Seibane Wague
Seibane Wague (* 1970 in Mauretanien, † 15. Juli 2003 in Wien, Österreich) war ein Atomphysiker aus Mauretanien. Er studierte in Wien wo er einige Zeit bei der Sendung Radio Afrika auf Orange 94,0 mitarbeitete. Während des Sommers 2003 war er im Wiener Stadtpark im sogenannten "Afrikadorf" als Nachtwächter beschäftigt. Er war mit einer Österreicherin verheiratet. Im Alter von 33 Jahren kam er bei einer Polizeiaktion unter viel diskutierten Umständen im Wiener Stadtpark ums Leben.
Geschehnisse am 15. Juli 2003
An besagtem 15. Juli 2003 hatte Seibane Wague im Afrikadorf eine lautstarke Auseinandersetzung mit seinem Vorgesetzen Erfried Malle. Malle fühlte sich eigenen Angaben zu Folge durch Wague bedroht, weshalb er sich in seinem Auto einsperrte. Der Vorgesetzte rief die Polizei und den Notarzt herbei. Eine Begleiterin Erfried Malles berichtet, dass die Polizei Seibane Wague auf Nacken und Rücken schlug.
Sechs Polizisten fixierten in weiterer Folge Seibane Wague in Bauchlage mit auf den Rücken gefesselten Händen und gefesselten Füßen mindestens fünf Minuten lang am Boden, er erhielt zusätzlich ein starkes Neuroleptikum (Haldol) mittels Spritze verabreicht. Drei Sanitäter beteiligten sich ebenfalls an der Fixierung Seibane Wagues. Die Fixierung erfolgte teilweise unter Einsatz des gesamten Körpergewichtes und unter Verabreichung von Faustschlägen auf Seibane Wagues Körper und Kopf. Der Notarzt griff nicht ein.
Seibane Wague überlebte diese Prozedur nicht. Die Amtshandlung wurde von einem Zeugen auf Video dokumentiert, durch das öffentliche bekanntwerden des Videos (Ausschnitte wurden in den Hauptnachrichten um 18.30 gezeigt) wurde Wagues Tod medial zum Thema gemacht.
Parlamentarische Anfrage an Innenminister im Oktober 2003
- Konsequenzen infolge der Ermittlungen des Büros für Interne Angelegenheiten (BIA) im Innenministerium: Der Notarzt wurde vom Innenministerium angezeigt. Gegen die beteiligten Exekutivbeamten/innen wurden keine disziplinarrechtlichen Schritte eingeleitet.
- Es existieren genaue Vorschriften für die österreichische Exekutive bezüglich Fixierung einer in Bauchlage befindlichen Person mit den Füssen bzw. Beinen.
- Eventuelle Falschaussagen der Exekutivbeamten/innen werden nicht durch das BIA weiterverfolgt. Eine entsprechende Beurteilung obliegt den Gerichten.
- Es wurde die Einberufung einer Arbeitsgruppe veranlasst, zwecks Prüfung der Vorschriftenlage „Amtshandlungen gegen renitente Personen".
- Der Menschenrechtsbeirat wurde ersucht eine Bewertung dieser Vorschriften vorzunehmen.
- Dem Menschenrechtsbeirat wurde durch das BIA die Akteneinsicht verweigert. Begründung: Vorliegen einer gerichtliche Anordnung, dass alle diesbezüglichen Akten als Verschlusssache gegenüber jedermann zu führen sind.
Verwaltungsgerichtshof und Unabhängiger Verwaltungssenat
Ende 2004 stufte der Wiener Unabhängige Verwaltungssenat diese Amtshandlung als rechtswidrig ein. Auch der Verwaltungsgerichtshof bestätigte im Wesentlichen die Rechtswidrigkeit der Amtshandlung. Es wurde auch ein Verstoß gegen das Folterverbot gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention festgestellt. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs hat allerdings keine direkten Auswirkungen auf das anhängige Strafverfahren.
Gutachten
Auch bei diesem Todesfalle wurden mehrere, teilweise widersprüchliche, Sachverständigengutachten erstellt.
In seinem medizinische Gutachten kam Dr. Risser im November 2004 zur Schlußfolgerung, dass Seibane Wague infolge eines angeborenen Herzfehlers durch Kreislaufversagen verstarb. Er beschreibt in seinem Gutachten aber auch Verletzungen im Nackenbereich, sowie Hämatome an Armen und Beinen von Seibane Wague. Auch der Konsum von weichen Drogen wurde nachgewiesen.
Zu einem komplett anderen Resultat kam Dr. Hudabiunigg im Oktober 2005. Er hält in seinem medizinischen Gutachten fest, dass Seibane Wague ursächlich nicht an einem Kreislauf- und Herzversagen, sondern infolge der Intensität und Dauer der Fixierungsmaßnahmen unter der Last der Polizisten und Sanitäter erstickt ist. Erst sekundär traten, wie bei jedem anderem Todesfall auch, Kreislauf- und Herzversagen auf. Er kritisierte auch, dass Seibane Wague minutenlang reglos am Boden lag, ohne dass Reanimationsmaßnahmen eingeleitet wurden.
Auch Rudolf Pföhs, Experte für Einsatztechnik bei der österreichischen Polizei, kritisiert in seinem Gutachten die Fixierungsmaßnahmen der Polizisten, sowie mangelnde Vorschriften für derartige Einsätze.
Strafverfahren
Im Juli 2005 wurde am Wiener Straflandesgericht der Prozess gegen die beteiligten sechs Polizisten, drei Sanitäter und den Notarzt eröffnet. Diesen Personen wird zur Last gelegt, den Tod Seibane Wagues fahrlässig unter besonders gefährlichen Umständen herbeigeführt zu haben.
Zu Prozessbeginn rechtfertigte sich der Notarzt, er habe sich vor der Polizei gefürchtet ("Das ist die Obrigkeit. Die haben das Machtmonopol") und deshalb nicht eingegriffen. Außerdem habe er die Situation als nicht lebensbedrohlich eingeschätzt.
Die Polizisten wiesen eine Mitschuld an Tode Seibane Wagues zurück und gaben an, sich auf den Notarzt verlassen zu haben, dieser trage die alleinige Verantwortung. Außerdem seinen sie für derartige Situationen nicht ausreichend geschult gewesen. Die im Anschluss an den Tod von Marcus Omofuma vom Innenministerium herausgegebenen Erlässe hätten sie nicht gekannt.
Ein Zeuge erklärte, dass Seibane Wague ein Drogenproblem hatte und am 15. Juli im Afrikadorf sehr aggressiv geworden ist.
Nach einer längeren Unterbrechung wegen der Einholung notwendiger Gutachten wurde der Prozess am 28. Oktober 2005 fortgesetzt.
Bei der Zeugenbefragung wurde offensichtlich, dass die beteiligten Sanitäter und Polizeibeamten schlecht ausgebildet waren. Bekannt wurde auch, dass es zwischen den Polizeiausbildnern und Instruktoren vor ihrer Zeugenaussage bei diesem Prozess Besprechungen und Absprachen gab.
Am 9. November 2005 wurden in erster Instanz ein Großteil der Angeklagten freigesprochen. Ein Polizist und der Notarzt wurden wegen fahrlässiger Tötung zu je sieben Monaten bedingter Haft verurteilt. Damit folgte Richter Gerhard Pohnert im Wesentlichen der Argumentationslinie der Verteidigung, die auf das schulungskonforme Verhalten der involvierten Polizisten und Sanitäter und die Zufälligkeit des Todeseintrittes hinwies.
Weblinks
- www.no-racism.net Artikelsammlung zum Fall Seibane Wague
- www.afrikanet.info Spezialseite zum Tod von Seibane Wague
- www.sosmitmensch.at Artikelsammlung zum Fall Seibane Wague
- web.amnesty.org Amnesty International - Worldwide Appeal: AUSTRIA: Death in police custody
- web.amnesty.org Amnesty International - Report 2004: Austria
- web.amnesty.org Amnesty International - Report 2005: Austria
Medienberichte
- www.networld.at Der Polizei-Bericht zum Wague-Fall im Original: Tödliche Amtshandlung am 15.7.'03
- www.austria.indymedia.org ai zum Tod von Cheibani Wague
- www.oberoesterreich.com Der Fall Cheibani Wague
- www.vienna.at Cheibani Wague: Prozess beginnt
- www.salzburg.com Prozess um Tod von Cheibani Wague eröffnet
- www.diepresse.at Fall Cheibani Wague: Rechtswidrige Amtshandlung bestätigt
- www.profil.at Gericht: Tödliches Beamtenmikado
- www.ceiberweiber.at Rassismus tötet?
- www.orf.at Neues Gutachten, Kein Herzversagen: Wague ist erstickt
- www.diepresse.at Chronologie im Fall Wague
- www.derstandard.at Notarzt und ein Polizist schuldig gesprochen
- www.orf.at Zwei Schuld-, acht Freisprüche