Bodeneffekt
Als Bodeneffekt (engl. ground effect) bezeichnet man ein physikalisches Phänomen, das ein umströmter Körper in Bodennähe erfährt. Hierbei kann je nach Form des umströmten Körpers zusätzlicher dynamischer Auftrieb oder auch Abtrieb entstehen.

Prinzip

Der Luftspalt zwischen Flügelhinterkante und Boden verringert sich, je geringer der Bodenabstand ist. Die Luft wird gestaut und die Strömung unter dem ganzen Flügel abgebremst. Dadurch steigt dort der Druck, was zu einer größeren Auftriebskraft führt. Gleichzeitig wandert der Auftriebsschwerpunkt nach hinten. Der Bodeneffekt beruht also darauf, daß sich unter der Tragfläche in Bodennähe ein Luftpolster bildet, das sich mit dem Fahrzeug (Flugzeug) vorwärts bewegt. Dabei wächst das Auftriebs-Widerstandsverhältnis bei Annäherung an den Boden auf das 2,5 - 3-fache. Es kommt also zu einer Verbesserung des Wirkungsgrades einer Tragfläche, welche Auftrieb erzeugt.
Strömungstechnisch betrachtet läßt sich der Bodeneffekt so beschreiben:
Die Druckverteilung am Profil ändert sich und führt zu einer Verringerung des induzierten Widerstands. Der Widerstand eines Tragflügels setzt sich zusammen aus dem Reibungswiderstand, der abhängig ist von der Profilform und der Oberflächenbeschaffenheit, und dem induzierten Widerstand. Durch den Druckausgleich zwischen Ober- und Unterseite, entstehen an den Rändern des Flügels Wirbel.

So entsteht hinter dem Flügel ein Wirbelband und Randwirbel, welche die Luft hinter dem Flügel nach unten beschleunigen. Die durch diesen Druck entstandene Kraft wirkt senkrecht zum Geschwindigkeitsvektor. So entsteht neben dem Auftrieb noch eine der Bewegungsrichtung entgegengesetzte Kraft, der induzierte Widerstand. In Bodennähe ist kaum noch Platz für die Luft, um nach unten zu strömen und sie wird gezwungen, fast horizontal wegzufließen. Damit wird der induzierte Widerstand kleiner. Somit kann Energie, die zur Überwindung des induzierten Widerstandes benötigt wird, eingespart werden.
Der Effekt wurde schon Anfang des 20. Jahrhunderts mit Beginn der Fliegerei erkannt.
Vorkommen des Bodeneffekts
Landfahrzeuge
Eine weitere Anwendung des Bodeneffektes ist im Motorsport zu finden. Bei sehr schnellen Fahrzeugen, wie den Rennwagen in der Formel 1, ist das Chassis sehr tief gelegt, sodaß sich der Boden des Autos nur einige Zentimeter über dem Asphalt befindet. Durch den dann auftretenden negativen Bodeneffekt (sogenannter Deckeneffekt) wird der Anpressdruck des Fahrzeugs auf die Fahrbahn erhöht.
Fliegerei
- Flächenflugzeuge
In Bodennähe verändern sich die aerodynamischen Verhältnisse von Tragflächen. Der Auftrieb wird vergrößert, der Auftriebsschwerpunkt wandert nach hinten und der Luftwiderstand wird kleiner. Bei Flügen mit einem Tiefdecker in Bodennähe führt der Bodeneffekt dazu, daß das Flugzeug wesentlich länger schwebt, als das beispielsweise bei einem Hochdecker der Fall ist. Dieses muß ein Pilot bei der Landung mit Tiefdeckern, insbesondere auf kurzen Landebahnen berücksichtigen.
Segelflugzeuge können im Bodeneffekt eine wesentlich größere Strecke, als dem Gleitwinkel entspräche, zurücklegen. Das wird von Segelfliegern gerne als Abschlußlandung genutzt, um am Abend mit dem Flugzeug über den gesamten Platz schwebend bis dicht an die Abstellhalle zu gelangen.
Faustregel: Der Bodeneffekt tritt auf, wenn die Flughöhe gleich oder kleiner als die halbe Spannweite des Tragflügels ist.

- Helikopter
In Leistungsbeschreibungen von Hubschraubern kann man die Begriffe HIGE (engl. für hovering in ground effect) und HOGE (engl. für hovering out of ground effect) finden. Diese Ausdrücke werden typischerweise benutzt, wenn über die Arbeitsgrenzen von Helikoptern bezogen auf die notwendige Motorkraft berichtet wird. Genauso wie bei den Tragflächen von Flugzeugen gibt es bei Helikoptern einen Bodeneffekt in Bodennähe, der als Ergebnis einer Interaktion der abwärts gerichteten Luftströmung des Hauptrotors mit dem Boden für einen erhöhten Auftrieb verantwortlich ist. Luft sinkt von oben in die Rotorscheibe, wird abwärts beschleunigt und trifft auf dem Boden auf. Da der Boden die Luft an einer schnellen Abströmung behindert, wird der Helikopter zusätzlich angehoben. Gleichzeitig kommt es zu einer Reduzierung der Rotorspitzenwirbel.
Der Bodeneffekt bei Hubschraubern kommt vor, wenn sich der Helikopter innerhalb einer halben bis ganzen Rotorspannweite über Grund befindet (HIGE). Er ist weniger effektiv über Wasser und hohem Gras, da diese Oberflächen energieabsorbierend wirken und gar nicht vorhanden, wenn sich der Heli in größerer Höhe bewegt (HOGE). Letzteres bedeutet notwendigerweise einen höheren Leistungsbedarf und größeren Treibstoffverbrauch.
Der Bodeneffekt hat für die Arbeitsgrenzen von Hubschraubern durchaus eine Bedeutung. Wenn bei limitierenden Faktoren wie einer hohen Gewichtsbelastung, Abheben von einem hoch gelegenen Platz oder bei hoher Temperatur gestartet werden muß, kann der Bodeneffekt durch die zusätzliche gelieferte Auftriebskraft diese Arbeitsgrenzen erweitern und so das Abheben in manchen Fällen überhaupt erst ermöglichen.
Seefahrt
Der Bodeneffekt wird auch von den eigenartigen Bodeneffektfahrzeugen, die eher einem Flugzeug als einem Schiff ähneln, genutzt, indem diese Fahrzeuge mit der Flügelhinterkante möglichst dicht über der Wasseroberfläche wie auf einem rollenden Polster dahingleiten. Eine ausführliche Beschreibung ist dort zu finden.
Literatur
K.Knowles, D.T.Donoghue and M.V.Finnis, A Study of Wings in Ground Effect, RAeS Vehicle Aerodynamics Conference, Loughborough University, 18-19 July 1994
K.Knowles and D.Bray, Ground Vortex Formed by Impinging Jets in Cross-flow, AIAA Journal of Aircraft, 30, 6, pp 872-878, November-December 1993
K.Knowles, Impinging of Jet Flowfields for STOVL Ground Effect Research, RAeS Industry-University Aerodynamics Research Forum, London, 9 January, 1992
K.Knowles and D.Bray, Recent Research into the Aerodynamics of ASTOVL Vehicles in Ground Environment, Proceedings IMechE Part G: Journal of Aerospace Engineering, 205, G2, pp 123-131, 1991
Lawson N.J., Knowles K., Hart R.J.E., Wray J.N., Eyles J.M. An Experimental Investigation Using PIV of the Underflow of a GA(W)-1 Aerofoil Section in Ground Effect, 4th MIRA International Vehicle Aerodynamics Conference, Session 6B, Warwick, 16-17 October, 2002