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Krankenversicherung in Deutschland

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Die Krankenversicherung in Deutschland erstattet den Versicherten die Kosten (voll oder teilweise) für die Behandlung bei Erkrankungen, bei Mutterschaft und oft auch nach Unfällen. Sie ist Teil des Gesundheits- und in vielen Ländern auch des Sozialversicherungssystems. In einigen Ländern kommen neben finanziellen Leistungen auch Sachleistungen hinzu. Ob die Folgekosten von Unfällen von der Krankenversicherung oder einer speziellen Unfallversicherung übernommen werden, ist ebenfalls länderspezifisch geregelt.

Geschichte

Gesetz, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter, im Reichsgesetzblatt vom 21. Juni 1883

Die gesetzliche Krankenversicherung wurde als erste Leistung 1883 aus dem Bereich der Sozialversicherungen von Bismarck eingeführt, um die Arbeiterschaft für den Staat zu gewinnen.[1] Zunächst bestand die Versicherungspflicht bei der gesetzlichen Krankenkasse nur für diese Bevölkerungsgruppe mit meist geringem Einkommen. Da zwei Drittel der Leistungen lohnabhängig waren, wurden die Beiträge lohnabhängig erhoben. Im Laufe der Zeit stieg der Anteil der lohnunabhängigen Leistungen stetig.

1911 erging das Versicherungsgesetz für Angestellte. Damit wurde die Mitgliederbasis ausgeweitet. Für die Zielgruppe der Personen mit höherem Einkommen sowie für Selbstständige entwickelten private Krankenversicherungsunternehmen Angebote mit niedrigem Einstiegsbeitrag. Das gilt jedoch nur für jüngere Versicherte. Mit zunehmendem Alter der Versicherten steigen bei den privaten Versicherungen die Beiträge entsprechend dem zunehmenden Risiko dramatisch. Am höchsten sind sie ab dem Rentenalter.

Versicherungsarten

In Deutschland gibt es in Bezug auf die Mitgliedschaft und Vertragsform folgende zwei Arten der Krankenversicherungen. In Deutschland sind 87 % der Krankenversicherten gesetzlich und 13 % privat versichert (Stand 2009).[2]

Gesetzliche Krankenversicherung

Hauptartikel: Gesetzliche Krankenversicherung

Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist Teil des deutschen sozialversicherungsrechtlichen Solidarsystems. Anders als in der privaten Krankenversicherung zahlen alle Versicherten gleichermaßen, egal ob sie alt oder jung, dauerhaft krank oder gesund sind in den Gesundheitsfonds ein. Bei der gesetzlichen Krankenversicherung ist der Beitragssatz einheitlich vorgegeben. Er ist nicht risikoabhängig, sondern auf Einkommen oder berufliche Stellung bezogen. Sofern keine vorherige Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung bestand, können hier nicht beitreten

  • Selbstständige,
  • Beamte sowie Richter, Soldaten und Geistliche,
  • Asylbewerber und
  • Sozialhilfeempfänger.

Seit 2005 besteht die Möglichkeit, dass Asylbewerber und Sozialhilfeempfänger Versicherungskarten zu Abrechnungszwecken von einer gewählten Krankenkasse erhalten. Die Leistungen werden aus Steuer- und nicht aus Versicherungsmitteln bezahlt (siehe auch § 264 SGB V). Zur Beurteilung von medizinischen Fachentscheidungen steht den Krankenkassen ein unabhängiger Ärztedienst zur Verfügung: Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK). So genannte Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) werden den Patienten privat in Rechnung gestellt und nicht von der Krankenkasse gezahlt. Durch das Bürgerentlastungsgesetz wird der bislang beschränkte Abzug von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung als Sonderausgaben im Rahmen der Einkommensteuer ab dem Jahr 2010 dahingehend erweitert, dass die vom Versicherten getragenen Beiträge unbegrenzt als Sonderausgaben die steuerliche Bemessungsgrundlage mindern. Nicht abzugsfähig ist jedoch derjenige Anteil der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, der bei Arbeitnehmern auf die Finanzierung des Krankengeldes entfällt - im Rahmen einer typisierten Betrachtung wird dieser Anteil mit 4 % der Beiträge gleichgesetzt.

Private Krankenversicherung

Hauptartikel: Private Krankenversicherung

In der privaten Krankenversicherung (PKV) versichern sich Personen, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind. Dazu können gehören:

Durch das Bürgerentlastungsgesetz wird der bislang beschränkte Abzug der Beiträge zur privaten Krankenversicherung als Sonderausgaben im Rahmen der Einkommensteuer dahingehend erweitert, dass ab dem Jahr 2010 unbegrenzt Beiträge zur privaten Krankenversicherung, die für entsprechende Leistungen der Grundversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung anfallen, als Sonderausgaben die steuerliche Bemessungsgrundlage mindern. Beiträge für private Zusatzleistungen (bspw. Zweibettzimmer im Krankenhaus) sind nicht steuerlich berücksichtigungsfähig.

Personen ohne Absicherung im Krankheitsfall

Laut Mitteilung des Statistischen Bundesamts vom Mai 2003 waren im damaligen Jahr 188.000 Bundesbürger (nicht versicherte Selbstständige nicht erfasst) ohne jede Krankenversicherung. Damit hatte sich die Zahl seit 1995 verdoppelt. Für das Jahr 2005 wurde mit einer Steigerung auf 300.000 unversicherter Bürger gerechnet. Für 2007 wurde die Zahl auf 400.000 geschätzt.[3]. Als ein Grund dafür wird oftmals wirtschaftlicher Druck, also ein Verzicht auf Krankenversicherung als Sparmaßnahme, angegeben. Bis zum 1. Januar 2009 gab es die Gruppe der gut verdienenden, absichtlich Nichtversicherten. Sie trugen ihr Krankheitsrisiko selbst und sparten sich die Kosten für Verwaltung und Umverteilungskomponenten einer privaten Krankenversicherung oder gesetzlichen Krankenkasse.

Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26. März 2007[4] wurde ab dem 1. April 2007 für Personen eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung eingeführt, wenn sie zuletzt gesetzlich krankenversichert waren, oder, sofern sie bisher nicht gesetzlich krankenversichert gewesen sind, sie zu dem Personenkreis gehören, der nach der in den § 5 und § 6 SGB V zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Wertentscheidung der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuordnen ist. Die gesetzlichen Krankenkassen dürfen solche Personen ohne Absicherung im Krankheitsfall, wenn sie bei ihnen die Aufnahme beantragen, nicht ablehnen. Die Voraussetzung für die Versicherungspflicht soll sich in ihren Grundzügen nach § 5 (1) SGB V ergeben. Hier besteht nach Nr. 13 Versicherungspflicht für Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt in der gesetzlichen Krankenversicherung oder überhaupt nicht versichert waren (sogenannte "Auffangversicherung").[5] In einer Ergebnisniederschrift des GKV-Spitzenverbandes heißt es allerdings dazu: „Eine Legaldefinition der anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall bzw. eine abschließende Aufzählung der diesen Anforderungen genügenden Absicherungsformen enthält das Gesetz nicht.“[6]

Alle übrigen Personen müssen sich seit dem 1. Januar 2009 bei einer privaten Krankenversicherung versichern. Für die privaten Versicherungsunternehmen besteht insoweit ein Kontrahierungszwang nach § 193 Abs. 3 VVG zu einem so genannten Basistarif, sie dürfen den Vertragsschluss also nicht etwa wegen gesundheitlicher Risiken ablehnen.

Im Jahr 2011 waren laut Statistischem Bundesamt nur noch 137.000 Personen in Deutschland nicht krankenversichert und hatten auch sonst keinen Anspruch auf Krankenversorgung. Dies entspricht einem Anteil von 0,2 Prozent an der Gesamtbevölkerung.[7]

Siehe auch

Literatur

  • Achim Peters: Der Prämien- und der Bedingungsanpassungstreuhänder in der substitutiven privaten Krankenversicherung. Logos, Berlin 2007, ISBN 3-8325-1554-2.
  • Sodan (Hrsg.): Handbuch des Krankenversicherungsrechts, C.H. Beck Verlag, 1.Auflage, München 2010, ISBN 978-3-406-58417-6

Einzelnachweise

  1. Sozialversicherung#Entstehung der Sozialversicherungen Entstehung der Sozialversicherungen
  2. SOEP - das Sozio-oekonomische Panel 2009: Art der Krankenversicherung
  3. n-tv.de, 400.000 ohne Versicherung – Arztbesuch ein Luxus? 24. Juli 2007
  4. Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) vom 26. März 2007, BGBl. I, S. 387
  5. Raimund Waltermann, "Sozialrecht", Hüthig Jehle Rehm, 2009, S. 83
  6. „Fachkonferenz Beiträge 12. Oktober 2009“, (TOP 2, S. 9), Quelle: 2. Jan. 2009, http://www.vdek.com/versicherte/MitgliedschaftsBeitragsrecht/versicherungspflichtohne/nichtversicherte_auslandsversicherung.pdf
  7. Weniger Menschen ohne Kranken­ver­sicherungs­schutz