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Prager Frühling

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Der Prager Frühling ist die Bezeichnung für die Bemühungen der tschechoslowakischen Kommunistischen Partei unter Alexander Dubček im Frühjahr 1968, ein Liberalisierungs- und Demokratisierungsprogramm durchzusetzen, sowie vor allem die Beeinflussung und Verstärkung dieser Reformbemühungen durch eine sich rasch entwickelnde kritische Öffentlichkeit.

Der Begriff des Prager Frühlings wird heute als Symbol für zwei verschiedene Konzepte verwandt: Einerseits für den Versuch, einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ zu schaffen, andererseits aber auch für die Tatsache, dass dieser Versuch an den am 21. August 1968 einrollenden Panzern des Warschauer Pakts gescheitert ist.

Vorgeschichte

Seit Beginn der 1960er Jahre befand sich die ČSSR in einer tief greifenden ökonomischen und gesellschaftlichen Krise: Das bürokratisch-zentralistische Planungssystem hatte zu einer dramatischen Stagnation der Wirtschaft - auch im Vergleich zu den anderen Staaten des Warschauer Pakts - geführt; die Kommunistische Partei wurde von einer stalinistischen Führungsspitze dominiert, die eine Aufarbeitung der politischen Schauprozesse der späten 1940er und frühen 1950er Jahre nicht zuließ.

Literární Noviny

Vorbote des Prager Frühlings war zudem ein Nachlassen der Repression auf kulturellem Gebiet. So wurde der lange verfemte Franz Kafka „rehabilitiert“, indem auf einem Schriftstellerkongress Anfang der sechziger Jahre seine literarische Geltung zur Debatte gestellt wurde. Hierbei handelte es sich eigentlich um eine politische Diskussion auf dem Feld der Literaturwissenschaft, wobei Gegenstand der Debatte im wesentlichen der Begriff der Entfremdung war. Gegen die Meinung vor allem der ostdeutschen Teilnehmer, welche dafürhielten, dass es die von Karl Marx postulierte Entfremdung des Arbeiters von seiner Arbeit im Sozialismus nicht mehr geben könne, vertraten die tschechischen Delegierten die Auffassung, dass dies sehr wohl der Fall sein könne und dass man die Dinge so sehen solle, wie sie lägen.

Diese Diskussion wurde von der Literaturzeitung Literární Noviny aufgegriffen und weitergeführt. Diese Zeitschrift war in der Folgezeit ein Hauptschauplatz der Auseinandersetzung zwischen den Ideologen und den Idealisten. Die Zeitschrift erreichte eine für ein Land wie die Tschechoslowakei beachtliche Auflagenhöghe von 140.000 Exemplaren.

Sie hatte sich zunehmend mit Verwarnungen des ZK der KPČ zu befassen. Der Chefredakteur wurde ausgewechselt, doch sein Nachfolger konnte wenig ausrichten. Auf einem Kongress des Schriftstellerverbandes im Juni 1967 hielten die von Literární Noviny entsandten Delegierten - drei Redakteure der Zeitschrift - nach Auffassung der Vertreter der offiziellen Parteilinie „ketzerische“ Reden, welche sich gegen die Politik des Parteichefs Novotný richteten.

Novotný reagierte mit einer öffentlichen Erklärung, wonach der Kongress Teil einer vom Ausland gesteuerten Kampagne gegen die die anstehenden Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Oktoberrevolution sei. Die KPČ befahl die Umbildung der Redaktion der Zeitschrift und eines Verbots an die Adresse einer Anzahl der Teilnehmer an dem Kongress, darunter Pavel Kohout und Václav Havel, zu den Wahlen des Schriftstellerverbands zu kandidieren. Die drei Redakteure wurden aus der Partei ausgeschlossen, andere - wie etwa Kohout - erhielten Verwarnungen. Die Zeitschrift wurde dem Kultusminister Karel Hoffmann unterstellt und büßte augenblicklich ihre Funktion als Dissidentenorgan ein. Alles dies wurde jedoch als Anzeichen gesehen, dass Novotný Schwierigkeiten hatte, sich wie einst auf der Stelle durchzusetzen.

Man begann ferner, bisher verbotene Bücher aus dem Westen auch in der ČSSR zu verlegen und auf den Markt zu bringen.

Wachsende Kritik

Mit dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise 1963 wurden schließlich reformerische Stimmen innerhalb und außerhalb der Partei lauter. Unter der Führung des ZK-Mitglieds und Leiters des Wirtschaftsinstituts an der Prager Akademie der Wissenschaften Ota Šik bildete sich eine technokratische Opposition, die grundlegende Wirtschaftsreformen forderte. Nach Ansicht Šiks sollte die Planwirtschaft zugunsten einer „sozialistischen Marktwirtschaft“ - unter Befreiung der Betriebe von staatlicher Führung und Abbau der Bürokratie - aufgegeben werden. Ferner schlug Šik u. a. die Zulassung autonomer Gewerkschaften und privat geführter Kleinbetriebe, Jointventures mit westlichen Firmen, die Einführung einer Arbeiterselbstverwaltung und das Ende der staatlichen Lenkung der Preisbildung vor. Freilich ging Ota Šik, der sich nicht als Revolutionär, sondern angesichts der prekären Lage der tschechischen Wirtschaft als Reformer verstand, nicht soweit, die Kollektivierung der Landwirtschaft und das Volkseigentum an den Produktionsmitteln in Frage zu stellen.

Für die kritische Intelligenz, zu deren Sprachrohr die Zeitschrift „Literární Noviny“ wurde, erweiterten sich in einem „Klima unwillig tolerierter Liberalisierung und relativ wirkungsloser Repressalien seitens der politischen Institutionen“ (Eleonora Schneider: Prager Frühling, S. 86) die Möglichkeiten einer öffentlichen Meinungsäußerung, die von einer breiten Bevölkerungsschicht immer aufmerksamer verfolgt wurden. Bis zum Ende des Jahres 1967 wuchs die kritische Öffentlichkeit immer mehr an und radikalisierte sich dabei in ihrer Kritik zunehmend. Auf dem 4. Schriftstellerkongress im Juni 1967 übten bekannte Autoren wie Václav Havel erstmals direkte Kritik an der Parteiführung. Die folgenden Sanktionen führten zu einem breiten Protest von Journalisten, Künstlern und Schriftstellern, es begann sich eine „gesetzlich ungeregelte, aber disziplinierte Presseanarchie“ (Jan Pauer: Reform- und Demokratisierungsprozess, S. 50) zu entwickeln.

Führungswechsel in der KPČ

Am 31. Oktober 1967 kam es zu Studentenprotesten gegen die Zustände in ihren Wohnheimen. Der Staats- und Parteichef Antonín Novotný ließ die Proteste gewaltsam auflösen, was ihm im ZK jedoch massive Kritik eintrug. Auch der Kreml, an welchen Novotný sich darauf wandte, gab ihm zu verstehen, dass er nicht mit Hilfestellung aus Moskau rechnen konnte, vielmehr mit seinen Problemen selbst fertig werden sollte. Zu Jahresbeginn 1968 entluden sich die jahrelangen Spannungen zwischen dem konservativen und dem reformerischen Flügel der KPČ. Auf dem so genannten Januartreffen des ZK der KPČ am 4. Januar 1968 wurde Novotný als 1. Sekretär der KPČ von dem slowakischen Absolventen der Moskauer Parteihochschule Alexander Dubček abgelöst und behielt lediglich das machtpolitisch wenig bedeutende Amt des Präsidenten der Republik für einige Zeit.

Der Führungswechsel markierte - nach einigen Wochen Unklarheit über die neue Richtung - den Auftakt zu dem Reformkurs der tschechoslowakischen Regierungspartei, der in Verbindung mit dem Druck der kritisch gewordenen Öffentlichkeit zum Phänomen „Prager Frühling“ führte. Dubček versuchte zunächst, die Reformer in ihrem Eifer etwas zu bremsen, um nicht den Argwohn der anderen Ostblockstaaten auf sich zu ziehen, welche bereits begannen, den Kurs der Tschechoslowakei verhalten zu kritisieren. Ota Šik wurde deshalb nicht wie gefordert Mitglied des Parteipräsidium, zudem wurde ihm auch nicht die Leitung des Wirtschaftsausschusses übertragen. Vielmehr zielte Dubček zunächst auf eine Reform der bundesstaatlichen Verfassung ab, welche den Slowaken mehr Selbstverwaltungsrechte zugestehen sollte.

Als programmatische Grundlage für die Reformen diente das am 5. April 1968 vorgestellte Aktionsprogramm der KPČ, das insbesondere auf Wirtschaftsreformen, Meinungs- und Informationsfreiheit, eine Aufarbeitung der stalinistischen Vergangenheit und eine allgemeine Neuausrichtung der Rolle der KP in der Gesellschaft zielte. Dieser parteipolitische Reformkurs war allerdings nicht zuletzt infolge der Aufhebung der Zensur in vielerlei Hinsicht schon in der öffentlichen Diskussion über die Neugestaltung der Gesellschaft vorweggenommen worden.

Emanzipation der Öffentlichkeit

Noch im Februar 1968 hatte Dubček die Pressezensur aufgehoben. In den Medien des Landes fand daraufhin eine „wahre Informationsexplosion“ (Eleonora Schneider: Prager Frühling, S. 75) statt. Dementsprechend wurde das Aktionsprogramm in der Öffentlichkeit wenig begeistert, sondern vielmehr als selbstverständlich aufgenommen, die Meinungsführerschaft hatte inzwischen von der Partei zum Volk gewechselt.

Ein Zeugnis dieser Emanzipation der Öffentlichkeit bildete das von Intellektuellen verschiedener Couleur unterzeichnete „Manifest der 2000 Worte“ des Schriftstellers Ludvik Vaculík vom Juni 1968, welches nicht nur die Rolle der KPČ im Prozess des „Prager Frühlings“ kritisch beleuchtete und eine unbedingte Weiterführung der Reformpolitik, gegen die reaktionären Kräfte im In- und Ausland, forderte, sondern allgemein heftige Kritik an den „Irrtümern des Sozialismus“ übte. Die Führung der Kommunistischen Partei lehnte das Dokument als eine Misstrauenserklärung gegenüber ihrer Politik ab. Die Bevölkerung, insbesondere auch die bis dahin eher passive Arbeiterschaft, begrüßte das Manifest hingegen in einem „stürmischen Echo“ (Eleonora Schneider: Prager Frühling, S. 108). Generell führten die „2000 Worte“ zu einer weiteren Radikalisierung sowohl der konservativen als auch der reformorientierten Kräfte, während die Regierung Dubček sich gezwungen sah, zwischen beiden Seiten zu lavieren.

Reaktion der Sowjetunion

Die Sowjetunion, die den Machtwechsel von Novotný zu Dubček zunächst gutgeheißen hatte, dann aber schnell eine äußerst skeptische Position zur tschechoslowakischen Entwicklung einnahm, schätzte das „Manifest der 2000 Worte“ als eine Plattform der Konterrevolution ein. Hierin wurde sie durch den stellvertretenden Ministerpräsidenten Gustáv Husák bestärkt, der von einer „Atmosphäre des Terrors“ sprach.

Schon im März 1968 waren in Dresden Regierungsvertreter der ČSSR mit denen der Sowjetunion, Bulgariens, Ungarns, Polens und der DDR - die später als „Warschauer Fünf“ bezeichneten Staaten, die letztlich auch die Intervention durchführten - zusammengekommen, um über die Lage in der Tschechoslowakei zu sprechen. Weitere Treffen der „Warschauer Fünf“ zum Thema fanden, diesmal ohne tschechoslowakische Beteiligung, im Mai und Juni statt. Dabei wuchs der sowjetische Druck auf die Prager Regierung, die Reformen deutlich einzudämmen. Auch eine militärische Intervention gehörte bald zum Drohpotential, welches der Warschauer Pakt auf sein reformorientiertes Mitglied ausübte.

Wenige Tage nach bilateralen Gesprächen zwischen der tschechoslowakischen und der sowjetischen Regierung fand am 3. August in Bratislava das letzte offizielle Treffen zwischen der Tschechoslowakei und den „Warschauer Fünf“ statt. Das in Bratislava verabschiedete Abschlusskommuniqué wurde in der ČSSR als Zeichen der Entspannung gewertet, da den verschiedenen Parteien eine nationale Souveränität auf ihrem Weg zum Sozialismus eingeräumt werden sollte. Allerdings hatte etwa die konservative tschechoslowakische Opposition das Treffen dazu genutzt, den sowjetischen Offiziellen eine geheime „Einladung“ zukommen zu lassen, mit der sie um eine Intervention zur Verhinderung einer Konterrevolution in der ČSSR baten.

Tatsächlich wurden nach dem Treffen die laufenden sowjetischen Vorbereitungen zum Einmarsch in die Tschechoslowakei intensiviert. Im Gegensatz zu späteren sowjetischen Verlautbarungen, dass man bis zum letzten Moment verhandlungsbereit gewesen sei, waren nun die Weichen für die Niederschlagung der Reformbewegung gestellt.

Einmarsch der Truppen der Warschauer Pakt-Staaten

In der Nacht zum 21. August 1968 marschierten die Truppen der Sowjetunion, der DDR, Polens, Ungarns und Bulgariens schließlich in die Tschechoslowakei ein und besetzten innerhalb von wenigen Stunden alle strategisch wichtigen Positionen des Landes. Bei den Kämpfen fielen 98 Tschechen und Slowaken, sowie etwa 50 Soldaten des Warschauer Pakts.

Die KPČ beschloss, keinen militärischen Widerstand zu leisten; Staatspräsident Ludvík Svoboda forderte Tschechen und Slowaken in einer Radioansprache dazu auf, Ruhe zu bewahren. Während Dubček und andere hochrangige Regierungsmitglieder festgenommen und nach Moskau gebracht wurden, wo sie unter Druck gesetzt und schrittweise zugunsten des linientreuen Gustav Husák entmachtet wurden, stellte sich die Situation in der ČSSR so dar, dass der eigentliche Plan der UdSSR, eine neue Regierung zu präsentieren, aufgrund des gewaltlosen, geschlossenen Protests der Bevölkerung des okkupierten Landes nicht stattfinden konnte. Auch die Behauptung, die KPČ habe um den Einmarsch ersucht, wurde von tschechoslowakischer Seite geschlossen dementiert: Für die tatsächlichen „Verschwörer“ war das Meinungsklima in der ČSSR zu ungünstig, um eine offene Palastrevolution verkünden zu können. In den Wirren der ersten Tage der Besatzung gelang es der Kommunistischen Partei sogar, einen außerordentlichen Kongress der Nationalversammlung einzuberufen, auf der der Einmarsch ausdrücklich verurteilt und die Regierung Dubček im Amt bestätigt wurde.

Ende des Prager Frühlings

Datei:Wenzel place memorial.jpg
Gedenkstätte für Jan Palach und Jan Zajíc auf dem Wenzelsplatz in Prag

Am 23. August, zwei Tage nach Beginn der Intervention, wurde Präsident Svoboda offiziell zu Verhandlungen nach Moskau gerufen, an denen - zunächst nur inoffiziell - auch die in Haft gehaltenen Regierungsmitglieder um Dubček teilnahmen.

Das Moskauer Protokoll, welches drei Tage später verabschiedet wurde, beinhaltete eine Aufhebung fast aller Reformprojekte. Mit diesem Ergebnis einer faktischen Kapitulation im Gepäck kehrte Dubček, der vorerst noch in seinen Ämtern belassen wurde, nach Prag zurück, wo er zunächst noch einmal begeistert empfangen wurde. Nach wenigen Wochen konnte jedoch die Bevölkerung der ČSSR nicht mehr daran zweifeln, dass der „Prager Frühling“ mit dem 21. August sein Ende gefunden hatte.

Als Folge der Besetzung der Tschechoslowakei durch die Truppen des Warschauer Pakts verließen gegen 30.000 Menschen, in erster Linie Facharbeiter und Intellektuelle, das Land. Im Zuge der von Husák umgehend ins Werk gesetzten Säuberungen innerhalb der KP wurde knapp einer halbe Million Parteimitgliedern das Parteibuch entzogen.

Aus Protest gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings verbrannte der Student Jan Palach am 19. Januar 1969 sich selbst auf dem Wenzelsplatz. Seine Tat wurde einen Monat später durch Jan Zajíc wiederholt.

Rezeption in der Bundesrepublik

Der Prager Frühling und seine Niederschlagung wurde in der Bundesrepublik Deutschland wie kaum ein anderes außenpolitisches Ereignis beachtet und kommentiert. Dabei war das Interesse in eigentlich allen Teilen der Öffentlichkeit ähnlich groß: Sowohl die großen konservativen Zeitungen als auch die kleinen linksoppositionellen Blätter brachten die Ereignisse auf ihre Titelseiten. So beobachtete einerseits die bürgerliche Presse den tschechoslowakischen Versuch, einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ zu schaffen, mit großer Anteilnahme und fast durchweg positiven Kommentaren, interpretierte die Reformen dabei aber als angestrebte Nachholung des westlichen Standards von Freiheit und Demokratie.

Dagegen entdeckte die außerparlamentarische Opposition der Bundesrepublik im Prager Frühling einen „dritten Weg“, eine „bisher unentdeckte sozialistische Demokratie“ (Ernst Fischer, Keine Romantiker in Prag, in: Neues Forum, Heft 173, 5/1968, S.284) und scheute sich auch nicht, die für den internationalen Sozialismus - und damit für das Weltbild der APO - niederschmetternde Nachricht vom Einmarsch in die ČSSR zunächst sehr kritisch unter die Lupe zu nehmen.

Das Bild des Prager Frühlings in der tschechischen und slowakischen Öffentlichkeit

Der Prager Frühling wird in den Nachfolgestaaten der früheren Tschechoslowakei nicht gleichermaßen positiv gesehen wie im Westen. Vielfach sind Stimmen zu vernehmen, dass es sich lediglich um einen Konflikt zweier Flügel der KP - aber eben doch lediglich der einem Unrechtsstaat vorstehenden KP - gehandelt habe, was bis hin zu dem Ausspruch des Vorsitzenden des ersten frei gewählten Parlaments der ČSSR nach 1989 reicht, dass er sich Dubček auch als Aufseher in einem Straflager vorstellen könne - wenngleich auch eines menschlicheren.

Vielfach wird Dubček und seinen Mitstreitern auch vorgeworfen, durch ihre unvorsichtige Politik lediglich erreicht zu haben, dass die Uhren in der ČSSR zurückgestellt wurden und der Staat der Tschechen und Slowaken bis ins Jahr 1989 einer der repressivsten des damaligen Ostblocks blieb. Der Verdienst der Anführer des Prager Frühlings wird im Vergleich zur in anderen europäischen Staaten vorherrschenden Sichtweise oft lediglich darin gesehen, dass er die Unmöglichkeit eines Sozialismus mit menschlichem Antlitz vor alle Augen geführt habe.

Literatur

  • Stefan Bollinger: Dritter Weg zwischen den Blöcken - Prager Frühling 1968. Hoffnung ohne Chance, Trafo-Verlag Berlin 1995. ISBN 3-930412-78-0
  • Jörg Hoensch: Geschichte der Tschechoslowakei 1918-1991, 3. Auflage, Kohlhammer Stuttgart 1992. ISBN 3-17-011725-4
  • Jan Pauer: Der tschechoslowakische Reform- und Demokratisierungsprozess im Lichte der „Perestrojka“, in: Tilly Miller (Hrsg.), Prager Frühling und Reformpolitik heute. Hintergründe, Entwicklungen und Vergleiche der Reformen in Osteuropa, Olzog München 1989. ISBN 3-7892-8410-6
  • Jaromír Navrátil (Hrsg.): The Prague Spring 1968. A national security archive documents reader, Central European University Press Budapest 1998. ISBN 963-911615-7
  • Eleonora Schneider: 'Prager Frühling und samtene Revolution. Soziale Bewegungen in Gesellschaften sowjetischen Typs am Beispiel der Tschechoslowakei, IZE Aachen 1994. ISBN 3-930528-11-8