Zum Inhalt springen

Neurophilosophie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 16. November 2005 um 15:55 Uhr durch 80.242.180.242 (Diskussion) (Siehe auch). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Als Neurophilosophie wird die Diskussion der Zusammhänge zwischen Gehirnvorgängen und mentalen Phänomenen bezeichnet.

Der Begriff ist aus dem Englischen übernommen, wo er vor allem durch das 1986 erschienene Buch Neurophilosophy von Patricia Churchland bekannt wurde. Weitere Vertreter der eher unter dem Titel Philosophie des Geistes bekannt gewordenen Bemühungen sind Daniel Dennett, John Searle, David Chalmers, im deutschen Sprachraum Ansgar Beckermann, Thomas Metzinger u.a.; auch philosophisch engagierte Hirnforscher wie Gerhard Roth und Wolf Singer sind dieser Richtung zuzurechnen, während der australische Hirnforscher Max Bennett in seinem mit dem Philosophen Peter Hacker verfassten Buch "Philosophical Foundations of Neuroscience" als eher kritischer Teilnehmer an der neurophilosophischen Diskussion auftritt. Die meisten der hier genannten Philosophen verwenden jedoch den Begriff "Neurophilosophie" nicht, oder nur selten in ihren Arbeiten.

Während die Philosophie des Geistes allein durch ihr Thema - Was ist der Geist? - bestimmt ist, steht bei der Verwendung des Begriffs "Neurophilosophie" oft auch eine inhaltliche Positionierung mit im Vorderugrund: Die Neurowissenschaften sind das zentrale Element einer Erklärung des Geistes, nicht die restlichen Kognitionswissenschaften und schon gar nicht eine dualistische Metaphysik. Die Tatsache, dass "Neurophilosophie" weniger durch ein neues Thema als durch eine inhaltliche Positionierung gekennzeichnet ist, führt bei vielen Philosophen zu einer Ablehnung des Begriffs. Sie argumentieren, dass der Begriff eher ein Modewort im Kielwasser der Neurowissenschaften sei, als dass er die Philosophie des Geistes und die Wissenschaftstheorie der Neurowissenschaften um Neues ergänzen würde.

Ein zentrales Thema der Neurophilosophie ist die Beziehung zwischen neuronalen Prozessen und bewusstem Erleben (in Form sogenannter Qualia), das damit einen Teilaspekt des klassischen Leib-Seele-Problems darstellt. Die Besonderheit des Ansatzes der Neurophilosophie liegt in der breiten Akzeptanz der Voraussetzung eines Gehirns als Basis geistiger Phänomene. Ziel ist die Schaffung einer Brückendisziplin, mittels der die naturwissenschaftliche Erkundung mentalen Phänomene, einschließlich formaler Kognition und subjektiv-phänomenaler Wahrnehmungen theoretisch darstellbar wird.

Wichtige Arbeiten sind etwa Consciousness explained von Daniel Dennett sowie An astonishing hypothesis (deutsch: Was die Seele wirklich ist) des Nobelpreisträgers Francis Crick. Vor allem Letzterem ist ein gesteigertes Interesse an allen subjektiven mentalen Vorgängen innerhalb der Neurowissenschaften zu verdanken. Zusammen mit dem amerikanischen Neurobiologen Christof Koch proklamierte er die Herausarbeitung neuronaler Korrelate des Bewusstseins ("neuronal correlates of consciousness'" NCC) als heuristisches Ziel.

Im deutsprachiges Raum veröffentlichte die Frankfurter Allgemeine Zeitung eine Reihe von Beiträgen, die der Interpretation neuerer Experimente gewidmet waren. Die von einem Teil der Hirnforscher gezogenen Schlüsse (Leugnung der Willensfreiheit) beruhen nach Ansicht einiger Philosophen (vergleiche den Beitrag von Jürgen Habermas) auf grundlegenden Kategorienfehlern.

Bibliographie

  • Patricia Churchland: Neurophilosophy - Toward a Unified Science of the Mind/Brain. Bradford Book, 1989,

ISBN 0262530856

Siehe auch