine kleine Geschichte Ungarns. Frankfurt am Main: edition suhrkamp: 1999. ISBN 3-518-12114-6
  • Lázár, István: Kleine Geschichte Ungarns. Budapest: Corvina 1989. ISBN 963-13-4293-X
  • Lendvai, Paul: Die Ungarn. Eine tausendjährige Geschichte. München: Goldmann 2001. ISBN 3-442-15122-8
  • Molnár, Miklós: Geschichte Ungarns. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Hg. und Übersetzung von Balla, B., Hamburg: Reinhold Krämer 2004. ISBN 3-89622-031-4
  • Weissgerber, Klaus: Ungarns wirkliche Frühgeschichte. Árpád eroberte schon 600 das Karpatenbecken. Gräfelfing: Mantis 2003. ISBN 3-928852-24-8. (Eines der vielen „alternativen“ Bücher zu Ungarns Frühgeschichte; von der sonstigen Forschung deutlich abgelehnt)