Corporate Governance
Corporate Governance ("gutes Benehmen", oder "der Knigge für Unternehmen") beschäftigt sich mit Setzen und Einhalten von Verhaltensregeln, nach denen ein Unternehmen geführt werden soll. Diese Rahmenbedingungen können von unterschiedlichsten Interessengruppen gesteckt werden, sei es durch den Gesetzgeber, den Eigentümern, den Mitarbeitern, Aufsichts- oder Verwaltungsrat, dem Management, den Geschäftspartnern, der menschlichen Gesellschaft und anderen.
Aufgrund der unterschiedlichen Interessenten ist dieses Thema gar nicht so einfach zu greifen, und je nachdem wer die Richtlinie setzt, steht sie in einem Gesetz, im Unternehmensleitbild, in Weisungen, Absichtserklärungen, oder auch gar nirgends. Oft haben Unternehmen sogar eigene Fachstellen, die sich darum bemühen, dass ihr Unternehmen solche Rahmenbedingungen und Richtlinien einhält.
Abgrenzung von Management und Beispiel
Corporate Governance wird oft fälschlicherweise mit "Unternehmensführung" übersetzt, genauso wie Management mit "Unternehmensführung" übersetzt wird. Das einzige was dabei stimmt: Das Management ist eine der Interessensgruppen, die Rahmenbedingungen setzen kann, und es gehört auch zu den Tätigkeiten der obersten Unternehmensführung Leitlinien vorzugeben. "Wir erhöhen den Frauenanteil" in eine Leitlinie oder Gesetz zu schreiben ist Corporate Governance.
Geschichte
Der Ausgangspunkt für die Deklaration und Einführung von Corporate Governance liegt in den 1930er Jahren, als erstmals das Auseinanderklaffen von Aktionärsinteressen und Unternehmensführung erkannt wurde. Ein bedeutendes Buch dazu erschien 1932 unter dem Titel "The Modern Corporation and Private Property" von Adolf A. Berle und Gardiner C. Means.
Unter diesem Titel erschien der Begriff erstmals 1976, wurde aber erst durch den Cadbury Report (1992), den Greenbury Report (1995) und den Hampel Report (1998) bekannt, welche über praktische Erfahrungen damit berichteten.
Diese Reports förderten weltweit die Bemühungen der Unternehmen, ihre Grundsätze einer guten Corporate Governance (siehe auch: Good Governance und Corporate-Governance-Grundsätze) zu Papier zu bringen. Diese Grundsätze formulieren einerseits die wesentlichen gesetzlichen Regelungen zur Unternehmensführung und -überwachung, andererseits aber auch bloße Empfehlungen, etwa zur Rechnungslegung und Abschlussprüfung oder zur Arbeit des Vorstandes und der Aufsichtsgremien (z.B. Aufsichtsrat) von Unternehmen.
Internationale Regelungen
OECD
Die OECD Principles of Corporate Governance wurden erstmalig 1998 publiziert und 2004 [1] aktualisiert. Die Prinzipien berücksichtigen sowohl das dualistische "two-tier" System mit Aufsichtsrat und Vorstand als auch das einstufige "unitarian" Board-System. Die OECD hat auch eine eigene Webseite, die sich mit diesem Thema beschäftigt.
Die OECD CG Guidelines sind Soft Law - rechtliche Instrumente für die Durchsetzung der Prinzipien z.B. durch Aktionäre oder Gerichte sind nicht vorgesehen. Man vertraut hier auf die regulierende Wirkung des Marktes.
Finanzdienstleister
1975 wurde von den G10-Ländern der "Basler Ausschuss für Bankenaufsicht" gegründet. Unter den Namen Basel I (1988) und Basel II (2002) wurden Richtlinien erlassen, die Anforderungen an die Kreditwürdigkeit von Gesellschaften formulierten. Während Basel I nur Banken und Finanzinstitute im Visier hatte, sind bei Basel II sämtliche operationelle Risiken und somit die Kreditwürdigkeit aller Unternehmen erfasst.
Öffentliche Institutionen
Über die bestehende, für den privatwirtschaftlichen Bereich gedachten Corporate Governance Guidelines hinaus wurde von der OECD im Mai 2005 eine Richtlinie für öffentliche Institutionen (englisch) [2] verabschiedet; diese Vorschläge wurden mit Vertretern von INTOSAI und EUROSAI erarbeitet.
Europäische Union
Auf europäischer Ebene hat die EU-Kommission zur Prüfung der in den Mitgliedsstaaten bewährten Verfahren im Oktober 2004 ein Europäisches Corporate Governance-Forum eingerichtet. Dieses Forum soll die Konvergenz der nationalen Corporate Governance-Kodizes fördern sowie die Kommission beraten. Dem Forum gehören fünfzehn Experten mit unterschiedlichem fachlichem Hintergrund an. Die Mitglieder des Forums werden für 3 Jahre ernannt.
Nationale Regelungen
Deutschland
In Deutschland sind die Corporate Governance-Grundsätze in dem so genannten Corporate-Governance-Kodex fixiert worden. Eine vom Bundesministerium für Justiz im September 2001 eingesetzte Regierungskommission hat am 26. Februar 2002 diesen Kodex verabschiedet. Der Kodex soll dazu beitragen, die in Deutschland geltenden Regeln für die Unternehmensleitung und –überwachung für nationale und internationale Investoren transparent zu machen. Auf diese Weise soll das Vertrauen in die Unternehmensführung deutscher Unternehmen nachhaltig gestärkt werden.
Schweiz
In der Schweiz gibt es keine gesetzlichen Mindestbedingungen zu Corporate Governance. In den Zulassungesbedingungen zum Börsenhandel an der SWX sind jedoch einige Mindestanforderungen für Unternehmen definiert. Seit dem 1. Juli 2002 existiert zudem der Swiss Code of Best Practice (oder "Swiss Code") vom Dachverband der Schweizer Wirtschaft (economiesuisse). Dieser listet Verhaltensregeln auf, die für eine vorbildliche Corporate Governance notwendig sind.
Österreich
Der Österreichische Arbeitskreis für Corporate Governance hat mit dem Österreichischen Corporate Governance Kodex ein internationalen Standards entsprechendes Regelwerk geschaffen. Der Kodex trat mit seiner Verkündung am 1. Oktober 2002 in Kraft.
Großbritannien
Der Cadbury Report (1992), der Greenbury Report (1995) und der Hampel Report (1998) bilden das Basis für Corporate Governance in Großbritannien.
Der heute für börsennotierte Unternehmen maßgebliche Turnbull Report wird 2005 von der Flint Commission überarbeitet.
Frankreich
Hier gibt es unter anderem das Loi de Sécurité Finacière von 2003 (LOI n° 2003-706 du 1er août 2003 de sécurité financière, LSF).
Vereinigte Staaten
Basis bilden u.a. die auf der Arbeit der Treadway-Kommission beruhenden Kontrollmodelle COSO (1992) und COSO ERM (2004). Seit 2002 ist der Sarbanes-Oxley Act (SOX) für alle Unternehmen verbindlich, die an einer der US-Börsen notiert sind.
Kanada
Neben dem CoCo-Kontrollmodell (1995) gibt weitere konkrete Vorgaben und Instrumente, die vom Risk Management and Governance Board (RMGB) des CICA erarbeitet werden.
Siehe auch
- Monopolkommission
- Rahmengesetz
- Unternehmensüberwachung
- Kontrollmodelle
- Corporate Citizenship
- Corporate Responsibility