Zum Inhalt springen

Schloss Schrattenthal

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 4. Oktober 2012 um 11:07 Uhr durch 213.162.68.148 (Diskussion) (Geschichte). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Schloss Schrattenthal
Schloss Schrattenthal/Ostfassade

Schloss Schrattenthal/Ostfassade

Staat Österreich
Ort Schrattenthal
Entstehungszeit um 1245
Erhaltungszustand Erhalten oder wesentliche Teile erhalten
Ständische Stellung Ministerialen
Geographische Lage 48° 43′ N, 15° 54′ OKoordinaten: 48° 42′ 52″ N, 15° 54′ 21″ O
Schloss Schrattenthal (Niederösterreich)
Schloss Schrattenthal (Niederösterreich)

Schloss Schrattenthal liegt in der Stadtgemeinde Schrattenthal im Bezirk Hollabrunn in Niederösterreich.

Das Schloss ist in Privatbesitz, Besichtigung ist aber möglich. Es diente als Drehort für die Fernsehserie Julia – Eine ungewöhnliche Frau.[1]

Geschichte

Mit dem Abschluss der Kolonisation des nordwestlichen Weinviertels gegen Ende des 11. Jahrhunderts wurde die Grenze zu Böhmen durch eine Kette von Befestigungen gesichert. Bestandteil dieser Anlagen war ein hölzerner Turm am Rittsteig in Schrattenthal, das in einer Urkunde Herzog Leopolds VI. aus dem Jahre 1220 erstmal urkundlich erwähnt wird.[2] Der Rittsteig war ein Fernweg, der von Krems nach Znaim führte.

Die Grundherrschaft war landesfürstlich und wurde als Lehen an Ministeriale vergeben. Als erster Lehensnehmer scheint im Jahre 1245 der Truchsess des Herzogs Friedrich II., Drusigerus de Schretentale, auf.

Die Herrschaft wurde im Jahre 1382 von den Grafen von Maydburg-Hardegg erworben und als Lehen weitergegeben. Als Lehensträger scheint 1427 Tobias von Rohr, der Besitzer von Burg Ottenstein, auf. Am 4. April 1434 folgte ihm Ulrich von Eyczing und machte Schrattenthal zu seinem Hauptsitz.

In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts drangen die Hussiten bis nach Schrattenthal vor, sodass sich Ulrich von Eyczing veranlasst sah, im Jahre 1435 eine neue Wasserburg zu errichten, welche in die Ortsbefestigung einbezogen wurde und die Südseite der Siedlung zu decken hatte. Das Wasser für den Burggraben wurde durch Drainage der umliegenden Sümpfe gewonnen.

Im Jahre 1439 wurde Ulrich von Eyczing vom Kaiser in den Freiherrnstand erhoben und war Hubmeister von König Albrecht II., was ihm beträchtliches Vermögen einbrachte, sodass er die Herrschaft im Jahre 1448 als Freies Eigen erwerben konnte. Er starb am 20. November 1460 im Alter von 62 Jahren an der Pest und wurde in der Pfarrkirche von Schrattenthal begraben.

Nach ihm verwaltete sein Bruder Stephan den Besitz. Da der Kaiser bei der Familie beachtliche Schulden hatte, erhielt Stephan unter anderem für Schrattenthal zahlreiche Rechte, so etwa die Stadterhebung am 18. September 1472.

Im Jahre 1479 teilte Stephan von Eyczing den Besitz auf seine vier Söhne auf, wobei Schrattenthal an die beiden ältesten, Martin und Georg, ging. Nachdem die Herrschaft in den folgenden Jahren mehrmals den Besitzer gewechselt hatte, gelangte sie schließlich an Michael_Freiherr_von_Eyczing. Am 10. Juli 1522 wurde er wegen Rebellion und Hochverrats angeklagt, hingerichtet und alle Güter wurden eingezogen.

Seinem Sohn Ulrich_IV._Freiherr_von_Eyczing und dessen Bruder Christoph gelang es, den Familienbesitz wieder zu erlangen. Bis zum Jahre 1620 blieb die Herrschaft im Besitz der Eyczinger. Letzter Eyczinger war Philipp_Christoph_Freiherr_von_Eyczing, mit dessen Tod die Eyczinger ausgestorben waren. Ein Großteil des Erbes ging an Christoph Freiherr von Bräuner, einen Verwandten der Eyczinger, der auch das Familienwappen übernahm.

Von 1620–1660 besaßen die Grafen von Strozzi den Ort. Vom März bis Oktober 1645 waren die Schweden mit ihrem General Lennart Graf Torstensson in der Stadt, der im Schloss sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte.

Schlosskapelle mit Wehrgang und Schloss mit einem Teil der vermauerten Laube im Erdgeschoss

Im Jahre 1660 erwarb Markus Putz Freiherr von Adlersthurm die Herrschaft Schrattenthal. Er ließ die militärisch bedeutungslos und im Dreißigjährigen Krieg teilweise zerstörte Wasserburg im Barockstil in das heutige Schloss umwandeln.

Seine Tochter Maria Theresia Esther (* 13. September 1686 in Schrattenthal; † 27. April 1740 in Prag), die seit 24. November 1705 mit Ludwig Reichsgraf von Hartig verheiratet war, vollendete bis 1719 den Bau und ließ im Norden des Schlosses einen Park mit Fasangarten, Jägerhaus und Sommerpavillon anlegen.

Im Jahre 1797 kaufte Johann Jakob Freiherr von Chartard die Herrschaft, veräußerte sie jedoch bereits 1803 an Anton August Reichsgraf von Attems, der einige Umbauten vornehmen ließ. Die Gartentore und das Stiegenhaus stammen aus der Zeit seiner Herrschaft. Nach den Franzosenkriegen wurde der Schlosspark im englischen Stil umgestaltet und erweitert.

In den Jahren 1822 und 1826 war Nikolaus Lenau auf Einladung seines Schwagers Anton Xaver Schurz, der zu dieser Zeit Verwalter der Herrschaft war, im Schloss zu Gast. Eine Tafel bei Eingang zum Torturm erinnert an diese Besuche. Schurz verfasste nach dem Tod von Lenau eine Biografie über den Dichter (1855, 2 Bände), die ein wichtiges Quellenwerk für die Lenau-Forschung darstellt.[3]

Als im Jahre 1848 die Grundherrschaften aufgehoben wurden, wählten die Bürger von Schrattenthal Hermann Graf Attems, den letzten Herrschaftsinhaber, zum Bürgermeister. Im folgten als Schlossherren Friedrich Steininger (1869 - 1871) und Theodor Freiherr von Offermannn, der mehrere Umbauten und Modernisierungen vornehmen ließ. Zwischen 1911 und 1917 war das Schloss im Besitz von Prinz Friedrich von Schönburg-Waldenburg, der auf dem Gelände einen Rennstall unterhielt. Ihm folgte als Guts- und Schlossherrschaft die Familie Schumpeter, welche den Besitz im Jahre 1924 an Ingenieur Erwin Schubert zunächst verpachtete und 1932 verkaufte.

Im Jahre 1945 wurde im Schloss ein russisches Militärlazarett eingerichtet, doch zog die Besatzung ein Jahr später wieder ab.

Das Schloss befindet sich bis heute im Besitz der Familie Schubert. Magister Brigitte Schubert, die Gattin des gegenwärtigen Eigentümers, Doktor Karlheinz Schubert, ist seit dem Jahre 1986 damit beschäftigt, die einzelnen Gebäude des Areals zu restaurieren. In den Bauten des äußeren Schlosshofes sind meist Wohnungen untergebracht.

Baubeschreibung

Plan der Schlossanlage

Die weitläufige Anlage, welche die gesamte Südseite des Stadtgebietes von Schrattenthal einnimmt, besteht aus Wohn- und Wirtschaftsgebäuden sowie Befestigungsanlagen. Im 13. Jahrhundert urkundlich erwähnt, wurde die ursprünglich spätgotische Stadtburg zwischen 1660 und 1719 barockisiert und ab dem 19. Jahrhundert mehrfach aus- und umgebaut.

Umgeben ist die etwa 300 mal 150 Meter große Anlage von einer durch Bastionen verstärkten Bruchsteinmauer aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Etwa drei Fünftel der Gesamtfläche entfällt auf die grossräumige Vorburg, welche durch tiefe, aus dem Fels gehauene Gräben gesichert ist.

Das Schloss

Außen

Der Haupttrakt an der Südseite eines von Wirtschaftsgebäuden umgebenen großen Hofes ist ein zweigeschossiges langgestrecktes Gebäude mit Walmdach und umlaufendem gekehlten Traufgesims. Die Fassade ist durch Lisenen und putzfaschengerahmte Fenster mit gekehlten Sohlbänken gegliedert. Das Wohnschloss stammt im Kern aus der Spätgotik, ist aus der ursprünglichen Wasserburg hervorgegangen und wurde im 17. Jahrhundert durch die Freiherrn von Adlersthurm barockisiert.

An der Südfassade des Nordtraktes haben sich im Erdgeschoss drei verstäbte spätgotische Fenster erhalten. Die ursprünglich vorhandene dreiachsige, offene, spitzbogige Laube wurde später vermauert.

Der Torbau teilt den langen Südosttrakt, der ursprünglich vermutlich als Schüttkasten gedient und wahrscheinlich im 16. Jahrhundert zum Wohngebäude ausgebaut wurde.[1]

Die Schlosskapelle

Die dem Heiligen Martin geweihte geostete Schlosskapelle wurde 1436 bis 1438 erbaut, schließt westlich schräg an das Schloss an und ist mit diesem durch einen kurzen gedeckten Gang verbunden.

Außen

Dreipaßluke im Treppentürmchen

Die nahezu frei stehende Schlosskapelle hat durch den hinter einer Maßwerkbrüstung umlaufenden Wehrgang unter dem hohen Ziegeldach den Charakter einer spätgotischen Wehrkirche. Unterhalb des Wehrganges sind profilierte Spitzbogenarkaden zu Nischen eingefügt, in denen sich die Fenster befinden. Zwischen den einzelnen Nischen stehen starke Strebepfeiler. An der südlichen Hofseite befindet sich oberhalb des profilierten Spitzbogenportals mit spätgotisch beschlagenem Tor ein niedriges dreiteiliges Maßwerkfenster, nach Osten gefolgt von einem hohen dreiteiligen sowie einem hohen zweiteiligen Maßwerkfenster. Ein weiteres zweiteiliges hohes Maßwerkfenster dient der Belichtung des Chores. Unterhalb der Fenster befindet sich ein umlaufendes Kaffgesims. Im unteren Bereich eines Strebepfeilers ist eine Sonnenuhr.

An der Südwestecke der Kapelle ist ein Treppentürmchen mit barockem Aufsatzgeschoss angebaut, das durch eine Wendeltreppe vom Inneren der Kapelle aus erschlossen wird. Über diese Treppe, die ihr Licht über schmale Dreipaßluken erhält, erreicht man auch die Empore. An der Nordwestseite ist am Polygon der Apsis ein weiterer erkerartiger Turmaufsatz mit Pyramidendach und einem Rundbogenfenster angebaut.

Innen

Die Kapelle ist ein dreijochiger Saalbau mit einem 5/8-Schluss. Im westlichen Joch ist eine kreuzrippenunterwöbte Orgelempore, welche zum Kirchenraum hin durch eine Brüstung und einen profilierten Spitzbogen abgeschlossen wird. Brüstung und Orgelfuß sind durch Maßwerk gegliedert. Ein Schulterbogenportal bildet den Zugang zum Treppentürmchen. An der Nordseite sind durch den Einzug von Strebepfeilern zwei Nischen entstanden.

Der Kapellenraum wird durch ein Kreuzrippengewölbe abgeschlossen, dessen Rippen auf den vom umlaufenden Kaffgesims gekappten Rundstabvorlagen ruhen.

Ausstattung

Der Boden besteht aus Rotmarmorplatten, die drei Maßwerkfenster der südlichen Außenmauer und jenes der Apsis sind mit weißen Butzenscheiben verglast.

In der Apsis erhebt sich hinter der schlichten Mensa ein großes aus dem Ende des 16. Jahrhunderts stammendes Kruzifix aus Holz. An der nördlichen Außenmauer befindet sich ein spätgotisches Sakramentshäuschen mit übergiebeltem Tabernakelaufsatz und Rosettengitter, links daneben Stuckfiguren der Heiligen Felix von Cantalice und Johannes Nepomuk aus dem 18. Jahrhundert. Zur Ausstattung gehört ein gotisierendes Gestühl mit spätgotischen Wangen.

Die Orgel wurde im Jahre 1934 innerhalb eines knappen halben Jahres von der Firma Johann M. Kauffmann aus Wien für die Spitalskirche St. Gertrud in Klosterneuburg erbaut. Die Auftragsvergabe erfolgte am 17. Mai 1934, am 4. November 1934 fand die Weihe des Instrumentes durch den damaligen Prälat von Klosterneuburg statt. Im Jahre 1941 wurde die Orgel in die Kirche St. Leopold transferiert, wo sie bis zum Jahre 1990 verblieb. Anschließend war sie in der Servitenkirche in Wien als Zweitorgel in Verwendung. Im Jahre 2002 ging sie schließlich in das Eigentum der Besitzer von Schloss Schrattenthal über.[4]

Das Instrument wird über eine pneumatische Traktur angesteuert und verfügt über acht Register, die sich auf zwei Manuale und Pedal verteilen. Hinter einem fünfachsigen Prospekt steht das Pfeifenwerk in einem nach oben offenen Gehäuse. Die flächige Schauseite wird außen und in der Mitte durch drei Pfeifenpyramiden in Terz-Aufstellung geprägt. Zwei nach außen aufsteigende Flachfelder mit diatonischer Pfeifenaufstellung verbinden die Pyramiden. Die Orgel weist folgende Disposition auf:

I Hauptwerk C–g3
1. Principal 8′
2. Gedeckt 8′
3. Oktav 4′
II Hinterwerk C–g3
4. Gedeckt 8′
5. Salicional 8′
6. Spitzflöte 4′
7. Rauschquinte 22/3
Pedal C–f1
8. Subbass 16′
  • Koppeln:
    • Normalkoppeln: II/I, I/P, II/P
    • Superoktavkoppeln: Super II/I, II/II
    • Suboktavkoppeln: Sub II/I

Umgebung

Benachbarte Burgen bzw. Schlösser sind Ruine Neudegg, Schloss Therasburg, Wasserschloss Oberhöflein und Schloss Fronsburg.

Literatur

  • Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Niederösterreich nördlich der Donau.“ Bearbeitet von Evelyn Benesch, Bernd Euler-Rolle u.a. Verlag Anton Schroll & Co, Wien 1990, ISBN 3-7031-0652-2, S. 1059ff.
  • Die niederösterreichischen Burgen und Schlösser, Bd. 2“ von Georg Binder, Hartleben, Wien 1925
  • 500 Jahre Stadt Schrattenthal“ Festschrift zur 500-Jahrfeier der Stadterhebung von Franz Müller/Anton Resch, herausgegeben von der Gemeinde Schrattenthal, Eigenverlag 1972
  • Von Burg zu Burg in Österreich“ von Gerhard Stenzel, Kremayr & Scheriau, Wien 1973, ISBN 3-218-00229-X.
  • Von Schloß zu Schloß in Österreich“ von Gerhard Stenzel, Kremayr & Scheriau, Wien 1976, ISBN 3-218-00288-5.
  • Knaurs Kulturführer Österreich“, von Franz.N.Mehling, Droemer-Knaur, München 1977
  • Kunst im Lande rings um Wien“ von Franz Eppel, Verlag St. Peter Salzburg 1977, ISBN 3-900173-23-0
  • Schlösser in Österreich I.“ von Laurin Luchner, 1978
  • Schlösser und Burgen im Weinviertel“ von Manfred Jasser u. Peter Kenyeres, Eigenverl. Kulturbund Weinviertel, Anton Gössinger 1979
  • Österreichisches Burgenlexikon“ von Georg Clam-Martinic, Landesverlag Linz 1991/1994, ISBN 3-85214-559-7
  • Das Weinviertel und das Marchfeld“ von Thomas Hofmann, Falter-Verlag Wien 2000, ISBN 3-85439-250-8
  • Burgen-Weinviertel“ von Gerhard Reichhalter/Karin Kühtreiber/Thomas Reichhalter, Freytag & Berndt, Wien 2005, ISBN 3-7079-0713-9
  • Denkmalpflege in Niederösterreich Nr. 36“ (Menschen und Denkmale), 2006

Siehe auch

Commons: Schloss Schrattenthal – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Schrattenthal auf geomix
  2. Dehio S. 1057
  3. Liste der Straßennamen von Wien (Schurzgasse)
  4. aus den Unterlagen der Schlossbesitzer über die Orgel