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Verbrennungstriebwagen und Verbrennungsstriebzüge sind selbstfahrende Schienenfahrzeuge des Fahrgast- und – selten auch – Güterverkehrs.
Definition






Ein Triebwagen ist ein Schienenfahrzeug, das einen eigenen Antrieb besitzt und nicht von einem externen Antrieb (in der Regel einer Lokomotive) bewegt werden muss. Man unterscheidet zwischen Fahrzeugen, die mit fossilen Brenstoffen betrieben werden (insbesondere Dampf-, Benzol- und Dieseltriebwagen) und elektrisch angetriebenen Fahrzeugen (Akkumulator- und Elektrotriebwagen). Letztere werden in diesem Kapitel nicht behandelt.
Während in ihrer Geschichte verschiedene Antriebs- und Brennstoffarten vorkamen, werden die aktuellen Verbrennungstriebwagen fast ausschließlich mit Dieselkraftstoff betrieben. Aus diesem Umstand resultiert die heute übliche Bezeichnung "Dieseltriebwagen", die Abkürzung ist aber nach wie vor "VT" (Beispiel: VT 628; "DT" steht für "Dampftriebwagen"). Verbrennungstriebwagen gibt es in vielen Varianten. Sie reichen von den seltener vorkommenden bahninternen Fahrzeugen (Draisine, Schienen-"VW-Bus") über große und schnelle einteilige Fahrzeuge (französische Baureihe X 2400) zu mehrteiligen Triebzügen (VT 614), die sogar im hochwertigen Reisezugverkehr verkehren ("ICE-TD" VT 605).
Schienenbus ist eine Trivialbezeichnung für kleinere Verbrennungstriebwagen in Deutschland und Österreich, in der Schweiz ist der Ausdruck nicht gebräuchlich. Es handelt sich um zweiachsige Fahrzeuge, die in der Regel aus einem Wagenkasten bestehen, aber einen oder mehrere leichte Beiwagen oder sogar Vollbahnwagen (VT 98) ziehen können.
"Klassische "Schienenbusse waren in der alten Bundesrepublik die Baureihen VT 95 und VT 98 mit ihren Abkömmlingen. In der DDR wurde der optisch ähnliche LVT (Beiname: "Ferkeltaxe") in Serie gebaut. Die auch als "Uerdinger Schienenbusse" bezeichneten Baureihen der DB liefen in abgewandelten Formen auch in Luxemburg, Österreich, Spanien, Jugoslawien und Großbritannien.
Der Begriff Schienenbus wurde im Nachhinein bereits für Vorläuferfahrzeuge verwendet, so für den Wismarer Schienenbus (Beiname: "Schweineschnäuzchen") der DRG aus den 1930er Jahren. Im Englischen existiert der Begriff Railbus, in der spanischen Sprache der Ferrobús. Dem deutschen Schienenbus ähnliche Fahrzeuge kommen auch in Skandinavien, mehreren Staaten des ehemaligen Ostblocks und in südamerikanischen Ländern vor.
Geschichte
Als Vorläufer der ersten Triebwagen kann man kleine Dampflokomotiven sehen, die für Einmannbetrieb konzipiert waren. Hier wurde, um Personal einzusparen, der Kessel vom Lokomotivführer unterhalten, einen Heizer gab es nicht. Bekanntes Beispiel ist der Glaskasten, auch im frühen Straßenbahnbetrieb waren ähnliche Fahrzeuge (Dampftramways) anzutreffen.[1]
In einer nächsten Stufe wurde der Antrieb in den Personen- oder Güterwagen integriert, was Material und Gewicht sparte. Es entstanden Dampftriebwagen in der Absicht, auch Strecken mit geringem Verkehrsaufkommen wirtschaftlich betreiben zu können. Aufgrund der problematischen Unterbringung des Kessels sowie des Kohlen- und Wasservorrats war ihnen jedoch kein durchschlagender Erfolg beschieden.
Analog verlief die Entwicklung der mit flüssigem Brennstoff betriebenen Fahrzeuge. Zunächst zogen kleine Lokomotiven wenige Anhänger auf Klein- und Nebenbahnen, so die Benzollokomotiven der Schöneicher Bahn.[2] Auch die ersten Triebwagen liefen noch nicht mit Dieselkraftstoff: die legendären Wismarer Schienenbusse „Typ Hannover" besaßen zuächst Benzinmotoren, einige wurden später mit Holzkohlengas betrieben.
Größere Bedeutung erlangten Verbrennungstriebwagen erst in den 1930er Jahren. Die fortgeschrittene Entwicklung der Dieselmotoren erlaubte deren Einsatz in Eisenbahnfahrzeugen. Diesellokomotiven spielten hierbei noch eine untergeordnete Rolle, für den Betrieb auf Nebenbahnen wurden von der DRG zunächst 29 zweiachsige Triebwagen der Baureihe VT 135 (Nummern 002-059, mit Lücken) angeschafft. Sie erhielten passende Beiwagen und wurden in der Folge mehrfach umgebaut.[3] Die Nachfolgebauart VT 135 (Nummern 061-132) erinnert mit ihren runden Formen bereits an die Schienenbusse der Nachkriegszeit.
Neben der Absicht, Personal zu sparen und den Oberbau durch leichte Fahrzeuge zu schonen, versuchte man auch früh, durch Übernahme von Komponenten aus dem Straßenfahrzeugbau die Planungs- und Anschaffungskosten zu reduzieren. Die Motoren von Ford für die Wismarer Schienenbusse sind hierfür ein Beispiel. Bei den Nachkriegsbaureihen VT 95 (DB, CFL, modifiziert BR) und VT 2.09 (DR) wurde dieser Ansatz zunächst konsequent weiterverfolgt, mit dem VT 98 jedoch eine teilweise Rückkehr zum "klassischen" Schienenfahrzeug vollzogen.
Neben den Fahrzeugen für Nebenbahnen hielten Dieseltriebwagen auch auf Hauptbahnen und im Schnellverkehr Einzug. Der VT 877 (Fliegender Hamburger) war der erste Dieselschnelltriebwagen der Deutschen Reichsbahn und zugleich der erste Stromlinienzug im planmäßigen Einsatz. Mit ihm wurde ab 1933 zwischen Berlin und Hamburg die damals weltweit schnellste Zugverbindung hergestellt. Aufgrund der zunehmenden Verknappung des Dieselöls im Verlauf des Zweiten Weltkriegs kam diese Entwicklung aber bald ins Stocken.
In der Nachkriegszeit nahmen sich DB wie DR des Themas Dieseltraktion wieder an. In der Bundesrepublik wurden mehrere Triebwagentypen etnwickelt, so der MAN-Triebwagen, der Esslinger Triebwagen und der Uerdinger Schienenbus. Für die Nebenstrecken entschied sich die DB für das letztgenannte Fahrzeug, das in seinen Grundformen VT 95 und VT 98 für lange Jahre zum "Nebenbahnretter" wurde. Verhindern konnte es den "Rückzug aus der Fläche" letztlich aber nicht.
Für die Hauptbahnen entstanden die ersten Triebzüge, Einheiten aus einem oder zwei Triebwagen mit antriebslosen Mittelwagen (und / oder ggf. einem Steuerwagen). Spektakuläre Fahrzeuge der 1950er Jahre waren die TEE-Züge der Baureihe DB-Baureihe VT 11.5, die für den hochwertigen grenzüberschreitenden Verkehr konzipiert waren. Ein Pendant erhielten sie in der DDR mit der Baureihe VT 18. Dieseltriebzüge für den Regionalverkehr auf Hauptbahnen waren u.a. die Baureihe 624 und deren – ursprünglich für Neigetechnik entwickelten – Nachfolger 614. Gegen Ende ihrer Einsatzzeit wanderten sie in untergeordnete Dienste ab.
Die Deutsche Bundesbahn konnte sich, angesichts des Nebenbahn-Sterbens, lange Zeit nicht dazu entschließen, Nachfolger für die Schienenbusse anzuschaffen. Mit den 13 Fahreugen der Baureihe 627 wurde in den 1970er Jahren ein Anfang gemacht, der in die in größerer Stückzahl erworbene Baureihe 628 mündete. Ende der 1980er Jahre wurden mit der Baureihe 610 die ersten Doppeltriebwagen mit gleisbogenabhängiger Wagenkastensteuerung (Neigetechnik) bestellt. Diese Entwicklung gipfelte in den 200 km/h schnellen ICE-TD-Triebzügen, die sich aber als problembehaftet herausstellten und heute nur noch ohne Kurvenneigung eingesetzt werden.
Neben den staatlichen schafften auch private Bahngesellschaften Verbrennungstriebwagen an. Hier zog man vielfach stärkere Fahrzeuge dem Uerdinger Schienenbus vor, da diese Güterwagen ziehen konnten, was die Unterhaltung von Güterzuglokomotiven überflüssig zu machen versprach. Seit auch auf dem ehemals staatlichen Netz vermehrt Privatbahnen Verkehr anbieten hat sich die Zahl der Dieseltriebwagen und ihrer Bauarten signifikant erhöht.
Auch die Deutsche Bahn setzt im Regionalverkehr, von wenigen Ausnahmen abgesehen, keine lokbespannten Personenzüge mehr ein.
ausgewählte Fahrzeuge
Deutsche Reichsbahn Gesellschaft (DRG) und Deutsche Reichsbahn (DR) bis 1945
- VT 133 / 135 (Wismarer Schienenbus; bei der DB: VT 88.9)
- VT 10 (Gütertriebwagen)
- Fliegender Hamburger
- SVT 137
- VT 135 (erste Bauart)
- VT 135 (zweite Bauart)
Deutsche Reichsbahn (DR) der DDR bis 1993
Deutsche Bundesbahn
- Schienen-Straßen-Omnibus
- VT 95 (einmotoriger Schienenbus)
- VT 98 (zweimotoriger Schienenbus)
- VT 08
- VT 11.5 (TEE-Triebzug)
- VT 12
- VT 24
- Baureihe 614
- Baureihe 628
- Baureihe 610 ("Pendolino" mit Neigetechnik)
Deutsche Bahn (ab 1994)
- Baureihe 611 (mit Neigetechnik)
- Baureihe 612 (mit Neigetechnik)
- ICE TD (mit Neigetechnik)
Klein- und Privatbahnen
Österreich
- ÖBB 5081 ("Uerdinger" Schienenbus)
Literatur
- Rolf Löttgers: Der Uerdinger Schienenbus, Frankh'sche Verlagsbuchhandlung Stuttgart
- Raimo Gareis: Deutsche Dieseltriebfahrzeuge von gestern, Krone-Verlag, Leichlingen
Einzelnachweise
- ↑ Sigurd Hikenbach / Wolfgang Kramer; Die Straßenbahnen in Berlin, 2. Auflage 1992, S. 19
- ↑ Ivo Köhler: Schienenwege nach Schöneiche und Rüdersdorf, S. 12, ISBN 3-89218-047-4
- ↑ Eisenbahn Magazin 9/2012, S. 6 ff