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Benchmarking in der Betriebswirtschaft

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Benchmarking ist ein Begriff aus den USA und bedeutet übersetzt „Maßstäbe setzen“. Es ist ein Instrument um Verbesserungsmöglichkeiten durch den Vergleich von Leistungen zu finden. Der Begriff wird sowohl in den Wirtschaftswissenschaften als auch in der angewandten Informatik verwendet.

In den Wirtschaftswissenschaften ist der Benchmark ein Leistungsstandard, ein Maßstab, der mit Hilfe einer Benchmarking-Studie gefunden wird. Benchmarking ist ein kontinuierlicher Prozess um Produkte, Dienstleistungen und Arbeitsprozesse von Unternehmen zu beurteilen und zu verbessern. Das grundsätzliche Ziel des Benchmarking ist die Schwächen des Unternehmens aufzudecken und die Leistungsfähigkeit zu erhöhen.

In der angewandte Informatik ist der Benchmark ein genormtes Testverfahren, das die Leistung zweier gegenübergestellter Programme oder Computer objektiv misst und diese nach bestimmten Kriterien vergleicht.

Wirtschaftswissenschaft

Betriebswirtschaft


Ursprünge des Benchmarking

Benchmarking ist in der Praxis entstanden und ist auf die US-amerikanische Xerox Corporation zurückzuführen: Der amerikanische Kopiererhersteller befand sich Ende der 70er Jahre in einer schwierigen Wettbewerbsposition, bedingt durch Qualitäts- und Kostenprobleme. Der Konkurrent Canon aus Japan brachte einen Kopierer zu einem Verkaufspreis auf den Markt, der wesentlich unter den Herstellkosten für vergleichbare Geräte bei Xerox lag. Die Marktanteile von Xerox fielen auf dem Kopierermarkt steil ab. Aus diesem Grund wandte zum ersten Mal Xerox 1979 das Benchmarking an. Es wurde ein Kopierer der Konkurrenz gekauft, zerlegt und die einzelnen Komponenten mit jenen der eigenen Kopierer verglichen. So konnten die niedrigeren Herstellungskosten der Japaner zu einem großen Teil erklärt werden. In einem nächsten Schritt wurden die Aktivitäten der einzelnen Wertschöpfungsketten im Unternehmen analysiert. Mit dem Ergebnis, dass erhebliche Probleme in den Logistik- und Vertriebsprozessen aufgedeckt werden konnten. Aufgrund dieser ersten Erfolge wurde Benchmarking bald zu einer Hauptsäule der Xerox-Strategie. Seither hat sich das Benchmarking über mehrere Generationen weiterentwickelt und zu unterschiedlichen Erscheinungsformen geführt.

In der Europäischen Union wird das Benchmarking seit Ende 1996 als eine Methode angewandt, um die Leistungskraft der einzelnen Arbeitsmärkte der EU-Länder zu vergleichen. Dabei sollen Schwächen einzelner Mitgliedstaaten offen gelegt und die jeweiligen Regierungen in die Lage versetzt werden, dringend benötigte Reformen durchzuführen.


Gründe für das Benchmarking

Unternehmen wenden Benchmarking aus unterschiedlichen Gründen an:

  • Langfristige Existenzsicherung: Auf zunehmend gesättigten Märkten und in Zeiten globalen Wettbewerbs dient Benchmarking einer langfristigen Existenzsicherung und zwar durch das sich Messen an internationalen Leistungsgrößen und umfasst einen Lern- und Umsetzungsprozess durch Erfahrungsaustausch.
  • Prognose: Benchmarking-Informationen werden auch dazu verwendet, den Zustand des Markts zu beurteilen und Marktpotentiale zu prognostizieren. Bsp.: Trends bei der Entwicklung von Produkten/Dienstleistungen, Verbraucherverhalten.
  • Neue Ideen: Benchmarking zwingt ein Unternehmen dazu über Vorgehensweisen und Strategien anderer Unternehmen nachzudenken. Damit kommt das Unternehmen zu einem Außerhalb-der-vier-Wände-Denken.


Ziele des Benchmarking:

  • Stärken und Schwächen des Unternehmens aufzeigen
  • Positionierung des Betriebes im Vergleich zum Wettbewerb
  • Maßnahmenplan zur Leistungsverbesserung erstellen und umsetzen


Erscheinungsformen

1. Benchmarking-Formen nach dem Merkmal „Benchmarking-Partner“:

  • Internes Benchmarking: Hier findet der Vergleich von Benchmarking-Objekten entweder innerhalb eines Unternehmens oder mit assoziierten Unternehmen statt. Es werden bspw. Prozesse, Methoden oder Unternehmenseinheiten miteinander verglichen
  • Externes Benchmarking: Externes Benchmarking wird mit Partnern durchgeführt, die außerhalb des eigenen Unternehmens stehen.

Formen davon sind:

- Konkurrenzorientiertes Benchmarking

- Branchenorientiertes Benchmarking

- Funktionsorientiertes Benchmarking (Generic Benchmarking)


2. Benchmarking-Formen nach dem Merkmal „Benchmarking-Objekt“:

  • Produkt-Benchmarking
  • Prozess-Benchmarking
  • Organisations-Benchmarking


Phasen des Benchmarking

1. Zielsetzungs-/Vorbereitungsphase:

  • Festlegung des Benchmarking-Objektes
  • Nominierung des Benchmarking-Teams
  • Suche und Auswahl des Benchmarking-Partners

2. Vergleichsphase:

  • Festlegung von Größen zur Leistungsbeurteilung
  • Ermittlung und Analyse der Leistungslücke

3. Umsetzungsphase:

  • Definition von Zielen und Strategien zur Lückenschließung
  • Festlegung von Aktionsplänen zur Umsetzung

4. Kontrollphase:

  • Ergebnis- und Fortschrittskontrolle

Volkswirtschaft


Hier geht es um die Wettbewerbsfähigkeit von:

  • Regionen (z. B. Bundesländern)
  • Branchen
  • Staaten (z. B. nationale Arbeitsmärkte in der EU s. o.)

Benchmarking-Ergebnisse werden u. a. im World Competetiveness Report veröffentlicht.


Angewandte Informatik

Benchmarkings sind genormte Testverfahren, mit deren Hilfe man die Leistung von EDV-Systemen oder Systemklassen ermitteln und diese nach bestimmten Kriterien miteinander vergleichen kann. Bekannt sind die Benchmark-Tests für die Hardware-Leistung bei Computersystemen.


Ursprünge der Hardware-Benchmark-Tests


  • 70er-Jahre: Messung in Mips und Flops
  • Frühe 80er-Jahre: Messung in Dhrystones und Whetstones
  • Seit 1989: Anwendungs-Benchmark-Tests der SPEC. Es handelt sich um eine Serie von Anwendungen (z.B. neuronale Netze, finite Elemente, Videoenkodierung usw.), die in Integer-bezogene (SpecInt) und Floatingpoint-bezogene (SpecFp)-Programme eingeteilt werden. Entsprechend bilden das Endergebnis der Tests immer zwei Zahlen, die die Leistung bezogen auf eine Referenzmaschine (Benchmark) angeben. Bei Spec2000 ist dies z.B. eine Sun UltraSparcIIi/256MB.

Hardware-Benchmarktests schließen traditionell nur CPU- und Speicherzugriffsleistung ein. Grafikkarte, Massenspeicher usw. werden nicht getestet.

Die nächste Spec-Aktualisierung soll laut Auskunft der Standard Performance Evaluation Corporation 2006 erfolgen. Die Auswahl der einzelnen Benchmark Bestandteile ist mittlerweile abgeschlossen.


Beispiel für Hardware-Benchmarks


Tabelle einiger Dhrystone-Werte als Beispiel für Hardware-Benchmarks:

Typ Mikroprozessor Betriebssystem Compiler Dhrystones/sec., no reg Dhrystones/sec., reg
IBM PC/XT 8088-4.77Mhz PC/IX cc 257 287
VAX 11/780 UNIX 5.2 cc 1515 1562
Compaq PIII/450 NT4 TCC 3.1/286/287 71428
Compaq PIII/450 NT4 wcc 10.5/-otexan-fp5 250000
FMS AthlonXP1800 SUSE 8.1 gcc 2016129
FMS AthlonXP1800 SUSE 8.1 gcc -O3 5050505


Sinnverwandte Begriffe

Literatur

  • Handwörterbuch Unternehmensführung und Organisation/hrsg. von Georg Schreyögg, Stuttgart: Schäffer-Poeschel, 2004, ISBN 3-7910-8050-4
  • Füser, Karsten: Modernes Management: Lean Management, Business Reengineering, Benchmarking und viele andere Methoden, ISBN 3-406-47970-7
  • Straub, Rolf: Benchmarking: eine Darstellung des Benchmarking als modernes Instrument zur Leistungsverbesserung, 1997
  • Bichler, Klaus: Logistik-Controlling mit Benchmarking: Praxisbeispiele aus Industrie und Handel, Wiesbaden: Gabler, 1994, ISBN 3-409-13764-5
  • Benchmarking: Spitzenleistungen durch Lernen von den Besten, Stuttgart: Schäffer-Poeschel, 1996, ISBN 3-7910-0805-6
  • Böhnert, Arndt-Alexander: Benchmarking: Charakteristik eines aktuellen Managementinstruments, Hamburg: Kovač, 1999, ISBN 3-86064-901-9


  • Gunnar Siebert, Stefan Kempf: Benchmarking, Hanser Wirtschaft, München 2002, ISBN 3446218505.
  • James G. Patterson: Grundlagen des Benchmarking, die Suche nach der besten Lösung, Wien 1996, ISBN 3706402513.
  • Xerox Corporation: Leadership through quality: Implementing competitive benchmarking, Stamford CT, 1987.
  • James P. Womack, Daniel T. Jones, Daniel Roos: Die zweite Revolution in der Autoindustrie, Frankfurt/Main 1994, ISBN 359335120X.
  • Amann, M.; Schneider, D. (2005): McKinsey und andere Beratungsgesellschaften im SRD-Benchmarking, Bericht aus dem empirischen Forschungsprojekt "Unternehmensberatungen im Benchmarking mit Success Resource Deployment" am Kompetenzzentrum für Unternehmensentwicklung und -beratung, KUBE e.V., Kempten.
  • Schneider, D.; Philipp, A. (2004): Benchmarking der Hersteller-Händler-Beziehung in der Sportartikelindustrie - Adidas, Asics, Puma, Nike, Reebok und New Balance im KUBE-SRD-Benchmarking, in: controller magazin, S. 255 - 259.
  • Schneider, D.; Zeprzalka, M. (2004): Benchmarking von Airlines mit Success Resource Deployment - Ergebnisse einer empirischen Studie über British Airways, Lufthansa, LOT, Deutsche BA, Ryanair, LTU und Hapag Lloyd, in: Internationales Verkehrswesen, S. 272 - 276.
  • Herzog, Alexander; Schneider, Dietram (2005): Ferrari und Maserati im SRD-Benchmarking, Bericht aus dem gleichnamigen Forschungsbericht des Kompetenzzentrums für Unternehmensentwicklung und -beratung, KUBE e.V., Kempten.
  • Przybilla, Rüdiger P. (2002): Benchmarking als Wettbewerbssurrogat in der öffentlichen Abfallwirtschaft, Eul, Köln.
  • R. Boutellier, S. M. Wagner, H. P. Wehrli (2003): Handbuch Beschaffung (Strategien, Methoden, Umsetzung), Carl Hanser Verlag München Wien, ISBN 3-446-21821-1