Absorptionsgrad
Der Absorptionsgrad, auch: Absorptionsfaktor, Absorptionskoeffizient, Absorption, Schluckgrad gibt an, welcher Teil des auftreffenden Schalls von der "Wand" überwiegend als Wärme aufgenommen wird und zum Teil durch die Raumwände nach außen übertragen wird.
Schallwellen
Der Absorptionsgrad α gibt an, wie groß der absorbierte Anteil zum einfallenden Schall ist. α = 0 bedeutet, es findet keine Absorption statt, der gesamte einfallende Schall wird reflektiert (totale Reflexion = "schalltoter" Raum). Bei α = 0,5 wird 50 % der Schallenergie absorbiert und 50 % reflektiert. Bei α = 1 wird der komplette einfallende Schall absorbiert (Beispiel: offenes Fenster), das heißt, eine Reflexion findet nicht mehr statt. Normalerweise liegen die Werte je nach Schallschlucksystem zwischen 0,2 und 0,8. α ist stark frequenzabhängig vom Oberflächenmaterial.
Gelegentlich werden Werte vom Schallabsorptionsgrad α größer 1, also > 100% angegeben. Dieses wird unter praxisnahen Bedingungen bestimmt und trägt der Tatsache Rechnung, dass die wirksame Fläche eines Absorbers etwas größer ist, als seine geometrische Fläche.
Elektromagnetische Strahlung
Von der auf die Oberfläche eines Körpers treffenden Strahlung wird in der Regel ein Teil reflektiert, ein Teil durch den Körper durchgelassen und der Rest absorbiert. Die absorbierte Energie vermehrt die innere Energie des Körpers. Der Absorptionsgrad (auch Absorptionskoeffizient bzw. spektraler Absorptionskoeffizient SAK) gibt an, welcher Bruchteil der auftreffenden Strahlung absorbiert wird. Er kann Werte zwischen 0 und 1 annehmen, die Extremwerte 0 und 1 werden in der Praxis nur näherungsweise erreicht. Der Absorptionsgrad kann von der Einstrahlrichtung und der Frequenz der einfallenden Strahlung abhängen. Je nachdem, ob diese Richtungs- und Frequenzverteilungen explizit berücksichtigt werden sollen oder nicht, lassen sich vier verschiedene Absorptionsgrade angeben.
Gerichteter spektraler Absorptionsgrad
Die spektrale Bestrahlungsdichte (Einheit: W m-2 Hz-1 sr-1), der ein Körper ausgesetzt ist, gibt an, welche Strahlungsleistung bei der Frequenz aus der durch den Polarwinkel und den Azimutwinkel gegebenen Richtung pro Flächeneinheit, pro Einheits-Frequenzintervall und pro Raumwinkeleinheit auf den Körper trifft.
Der gerichtete spektrale Absorptionsgrad eines Körpers gibt an, welcher Bruchteil der bei der Frequenz aus der durch die Winkel und gegebenen Richtung einfallenden spektralen Bestrahlungsdichte von einem Oberflächenelement des Körpers absorbiert wird:
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Der gerichtete spektrale Absorptionsgrad ist eine Materialeigenschaft und hängt nicht von den Eigenschaften der (aus äußeren Strahlungsquellen stammenden) spektralen Bestrahlungsstärke ab. Er ist in der Regel richtungs- und frequenzabhängig und wird auch von der Oberflächenbeschaffenheit des Körpers (z.B. Rauigkeit) stark beeinflusst.
Hemisphärischer spektraler Absorptionsgrad
Die spektrale Bestrahlungsstärke (Einheit: W m-2 Hz-1), der ein Körper ausgesetzt ist, gibt an, welche Strahlungsleistung bei der Frequenz aus dem gesamten Halbraum pro Flächeneinheit und pro Einheits-Frequenzintervall auf den Körper trifft:
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Der Kosinusfaktor berücksichtigt den Umstand, dass bei Einstrahlung aus einer beliebigen durch und gegebenen Richtung nur die auf dieser Richtung senkrecht stehende Projektion der Fläche als effektive Empfangsfläche auftritt. ist ein Raumwinkelelement: .
Der hemisphärische spektrale Absorptionsgrad eines Körpers gibt an, welcher Bruchteil der bei der Frequenz aus dem Halbraum einfallenden spektralen Bestrahlungsstärke von einem Oberflächenelement des Körpers absorbiert wird:
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Gerichteter Gesamt-Absorptionsgrad
Die Bestrahlungsdichte (Einheit: W m-2 sr-1), der ein Körper ausgesetzt ist, gibt an, welche Strahlungsleistung auf allen Frequenzen aus der durch die Winkel und gegebenen Richtung pro Flächeneinheit und pro Raumwinkeleinheit auf den Körper trifft:
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Der gerichtete Gesamtabsorptionsgrad eines Körpers gibt an, welcher Bruchteil der auf allen Frequenzen aus der durch die Winkel und gegebenen Richtung einfallenden Bestrahlungsdichte von einem Oberflächenelement des Körpers absorbiert wird:
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Hemisphärischer Gesamt-Absorptionsgrad
Die Bestrahlungsstärke (Einheit: W m-2), der ein Körper ausgesetzt ist, gibt an, welche Strahlungsleistung auf allen Frequenzen aus dem gesamten Halbraum pro Flächeneinheit den Körper trifft:
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Der hemisphärische Gesamt-Absorptionsgrad eines Körpers gibt an, welcher Bruchteil der auf allen Frequenzen aus dem Halbraum einfallenden Bestrahlungsstärke von einem Oberflächenelement des Körpers absorbiert wird:
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Alle Strahlgrößen und Absorptionsgrade können natürlich auch als Funktion der Wellenlänge anstatt der Frequenz formuliert werden.
Eigenschaften
Der gerichtete spektrale Absorptionsgrad beschreibt die Richtungs- und Frequenzabhängigkeit der Strahlungsabsorption. Der hemisphärische spektrale Absorptionsgrad beschreibt nur die Frequenzabhängigkeit, der gerichtete Gesamtabsorptionsgrad nur die Richtungsabhängigkeit und der hemisphärische Gesamtabsorptionsgrad nur die insgesamt absorbierte Strahlungsleistung.
Nur der gerichtete spektrale Absorptionsgrad ist eine Materialeigenschaft des betrachteten Körpers. Die anderen Absorptionsgrade hängen auch von der (durch äußere Strahlungsquellen bestimmten) Richtungs- und Frequenzverteilung der einfallenden Strahlung ab. So hat beispielsweise weisser Lack im sichtbaren Frequenzbereich einen geringen spektralen Absorptionsgrad, absorbiert also von einfallender Sonnenstrahlung nur einen geringen Anteil: der Gesamtabsorptionsgrad ist für Strahlung in diesem Frequenzbereich niedrig. Im langwelligen Infrarot hingegen hat er einen hohen spektralen Absorptionsgrad, absorbiert also von einfallender (bei Raumtemperatur emittierter) Wärmestrahlung einen hohen Anteil: der Gesamtabsorptionsgrad ist für Strahlung in diesem Frequenzbereich hoch.
Nach dem Kirchhoffschen Strahlungsgesetz ist für jeden Körper der gerichtete spektrale Absorptionsgrad gleich dem gerichteten spektralen Emissionsgrad. Für die anderen Absorptions- und Emissionsgrade gilt die Gleichheit nur unter zusätzlichen Voraussetzungen.
Ein ideal absorbierender Körper, der alle auf ihn treffende elektromagnetische Strahlung vollständig aufnimmt, wird Schwarzer Körper genannt. Er ist nach dem Kirchhoffschen Strahlungsgesetz auch ein idealer Emitter, der die größte physikalisch mögliche thermische Strahlungsleistung abgibt. Die abgegebene Strahlung hat zudem eine universelle Frequenzverteilung, die durch das Plancksche Strahlungsgesetz beschrieben wird.
Ein Körper, dessen gerichteter spektraler Absorptionsgrad nicht von der Richtung abhängt, ist ein diffuser Absorber. Ein Körper, dessen gerichteter spektraler Absorptionsgrad nicht von der Frequenz abhängt, ist ein Grauer Körper. In beiden Fällen ergeben sich oft erhebliche Vereinfachungen für Strahlungsberechnungen, so dass reale Körper oft - soweit möglich - näherungsweise als diffuse Absorber und Graue Körper betrachtet werden.
Tabelle
Absorptionsgrade für Sonnenstrahlung:
Aluminium, poliert | 0,20 |
Asphalt | 0,93 |
Blätter, grün | 0,71..0,79 |
Dachpappe, schwarz | 0,82 |
Eisen, verzinkt | 0,38 |
— , rau | 0,75 |
Gold, poliert | 0,29 |
Kupfer, poliert | 0,18 |
— , oxidiert | 0,70 |
Marmor, weiss | 0,46 |
Schiefer | 0,88 |
Schnee, sauber | 0,20..0,35 |
Silber, poliert | 0,13 |
Ziegel, rot | 0,75 |
Zinkweiss | 0,22 |
Literatur
- Baehr, H.D., Stephan, K.: Wärme- und Stoffübertragung, 4. Auflage. Springer-Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-540-40130-X; Kap. 5: Wärmestrahlung