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Homosexualität

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Homosexualität bezeichnet die sexuelle Neigung zu Partnern des gleichen Geschlechts. Der Begriff Homosexualität ist eine hybride Wortbildung aus dem 19. Jahrhundert, geprägt von dem Arzt und Psychiater Karl Maria Kertbeny aus griech. homo-: gleich, gleichartig und lat. sexus: das männliche und das weibliche Geschlecht.

Homosexuelle Männer werden auch als schwul (von schwul = drückend heiß; in dieser Bedeutung seit dem 18. Jahrhundert schwül als Parallelbildung zu "kühl"), Frauen als lesbisch (nach der griechischen Insel Lesbos, Heimat der frauenliebenden Dichterin Sappho) bezeichnet. Ursprünglich abwertend gebraucht, wurde die Bezeichnung "schwul" später im Rahmen der Emanzipationsbewegung von der Schwulenszene selbst, auch als politischer Kampfbegriff, übernommen und damit die abwertende Bedeutung so weit zurückgedrängt, daß sie heute sogar im Sprachgebrauch der Gesetzgebung auftaucht.

Als Überbegriff für Lesben und Schwule hat sich auch das Wort Queer eingebürgert, dies schließt dann meist Transgender mit ein. Daneben findet die Bezeichnung Gays für Schwule rasche Verbreitung.

Schattierungen zwischen homo und hetero

Während in der Europäischen Kultur Homosexualität erst in den letzten Jahrzehnten ihre Position als Tabuthema verloren hat, was auch an der Macht der Kirchen lag, ist die hiesige Debatte über Homosexualität in manchen anderen Kulturen fast unbekannt. Dort wird weniger streng zwischen homo und hetero unterschieden, was der Charakteristik der menschlichen Sexualität, in der es nach Ansicht mancher weder Schwarz noch Weiß gibt, eher gerecht werden dürfte. Vielmehr gibt es wohl verschiedenste Abstufungen zwischen Homo- und Heterosexualität, in dessen Mitte sich die Bisexualität einordnen lässt. Manche Wissenschaftler gehen davon aus, dass jeder Mensch ein bisschen bi ist, manche mehr, manche weniger.

Ein Lebensstil, der eine Kategorisierung in die klassischen Rollenkategorien ablehnt, ohne dies jedoch explizit auf die Sexualität zu beziehen, nennt sich Metrosexualität.

Coming-Out

Bei den meisten eher homosexuell empfindenden Menschen kommt es im Laufe ihres Lebens zu einem so genannten Coming-Out, d. h. zu der Erkenntnis, dass die gleichgeschlechtliche Liebe bevorzugt wird. Bei manchen geschieht dies schon im Alter von 11 Jahren, andere sind sich erst mit 40 Jahren über ihre eigentliche sexuelle Orientierung im Klaren. Die meisten dürften ihr Coming-Out im Schulalter haben, also etwa zum Zeitpunkt der Pubertät. In diesem jungen Alter trauen sich viele nicht, Hilfe von anderen zu erbitten, besonders dann, wenn sie bemerken, dass ihre Neigung gesellschaftlich nicht akzeptiert wird. Selbst die eigenen Eltern werden oft nicht über den eigenen Zustand informiert. Werden die Betroffenen mit ihren Sorgen allein gelassen, kann das Coming-Out in eine Lebenskrise führen, die sich bis hin zu Selbsttötungsabsichten steigern kann. Beratungsstellen in den größeren Städten und Info-Seiten im Web versuchen den jungen Menschen zu helfen, ihre Homosexualität anzunehmen. Tatsächlich ist die Selbsttötungsrate bei pubertierenden Homosexuellen signifikant höher als bei gleichaltrigen Heterosexuellen.

Regenbogenfamilien

Ein biologisches und demografisches Phänomen liegt darin, dass homosexuelle Partner gemeinsam keine Nachkommen zeugen können, vielmehr dazu der Hilfe eines gegengeschlechtlichen Nicht-Partners bedürfen. Dennoch wachsen (zunehmend) Kinder in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften auf. Die Wissenschaft diskutiert dieses Phänomen zunehmend unter dem Begriff Regenbogenfamilien.

Ursachen

Die Ursachen der Homosexualität sind unbekannt; es werden zwar immer wieder körperliche oder psychische Faktoren entdeckt, die sich aber im Allgemeinen nicht empirisch belegen lassen.

Inzwischen geht die Wissenschaft davon aus, dass die sexuelle Orientierung schon vor der Geburt angelegt wird (ebenso wie die Geschlechtsidentität); erst im Lauf des Lebens führen dann auslösende Ereignisse zur Ausprägung der homosexuellen Neigung. Vor Kurzem ist bei Versuchen an Schafen festgestellt worden, dass bei homosexuellen Schafböcken ein bestimmter Teil der Gehirne kleiner als bei heterosexuellen Böcken, aber ebenso groß wie bei weiblichen Tieren ist (siehe weblinks, 'der Spiegel' vom 9. März 2004)

Der wissenschaftliche Streit über die Ursachen ist uralt. So lange jedes homosexuelle Verhalten strafbar war, waren die Argumentationen in diesem Streit oft von dem Bestreben geleitet, entweder die "Unausweichlichkeit" homosexuellen Verhaltens zu belegen und damit die Forderung nach dessen Straflosigkeit zu begründen oder aber es als Erscheinung "moralischen Verfalls" zu kennzeichnen, dem mit Bestrafung entgegengewirkt werden müsse.

In der Schwulen- und Lesbenbewegung wird die Forschung nach Ursachen der Homosexualität oft kritisch gesehen, weil die Erforschung der Ursache nur einem Zweck dienen könne, nämlich diese abzuschalten, d. h. – wie man befürchtet – als schwul bzw. lesbisch vermutete Föten abzutreiben oder ggf. gentechnische Korrekturen vorzunehmen.

Genetische Ursachen

1993 wollte der amerikanische Forscher Dean Hamer ein "Schwulen-Gen" auf dem X-Chromosom entdeckt haben, das für die männliche Homosexualität mitverantwortlich sein soll. Es handelt sich dabei um einen Bereich auf dem X-Chromosom, einen so genannten genetischen Marker, der bei einem bestimmten Typ von Homosexualität etwas wahrscheinlicher vorkam als bei anderen. Die Annahme schien sich zunächst zu bestätigen, weil eineiige Zwillingsbrüder, die diesen Chromosomenabschnitt trugen, beide schwul waren. Eine Nachuntersuchung des Jahres 1999 an 46 eineiigen Zwillingsbrüderpaaren relativierte allerdings die Existenz des Schwulen-Gens, weil nur bei rund der Hälfte der untersuchten Zwillingspaare in beiden Fällen Homosexualität auftrat. Die Ergebnisse zeigten nun auch keinen eindeutigen Bezug mehr zwischen männlicher Homosexualität und den Genorten am X-Chromosom. Es gibt auch Berichte, wonach Onkel mütterlicherseits von Schwulen häufiger schwul sind, als bei Heterosexuellen.

Evolutionstheoretischer und sozialer Nutzen der Homosexualität

In der Wissenschaft gibt es inzwischen Vorstellungen, dass Homosexualität der Arterhaltung dient, also auch im Sinn der Evolutionstheorie einen Nutzen hat, da sie dafür sorgt, dass sich eine größere Anzahl von Menschen um ein neugeborenes Kind kümmern kann. Unterstellt wird hierbei, dass eher homosexuell Veranlagte keine eigenen Kinder zeugen, jedoch ihre genetisch nah verwandten Neffen und Nichten mitversorgen, wodurch letztlich auch ihre Gene eine Chance auf Fortbestand haben. Gegen diese Idee spricht jedoch, dass eher homosexuell Veranlagte im Schnitt meist genausoviele Kinder zeugen, wie eher heterosexuell Veranlagte. Dies lässt vermuten, dass gleichgeschlechtlicher Sex, wie Sex allgemein, eine soziale Funktion erfüllt.

Ein anderer Zugang zur Sexualitätsthematik ist die Frage, warum es überhaupt die Norm der Heterosexualität gibt und alles andere als Abweichung gesehen wird. In bestimmten Gender Studies wird analysiert, dass der Heterosexismus und Heteronormativität Grundpfeiler unserer Gesellschaft sind und die Homosexualität eine soziokulturelle Konstruktion darstellt.

In neueren Studien von Homophobie wurde festgehalten, dass die Unterdrückung von Homosexuellen und eine Ächtung der Homosexualität vor allem in Gesellschaften stattfindet, die eine strikte Trennung der Geschlechter zur Norm erheben, meistens mit dem Ziel, die Herrschaft der Männer über die Frauen zu sichern. Man könnte daraus den Schluß ziehen, dass Homosexuelle durch ihre männlichen und weiblichen Persönlichkeitsanteile eine Art Brückenfunktion zwischen den Geschlechtern einnehmen. Ihre biologische Aufgabe wäre es dann, zum gegenseitigen Verständnis und zur gegenseitigen Akzeptanz von Mann und Frau beizutragen.

Homosexualität und Gesellschaft

Die soziale Stellung Homosexueller variiert je nach Kultur stark; sie reicht von Verehrung über Akzeptanz, Duldung, Ablehnung bis zur Todesstrafe. Letztere wird in manchen islamischen Ländern und Kulturen noch heute praktiziert.

Homosexualität zur NS-Zeit

In Deutschland war gleichgeschlechtlicher Sex lange Zeit eine als widernatürliche Unzucht bezeichnete Straftat. Viele Homosexuelle waren im Dritten Reich in Konzentrationslagern interniert, männliche Homosexuelle nach dem § 175 StGB, sie wurden mit dem rosa Winkel gekennzeichnet; weibliche Homosexuelle als Asoziale (da der § 175 nur die männliche Homosexualität unter Strafe stellte). Eine Entschädigung von staatlicher Seite hat nie stattgefunden. Noch heute wird Homosexualität in radikalpolitischen Gruppen und konservativ-kirchlichen Kreisen als widernatürlich bezeichnet.

Homosexualität heute

Historiker kamen inzwischen zu der Erkenntnis, dass ausschließliches Ausleben der Homosexualität eine moderne kulturelle Erscheinung ist. Allerdings waren gleichgeschlechtliche Ehen im römischen Reich der frühen Kaiserzeit durchaus üblich; ebenso gab es über Jahrhunderte in der Ostkirche den Ritus der gleichgeschlechtlichen Freundschaft, der einer Eheschließung z.T. sehr nahekam (vgl. John Boswell, 'same-sex unions in premodern Europe'). Die Kulturgeschichte belege, dass homoerotische Neigungen mal mehr, mal weniger öffentlich zu allen Zeiten und in allen Kulturen ausgelebt wurde. Auffällig ist aber, dass bis in die jüngste Zeit hinein homosexuelle Männer nicht seltener Vater wurden als heterosexuelle. Dies zeigt, dass Homosexuelle oft ein bisexuelles Leben führen oder ihre Homosexualität nicht offen ausleben und sogar Scheinehen eingehen, um gesellschaftliche Ächtung zu vermeiden. Aus diesem Grund entwickelte sich auch in allen gesellschaftlichen Kulturen, die die Homosexualität negativ einstuften, eine homosexuelle Subkultur. Auf der anderen Seite entwickelt sich langsam auch die Vorstellung, dass auch für eher heterosexuelle Menschen homosexuelle Erfahrungen zum Erfahrungsschatz gehören können.

Homosexualität und Beruf

Ein besonders Problem ergibt sich für Homosexuelle, die z. B. öffentlich angestellt sind (Lehrer, Politiker) oder einer Beschäftigung im christlich-religiösen Leben nachgehen (Priester). Schwule Lehrer werden wegen angenommener Beeinflussung der Schüler oft mit erheblichem Druck abgelehnt. Politiker, die offen zu ihrer Homosexualität stehen, konnten sich erst in jüngerer Zeit profilieren. Schwule oder lesbische leitende Angestellte (auch Manager) sehen sich meist selbst als kompromittierbar (erpressbar) und leben häufig in (Schein-)Eheverhältnissen. Katholische Geistliche mit homosexueller Veranlagung werden noch heute als nicht existent bzw. nicht mit dem christlichen Glauben vereinbar verleugnet.

Prominente Homosexuelle

Inzwischen gibt es eine Reihe Prominenter, die sich, zum großen Teil freiwillig, z.T. aber auch durch "Zwangsouting", zu ihrer Homosexualität bekennen, um so der Homosexualität ihre "Anrüchigkeit" zu nehmen.

Hierzu gehören u.a.:

Aus religiöser Sicht

Viele religiöse Gruppierungen lehnen Homosexualität strikt ab, meist unter Berufung auf heilige Texte, religiöse Schriften oder Traditionen. In westlichen Ländern wird meist vorrangig mit der Familie, welche Homosexuelle nicht gründen könnten, argumentiert. Das anderswo häufig genannte Argument von der grundsätzlichen Sündhaftigkeit oder schlicht Falschheit von Homosexualität wird dagegegen insbesondere in Europa von den Angehörigen der entsprechenden religiösen Gemeinschaften weniger akzeptiert.

Römisch-Katholische Kirche

Für Europa besonders bedeutend ist die katholische Kirche, die, wie Kritiker ihr vorwerfen, nicht bereit ist, das Thema objektiv zu diskutieren; sie nimmt die zeitliche und sachliche Bedingtheit bestimmter Moralvorstellungen oft nicht zur Kenntnis. Gemäß katholischer Lehre ist die homosexuelle Neigung oder Tendenz zwar ungeordnet und nicht dem Schöpfungssinn von Sexualität entsprechend, aber noch nicht sündhaft, während bewusst und frei vollzogene homosexuelle Akte als sittlich schlecht angesehen werden. In einer Stellungnahme der Kongregation für die Glaubenslehre vom 3. Juni 2003 wird festgestellt: „Nach der Lehre der Kirche kann die Achtung gegenüber homosexuellen Personen in keiner Weise zur Billigung des homosexuellen Verhaltens oder zur rechtlichen Anerkennung der homosexuellen Lebensgemeinschaften führen. Das Gemeinwohl verlangt, dass die Gesetze die eheliche Gemeinschaft als Fundament der Familie, der Grundzelle der Gesellschaft, anerkennen, fördern und schützen. Die rechtliche Anerkennung homosexueller Lebensgemeinschaften oder deren Gleichsetzung mit der Ehe würde bedeuten, nicht nur ein abwegiges Verhalten zu billigen und zu einem Modell in der gegenwärtigen Gesellschaft zu machen, sondern auch grundlegende Werte zu verdunkeln, die zum gemeinsamen Erbe der Menschheit gehören.“

Allerdings zeigt sich bei jüngeren katholischen Theologen oft eine andere Haltung (siehe beispielsweise 'Lexikon für Theologie und Kirche').

Protestantische und evangelische Kirchen

Da diese Kirchen und Gemeinschaften keine gemeinsame oberste Authorität kennen (außer der Bibel) gibt es hier eine große Bandbreite; insbesondere einige Freikirchen verurteilen Homosexualität noch wesentlich schärfer als die katholische Kirche; andererseits gibt es auch freikirchliche Gemeinden, die Homosexuelle explizit willkommen heißen und keine Vorbehalte gegen Homosexualität haben. Es gibt sogar eine Freikirche, die Metropolitan Community Church, die sich explizit an LesBiSchwule Menschen wendet. (Zum Beispiel MCC Köln.)

Die Evangelische Kirche Deutschland (EKD) vertritt allgemein eine liberalere Haltung zur Homosexualität.

Islam

In den Ländern und Gegenden, wo die Scharia zur Anwendung kommt, wird Homosexualität mit der Todesstrafe bestraft. Allerdings gibt es auch im Islam liberalere Strömungen.
(Wäre schön, wenn jemand da etwas mehr Substanz hinzufügen könnte.)

Judentum

Im orthodoxen Judentum gilt für alle Menschen eine Heiratspflicht, was natürlich für Homosexuelle große Probleme mit sich bringt. Ebenso wird Homosexualität als solche abgelehnt. Aber auch im Judentum gibt es unterschiedliche Strömungen; so gibt es durchaus liberale Gemeinden, welche Homosexualität und homosexuellen Menschen positiv gegenüberstehen.
(Wäre schön, wenn jemand da etwas mehr Substanz hinzufügen könnte.)

Andere Religionen

(Wäre schön, wenn jemand da etwas mehr Substanz hinzufügen könnte.)


Die Unfähigkeit zur Gründung einer traditionellen Familie treibt daher religiös geprägte Homosexuelle oft in einen Gewissenskonflikt, vor allem, wenn, wie in vielen Religionen, die herkömmliche Familie als ein wesentliches Lebensziel angesehen wird.

Klischees über Homosexualität

Früher wurde häufig angenommen, dass es sich bei Homosexuellen um Menschen handle, bei denen nicht nur der Geschlechtstrieb sondern auch die Geschlechtsrolle invertiert sei; daher das heute noch geläufige Vorurteil von den weibischen Schwulen und den männlichen Lesben. Dies lässt sich empirisch nicht belegen. Im Gegenteil: Viele männliche Schwule geben sich gar nicht weibisch, sondern in Leder-Clubs der SM-Szene oft sogar extrem männlich. (Siehe auch: Heteronormativität und Geschlechtsrolle.)

Inzwischen ist wissenschaftlich gesichert, dass Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung zwei voneinander getrennte Ausprägungen sind.

Telefonische Hilfe für homosexuelle Menschen

Es gibt in sehr vielen Städten Rosa Telefone um betroffene Menschen und Angehörige zu beraten. Die Beratung erfolgt anonym.

Gesetzliche Regelungen in Deutschland

Der § 175 StGB wurde in der Bundesrepublik Deutschland erst 1969 dahingehend liberalisiert, dass ein Schutzalter von 21 Jahren eingeführt wurde, das 1973 auf 18 Jahre gesenkt wurde. Der entsprechende § 151 wurde 1988 in der DDR gestrichen. In der Bundesrepublik Deutschland vollzog sich dieser Schritt beim § 175 1994.

Gleichgeschlechtliche Partnerschaften

Auch wenn innerhalb der politischen Schwulen- und Lesbenbewegung umstritten ist, ob man sich der Norm einer Zweierbeziehung als Kopie der bürgerlichen Ehe annähern soll, wird die weitgehende rechtliche Gleichstellung mit Heterosexuellen überwiegend von Homosexuellen begrüßt.

Seit dem 1. August 2001 gibt es in Deutschland die Möglichkeit, so genannte Eingetragene Lebenspartnerschaften eintragen zu lassen. Ähnliche, zum Teil schwächere, zum Teil weitergehende, Regelungen gibt es in anderen europäischen Ländern; in Belgien, den Niederlanden und vier Staaten in USA und Kanada wurde die Ehe für Homosexuelle ganz geöffnet; in Norwegen und Schweden ist diese Öffnung in der Diskussion.

In Deutschland fehlt es nach Meinung des Lesben- und Schwulenverbandes LSVD vor allem noch an der Gleichstellung im Bereich der Steuern, der Hinterbliebenenversorgung und der Möglichkeit der gemeinsamen Adoption von Kindern.

Nach Verabschiedung des neuen Lebenspartnerschaftsgesetzes meldeten einige Politiker Zweifel daran an; kurzzeitig bemühten sich die Unionsparteien sogar um eine völlige Aufhebung desselben vor dem Bundesverfassungsgericht, welches aber klarstellte, dass einer Gleichstellung mit der Ehe nichts im Wege stünde, da die Lebenspartnerschaft mit der Ehe schon allein deshalb nicht konkurriere, weil es einen anderen Personenkreis betrifft.

Auf der anderen Seite gibt es Stimmen, die die Lebenspartnerschaft (als Ehe light verpönt) und die damit verbundene notwendige Sondergesetzgebung für Homosexuelle ablehnen. Wieder andere fordern die Abschaffung von beidem und plädieren für so genannte "Wahlverwandtschaften" auf Zeit.

Emanzipationsbewegungen

Die Emanzipationsbewegung der Schwulen und Lesben, welche ihre Anfänge in der Mitte des 19. Jahrhunderts hatte, trug nach Stonewall (1969) ihre Anliegen zunehmend in die Öffentlichkeit.

Zur Emanzipation der Lesben trug neben der Öffentlichkeitsarbeit von und für Lesben in hohem Maße auch die Frauenbewegung bei, in der sich sehr viele Lesben engagierten.

Seit den 80er Jahren findet die schwule und lesbische Emanzipation auch immer mehr ihren Ausdruck in eigener publizistischer Aktivität. Vor allem in den größeren Städten und den Metropolen gibt es bei den "queeren" Printmedien mittlerweile eine oftmals hervorragend gemachte journalistische Vielfalt: vom schwullesbischen Stadtteilblättchen bis hin zu überregionalen Zeitschriften (mit fundierten, gut recherchierten Artikeln), die alle nicht mehr im Ruf stehen, als zwielichtiges Kontaktanzeigen- und Soft-Porno-Forum nur unter dem Ladentisch verkauft werden zu müssen. Durch die Einführung der sog. "Offenen Kanäle" und der nichtkommerziellen Bürgerradios hat sich eine Vielzahl von schwulen und/oder lesbischen Radios etabliert, die pfiffig und professionell den Mainstramsendern Paroli bieten (z.B. "Fliederfunk" in Nürnberg oder "Radio Sub" in Frankfurt) Der "Bund schwuler und lesbischer JournalistInnen" verleiht seit 1998 jährlich den "Felix-Rexhausen-Preis" für besondere publizistische Leistungen vor allem zum Thema "Homosexualität und ihre Aufbereitung im Journalismus".

Durch die politischen Anstrengungen der Emanzipationsbewegung wurde 2001 in Deutschland die Verabschiedung des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften erreicht.

Daraus ging das seit August 2001 gültige Lebenspartnerschaftsgesetz hervor, dass schwulen und lesbischen Paaren eine rechtlich anerkannte Begründung der Lebenspartnerschaft erlaubt (so genannte Schwulenehe, siehe oben).

Die Arbeit politisch aktiver Schwule und Lesben hinsichtlich der Emanzipation ist damit längst nicht beendet.

Transgender und Homosexualität

Homosexualität wird oft mit Transgender und Transsexualität in Verbindung gebracht; es handelt sich aber um zwei grundsätzlich verschiedene Phänomene. Bei der Homosexualität geht es um den gewünschten Partner, bei Transgender um das Empfinden der eigenen Geschlechtlichkeit. Diese Verwechslung hat mehrere Gründe:

  • Hirschfeld fasste Homosexuelle und Transgender als ein Drittes Geschlecht zusammen; diese Idee vom Dritten Geschlecht hat sich wenn nicht in der Wissenschaft, so doch sozial bis mindestens in die 1970er Jahre gehalten. Heute werden unter Queer wieder beide Gruppen, beziehungsweise alle Menschen, die gegen heteronormative Regeln verstoßen, wieder zusammen gedacht.
  • Sozial war die LesBiSchwule Subkultur oft der einzige Ort, an dem Transgender in ihrem empfundenen Geschlecht akzeptiert wurden.
  • Da sich ein großer Teil der Transgender zu einem anderen als dem empfundenen Geschlecht hingezogen fühlt, führt dies oft zu Beziehungen mit Menschen gleichen anatomischen Geschlechts, die dann zwar subjektiv als heterosexuell empfunden werden, nach außen aber homosexuell wirken.

Vor allem letzteres ist der Grund, warum die Verwendung des Wortes homosexuell problematisch ist, wenn einer der Partner Transgender ist. Was nach äußerlichen oder anatomischen Kriterien homosexuell (=gleichgeschlechtlich) wäre, empfinden einer oder beide Partner unter Umständen heterosexuell – oder natürlich umgekehrt.

AIDS

Zur Emanzipation der Schwulen trug – ebenfalls neben der Öffentlichkeitsarbeit – auch stark die AIDS-Epidemie zu Beginn der 1980er Jahre bei. Dies klingt zunächst widersprüchlich, da sich AIDS in den westlichen Ländern aufgrund der höheren Promiskuität zunächst stark in schwulen Kreisen verbreitete.

Durch die von den AIDS-Hilfen und der deutschen Bundesregierung initiierten Aufklärungs-Kampagnen geriet das Tabu-Thema Homosexualität aber stärker in den Blick der Öffentlichkeit. Dadurch wurde nicht nur Aufklärung über HIV und die Erkrankung AIDS erreicht, vielmehr wurde als Vorsichtsmaßnahme für Safer Sex geworben. Dabei konnten auch viele Missverständnisse über Schwule und Lesben (s. o. weibische Männer, Mannweiber) aufgeklärt werden. Der Großteil der Bevölkerung hat inzwischen nachvollzogen, dass es eben Menschen gibt, die eine andere Sexualität ausleben möchten als sie selbst und sie dadurch keineswegs gestört werden. Die moralischen Gesellschaftswerte haben sich also verschoben, auch wenn es immer noch Menschen gibt, die Homosexualität strikt ablehnen. Gründe dafür sind entweder ihr Weltbild oder fehlende Auseinandersetzung mit der Thematik.

Heutzutage empfinden es vor allem junge Homosexuelle als ungerechtfertigt, dass ihre Sexualität automatisch mit AIDS in Verbindung gebracht wird. Dieser Zusammenhang sei kausal nicht mehr zu begründen. Menschen in homosexuellen Beziehungen sind - wenn überhaupt - insofern einer besonderen Risikogruppe zuzurechnen, als die Verletzungsgefahr bei homosexuellem Sex tendenziell höher ist als bei heterosexuellem.

Siehe auch: Gay, Bisexualität, Lesbe, Heterosexualität, Christopher Street Day, Sexualität, Queer,Regenbogenfamilie