Turkvölker
Als Turkvölker werden die vor allem im eurasischen Großraum lebenden, Turksprachen sprechenden Bevölkerungsgruppen bezeichnet. Sie leben heute in mehreren turksprachigen Staaten und autonomen Republiken und Regionen.
Geschichte und Worterläuterung
Die ersten turksprachigen nomadischen Bevölkerungsgruppen (Urtürken) formierten sich vermutlich in der Altairegion (Zentralasien). Die Kulturen, traditionellen Wirtschaftsformen und Lebensweisen der Turkvölker sind vielfältig, und ihre Geschichte ist vielschichtig. Heute sind die meisten Angehörigen der Turkvölker Muslime, die Mehrheit wiederum Sunniten. Die im 19. Jahrhundert entstandene politische und kulturelle Bewegung, die auf die Gemeinsamkeit der Turkvölker zielt, heißt Panturkismus. Die Wissenschaft, die sich mit den Sprachen, der Geschichte und den Kulturen der Turkvölker beschäftigt, ist die Turkologie.
Im 19. Jahrhundert wurden die heutigen Turkvölker vereinfacht nur als „Türken“ oder auch gröber als „türkische Völker“ zusammengefasst. In den turksprachigen Staaten, autonomen Republiken und Regionen wird jedoch aus verschiedenen Gründen immer noch der Oberbegriff „Türken“ verwendet. Auch in anderen Sprachen erfolgt keine Unterscheidung zwischen den Wortstämmen „Turk-“ und „Türk-“. Die Oberbezeichnungen mit „ü“ gehen auf die Tatsache zurück, dass es sich um die Nachfahren der Alttürken handelt. Als Alternativbezeichnungen sind auch „Türkvölker“, „Türkische Völker“, „Turktataren“, „Turkotataren“, „Turko-Tataren“, „Turk-Mongolen“ und „Turko-Mongolen“ bekannt.
Zahl der Sprecher
Die Anzahl der Muttersprachler aller turkstämmigen Nationen, Volksgruppen und Minderheiten betrug 1990 laut Vereinten Nationen ca. 165 Millionen. Die UNESCO hatte in den 1980er Jahren ermittelt, dass für die Turksprachen eine Sprecherzahl von rund 200 Millionen angenommen werden kann, wenn die Personen hinzugezählt werden, die eine Turksprache als Zweit- oder Drittsprache sprechen. Heute kann aufgrund des Bevölkerungswachstums von einer höheren Zahl ausgegangen werden. Jedoch darf die Sprecherzahl generell nicht mit der Volkszugehörigkeit verwechselt werden. Heute kann von etwa 180 Millionen Muttersprachlern ausgegangen werden.
Die vier Gruppen
Zur groben Einteilung können die Turkvölker in vier Großgruppen zusammengefasst werden:
Die Farbbezeichnungen der Turkvölker
Einige Turkvölker trugen und tragen Bezeichnungen, die sich größtenteils von ihren Bannern und damit ihrer geographischen Situierung herleiten lassen. Am bekanntesten sind die Farben Schwarz und Weiß.
Verlagerte sich das Siedlungsgebiet des jeweiligen Stammes, so änderte dieser vielfach auch die Farbe seiner Banner, um nun auch die neue Lage „farblich“ zu verdeutlichen.
Gegenüberstellung der Farben und ihre Bedeutung
Wort | Grundbedeutung | Himmelsrichtung | Beispiele |
---|---|---|---|
Kök oder Gök | Blau | Norden, nördlich | Gök-Türken = Nord-Türken |
Qara oder Kara | Schwarz | Westen, westlich | Schwarze Hunnen = West-Hunnen |
Aq oder Ak | Weiß | Osten, östlich | Weiße Hunnen = Ost-Hunnen |
Qyzyl oder Kızıl | Rot | Süden, südlich | Rote Hunnen = Süd-Hunnen |
Saryg oder Sarı | Gelb | Süden, südlich | Sarı-Uyghuren = Süd-Uyghuren |
Altyn oder Altın | Gold | Süden, südlich | Altın Orda = Süd- oder Goldene Horde |
Diese Farbbezeichnungen standen also anfänglich für feste geographische Richtungen. Ab dem 10. Jahrhundert kam es zu Bedeutungsveränderungen:
- „Blau“ stand schließlich nicht mehr für den Norden, sondern für den Osten,
- „Schwarz“ wurde nicht mehr als Westen empfunden, sondern stand nun für den Osten,
- „Weiß“ stand nicht mehr für den Osten, sondern symbolisierte nun den Westen,
- „Rot“ wurde nicht mehr als Süden, sondern als Osten angesehen,
- „Gold“ symbolisierte nicht mehr den Süden, sondern den Westen.