Regattastrecke Oberschleißheim
| Regattastrecke Oberschleißheim | ||
|---|---|---|
| Regattastrecke | ||
| Geographische Lage | Bayern | |
| Daten | ||
| Koordinaten | 48° 14′ 33,7″ N, 11° 30′ 54,4″ O | |
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| Höhe über Meeresspiegel | 479,25 | |
| Fläche | 31,22 ha | |
| Breite | 140 m | |
| Maximale Tiefe | 3,5 m | |
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Besonderheiten |
zu den Olympischen Sommerspielen 1972 angelegt | |


Die Regattastrecke Oberschleißheim (auch Regattaanlage Feldmoching-Oberschleißheim genannt) ist ein künstlicher, rechteckiger Grundwassersee im Norden von München. Sie wurde für die Olympischen Sommerspiele 1972 angelegt und war Austragungsort der Wettkämpfe im Kanurennsport und Rudern.
Regattastrecke
Das am nördlichen Rand der Münchner Schotterebene gelegene Areal befindet sich im Dachauer Moos zwischen Karlsfeld und Oberschleißheim; ein Teil des Sees liegt auf Münchner Stadtgebiet im Stadtteil Feldmoching. Die Bundesstraße 471 führt unmittelbar an der Anlage vorbei. Der Wasserspiegel liegt 480 m über NN und ist damit der niedrigste Punkt Münchens. Die Spiegellänge des Regattatrogs beträgt seit der Fertigstellung im August 1971[1] insgesamt 2.230 m, er ist 140 m breit und 3,5 m tief.[2] Die Höhenlage wechselt von 485,50 m am Start und 480 m am Ziel.[3] Um faire Bedingungen für die Sportler zu gewährleisten, wurde die Beckenachse parallel zur Hauptwindrichtung Südwest/Nordost angelegt.[4] Im Volksmund wird die Regattastrecke oftmals „Ruderregatta“ genannt. Dieser Ausdruck, der eigentlich eine Sportveranstaltung bezeichnet, findet sich sogar auf verschiedenen Wegweisern und Straßenschildern im Umland.
Bis heute wird der See von Ruderern und Kanuten zum Training genutzt, außerdem finden nationale und internationale Meisterschaften im Ruder- und Kanusport statt, darunter die Ruder-Weltmeisterschaften 2007 vom 26. August bis 2. September 2007. Der See ist von einem Asphaltweg umlaufen, der bei Inlineskatern sehr beliebt ist. Zur Regattastrecke gehören zahlreiche Nebengebäude (Unterkunftsgebäude mit Sporthalle, Bootshallen mit Sanitäranlagen, Jurygebäude, Zielturm) sowie eine Zuschauertribüne.
Geschichte
Vom Bau bis zu den Olympischen Spielen


Neben dem Münchener Oberwiesenfeld, auf dem ab Frühjahr 1968 der Olympiapark (München) entstand,[5] ist keine weitere Sportstätte der Olympischen Sommerspiele 1972 so vielen technischen, geologischen, hydrologischen und aerodynamischen Untersuchungen unterzogen worden. Ein wichtiger Punkt für die Entscheidung, Oberschleißheim als Wettkampfstätte zu wählen, lag an der verkehrstechnisch günstigen Anbindung, da bei den attraktiven Ruder- und Kanuwettbewerben mit einer verhältnismäßig hohen Besucherquote von 24.000 Personen gerechnet wurde.[2]
Im Vorfeld fanden Untersuchungen an den Seen im Bayerischen Oberland, am Sylvensteinspeicher und an verschiedenen Orten im Bereich der Münchner Schotterebene statt. Daneben wurde unter anderem das Gelände bei Zengermoos nahe Moosinning im Landkreis Erding und in Königsdorf im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen geprüft. Das Königsdorfer Moor im Bereich des Sportflughafens hatte letztendlich mit Ausnahme der relativ weiten Entfernung zum Oberwiesenfeld alle technischen Voraussetzungen erfüllt. Am Ende wurde jedoch der zuletzt ausgewählte Standort Feldmoching-Oberschleißheim als Wettkampfstätte gewählt.[6][7] Zwar lagen die Mehrkosten für das 85 Hektar große Grundstück in Oberschleißheim bei rund 4 Millionen DM über denen in Königsdorf, doch wurde bei der Entscheidung vom März 1969 neben der Überlegung, das Motto vom „Olympia der kurzen Wege“, wahrzumachen auch an die nacholympische Nutzung gedacht, wobei die Nähe zu München den letzten Ausschlag gab.[8] Im Gegensatz zu Königsdorf hatten bei der sehr kurzfristig getroffenen Entscheidung für Oberschleißheim bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Geländeprüfungen stattgefunden. Damit die Olympia-Baugesellschaft im September 1969 mit den Bauarbeiten beginnen konnte, mussten diese Untersuchungen – darunter hydrologische Fragen, genaue Bodenaufschlüsse und pflanzensoziologische Aufnahmen – unter sehr hohem Zeitdruck erbracht werden.[9][10]
Die Gesamtgestaltung der Außenanlagen wurde der Architekten- und Ingenieurgemeinschaft Eberl & Partner aus München übertragen. Als Landschaftsarchitekt hatte Georg Penker aus Neuß den Zuschlag erhalten.[4] Zum eigentlichen Streckenbau kam unter anderem die von den Architekten geplante Verlegung des Schwebelbaches auf einer Länge von einem Kilometer. Zur Infrastruktur während der Spiele gehörten insgesamt 5.000 Kfz-Stellflächen für Besucher, von denen auf dem Regattagelände jedoch lediglich 2.400 nördlich der Bootshallen und im Tribünenbereich bereitgestellt werden konnten.[11] Insgesamt sind 2.790.000 Kubikmeter an Kiesen, Mutter- und Waldboden für den Bau bewegt worden.[12] Nach der Fertigstellung wurden einige tausend Forellen in der Regattastrecke ausgesetzt.[13]
Die bei den Ausschachtungsarbeiten angefallenen Erdmassen wurde für die sich damals ebenfalls im Bau befindliche Autobahn A 99 sowie für die Errichtung eines ursprünglich nicht in den Planungen vorgesehenen Aussichtshügels im nahegelegenen Schwarzhölzl-Wald genutzt. Der Hügel war eine aus der Not geborene Maßnahme, da eine Nutzung der Bundesstraße B 471 für Transportfahrzeuge der Olympia-Baugesellschaft von den Verkehrsbehörden aufgrund der erwarteten verkehrstechnischen Überlastung – insbesondere während der Stoßzeiten – abgelehnt wurde. Mithilfe der Stadt München und der Forstbehörden wurde jedoch ein forsttechnisch nicht wertvolles Grundstück für Schüttzwecke gefunden. So konnte der Ausbau der Regattastrecke ohne Zeitverlust weitergehen. Der Hügel besteht aus rund 600.000 Kubikmetern abgefahrenem Waldboden und Abraumkies.[14]
Neben dem 31 Hektar großen Wasserbecken umfasste die Olympiaanlage nach der Fertigstellung weite Freiflächen, eine Tribünenanlage für 26.000 Personen, große Hallen- und Parkplatzbauten sowie ein Unterkunftsgebäude.[15] Die Tribüne mit dem Zielturm im östlichen Zielbereich besaß während der Spiele 9.000 Sitz- und 16.000 Stehplätze sowie weitere Plätze für Ehrengäste, Presse, Rundfunk- und Fernsehkommentatoren. Im rückwärtigen Bereich dieser Anlage waren unter anderem mehrere Cafeterias, Kioske, Rundfunk- und Fernsehzentren, Presseräume, ein Postamt sowie ein Fernschreibraum untergebracht. Daneben gab es eine Ausstellung über die Entwicklung der Sportruderboote und Kanus mit zahlreichen Demonstrationsobjekten.[4]
Am 29. Juni 1972 ging die Anlage durch einen Konsortialvertrag zwischen Bund, Land und München zusammen mit anderen Olympiastätten in das Eigentum der bayerischen Landeshauptstadt über. Laut diesem Vertrag hatte die Stadt alle Folgekosten für die Regattastrecke alleine zu tragen.[15]
| Zeitplan der Olympischen Sommerspiele 1972 | ||||||||||||||||||
|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
| August und September | 26. | 27. | 28. | 29. | 30. | 31. | 1. | 2. | 3. | 4. | 5. | 6. | 7. | 8. | 9. | 10. | 11. | |
| Kanurennsport | Attentat | Vorläufe | Hoffnungsläufe | Semifinale | Finalläufe | |||||||||||||
| Rudern | Vorläufe | Reservetag | Hoffnungsläufe | Reservetag | Halbfinale | Kleines Finale | Finalläufe | |||||||||||
Nach 1972

Es war für die Zeit nach den Spielen geplant, einen der beiden über zwei Kilometer langen Uferstreifen für den Badebetrieb freizugeben. Außerdem bestand die Möglichkeit, die bereits vor der Eröffnung eingesetzten Forellen zu angeln.[13] Bis heute ist das Baden während der veranstaltungsfreien Tage an einem rund 500 Meter langen Streifen entlang der Tribüne möglich.[16]
Da das Bundesministerium nach den Olympischen Spielen an der Regattastrecke ein bis heute existierendes Leistungszentrum einrichtete und förderte, das nicht ausschließlich dem Spitzensport dienen sollte, beteiligte es sich trotz des Konsortialvertrages laut einer Vereinbarung vom 13. Juni 1973 zusammen mit der Landeshauptstadt München an den laufenden Kosten der Anlage. Bis 1978 waren dies 1,6 Millionen DM.[15]
In der Folge wurde die Regattastrecke außerdem häufig für nationalen und internationalen Wettkämpfen im Ruder- und Kanurennsport genutzt. Es werden regelmäßig deutsche Meisterschaften im Ruder- und Kanurennsport ausgetragen, zuletzt 2010 (Deutsche Großbootmeisterschaft im Rudern).[17] 1994 gründete sich der Olympia Regattaverein München e.V. Dieser sollte die Vereine, die bis dahin die Regatten organisiert hatten, entlasten. 1997 war Oberschleißheim Austragungsort des ersten Ruder-Weltcups. 1981 und 2007 konnten auch die Ruder-Weltmeisterschaften hierher geholt werden. Beide Regatten waren große Zuschauererfolge – so waren 2007 rund 12.000 Besucher an der Strecke.[18]
Zur Erhöhung der Auslastung organisierte der ADAC Südbayern in den Jahren 1982 bis 1990 mehrere Motorbootrennen, teilweise kombiniert mit Hovercraft-Rennen. Höhepunkte waren die Rennen zur Formel 1-Weltmeisterschaftsserie in den Jahren 1984[19] und 1985[20] Trotz der idealen Bedingungen und des großen Zuschauerinteresses konnten später keine Motorbootrennen mehr durchgeführt werden. Ein neues bayrisches Gesetz schrieb vor, dass bei Sportveranstaltungen nur Motoren mit Katalysator eingesetzt werden durften, dies war damals bei den verwendeten Zweitakt-Außenbordmotoren technisch nicht möglich.
2007 wurde ein Teil der Olympiatribüne – die ehemalige Stehtribüne – mangels Bedarf und aufgrund fortschreitender Erosion abgebrochen. Weitere Rückbauten betrafen die Zeitmesstürme.[21]
Bis heute ist die Ruderregattastrecke Heimstatt von Ruder- und Kanuvereinen. So haben hier das Leistungszentrum München für Rudern und Kanu, die Rudergesellschaft München 1972 e.V., der Schleißheimer Ruderclub e.V. und der MTV München 1879 mit seiner Kanuabteilung ihre sportliche Heimat und haben mit ihrem Sportlern zahlreiche bayerische, deutsche und internationale Meisterschaften errungen.
Fauna und Flora
Neben den bereits zu den Olympischen Spielen in der Regattastrecke eingesetzten 20.000 Bach- und Regenbogenforellen, die einen zu starkem Bewuchs durch Wasserpflanzen verhindern sollten,[22] kamen später weiter Fischarten hinzu. 2006 wurden außerdem 3.000 Edelkrebse aus dem Eibsee in das saubere Wasser der Regattastrecke umgesiedelt, um ihnen bessere Überlebenschancen zu geben.[23]
Siehe auch
- Olympische Sommerspiele 1972/Rudern
- Olympische Sommerspiele 1972/Kanu
- Direkt benachbart liegt der Regattaparksee, ein künstlich angelegter Badesee.
- Liste der Gewässer in München
Einzelnachweise
- ↑ Die Spiele; 3-bändige Dokumentation über die Olympischen Sommerspiele in München 1972; Band 2: Die Bauten. Herausgeber: Organisationskomitee für die Spiele der XX. Olympiade München 1972; Verlag proSport, München 1974. S. 16
- ↑ a b Strunz, Köhnlechner, Lottes: Der Tiefbau für die Bauten bei den Spielen der XX. Olympiade München 1972. Herausgegeben durch die Olympia-Baugesellschaft mbH. Engelhard-Druck, Nördlingen (ohne Jahresangabe). S. 49.
- ↑ Strunz, Köhnlechner, Lottes: Der Tiefbau für die Bauten bei den Spielen der XX. Olympiade München 1972. Herausgegeben durch die Olympia-Baugesellschaft mbH. Engelhard-Druck, Nördlingen (ohne Jahresangabe). S. 53.
- ↑ a b c Karl H. Krämer (Hrsg.): Architektur + Wettbewerbe, Olympische Bauten München 1972. Stuttgart 1972. ISBN 3782802071. S. 42.
- ↑ Strunz, Köhnlechner, Lottes: Der Tiefbau für die Bauten bei den Spielen der XX. Olympiade München 1972. Herausgegeben durch die Olympia-Baugesellschaft mbH. Engelhard-Druck, Nördlingen (ohne Jahresangabe). S. 8.
- ↑ Strunz, Köhnlechner, Lottes: Der Tiefbau für die Bauten bei den Spielen der XX. Olympiade München 1972. Herausgegeben durch die Olympia-Baugesellschaft mbH. Engelhard-Druck, Nördlingen (ohne Jahresangabe). S. 50.
- ↑ Strunz, Köhnlechner, Lottes: Der Tiefbau für die Bauten bei den Spielen der XX. Olympiade München 1972. Herausgegeben durch die Olympia-Baugesellschaft mbH. Engelhard-Druck, Nördlingen (ohne Jahresangabe). S. 59.
- ↑ Volker D. Laturell: Feldmoching. Die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte eines Münchener Stadtteiles. München 1970. S. 331.
- ↑ Strunz, Köhnlechner, Lottes: Der Tiefbau für die Bauten bei den Spielen der XX. Olympiade München 1972. Herausgegeben durch die Olympia-Baugesellschaft mbH. Engelhard-Druck, Nördlingen (ohne Jahresangabe). S. 50.
- ↑ Strunz, Köhnlechner, Lottes: Der Tiefbau für die Bauten bei den Spielen der XX. Olympiade München 1972. Herausgegeben durch die Olympia-Baugesellschaft mbH. Engelhard-Druck, Nördlingen (ohne Jahresangabe). S. 59.
- ↑ Strunz, Köhnlechner, Lottes: Der Tiefbau für die Bauten bei den Spielen der XX. Olympiade München 1972. Herausgegeben durch die Olympia-Baugesellschaft mbH. Engelhard-Druck, Nördlingen (ohne Jahresangabe). S. 66.
- ↑ Strunz, Köhnlechner, Lottes: Der Tiefbau für die Bauten bei den Spielen der XX. Olympiade München 1972. Herausgegeben durch die Olympia-Baugesellschaft mbH. Engelhard-Druck, Nördlingen (ohne Jahresangabe). S. 58.
- ↑ a b c Otto Haas, Wolfgang Kösler (Red.): Offizieller Olympiaführer der Spiele der XX. Olympiade München 1972. Organisationskomitee für die Spiele der XX. Olympiade München 1972. Atlas Verlag, München 1972. ISBN 3-920053-00-1z. S. 199. Referenzfehler: Ungültiges
<ref>-Tag. Der Name „Haas_1972_199“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert. - ↑ Strunz, Köhnlechner, Lottes: Der Tiefbau für die Bauten bei den Spielen der XX. Olympiade München 1972. Herausgegeben durch die Olympia-Baugesellschaft mbH. Engelhard-Druck, Nördlingen (ohne Jahresangabe). S. 61–65.
- ↑ a b c Deutscher Bundestag, 8. Wahlperiode, Drucksache 8/2124 (Bericht des Bundesrechnungshofes). In: Verhandlungen des Deutschen Bundestages, Stenographische Berichte. Bd. 246. Bonn 1978. S. 9.
- ↑ Alexander Freitag, Klaus Wergles: Baden mit dem MVV. 70 Badeplätze rund um München. Münchner Verkehrs- und Tarifverbund. Bruckmann Verlag, München 2002. ISBN 3765438154.
- ↑ Pressemitteilung vom 29. Juli 2010
- ↑ Chronik 2007. Jahresrückblick 2. September 2007. Chronik Verlag 2008. ISBN 3577142278. S. 110.
- ↑ Zeitschrift skipper (Miesbach), Heft 11/84, S. 30–32.
- ↑ Zeitschrift skipper (Miesbach), Heft 8/85, S. 20–22.
- ↑ Seiten der Akquiterra mit Projekten und Referenzen (abgerufen am 10. August 2012)
- ↑ Die Spiele; 3-bändige Dokumentation über die Olympischen Sommerspiele in München 1972; Band 2: Die Bauten. Herausgeber: Organisationskomitee für die Spiele der XX. Olympiade München 1972; Verlag proSport, München 1974. S. 26
- ↑ Süddeutsche.de vom 21.05.2007. Stefan Herbke: Baden. Ruderregatta-See. (abgerufen am 10. August 2012)
Anmerkungen
- ↑ Aufgrund der Geiselnahme von München verschob sich der Beginn der Kanurennsportveranstaltung – im Gegensatz zu dem geplanten Beginn am 5. September 1972 – um einen Tag.
Weblinks
- Commons: Regattastrecke Oberschleißheim – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Leistungszentrum München für Rudern und Kanu
- Rudergesellschaft München 1972 e.V.
- Schleißheimer Ruderclub e.V.
