Paranal-Observatorium
Das Paranal-Observatorium ist ein astronomisches Observatorium im Norden Chiles in der Atacamawüste, auf dem Berg Cerro Paranal. Paranal liegt etwa 120 km südlich von Antofagasta und 12 km von der Küste entfernt. Das Observatorium wird vom European Southern Observatory, der Europäischen Südsternwarte (ESO), betrieben und ist Standort das Very Large Telescope (VLT) und des Very Large Telescope Interferometer. Zusätzlich werden die Surveyteleskope VISTA und VST gebaut. Die Atmosphäre über dem Gipfel zeichnet sich durch trockene und außergewöhnlich ruhige Luftströmung aus, was den Berg zu einem sehr attraktiven Standort für ein astronomisches Observatorium macht. Der Gipfel wurde in den frühen 1990ern von seiner ursprünglichen Höhe von 2660 m auf 2635 m heruntergesprengt, um ein Plateau für das VLT zu schaffen.

Logistik und Infrastruktur auf Paranal
Paranal befindet sich weitab der Hauptverkehrsrouten. Das Observatorium ist von Antofagasta aus nur durch eine mehr als einstündige Fahrt von ca. 60 km über eine unbefestigte Piste zu erreichen, die von der Panamericana abzweigt. Dementsprechend gibt es keine Versorgungsleitungen nach Paranal, alle Verbrauchsgüter müssen lokal erzeugt oder vorrätig gehalten werden. Neben Betrieb und Wartung der Teleskope bedeutet das die Versorgung von im Mittel etwa 100 Personen, die ständig auf dem Berg sind.
Versorgung
Im Umfeld von Antofagasta befinden sich mehrere Kupferminen, die unter ähnlichen Bedingungen arbeiten. Daher musste man die komplette Infrastruktur nicht selbst aufbauen, sondern konnte spezialisierte Versorungsunternehmen beauftragen. Wasser wird täglich nach Bedarf von Tanklastzügen geliefert, etwa zwei bis drei am Tag. Tanklastzüge bringen auch Treibstoff für die Tankstelle der observatoriumseigenen Fahrzeuge und die drei Generatorblöcke zur Stromerzeugung. Davon sind zwei ständig in Betrieb; einer für den Teleskopbereich und einer für das Basislager, der dritte wird jeweils in Bereitschaft gehalten oder gewartet. Die Fahrzeuge werden ebenfalls lokal gewartet. Die wissenschaftlichen Instrumente benötigen spezielle Kühlung, weswegen vor Ort Stickstoff aus der Luft verflüssigt wird. Telekommunikation, d.h. Telefonie, Videoverbindungen und Datenverkehr wird über eine Mikrowellenstrecke nach Santiago bereitgestellt, eine ursprünglich von La Silla nach Paranal verlegte Uplinkstation zu einem Kommunikationssatelliten wurde mittlerweile außer Betrieb genommen.
Personal
Ingenieure und Wissenschaftler werden sowohl national in Chile als auch international rekrutiert, meist aus den Mitgliedsländern der ESO. Die offizielle Sprache ist englisch, daneben werden auch spanisch sowie die meisten anderen europäischen Sprachen gesprochen. Die auf Paranal Beschäftigten leben entweder in Antofagasta oder in Santiago de Chile und kommen für Schichten von ein bis zwei Wochen nach Paranal. Die Transportkosten übernimmt ESO, die die knapp zweistündigen Flüge zwischen Santiago und Antofagasta durch ein externes Reisebüro bucht, das jedoch eine Geschäfststelle im ESO-Büro in Santiago unterhält. Es gibt täglich einen Transport von Antofagasta nach Paranal und zurück durch einen gecharteten Bus, bei Bedarf fahren zusätzlich observatoriumseigene Geländewagen.
Gebäude
Außer den Teleskopen und dem VLTI-Laboratorium, die sich auf dem Plateau des Berges befinden, gibt es unterhalb des Gipfelbereichs noch ein Kontrollgebäude. Alle Teleskope und das VLTI werden von dort aus einem gemeinsamen Kontrollraum gesteuert, so dass sich nachts niemand im Teleskopbereich befindet.
Die Unterkünfte befinden sich in einem 200 m tiefergelegenen Basislager, etwa fünf Kilometer von den Teleskopen entfernt. Vom ursprünglichen Lager, das aus Wohncontainern aufgebaut war, werden Teile noch genutzt, die meisten Unterkünfte befinden sich jetzt aber in einer Ende 2000 fertig gestellten „Residencia“. Die Residencia ist halb in den Berg gebaut und in Beton in rötlicher Farbe gehalten, der sie optisch mit der Wüste verschmelzen lässt. Darin sind Unterkünfte, Verwaltung, Kantine, Entspannungsräume, ein kleines Schwimmbecken und zwei Gärten, die sowohl dem Raumklima der Residencia als auch der Psychologie dienen.
Drei weitere feste Gebäude im Basislager dienen als Lager und Sporthalle (Warehouse), als Wartungshalle für Teleskope und Instrumente und zur regelmäßigen Beschichtung der Hauptspiegel der Teleskope mit Aluminium (Mirror Maintenance Building, MMB), und als weitere Büros für Ingenieure und Techniker. Für Notfälle gibt es eine ständig besetzte Unfallstation, einen Rettungswagen, einen Hubschrauberlandeplatz direkt am Basislager und eine kleine Landebahn am Fuß des Berges. Außerdem unterhält das Observatorium eine kleine Feuerwehr. Die Konstruktion der Gebäude und Teleskope ist so ausgeführt, dass ein Erdbeben der Stärke acht überstanden werden kann.
Die Straßen des Observatoriums selbst sind asphaltiert, um Staub zu vermeiden, der die astronomischen Beobachtungen behindern würde. Intern werden daher auch Kleinwagen gefahren.

Astronomische Dunkelheit
Weil das Observatorium nachts dunkel sein muss, verfügt die Residencia über spezielle Verdunkelungssysteme, die die Oberlichter über den Gärten und der Kantine mit Hilfe spezieller Vorhänge verschließt. Alle anderen Fenster und Türen haben Jalousien aus schwerem Gewebe oder sind nachts durch vorschiebbare Holzblenden verdeckt.
Wie auf allen Observatorien darf nachts nur mit Standlicht gefahren werden, weswegen die meisten Fahrzeuge in weiß gehalten sind und phosphoreszierende Begrenzungsaufkleber haben. Die Straße wird durch Begrenzungsleuchten markiert, die sich tagsüber durch Solarzellen aufladen. Fußwege im Teleskopbereich sind ebenfalls mit weißer Farbe gestrichen und mit phosphoreszierenden Marken versehen. Taschenlampen sind besonders bei Neumond unvermeidlich, dürfen aber im Gipfelbereich nicht in Richtung der Teleskope gerichtet werden.
Very Large Telescope
Das Very Large Telescope (VLT) ist ein aus vier Einzelteleskopen bestehendes astronomisches Großteleskop, dessen Spiegel zusammengeschaltet werden können. Das VLT ist für Beobachtungen im sichtbaren Licht bis hin zum mittleren Infrarot ausgerichtet. Bis zu drei der vier Teleskope können mit Hilfe des VLT Interferometer zur Interferometrie zusammengeschaltet werden. Es ist dem Very Large Telescope in den vergangenen Jahren gelungen, die Auflösung des Hubble Teleskops zu übertreffen.
Dessen Vorteil lag seit Anfang der 1990er Jahre darin, dass die Aufnahmen nicht durch eine störende Atmosphäre verschlechtert werden. Mit Hilfe von adaptiver und aktiver Optik konnte diese Beeinträchtigung aber mittlerweile im Wellenlängenbereich des Nah-Infrarotlichts nahezu ausgeglichen werden, so dass heutige VLT-Aufnahmen im Nah-Infraroten (ca. 1–5 Mikrometer Wellenlänge) Hubble-Bildern zum Teil in Nichts nachstehen. Im optischen Spektralbereich ist das bislang noch nicht möglich, da die Korrektur der atmosphärischen Störungen mittels adaptiver Optik schneller erfolgen müsste, als es derzeit technisch möglich ist.
Die Optik der Unit-Teleskope
Die vier großen Teleskope werden als „Unit Telescopes“ (UT) bezeichnet. Sie sind im wesentlichen baugleiche Ritchey-Chrétien-Cassegrain-Teleskope und haben einen Hauptspiegeldurchmesser von jeweils 8,2 Metern. Damit waren es die größten aus einem Stück gefertigten astronomischen Spiegel der Welt, bis das Large Binocular Telescope mit 8,4 Meter-Spiegeln in Betrieb genommen wurde. Noch größere Teleskope wie die Keck-Teleskope haben segmentierte Spiegel. Die Teleskope sind azimutal montiert. Die Spiegel sind mit nur 18 Zentimetern Dicke zu dünn, um ohne hydraulische Unterstützung durch eine aktive Optik in Form zu bleiben, wenn sich das Teleskop bewegt.
Die vier Hauptspiegel des VLT wurden zwischen 1991 und 1993 bei der Mainzer Spezialglasfirma Schott AG in einem eigens für dieses Projekt entwickelten Schleudergussverfahren hergestellt. Nach dem eigentlichen Guss und Erstarren der Glasmasse wurden die Spiegelrohlinge noch einmal thermisch nachbehandelt, wodurch sich das Glas in die Glaskeramik ZERODUR umwandelt. Bei diesem Fertigungsschritt erhält das Material auch seine außergewöhnliche Eigenschaft der „thermischen Null-Ausdehnung“. Nach einer ersten Bearbeitung wurden die Spiegelträger per Schiff zur französischen Fa. R.E.O.S.C. transportiert, wo die hochpräzise, zwei Jahre dauernde Oberflächenbearbeitung stattfand. Die endgültige Spiegeloberfläche hat eine Genauigkeit von einem 500.000stel Millimeter.
Jedes UT hat drei Fokalpunkte, an denen Instrumente montiert werden können, einen Cassegrainfokus und zwei Nasmythfoki. Zusätzlich haben die Teleskope einen Coudéfokus, über den Licht in das VLTI eingespeist werden kann.
Die einzelnen UTs wurden in der Sprache der Mapuche-Indianer Antu (Sonne), Kueyen (Mond), Melipal (Kreuz des Südens) und Yepun (Venus) getauft. Das erste montierte UT, Antu, lieferte am 25. Mai 1998 die ersten Bilder mit einer Testkamera, der wissenschaftliche Beobachtungsbetrieb begann am 1. April 1999.
Instrumente
Die erste Instrumentengeneration besteht aus zehn wissenschaftlichen Instrumenten. Dabei handelt es sich um Kameras und Spektrografen für verschiedene Spektralbereiche. CRIRES und HAWK-I sind noch im Bau, HAWK-I war außerdem nicht Teil des ursprünglichen Plans für die erste Generation. Das Design der Instrumente ist so, dass sie einem breiten Kreis von Wissenschaftlern die Möglichkeit bieten, Daten für unterschiedlichste Zielsetzungen aufzunehmen. Es ist absehbar, dass sich Teile der zweiten Intrumentengeneration dagegen auf spezielle und von Astronomen als besonders wichtig angesehene Probleme konzentrieren werden, zum Beispiel Gammablitze oder Exoplaneten.
Zwischen Mai 2003 und März 2005 ging, angefangen mit Kueyen, zusätzlich die von ESO selbstentwickelte adaptive Optik MACAO (Multi Application Curvature Adaptive Optics) an allen vier Teleskopen in Betrieb. Hiermit sind nochmals sehr viel schärfere Bilder bzw. Bilder schwächerer Lichtquellen möglich, allerdings ist das Gesichtsfeld der MACAO-Optik auf 10 Bogensekunden beschränkt. Von den VLT-Instrumenten nutzt derzeit SINFONI die MACAO-Technik, ansonsten wird MACAO hauptsächlich für Beobachtungen mit dem VLT Interferometer genutzt.
Da das Yepun-Teleskop Instrumente mit adaptiver Optik trägt, ist das Teleskop mit einem künstlichen Leitstern, einem „Laser Guide Star“ (LGS) ausgetattet. Ein starker Laser regt hierbei Natrium-Atome in einer Höhe von etwa 95 km zum Leuchten an, so dass das Licht dieses künstlichen Sterns auf dem Weg zurück zum Teleskop auf dieselbe Weise von der Atmosphäre beeinflusst wird, wie das Licht der Objekte, die beobachtet werden sollen. Statt mit einem unter Umständen sehr lichtschwachen Objekt kann die adaptive Optik dann mit Hilfe des künstlichen LGS arbeiten.
Instrumente am VLT | |||
Teleskop | Cassegrain-Fokus | Nasmyth-Fokus A | Nasmyth-Fokus B |
Antu (UT1) | FORS 2 | CRIRES | ISAAC |
Der FOcal Reducer and low dispersion Spectrograph ist eine Kamera im visuellen Spektralbereich mit großem Gesichtsfeld von bis zu 6,8' × 6,8'. Im diesem Feld können, statt ein Bild zu machen, mehrere Objekte gleichzeitig mit niedriger Auflösung spektroskopiert werden (MOS: Multi Object Spectroscopy). Die MOS-Fähigkeit kommt durch auch bei VIMOS eingesetzte Masken zustande, in die die Spektroskopie-Spalte mit Lasertechnik gefräst werden. | Der CRyogenic high resolution InfraREd Spectrograph wird hochauflösende Spektren im Wellenlängenbereich von 1 bis 5 Mikrometern aufnehmen. Er soll im Laufe des Jahres 2006 in Betrieb gehen. | Die Infrared Spectrometer And Array Camera kann im Nahen Infrarotbereich Bilder und Spaltspektren niedriger bis mittlerer Auflösung aufnehmen. Dazu hat das Instrument zwei voneinander unabhängige optische Wege („Arme“), die jeweils auf die Wellenlängenbereiche von 1 bis 2,5 und von 3 bis 5 Mikrometer optimiert sind. | |
Kueyen (UT2) | FORS 1 | FLAMES | UVES |
Der FOcal Reducer and low dispersion Spectrograph 1 ist ein Schwesterisntrument zu FORS 2. Statt MOS-Masken werden aber bewegliche Spaltblenden benutzt, die das Instrument für MOS-Spektroskopie weniger flexibel machen. Im Gegenzug sind dafür polarimetrische und spektropolarimetrische Messungen möglich. | Der Fibre Large Area Multi-Element Spectrograph ist ein Spektrograph, der mit Hilfe von Glasfasern bis zu 130 Objekte im Gesichtsfeld gleichzeitig mit mittlerer Auflösung spektroskopieren kann (MEDUSA-Modus). In zwei weiteren Modi, IFU und ARGUS, sind die Fasern so nahe beieinander gepackt, dass räumlich aufgelöste Spektren von nur wenigen Bogensekunden großen Objekten möglich sind. Alternativ können acht Fasern das Licht zu UVES für hochauflösende Spektroskopie leiten. | Der Ultraviolett and Visual Echelle Spectrograph ist ein hochauflösender Spektrograph mit einem blau- und einem rotoptimierten optischen Arm, die simultan betrieben werden können. Der zugängliche Wellenlängenbereich reicht von 300 bis 1100 Nanometer. | |
Melipal (UT3) | VISIR | Gastfokus | VIMOS |
Der VLT Imager and Spectrometer in the InfraRed, für Bilder und Spektren schwacher Objekte im mittleren Infrarotbereich, von 8 bis 13 und 16,5 bis 24,5 Mikrometern. VISIR ist damit das Instrument am VLT, das am weitesten in den Infrarotbereich gehen kann. | Der Gastfokus bietet Wissenschaftlern die Möglichkeit, eigene und besonders spezialisierte Instrumente an einem Teleskop der 8-m-Klasse zu verwenden, ohne alle Spezifikationen erfüllen zu müssen, denen ein allgemeines ESO-Instrument unterliegt. Bisher war dort mit ULTRACAM ein Instrument montiert, das innerhalb von Millisekunden Bilder eines kleinen Gesichtfeldes von wenigen Bogensekunden machen kann. Wissenschaftliches Ziel von ULTRACAM, das bereits an anderen Teleskopen montiert war, ist die Aufnahme von Veränderungen kürzester Zeitskalen, wie sie z. B. bei Pulsaren und schwarzen Löchern vorkommen. | Der VIsible Multi-Object Spectrograph. Die Fähigkeiten zur Spektroskopie und zur Bildaufnahme ähneln denen von FORS 2, allerdings mit einem vierfach größeren Gesichtsfeld von insgesamt 4 x 7' x 8'. MOS-Masken werden mit einer Lasermaschine, der Mask Manufacturing Unit (MMU) gestanzt, die auch die Masken für FORS 2 herstellt. Zusätzlich gibt es noch Faserbündel für Integral Field Spektroskopie. Insgesamt können mit VIMOS bis zu 6400 Spektren gleichzeitig aufgenommen werden. | |
Yepun (UT4) | SINFONI | HAWK-I | NACO |
Der Spectrograph for INtegral Field Observation in the Near-Infrared ist ein Nahinfrarot-Spektrograf bei 1–2,5 Mikrometern. Der eigentliche Spektrograph SPIFFI (SPectrometer for Infrared Faint Field Imaging) nimmt dabei ein Spektrum des gesamten Gesichtfelds auf, das 8"x8", 3"x3" oder 0.8"x0.8" groß sein kann. Durch die adaptive Optik im SINFONI-Modul können Spektren mit höchster räumlicher Auflösung gemacht werden. | Der High Acuity Wide field K-band Imager, ein Instrument das den Bedarf nach Bildern mit großem Gesichtsfeld bei gleichzeitig hoher räumlicher Auflösung im Nahinfrarotbereich von 0,85 bis 2,5 Mikrometern decken soll. Er soll ab dem Jahr 2007 für Beobachtungen bereit sein. | Eigentlich NAOS-CONICA, wobei NAOS für Nasmyth Adaptive Optics System und CONICA für COude Near Infrared CAmera steht. CONICA war ursprünglich für den Coudéfokus vorgesehen. NAOS ist ein System zur Bildverbesserung mit adaptiver Optik, CONICA eine Infrarotkamera und Spektrograph im Bereich von 1 bis 5 Mikrometern. Der Unterschied zu ISAAC besteht in der hervorragenden Bildqualität, allerdings bei kleinerem Gesichtsfeld. Zusätzlich kann CONICA polarimetrische Messungen aufnehmen und helle Objekte durch Koronographie ausblenden. Mit SDI, dem Simultaneous Differential Imager in NACO, können vier Bilder in vier leicht unterschiedlichen Wellenlängenbereichen gleichzeitig aufgenommen werden. Diese Bilder können so miteinander verrechnet werden, dass die Differenzen auch den Nachweis sehr schwacher Objekte in Gegenwart eines helleren ermöglichen. |
VLT Interferometer
Die Coudéfoki aller Teleskope können entweder inkohärent oder kohärent kombiniert werden. Der gemeinsame inkohärente Fokus liegt in einem unteriridischen Sammelraum und wird derzeit nicht benutzt. Der kohärente Fokus befindet sich in einem danebenliegenden Labor und wird durch ein spezielles optisches System gespeist, das VLT Interferometer (VLTI). Damit wird durch Interferometrie, äquivalent zu einem radioastronomischen Interferometer, ein weit besseres Auflösungsvermögen erreicht als mit nur einem Teleskop.
Hauptbestandteil des Systems sind in der Länge veränderliche „delay lines“. Diese gleichen erstens die Laufzeitdifferenzen des Lichts zwischen den einzelnen Teleskopen, bedingt durch deren Standort, aus. Zweitens gleichen sie die geometrisch-projizierte Differenz des optischen Weges aus, die entsteht wenn ein Objekt nicht genau im Zenit steht. Da sich diese Längendifferenz durch die scheinbare Bewegung des Objekts am Himmel ändert, müssen die Delay-lines über eine Differenz von bis zu 60 m variabel sein, wobei sich die relative Präzision nur um deutlich weniger als ein Mikrometer ändern darf.
Drei kleinere 1,8-m-Teleskope, die Auxiliary-Teleskope (ATs), die ausschließlich für die Interferenzteleskopie eingesetzt werden und für Interferenzmessungen mit bis zu 200 m Abstand verwendet werden können, sind ebenfalls installiert. Ab 2006 soll ein viertes fertiggestellt sein. Die vier großen Unit-Teleskope werden dann hauptsächlich für unabhängige Forschungsprogramme verwendet werden und die ATs voll für die Interferenzmessungen zur Verfügung stehen.
Das VLTI sah sein First Light am 17. März 2001, noch mit Hilfe zweier 40-cm-Siderostate und eines Testinstruments. Seither wurden zwei wissenschaftliche Instrumente und zahlreiche Unterstützungsysteme in das System integriert. Der wissenschaftliche Betrieb wurde im September 2003 mit dem ersten Instrument, MIDI, aufgenommen. MIDI, das „MID-infrared Interferometric instrument“ arbeitet bei Wellenlängen um 10 mikrometer und kann das Licht zweier Teleskope kombinieren. Die Zielsetzung von MIDI ist weniger das Erzeugen kompletter Bilder mit hoher Auflösung, als die Bestimmung von scheinbarer Größe und einfachen Strukturen der beobachteten Objekte. Die Aufnahme von Bildern ist prinzipiell mit dem zweiten Instrument, AMBER, dem „Astronomical Multiple BEam Recombiner“ möglich, dass die Strahlengänge zweier oder dreier Teleskope vereinen kann und im nahen Infrarotbereich bei etwa 1 bis 2 mikrometer arbeitet. Allerdings wird auch dieses Instrument zunächst hauptsächlich für andere Aufgaben wie räumlich höchstaufgelöste Spektroskopie genutzt werden.
Surveyteleskope
VST
Das VLT Survey Telescope ist ein 2,6 m Teleskop zur Himmelsdurchmusterung. Es ist, wie alle anderen Teleskope auf Paranal, azimutal montiert. Da das VST für eine bestimme Aufgabe gebaut wird, wird es nur ein einyiges Instrument haben, die OmegaCam-Kamera. Damit werden Bilder mit großem Gesichtsfeld, etwa 1 Grad x 1 Grad, im Wellenlängenbereich von 330 bis 1000 Nanometer gemacht werden. Das VST befindet sich derzeit noch im Bau, First light-Beobachtungen sollen im Laufe des Jahres 2006 stattfinden. Danach wird das VST zu 100 % im Service-mode genutzt werden.
VISTA
Das Visible & Infrared Survey Telescope for Astronomy ist ein 4-Meter-Teleskop, ebenfalls zur Himmelsdurchmusterung, aber im infraroten Bereich. Sein Gesichtsfeld wird ebenfalls ein Quadratgrad betragen und Bilder im nahen Infrarotbereich, etwa von 1 bis 2,5 Mikrometer, machen können. Es befindet sich nicht auf dem Hauptgipfel des Cerro Paranal, sondern auf einem etwa einen Kilometer entfernten Seitengipfel, wird aber ebenfalls vom VLT-Kontrollgebäude aus gesteuert werden. Das First Light wird für 2006 erwartet. VISTA war ursprünglich ein nationales britisches Projekt, aber mit dem Beitritt Großbritanniens zur ESO und der Entscheidung, VISTA auf Paranal zu bauen, werden Astronomen weltweit Zugang zu diesem Teleskop erhalten.
Beobachten am Paranal-Observatorium
Beobachtungszeit kann zweimal im Jahr für das übernächste Semester beantragt werden. Je nach Teleskop wird zwei- bis fünfmal soviel Zeit beantragt wie tatsächlich vergeben werden kann. Die Vorschläge werden durch ein beratendes Gremium nach wissenschaftlicher Qualität und Dringlichkeit gewichtet. Nach der Bewilligung legt der Astronom noch zuhause den detaillierten Ablauf der Beobachtungen in so genannten „Observing Blocks“ (OBs) fest. Entweder werden nur diese OBs, zusammen mit den gewünschten Beobachtungsbedingungen, zur Ausführung nach Paranal geschickt, zur Service-Mode-Beobachtung, oder der Astronom reist selbst zu Visitor-Mode-Beobachtungen nach Chile.
Ablauf der Beobachtungen
Am Teleskop befinden sich immer ein Ingenieur, der „Telescope and Instrument Operator“ (TIO), und ein Astronom, der „Nighttime Astronomer“ (NA) von ESO. Im Service-Mode entscheidet der NA anhand der Beobachtungsbedingungen, welche OBs mit Aussicht auf Erfolg ausgeführt werden können und führt die Beobachtungen zusammen mit dem TIO, der für das Teleskop und den technischen Ablauf verantwortlich ist, durch. Nachdem die Daten gespeichert sind, entscheidet der NA, ob sie den Anforderungen des Antragstellers entsprechen, oder ob der OB wiederholt werden muss.
Im Visitor-Mode kommt dem Besucher die Aufgabe zu, kritische Entscheidungen über die OBs zu treffen, die im Vorfeld nicht abschätzbar waren, also zum Beispiel wenn stark veränderliche Objekte beobachtet werden sollen. Als Nachteil hat der Besucher dagegen keinen Einfluß auf die Wetterbedingen, unter denen sein Programm durchgeführt wird, da die Beobachtungstermine für den Visitor-Mode etwa ein halbes Jahr zuvor festgelegt werden.
Tagsüber betreut ein „Daytime Astronomer“ typischerweise je zwei Teleskope. Er führt Kalibrationen für die Beobachtungen der letzten Nacht durch, kümmert sich um die Lösung eventuell in der Nacht aufgetretener Probleme und bereitet das Teleskop auf die nächste Nacht vot.
Überwachung der Beobachtungsbedingungen
Um nicht nur subjektive Eindrücke der Beobachtungsbedingungen durch die jeweils an den Teleskopen arbeitenden Ingenieure und Astronomen zu haben, wurde ein System zum „Astronomical Site Monitoring“ eingerichtet, das die Daten automatisch aufnimmt und archiviert. Neben zahlreichen Sensoren zur Messung der meteorologischen Bedingungen wie Luft- und Bodentemperatur, Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit und -richtung sowie Staubteilchendichte werden auch speziell astronomische Kenngrößen gemessen. Das „Seeing“ wird durch ein kleines 35-cm-Spezialteleskop, das DIMM, gemessen, das die ganze Nacht über alle etwa zwei Minuten eine Messung macht und die Bildqualität misst. Statt ein einfaches Bild zu machen und die Größe des abgebildeten Sterns zu messen, vergleicht es die Wellenfront zweier etwa 20 cm voneinander entfernter Sub-Aperturen mit je 4 cm Durchmesser. Dies hat den Vorteil, nebem dem Seeing auch andere, besonders für die Interferometrie interessante Eigenschaften über die derzeitige Turbulenz in der Atmosphäre, zu messen. Die Transparenz der Atmosphäre wird anhand desselben Bildes gemessen, nur dass statt der Bildgröße der einfallende Fluss des Sterns gemessen und mit Tabellenwerten für eine klare Atmosphäre verglichen wird.
Ein zweites Instrument, das MASCOT (Mini All Sky Cloud Observation Tool), macht durch ein Fischaugenobjektiv Aufnahmen den gesamten Himmels und ermöglicht eine Abschätzung der Bewölkung. Zusätzlich bearbeitet ESO die aktuellen Satellitendaten, um die Beobachter an den Teleskopen mit Informationen über die zu erwartenden Beobachtungsbedingunen zu versorgen.
Wissenschaftliche Ergebnisse
Seit dem Beginn des wissenchaftlichen Betriebs des VLTs am 1. April 1999 wurden bis 2005 über 1000 Artikel in anerkannten Fachzeitschriften veröffentlicht, die auf Daten vom Paranal-Observatorium basieren. Zu den wichtigsten Ergebnissen zählen:
- Die ersten direkten Bilder eines Exoplaneten wurden mit dem VLT gemacht. Zwar ist nicht ganz sicher, ob diese Ehre GQ Lupi b oder dem Planeten von 2M1207 gebührt, aber beide Bilder stammen von NACO [1], [2], [3].
- Die Deep Impact-Mission wurde von allen ESO-Teleskopen aus beobachtet. Neben Bildern wurden mit Spektrographie auch neue Ergebnisse zur chemischen Zusammensetzung des Kometen Tempel 1 gewonnen [4], [5].
- Mit ISAAC konnte die Distanz zur Galaxie NGC 300 genauer als zu jeder anderen Galaxie bestimmt werden. Derartige Entfernungsbestimmungen mit Hilfe von Cepheiden bilden die Grundlage der Kosmologie [6].
- Der lichtschwache Begleiter von AB Doradus wurde mit NACO-SDI erstmals direkt abgebildet, wodurch seine Masse mit Hilfe der Keplerschen Gesetze bestimmt werden konnte. Dieser braune Zwerg ist doppelt so schwer wie theoretisch erwartet, was vermutlich Änderungen an der Theorie des inneren Aufbaus der Sterne und in der Häufigkeit von Planeten und braunen Zwergen erfordert [7].
- Durch Zufall kreuzte ein heller Meteor das Gesichtsfeld von FORS 1, als gerade Spektren aufgenommen wurden. Es ist das erste genau kalibrierte Spektrum einer solchen Leuchterscheinung [8].
- Mit einer Rotverschiebung von z=10 entdeckte ISAAC die am weitesten entfernte Galaxie, während FORS 2 und ISAAC gemeinsam den Rekord für den weitest entfernten Gammablitz bei z=6.3 halten [9], [10].
- Mit dem VLTI kann nicht nur der Durchmesser, sondern die Form von Sternen bestimmt werden. Während Eta Carinae durch seinen starken Sternwind über den Polen in die Länge gezogen scheint, ist Achernar durch seine schnelle Rotation bis an die Grenze des theoretisch möglichen abgeplattet [11], [12].