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Lithografie

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Datei:C-M-Wieland-1933.jpg
Lithografie mit Christoph Martin Wielands Geburtshaus

Als Lithografie bzw. Lithographie (v. altgriech.: lithos λίθος = Stein + graphein γράφειν = schreiben) werden bezeichnet:

  • Die Steinzeichnung als künstlerisches Ausgangsprodukt zur Vervielfältigung mittels Steindruckverfahrens (dieses gehört zu den Flachdruck-Verfahren)
  • Der Steindruck als das Ergebnis dieser Vervielfältigung
  • Das handwerkliche oder maschinelle Steindruckverfahren an sich; in der Kurzform wird dieses ebenfalls als Steindruck bezeichnet

Ein Lithograf ist eine Person, die als Steinzeichner (künstlerischer Part) oder Steindrucker (handwerklicher Part) an der Herstellung von Lithografien beteiligt ist oder beide Parts übernimmt.

Technik

Martha Washington, Ehefrau George Washingtons, Lithographie, 1864

Die zu druckende Zeichnung wird mit einer fetthaltigen Substanz auf den speziell zubereiteten (geschliffenen, gekörnten und entfetteten) feinporigen Kalkstein aufgebracht (z. B. Lithokreide oder -tusche). Um die fetthaltige Zeichnung auf dem Stein zu stabilisieren und die nicht zu druckenden Partien für die Farbe unempfindlich zu machen, wird der Stein mit Talk überwischt (damit es der so genannten Ätze möglich wird, an alle freien Stellen zu gelangen). Anschließend wird die Ätze (meist eine Mischung aus Gummi Arabicum und Salpetersäure) aufgetragen. Diese reagiert nun mit dem Fettgrund der Zeichnung und stabilisiert diesen im Stein. Anschließend wird der Stein mit Gummi Arabicum überzogen, welches sodann von der Zeichnung herunter poliert wird, jedoch an den unbezeichneten Stellen im Stein verbleibt.

Ist der Stein getrocknet, wird die Farbe mit einem fetthaltigen Lösungsmittel (Terpentin, Lampenöl o. Ä.) ausgewaschen, sodass auf dem Stein die Zeichnung nur noch als Fettgrund zurückbleibt, auf die die ebenfalls fetthaltige Druckerfarbe aufgetragen wird. Die Zeichnung stößt das Wasser ab (ist also hydrophob) und bindet die Farbe (ist lipophil), während der Stein das Wasser durch die in ihm abgelagerten Gummireste hält und deswegen keine Farbe annimmt. Wie bei allen direkten druckgrafischen Techniken entsteht so ein spiegelbildlicher Abdruck der Zeichnung.

Der spiegelbildliche Abdruck kann jedoch durch eine spezielle Technik vermieden werden: Zur Übertragung der Zeichnung auf den Stein wird dabei ein spezielles Papier verwendet. Auf diesem erfolgt die Zeichnung mit lithografischer Kreide oder Tusche auf dem Papier und wird anschließend auf den Stein übertragen. Diese Technik wird auch Papierlithografie oder Autografie genannt. In der Wissenschaft von den grafischen Techniken gibt es Vertreter, die die Umdruck-Lithografie bereits als Grenzfall der Originalgrafik ansehen (siehe auch Grafik, Kapitel Original und Reproduktion). Viele Künstler haben sich jedoch des Umdruckpapiers bedient, neben Daumier und Toulouse-Lautrec auch Nolde, Barlach, Matisse und Kokoschka. Diese Technik hat allerdings einen Qualitätsverlust im Druckbild zur Folge.

Nach der Benutzung kann der Stein, in der Regel ein feinkörniger Kalkstein, durch Abschleifen wiederverwendet werden. In Deutschland wird oft Kalkstein aus der Gegend von Solnhofen (Bayern, Fränkischer Jura) benutzt.

Geschichte

Gargantua (Lithografie von Daumier)

Die Technik des Steindrucks wurde 1798 von Alois Senefelder erfunden. Seit 1803 wurde diese Technik in Frankreich Lithographie genannt. Zunächst wurde der Steindruck nur für nichtkünstlerische Zwecke wie Text- und Notendruck verwendet. Der Musikverleger Johann André aus Offenbach am Main veranlasste die Verwendung der Lithografie für die Vervielfältigung von bildnerischen Darstellungen. Er leitete damit die Entwicklung der Künstler-Lithografie ein.

Die Lithografie wurde von den damaligen Künstlern schnell aufgegriffen, denn von allen grafischen Verfahren kommt es der "handschriftlichen" Arbeit am nächsten. Weder braucht der Künstler spezielle chemische Kenntnisse (wie bei Radierung oder Aquatinta), noch muss er wie etwa beim Kupferstich mit Werkzeug die Widerstände des Materials überwinden. Darüber hinaus war die Lithografie in Verbindung mit Druckpressen ein wirtschaftliches Massendruckverfahren, das Vervielfältigungen in nahezu unbegrenzter Zahl erlaubte.

Die Lithografie wurde daher nicht nur schnell zur autonomen Kunstform, die es dem Maler und Zeichner erlaubte, den ursprünglichen Charakter der Zeichnung zu bewahren; sie war auch für die Presse in den Zeiten vor der Fotografie ein schnelles Medium, aktuelles Zeitgeschehen bildhaft wiederzugeben. Einer der Ersten, der dieses Medium deshalb aufgriff, war Honoré Daumier, der über seine in kritischen Zeitschriften veröffentlichten Karikaturen die politischen Zustände von ca. 1830 bis 1872 angriff.

Die Lithografie wurde sehr rasch von der Werbung aufgegriffen. Bedingt durch diese neue, preisgünstige Technik begannen Werbeplakate und Litfaßsäulen das Stadtbild zu verändern. Eine führende Rolle für die Entwicklung der frühen Plakate spielten französische Künstler und unter ihnen vor allem Toulouse-Lautrec. Er bevorzugte großformatige Blätter, verbunden mit einer leicht zu handhabenden Kolorierung von wenigen Farbsteinen in Gelb, Rot und Blau, die auch von der Ferne anziehend wirkten.

Der Siegeszug des Plakates erzeugte einen Bedarf an Spezialisten, aus dem sich um die Jahrhundertwende der Beruf des Plakatgestalters und Grafikdesigners entwickelte.

Die Lithografie ist der Vorläufer des heutigen Offsetdrucks, einem Flachdruck-Verfahren.

Unterarten der Lithografie sind die Pinsel-Lithografie, die Feder-Lithografie und die Kreide-Lithografie.

Moderne Verfahren

Das lithografische Verfahren wurde für die Drucktechnik durch Einführung der Fotolithografie und der Granolithografie weiterentwickelt.

Auch andere Bereiche der Technik nutzen abgewandelte lithografische Verfahren. So ist heute beispielsweise Elektronik ohne "gedruckte Schaltungen" (Leiterplatten) oder Mikroelektronik ohne Fotolithografie kaum vorstellbar. Die Fotolithografie für die Mikroelektronik lässt sich in die Bereiche Optische Lithografie, EUV-Lithografie, Röntgenlithografie sowie Elektronen- und Ionenlithografie gliedern.

Auch in Entwicklungsabteilungen werden weiter modifizierte lithografische Verfahren wie die Stereolithografie z. B. zum Zwecke des Rapid Prototypings eingesetzt.

Bekannte Lithografen

Siehe auch