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Jean Löring

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Hans „Jean“ Löring (* 16. August 1934 in Köln; † 6. März 2005 ebenda) war ein deutscher Mäzen und langjähriger Präsident des SC Fortuna Köln.

Werdegang

Hans Löring, der sich selbst Jean Löring nannte und unter diesem Namen bekannt war, wurde von vielen Kölnern auch De Schäng genannt. Nach der mittleren Reife lernte er Elektriker und brachte es bis zum Elektrikermeister. Er spielte nach seiner Ausbildung als Profifußballer. Zwischen Juli 1955 und Juni 1957 war er Verteidiger bei Preußen Dellbrück, Juli 1957 bis Juni 1961 bei dem Nachfolgeverein SC Viktoria 04 Köln, Juli 1961 bis Juni 1962 bei Alemannia Aachen.[1] Im Juli 1962 beendete der Verteidiger seine aktive Karriere wegen Hüftgelenksschädigung. Er errichtete ein später aus 9 Firmen bestehendes Unternehmensimperium, dessen Kern aus der Hans Löring ELRO Elektro- und Rohrleitungsbau GmbH (mit 300 Beschäftigten; 1973) bestand. Das gut organisierte Firmenimperium war seine Haupteinkommensquelle. Zwischen 1967 und 2001 übernahm er den Posten des Präsidenten von SC Fortuna Köln, die unter seiner Präsidentschaft alle 2 Jahre den Aufstieg in die nächsthöhere Liga schaffte.

Wirtschaftlicher und sportlicher Aufstieg

Am 13. Mai 1973 gelang ihm mit Fortuna Köln der Aufstieg in die erste Bundesliga. Aus dieser stieg der Klub jedoch nach einem Jahr wieder ab, wobei Löring selbst nach der Trennung von Volker Kottmann und vor der Verpflichtung von Willi Holdorf drei Spiele lang als Trainer fungierte. Mindestens 5 Mal übernahm er während dieser Zeit das Amt als Trainer oder Interimstrainer.

Er erwarb Anfang der 1970er Jahre von der Dürener Industriellenfamilie Hoesch das Schloss Nideggen (gelegen bei Rath im Kreis Düren), das für repräsentative Zwecke und manch rauschende Feste bereits beim Bundesliga-Aufstieg 1973 genutzt wurde. Allein 1973 finanzierte er den Klub mit rund 2,5 Millionen Mark und führte einen Teil seiner Fußballspieler auf den Lohnlisten seiner Unternehmen.[2] 1975 erwarb er durch Vermittlung seines Freundes und Kölner Finanzmaklers Herbert Ebertz Anteile an den damals maroden Dorint-Hotels.[3] Er errichtete 1978 gegenüber dem Kölner Südstadion - dem Heimspielstadion seines Fußballklubs - eine Tennishalle an der Vorgebirgstraße), im Gebäude waren seine Büros und das Vereinslokal „Bacchus“ untergebracht. Zu jener Zeit befand sich das gegenüber liegende Südstadion im Umbau. Nach dem Wiederabstieg spielte die Fortuna 26 Jahre ununterbrochen in der zweiten Bundesliga. Die Chance auf den Wiederaufstieg wurde 1986 in den Relegationsspielen gegen Borussia Dortmund (2:0, 1:3, 0:8) vergeben.

Größter sportlicher Erfolg der Fortuna unter seiner Präsidentschaft war der Einzug ins DFB-Pokalendspiel gegen den 1. FC Köln am 11. Juni 1983 im ersten reinen Stadtderby (Liste der DFB-Pokalendspiele), das mit 0:1 im Müngersdorfer Stadion verloren ging. Löring bezeichnete die Fortuna gerne als sein Vereinche, sein Engagement als größter Gönner des Vereins kostete ihn über die Jahre geschätzte 15 Millionen Euro. Löring schuf mit unzähligen ehrenamtlichen Helfern die größte Jugendabteilung im DFB. Die heutige Fortuna konnte diese größte private Sozialstation für Köln erhalten und sogar ausbauen.

Abstieg

Jean Löring überschrieb das Schloss 1996 an seine Frau Katharina „Käthe“ Löring (* 1934), sicherte sich jedoch ein Dauerwohnrecht.[4] Er erlitt 1997 einen Herzinfarkt und zog sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück. 1998 trennte er sich von seiner Ehefrau Käthe. Seitdem lebte Löring mit der Unternehmerin Erika Wirtz zusammen. Sein größtes Unternehmen ELRO kriselte ab Dezember 2000 und hatte im Mai 2001 angeblich 4,5 Millionen DM Steuerschulden.[5] Im Mai 2001 sorgten 1,2 Millionen DM Steuerschulden auch bei Fortuna Köln für eine Krise, es kam zur Pfändung (u.a. eines im Vereinslokal „Bacchus“ stehenden Pianos aus 1885). Löring hatte über die Jahre geschätzte 15 Millionen Euro als Mäzen in der Fortuna investiert. Unter anderem trainierten die Kölner Fußball-Idole und ehemaligen Nationalspieler Bernd Schuster und Nationaltorwart Toni Schumacher zu Beginn ihrer Trainerkarriere die Fortuna. Für Aufsehen sorgte Löring, als er Schumacher am 15. Dezember 1999 in der Halbzeitpause des Spiels gegen den SV Waldhof Mannheim beim Stand von 0:2 (Endstand 1:5) entließ. In diesem Zusammenhang soll Löring zu einem Journalisten auf die Frage nach der plötzlichen Entlassung Schumachers geantwortet haben: „Ich als Verein musste reagieren“. Fortunas Schulden stiegen weiter auf 7 Millionen DM, seit 1. April 2001 war der Verein durch Insolvenzabwicklung schuldenfrei. Das Amt des Fortuna-Präsidenten gab er am 13. Juni 2001 auf.

Löring förderte erfolglos die Musicalsängerin Yana Kris-Molina (*1968 in London), die ihn während seiner finanziellen Krise verließ. Sparkassenmanager Johannes Böhne, der 1962 bei der Sparkasse KölnBonn begonnen hatte, übernahm im Mai 2001 die Funktion des Geschäftsführers bei Fortuna Köln. Das Schloss mit einer Wohnfläche von 608 qm ging im Januar 2003 in die Zwangsversteigerung, wobei das Amtsgericht Düren den Verkehrswert auf 2,7 Millionen Euro festlegte und die Gläubigerbank BAG Bankaktiengesellschaft aus Hamm den Zuschlag erhielt.[6] Mit dem Zuschlag hatte Löring sein grundbuchlich gesichertes Dauerwohnrecht verloren, weil das auf 383.000 Euro kapitalisierte Wohnrecht von der Bank im Zuschlag mitersteigert wurde. Die Gläubigerbank war 2009 bereit, für ein Mindestgebot von 995.000 € eine Versteigerung des pompös eingerichteten Schlosses zuzulassen.[7] Fortunas zweite Insolvenz folgte im Januar 2003, auch eine dritte war nicht zu vermeiden.

Der wirtschaftliche Misserfolg und anhaltende Krankheit – sein Krebsleiden wurde bereits 1997 nach einem Herzinfarkt diagnostiziert – und nicht zuletzt auch durch seine Freigiebigkeit für seinen Verein war Löring in den letzten Jahren seines Lebens fast mittellos geworden. Auch dem Verein ging es ohne den langjährigen Mäzen nicht mehr gut: Fortuna Köln stürzte bis in die viertklassige Oberliga ab und musste dort während der Saison 2004/2005 den Spielbetrieb aus finanziellen Gründen einstellen, nachdem die Mannschaft in der gesamten Hinrunde nur drei Punkte auf ihr Konto gebracht hatte.

Am 6. März 2005 starb der langjährige Fußballpräsident aus der Kölner Südstadt und „letzte Patriarch“ des deutschen Fußballs vermögenslos im Kölner Hospiz Dr.-Mildred-Scheel-Haus an Darmkrebs. Er ist auf dem Südfriedhof in Köln-Zollstock begraben.

Einzelnachweise

  1. Weltfussball über Jean Löring
  2. Der Spiegel 26/1973 vom 25. Juni 1973, Gar nicht so jeck, S. 113
  3. Manager-Magazin vom 21. September 2001, Betten-Boomer
  4. Die Welt vom 6. Februar 2003, Löring verbittert und allein zu Haus
  5. Die Welt vom 6. Mai 2001, Löring – Ein Mäzen am Ende
  6. Aachener Zeitung vom 28. Januar 2004, Bank erwirbt Löring-Villa für eine Million
  7. Express vom 13. Mai 2009, Jean Lörings Schloss zum Schnäppchenpreis