Schrift

Schrift dient der Kommunikation und der Konservierung von sprachlicher Information. Mit einem vereinbarten, festgelegten Zeichensystem werden Informationen auf einen Träger geschrieben und somit chiffriert und können von diesem wieder abgelesen, sprich dechiffriert werden.
Schrift bedeutet umgangssprachlich auch eine Schriftart (gestalteter Zeichensatz, Typografie), eine Schriftdatei (Computertechnik), eine Handschrift (Schriftbild : »ich kann deine Schrift nicht lesen«), schriftliche Werke (»Goethes Schriften zur Farbenlehre«) und dient als Eigenname für religiöse Texte (»Heilige Schrift«)
Siehe auch: Inschrift, Blindenschrift
Definition
Man unterscheidet:
- Alphabetschrift – die grundlegende Beziehung hier ist: ein Zeichen entspricht einem Laut (bzw. Phonem)
- Silbenschrift – hier entspricht weitgehend ein Zeichen einer Silbe
- Logogramme – ein Zeichen steht hier in der Regel für ein Wort bzw. für eine Aussage oder Anweisung
Alphabet- und Silbenschriften sind mehr oder weniger phonologisch, also lautbasiert. Logogramm- oder Ideogramm-Schriften sind hingegen eher bedeutungsbasiert: das Schriftzeichen entspricht eher einer bestimmten Bedeutung als einem bestimmten Laut. Beispiele für eine solche Schrift sind die arabischen Ziffern (1,2,3 ...), mathematische Symbole, Verkehrszeichen, Piktogramme, Gefahrensymbole. Diese sind international, also über Sprachgrenzen hinweg, verständlich.
Bei den Alphabetschriften unterscheidet man zwischen Alphabetschriften im engeren Sinne und Konsonantenschriften, bei denen nur die Konsonanten bezeichnet werden. Bei ersteren kann man noch zwischen solchen unterscheiden, in denen jeder Laut ein gleichberechtigtes Zeichen erhält, wie in der lateinischen Schrift, und solchen, in denen Vokale als obligatorische Hilfszeichen von Konsonanten auftauchen, wie in indischen Schriften. Diese sind also in gewisser Weise das Bindeglied zwischen Alphabetschriften im engeren Sinne und Konsonantenschriften, in gewisser Weise auch zu den Silbenschriften. Manche Sprachen nutzen gemischte Schriften, die Züge von zwei oder allen drei Schriftsystemen haben, oder mehrere Schriften nebeneinander.
Eine Besonderheit bilden die Geheimschriften, die zur verschlüsselten Informationsübertragung verwendet werden.
Schriftfamilien
Schrifttyp | Symbolbedeutung | Beispielschrift |
---|---|---|
Logografisch | Morphem | chines. Hanzi |
Silbisch | Silbe | Katakana |
Alphabetisch | Phonem | Latein |
Abugida | Konsonant + Vokal, Vokal | Devanāgarī |
Abjad | Konsonant | Arabisch |
Phonetisch | Phonetische Funktion | Koreanisch |
Entwicklung
Vor der Entwicklung der Schrift war Jahrtausende lang die mündliche Überlieferung von wesentlichen Inhalten üblich. Sie barg schon immer gewisse Risiken in sich. Eine mögliche Sinnentstellung des ursprünglichen Quelleninhaltes und das Weglassen oder Hinzufügen von Inhalten sind in der mündlichen Vermittlung des jeweils einzelnen Erzählers immanent enthalten. Psychologische, soziale und kulturelle Faktoren spielen bei der mündlichen Überlieferung eine wesentliche Rolle. Weltweit wurden seit jeher überlebenswichtige Informationen, aber auch geheimes Wissen, Rituale, Mythen, Legenden und Sagen mündlich weitergegeben (wie u.a. die Geschichte von der großen Sintflut), die einen ähnlichen Kern aufweisen, in ihren Details aber beträchtlich voneinander abweichen können. Auch heute noch existieren Kulturen, in denen die mündliche Überlieferung von Traditionen und Wissen üblich ist. Bei den Aborigines in Australien steht das mündliche Zeugnis sogar im Vordergrund, obwohl sie in engem Kontakt mit einer schreibenden Kultur stehen. Die wortwörtliche Wiedergabe an nachfolgende Generationen trägt dazu bei, eigene Kultur und Werte zu bewahren, und charakterisiert zugleich eine Besonderheit dieser Kultur. Gemeinsam mit der Fähigkeit des Lesens bilden Schreiben, Schrift und Rechnen die Grundlage von Tradition, Kultur und Bildung durch die mittelbare Weitergabe von Wissen. Die Erfindung der Schrift gilt als eine der wichtigsten Errungenschaften der Zivilisation, da sie die Überlieferung von Wissen und kulturellen Traditionen über Generationen hinweg erlaubt, und deren Erhaltung (je nach Qualität des beschrifteten Materials) über einen langen Zeitraum garantiert. Alle bekannten Hochkulturen (Sumer, Ägypten, Indus-Kultur, Reich der Mitte, Amerika) werden mit der Verwendung der Schrift in Verbindung gebracht.
Traditionell wird Sumer als die Kultur genannt, in der die Schrift erstmals verwendet wurde. Die wohl ältesten Schriftfunde stammen von dem Fundort Uruk aus Abfallschichten unter der sogenannten Uruk-III-Schicht. Sie werden somit ins 4. Jahrtausend vor Christus datiert. Es handelt sich dabei um Wirtschaftstexte. Die verwendete Schrift lässt allerdings keine Rückschlüsse auf die Sprache zu, es ist daher falsch, diese Schrift im strengen Sinne als sumerisch zu bezeichnen. Nur wenige Forscher glauben, daß es sich bei den spärlichen Symbolzeichen der Vinča-Kultur, die in das 5. Jahrtausend v. Chr. datiert werden, um eine tatsächliche Schrift handelt. Die ägyptischen Hieroglyphen werden oft als eine aus Vorderasien importierte Idee angesehen; neuere Funde von Günter Dreyer in Ägypten stellen diese Lehrmeinung allerdings in Frage, und er vermutet eine eigenständige Erfindung. In China und Mittelamerika (Maya) wurde die Schrift ebenfalls unabhängig entwickelt.
Andere Ausprägungen der Schrift sind meistens direkte Übertragungen von einer Kultur zu einer anderen (etwa die Entwicklung des lateinischen aus dem griechischen Alphabet). In einigen Fällen hat die Beobachtung, dass eine fremde Kultur eine Schrift besitzt, die Entwicklung einer eigenen Schrift bewirkt (die Silbenschrift der Cherokee).
Der uns heute bekannten Schrift gehen Felszeichnungen, z.B. in der Höhle von Lascaux, vor ca. 20 000 Jahren voraus. Seit Zehntausenden von Jahren benutzen Menschen Zeichen oder Bilder, um Botschaften zu hinterlassen. Von Schrift kann aber erst gesprochen werden, wenn ein festgelegtes Zeichensystem zum Ausdruck für verschiedene Informationen zur Verfügung steht. Bereits in der Jungsteinzeit (Neolithikum) wurden Steine mit geometrischen Linien hergestellt, von denen die Forschung mit einiger Gewissheit sagen kann, dass sie zum Zählen dienten. Diese Steine wurden entsprechend lateinisch calculi genannt, woraus sich das französische calcul (Rechnen, Rechnung) und das deutsche kalkulieren ableiten.
Zur Entwicklung der Schreibschrift in Deutschland siehe Schreibschrift
Schriftklassifikation
In der westlichen Welt gibt es verschiedene Schriftklassifikationsmodelle, die voneinander teils erheblich abweichen. Davon sind in Deutschland insbesondere zwei Modelle gebräuchlich:
DIN 16518
Die Norm DIN 16518 aus dem Jahr 1964 teilt Bleisatzschriften in elf Gruppen ein:
- Venezianische Renaissance-Antiqua (Stichwort Antiqua)
- Französische Renaissance-Antiqua
- Barock-Antiqua
- Klassizistische Antiqua
- Serifenbetonte Linear-Antiqua (Egyptienne)
- Serifenlose Linear-Antiqua (Grotesk)
- Antiqua-Varianten
- Schreibschriften
- Handschriftliche Antiqua
- Gebrochene Schriften
- Fremde Schriften
Die Schriftklassifikation entspricht dabei der historischen Entwicklung und berücksichtigt besonders detailliert die im deutschen und westeuropäischen Sprachbereich üblichen lateinischen Schriften. In anderen Ländern gibt es vergleichbare Einteilungen.
Matrix Beinert
Ein modernes Schriftklassifikationsmodell für das Electronic Publishing ist die Matrix Beinert, welche 2001 vom deutschen Typographen Wolfgang Beinert erarbeitet wurde. Sie ordnet westeuropäische Druck- und Bildschirmschriften sowie Bildzeichen in eine Matrix von neun Hauptgruppen.
Literatur
Eine besondere Herausforderung stellt die Entzifferung alter Schriften dar. Oft gelingt sie, wenn ein Text mit Übersetzungen gefunden wird, oder wenn man die Sprache oder einen Dialekt der Sprache kennt. Viele Schriften konnte man entziffern, eine Reihe geben aber noch Rätsel auf.
Bücher
- Hadumod Bußmann: Lexikon der Sprachwissenschaft. Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-520-45201-4
- Florian Coulmas: The Blackwell Encyclopedia of Writing Systems. Blackwell, New York, 1996, ISBN 0-631-21481-X
- Florian Coulmas: Writing Systems. An Introduction to their linguistic analysis. Cambridge University Press, Cambridge 2003, ISBN 0-521-78737-8
- Werner Ekschmitt: Das Gedächtnis der Völker. Hieroglyphen, Schriften und Schriftfunde, Heyne, München 1980, ISBN 3-453-01058-2
- Ernst Doblhofer: Die Entzifferung alter Schriften und Sprachen. Philipp Reclam jun., Stuttgart 1993, ISBN 3-15-008854-2
- Carl Faulmann: Schriftzeichen und Alphabete aller Zeiten und Völker. Weltbild, Freiburg 2003 (Reprint von 1898), ISBN 3-8289-0799-7
- Karoly Földes-Papp, Vom Felsbild zum Alphabet - die Geschichte der Schrift von ihren frühesten Vorstufen bis zur modernen lateinischen Schreibschrift. Chr. Belser Verlag, Stuttgart, 1966, ISBN 3-811-20007-0
- Harald Haarmann: Geschichte der Schrift. C. H. Beck, München 2002, ISBN 3-406-47998-7
- Harald Haarmann: Universalgeschichte der Schrift. Campus Verlag, Frankfurt/Main; New York 1990, ISBN 3-593-34346-0
- Hans Jensen: Die Schrift in Vergangenheit und Gegenwart. 1987(Reprint). ISBN 3326002327
- Werner König: dtv-Atlas zur deutschen Sprache. Tafeln und Texte. München 1985, ISBN 3-423-03025-9
- Andrew Robinson: Die Geschichte der Schrift. 2004. ISBN 3491961297
Aufsätze
- Herbert E. Brekle: Vom Rinderkopf zum Abc. Spektrum der Wissenschaft, April 2005, S. 44 - 51 (2005), ISSN 0170-2971
Verweise
Schriftsprache, Medientheorie, Portal:Schrift, Alphabet, Analphabetismus, Buchdruck, Typografie, Manuskript, Orthografie, Schreiben, Schreibschrift, Schriftreform, Schriften der Welt, Sonderschrift, Geschichte der Schrift
Download von Schriften
- Omniglot
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Weblinks
- Der Wiener Altorientalist und Archäologe Gebhard Selz über die Anfänge der Schrift
- www.typolis.de Typografie, Schrift und Gestaltung
- http://www.schriftgrad.de/ - Alphabete, Typologie, Typografie, Schriftkunst, Glossar und vieles mehr
- http://www.schriften-lernen.de/ - Exotische Schriften lernen - leicht gemacht
- Schrift- und Druckgeschichte
- Beinert, Wolfgang: Typolexikon.de, Das Lexikon der westeuropäischen Typographie, Die Schriftklassifikation Matirx Beinert
- Typologie der Schrift