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Radegunde von Thüringen

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Radegundis (auch Radegund, von Rat und Kampf (althochdt.), * 518, † 13. August 587) war die Tochter von König Berthachar und dessen Frau Amalberga. Sie ist die Schutzheilige der Weber und Töpfer.

Um 528 überfällt König Hermenefried, der Bruder von König Berthachar, dessen Burg Isenstein, tötet ihn und nimmt Radegundis und ihren Bruder gefangen. Die Kinder werden auf die Burg des Siegers gebracht. Radegundis freundet sich mit Hermenefrieds Sohn Amalafried an.

531 werden Radegundis und ihr Bruder nach einem Überfall des Frankenkönigs Theoderich in den königlichen Meierhof Athies an der Somme verschleppt. Die Burg Seithungi (Burgscheidungen) geht bei dem Überfall in Flammen auf. Hier lernt Radegundis die lateinische Sprache, liest Kirchenväter und Dichter. Sie sammelte arme Kinder um sich, wusch sie, gab ihnen zu essen und lehrte sie Lieder und Gebete. Oft zog sie mit ihnen in feierlicher Prozession in die Kirche. Ihr größter Wunsch war, als Märtyrerin zu sterben.

540 erzwingt König Chlothar trotz ihres Abscheus die Heirat mit Radegundis. Er hatte kurz vorher die hinterlassenen Söhne seines Bruders Chlodomer, zehn und sieben Jahre alt, eigenhändig erdolcht, auch hatte er bereits mehrere Frauen. Radegundis flieht, wird aber ergriffen und zurückgebracht.

Auch als Königin lebt Radegundis wie eine Klosterfrau. Ihre golddurchwirkten Kleider schenkt sie der Kirche als Altardecke, bei Tisch lässt sie die Fleischschüsseln vorübergehen und sättigt sich an Bohnen oder Linsen. Oft verspätet sie sich zu den Mahlzeiten, weil sie sich noch in der Kirche aufhält. Die Hofleute spotten, der König habe eine Nonne zum Weib genommen. Sie bat den König auch um Gnade für zum Tode Verurteilte.

550 lässt Chlothar Radegundis' Bruder ermorden. Sie flieht nach Noyon, wo sie von Bischof Medard fordert, sie zur Nonne zu weihen. Der Bischof zögert, Radegundis geht in die Sakristei, legt selbst die Tracht einer Diakonisse an und droht dem Bischof: wenn du Menschen mehr fürchtest als Gott, wird meine Seele von dir gefordert werden. Der Bischof weiht sie zur Nonne. Sie überlässt ihr königliches Gewand der Kirche zu Noyon, zerbricht ihren goldenen Gürtel und verschenkt die Stücke an die Armen.

Anschließend setzt sie ihre Flucht nach Saix und dann nach Poitiers fort. Der Bischof Germanus von Paris bittet den König auf Knien, von der Verfolgung abzulassen. Chlothar schickt den Bischof zu ihr, um sie um Verzeihung zu bitten und lässt ihr sagen, dass er ihren Plan einer Klostergründung unterstützen würde.

552 gründet Radegundis das Kloster Unserer Lieben Frauen in Poitiers nach der Ordensregel des heiligen Cäsarius von Arles. Zweihundert junge Mädchen folgen ihrer Aufforderung zum Eintritt. Sie setzt ihre Freundin Agnes zur Äbtissin ein. Radegundis sucht sich die niedrigsten Dienste: Brennholz tragen, das Feuer mit Blasbalg und Zange schüren, Wasser vom Brunnen holen, Gemüse putzen und waschen. Oft übernimmt sie auch die Krankenpflege außer der Reihe. An zwei Tagen der Woche versammelt sie Arme und Kranke im Badehaus des Klosters, auch die Aussätzigen wäscht sie selbst.

Aber auch das Studium kommt nicht zu kurz. Radegundis ermahnt die Schwestern, zu fragen, wenn sie den Sinn einer Stelle nicht verstehen. Sie predigte auch selbst, ihre Predigten wurden mitgeschrieben und nach ihrem Tod noch vorgelesen.

565 reist der Dichter und Priester Venantius Fortunatur nach Gallien und bleibt in Poitiers. Zwanzig Jahre lang lebt er hier als Radegundis vertrauter Freund. Durch Briefe und Reisen nimmt er gegenüber Königen und Würdenträgern die Interessen des Klosters wahr.

569 sendet der Kaiser von Byzanz ein Stück Holz vom Heiligen Kreuz, das im Kloster deponiert wird. Radegundis benennt es in Abtei zum Heiligen Kreuz um. Fortunatus verfasst ein langes Lobgedicht an das Kaiserpaar. Gleichzeitig verfasst er einen Rundbrief an alle weltlich und geistlich Gebildeten in dem er um Bücher für das Kloster bittet. Ein weiteres Gedicht preist die Jungfräulichkeit gegenüber den Leiden der Ehefrauen und fordert Mädchen zum Eintritt in das Kloster seiner Freundin auf.

Auch heitere Gedichte von ihm an Radegundis sind zahlreich überliefert: Begrüßungsgedichte und Glückwünsche zu Geburtstagen und Kirchenfesten, Entschuldigung für das unterlassen eines Besuches bei schlechtem Wetter, eine Ermahnung an Radegundis, bei Tische Wein zu trinken, wie es der Apostel Paulus auch dem Timotheus empfohlen habe, Dank für eine kunstvoll zugerichtete Sahnespeise, ein mit Honig zubereitetes Kohlgericht, Hühner und Obst. Er bedankt sich auch für Verse von ihr, die leider nicht erhalten sind. Nach Byzanz, an Amalafried, sendet er sein Gedicht "von dem Untergange Thüringens", in dem er nach Angaben von Radegundis den Überfall der Franken schildert. Doch als Antwort erfährt Radegundis, dass ihr geliebter Vetter Amalafried inzwischen gestorben ist.

Am 13. August 587 sirbt Radegundis.

Im Mai 1562 stürmen reformierte Banden die Grabkapelle und plündern sie. Sie sprengen den Sargdeckel und verbrennen einen Teil der Gebeine auf einem Scheiterhaufen mit Chorbüchern und Urkunden der Kirche. Die Gläubigen retten einen Teil der Reliquien und bergen sie in einem Bleikästchen, das später wieder in den Steinsarg verschlossen wird.

Bis heute ist ihre Grabstätte ein beliebter Wallfahrtsort.