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Sexueller Fetischismus

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Unter sexuellem Fetischismus (aus dem lateinischen facere - machen, tun und dem portugiesischen feitico - Zauber, Wahn) versteht man eine Paraphilie, eine Variante der Sexualität, bei der ein Mensch im Zusammenhang mit Gegenständen, Handlungen oder Situationen eine sexuelle Lust verspürt. Sie wird höchstwahrscheinlich durch Erlebnisse in der frühen Kindheit ausgelöst. Der Fetischismus kann (muss aber nicht) sich soweit steigern, dass das Interesse an gewöhnlichen sexuellen Aktivitäten nicht mehr vorhanden ist, nur noch der fetischistische Trieb ausgelebt wird und zwischenmenschliche Kontakte vernachlässigt werden. Dann kann eine psychologische Beratung Hilfe bieten.

Spielarten des sexuellen Fetischismus

Viele Kombinationen von Material und Gegenstand sind als Fetisch denkbar. Der Fetischismus kann aber auch Körperteile oder Tätigkeiten zum Gegenstand haben. Die einzelnen Spielarten des Fetischismus lassen sich nicht immer sauber voneinaner trennen, können aber grob klassifiziert werden.

Körperteile

Einige Fetischisten werden durch bestimmte Körperteile erregt, unter anderem: Füße, Hände, Po (Natesfetischismus), Busen, Bauchnabel, Penis (siehe Glory Hole) und Haare oder die ganze Statur (Makrophilie und Mikrophilie)

  • Fußfetischismus, Fachbegriff Podophilie, ist die am häufigsten anzutreffende Form des Körperteilfetischismus; als sexueller Fetisch dienen hier Füße.
  • Der Bauchnabelfetischismus stellt den Bauchnabel in den Mittelpunkt des Interesses.

Tätigkeiten

Bei anderen Spielarten stehen Tätigkeiten im Mittelpunkt:

  • BDSM ist ein Kunstbegriff und die korrekte Bezeichnung für eine verwandte Gruppe sexueller Vorlieben, die oft ungenauer unter Sadomasochismus (SM, auch Sado-Maso) zusammengefasst werden. BDSM ist eine Abkürzung für die subsummierten Aspekte: Bondage and Discipline (B&D), Domination and Submission (D&S)und Sadism and Masochism (S&M)
  • Beim Klinikfetischismus handelt es sich um einen Sammelbegriff für sexuelle Praktiken, bei der bestimmte Vorstellungen von Situationen bei ärztlichen Behandlungen, Krankenhausaufenthalten oder medizinischen Untersuchungsmethoden meist in ein erotisches Rollenspiel (Doktor - Patient) zwischen Sexualpartnern einbezogen werden. Teilweise ist auch die Kleidung von Bedeutung.
  • Rauchfetischismus ist eine Form des Fetischismus, der das Tabakrauchen in Form von Zigaretten, Zigarren, seltener auch Pfeifen im Blickfeld hat.
  • Spanking-Fetischismus (engl. spank: der Klaps, to spank: verhauen) bezeichnet eine Form des sexuellen Fetischismus, bei der Spankings (d.h. Körperstrafen auf das Gesäß) als erotisch empfunden werden.

Materialien

Als Fetisch können verschiedene Materialien dienen, unter anderem: Leder, Pelze, Lack, Latex, Plastik beziehungsweise Gummi, Seide, Nylon, Satin, Lycra, Gips

  • Gummifetischismus ist eine Variante des Fetischismus, der sich durch das Tragen von Kleidungsteilen aus Latex oder das Betrachten von Personen, welche solche tragen, zur sexuellen Stimulation ausdrückt.
  • Als Looner werden (abgeleitet vom engl. Balloon) Personen bezeichnet, die von den spezifischen Eigenschaften eines Ballons, (Material, Form, Farbe, Geruch, Geräusche) erregt werden. Dies gilt als Variante des Gummifetischismus.

Gegenstände

Teilweise zielt der Fetischismus auf bestimmte Gegenstände, in der Regel Kleidungsstücke und Ähnliches, unter anderem: Schuhe in jeder Form (Stiefel, Sneaker, High Heels und ähnliche), Strümpfe, Strumpfhosen, Cape und Regencape, Regenjacken, Hauben, Masken und Tauchanzüge (Neopren),Friesennerz, Unterwäsche, Korsetts, Handschuhe, Windeln, Blusen, Turnhosen, Brillen, Zahnspangen, Daunenjacken, Winterjacken, Nylonjacken

Die sexuelle Fixierung richtet sich auf den jeweiligen Gegenstand. Die Vorlieben reichen von Anschauen, Anfassen über Riechen bis zum Sammeln von Exemplaren des Fetisches in verschiedenen Variationen. Oft spielt das Material (z.b Nylon) die Farbe oder die Marke eine entscheidende Rolle. So kann die eine Farbe oder Marke als besonders erotisch, andere hingegen sogar als abstoßend empfunden werden. Der Zustand des Gegenstandes (löchrig, neuwertig, schmutzig oder rein) kann bei diesem Fetisch ein wichtiges Kriterium für den Grad der Attraktivität sein. Bei Kleidungsstücken werden teils getragene und schmutzige, teils frisch gewaschene bevorzugt. In manchen Fällen wird es als besonders anregend empfunden, Kleidungsstücke eines Unwissenden zu entwenden - sei es im Schlaf oder heimlich aus der Wäschetruhe. Vereinzelt gibt es Angebote zum Verkauf von getragener Kleidunsstücke im Internet.

  • Der Brillenfetischismus sieht aus der erotischen Perspektive auf die Sehhilfe und ihre Träger.
  • Jackenfetischismus ist eine sexuelle Fixierung auf Jacken.
  • Schuhfetischismus ist eine Variante des Fetischismus, der sich durch eine sexuelle Fixierung auf Schuhe ausdrückt. Dabei werden Schuhe als ein direktes oder indirektes Hilfsmittel zur Erregung benutzt oder stellvertretend für einen Partner mit besonderer Aufmerksamkeit bedacht.
  • Strumpf- und Sockenfetischismus ist eine sexuelle Fixierung auf Strümpfe oder Socken. Oft spielt auch das Schuhwerk oder die Beschaffenheit des Fußes bei diesem Fetisch eine Rolle, jedoch nicht immer so sehr, dass man von Schuhfetischismus oder Fußfetischismus sprechen würde. Unter homosexuellen Männern und Jugendlichen ist dieser Fetisch weit verbreitet und tritt oft in Kombination mit dem Schuhfetischismus auf. In einigen Internetforen verwendet man die Begriffe Sneakers & Sox oder auch Sneaks & Sox.
  • Windelfetischismus ist eine Form des Fetischismus, bei der Personen durch das Tragen oder Benutzen von Windeln sexuell erregt werden.

Fetischkleidung

  • In der BDSM-Szene wird sehr oft Kleidung aus Lack, Leder, Pelz und Latex getragen und diese Kleidung auch als Fetischkleidung bezeichnet, ohne dass jedoch notwendig das oben gesagte über den Fetischismus zutrifft. Hier hat es eher den Sinn eines Dresscodes.

Krankheit

Fetischismus kann auch eine "krankhafte Ausprägung" haben und ist dann nach ICD-10 eine "Störung der Sexualpräferenz" (Schlüssel F65.0), die wie folgt beschrieben wird: Gebrauch toter Objekte als Stimuli für die sexuelle Erregung und Befriedigung. Viele Fetische stellen eine Erweiterung des menschlichen Körpers dar, z.B. Kleidungsstücke oder Schuhwerk. Andere gebräuchliche Beispiele sind Gegenstände aus Gummi, Plastik oder Leder. Die Fetischobjekte haben individuell wechselnde Bedeutung. In einigen Fällen dienen sie lediglich der Verstärkung der auf üblichem Wege erreichten sexuellen Erregung (z.B. wenn der Partner ein bestimmtes Kleidungsstück tragen soll). (Quelle: ICD-10-GM Version 2005). Nach dieser Definition wäre eine besondere Vorliebe auf Körperteile (z. B. Füße, Hände, etc.) kein Fetisch und somit keine "Krankheit", da diese Körperteile keine "toten Objekte" sind.

Viele Sexualwissenschaflter halten jedoch die amerikanische Definition im "Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders" (DSM-IV, Schlüssel 302.81) für besser, da in dieser Definition eine "krankhafte sexuelle Abweichung" erst dann voliegt, wenn diese sexuellen Phantasien länger als 6 Monate immer wieder auftauchen und der Betroffene dadurch so behindert wird, dass sein soziales Leben gestört ist. (siehe Diagnostic criteria for 302.81 Fetishism)

In einer Nachricht vom 26.08.2005 heisst es: [...] Psychotherapie sei nur bei echtem Leidensdruck notwendig oder dann, wenn ein Fetisch Sex mit einem lebendigen Partner komplett ersetzt. «Sex ist vielfältig und bunt wie das Leben», sagt der Sexualwissenschaftler Erwin Häberle, Leiter des Magnus-Hirschfeld-Archivs für Sexualwissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin. Den Versuch der Psychiatrie, «normale» und «krankhafte» Sexualität zu definieren, hält Häberle für anmaßend. «Normal» sei alles, was einem Menschen und seinen Mitmenschen nicht schade. [...] (Quelle: http://de.news.yahoo.com/050826/12/4nvpb.html)

de:Fetischismus (Psychologie)