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Braunschweiger Schloss

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Ansicht des Braunschweiger Residenzschlosses um 1840
Braunschweig 1899: Im Zentrum der Karte das Braunschweiger Schloss („37“)

Das Braunschweiger Schloss, auch Braunschweiger Residenzschloss genannt, auf dem Bohlweg im Zentrum der Stadt Braunschweig, war von 1753 bis zum 8. November 1918 die Residenz der braunschweigischen Herzöge.

Der erste Bau wurde ab 1717 unter der Leitung des braunschweigischen Landbaumeisters Hermann Korb errichtet, konnte aber erst 1791 vollendet werden. Nachdem dieses Gebäude in der Nacht vom 7. auf den 8. September 1830 niedergebrannt war, wurde unter Carl Theodor Ottmer bis 1841 ein zweiter Bau errichtet. Dieser wiederum wurde durch schwere Luftangriffe während des Zweiten Weltkrieges stark beschädigt und 1960 auf Beschluss des Braunschweiger Stadtrates endgültig abgerissen.

Dieser Abriss war in Westdeutschland ein einmaliger Vorgang, der in der deutschen Nachkriegszeit nur in den Schlossruinenabbrüchen durch die DDR-Staatsführung in Ost-Berlin (1950) und Potsdam (1960) seine Parallelen hat.[1] Auf der so entstandenen Brache wurde in der Folgezeit der „Schlosspark“ angelegt.

Bis 2007 entstand ein Neubau, dessen Fassade weitgehend dem Ottmer-Bau entspricht, der aber im Inneren zu wesentlichen Teilen das Einkaufszentrum „Schloss-Arkaden“ bildet, das sich nach Norden hin in einem modernen Geschäftshaus fortsetzt.

Geschichte

Der „Graue Hof“

Ausschnitt aus dem „Plan der Stadt Braunschweig“ von Albrecht Heinrich Carl Conradi von um 1755. Zu sehen sind u. a.: (v.l.n.r.) „auf dem Schilde“ (heute Ackerhof), „A“ (= Grauer Hof), „der Bohlweg“, „graue Hoffs Garten“ (= Schlosspark), „Der Ritter=Brunen“ und „der Steinweg“.

An der Stelle, wo Landbaumeister Hermann Korb ab 1717 das erste Schloss errichten ließ, befand sich seit dem Mittelalter der Stadthof, die innerstädtische Niederlassung der Zisterziensermönche, aus dem östlich vor den Toren Braunschweigs gelegenen Kloster Riddagshausen. Die Gebäude lagen direkt am Bohlweg und erstreckten sich über Höfe in die Geländetiefe. Die Bezeichnung „Grauer Hof“ gaben ihm die Braunschweiger Bürger wegen der grauen Farbe der Mönchskutten. Für den Schlossbau musste noch Areal von den benachbarten Eigentümern hinzu erworben werden.

Bis 1671, als die Stadt Braunschweig ihre Unabhängigkeit verlor, diente er als Quartier für die Welfen-Herzöge, wenn diese zu Besuch in Braunschweig waren – ihre Residenz lag in Wolfenbüttel. Erste Planungen für den Neubau einer innerstädtischen Residenz der Herzöge begannen auf Weisung Herzog August Wilhelms von Braunschweig-Wolfenbüttel unter Baumeister Korb etwa 1715.

Das Schloss im 18. Jahrhundert

Das erste Braunschweiger Schloss von Hermann Korb erbaut

1718 schließlich begannen umfangreiche Neubaumaßnahmen auf dem Gelände des Grauen Hofes. Die alten Klostergebäude wurden abgerissen, und so entstand allmählich die erste Residenz der Herzöge in Braunschweig. Die Fassaden der Seitenflügel wurden aus Fachwerk errichtet, typisch für Hermann Korb, die Fassade des jüngeren Mitteltraktes von 1783/91 eventuell aus einem Hilssandstein, auch Lutter Sandstein genannt, der aus der unmittelbaren Umgebung von Lutter am Barenberge stammt. Der Mittelbau (Corps de Logis) verfügte über zwei Geschosse mit Mezzanin, das Erdgeschoss hatte die für Korb typischen Arkaden, innere Seitenflügel (Cour d’Honneur) um den U-förmigen Hof angeordnet, äußere Flügel waren trapezartig nach außen erweitert. Die Anlage hatte damit etwa 100 Meter lange Seitenflügel und einen rund 50 Meter langen Kopfbau, den „Corps de logis“ mit den Staatssälen. Mit den Außenflügeln öffnete sich das Schloss der Stadt. Diese typisch französische Gestaltung endete hart am Bohlweg, hatte keinen eigentlich dazugehörenden, gegenüberliegenden Ehrenhof. Erst Peter Joseph Krahe hatte solches 1811 – vergeblich – geplant, als der „Graue Hof“ französisches Königschloss geworden war.

Während der Regierungszeit Herzog August Wilhelms wurden 1724 die inneren Flügel mit der Kapelle fertiggestellt. In den 1730er Jahren begann man mit dem Mittelbau, und die Arbeiten am inneren Südflügel wurden beendet. Die Arbeiten am Mittelbau waren selbst um 1730 immer noch nicht abgeschlossen. So musste das Gebäude zunächst durch ein Notdach geschützt werden. Unter dem neuen Bauleiter Martin Peltier de Belfort wurde 1752/54 der äußere Nordflügel nach den Plänen des bereits 1735 verstorbenen Korbs ausgeführt.

Obwohl das Schloss 1753 noch nicht fertiggestellt war, wurde die Residenz nach Braunschweig verlegt. Erst 1790 während der Regierung Herzog Karl Wilhelm Ferdinands wurde sie mit dem massiven Mittelbau unter Leitung der Hofbaumeister Christian Gottlob Langwagen und Wilhelm von Gebhardi in reinem Klassizismus zwischen 1783 und 1791 vollendet.

Während der Besetzung und Annexion von Stadt und Herzogtum Braunschweig durch die Truppen Napoléons I. zwischen 1806 und 1813 (siehe Département Oker) gestaltete Peter Joseph Krahe schließlich das Gebäude für Jérôme Bonaparte, dem Bruder Napoléons und König des neu geschaffenen Königreiches Westphalen, zu dem Braunschweig seit 1807 gehörte, im Empire-Stil um.

Sowohl seine Blütezeit als auch seinen Untergang erlebte das Schloss unter Herzog Karl II.

Der Braunschweiger Volksaufstand von 1830

Schlossbrand beim Aufstand 1830

Am 7. September 1830 kam es zum Volksaufstand. Bürger und Landstände der Stadt und des Herzogtums rebellierten gegen Herzog Karl II., den sie später wegen seiner Verschwendungssucht „Diamantenherzog“ nannten. Im Zuge dieser Revolution stürmte eine aufgebrachte Menschenmenge zunächst das umzäunte Gelände der Residenz und anschließend das Schloss, um dieses zu plündern und schließlich in Brand zu setzen. Ohne dass dabei sich in der Nähe befindliche Wohngebäude in Mitleidenschaft gezogen wurden, brannte das Gebäude im Bereich von Nordflügel und Mitteltrakt bis auf die Grundmauern nieder, der Südflügel war nur beschädigt worden. Herzog Karl II. floh am selben Abend aus Braunschweig und durfte nie wieder zurückkehren. Sein Bruder Wilhelm folgte ihm bereits wenige Tage später als Regent, am 25. April 1831 war die Huldigung der Landstände, ab da und mit Einverständnis des Deutschen Bundestages in Frankfurt am Main, der Karl für abgesetzt erklärt hatte, regierte Wilhelm offiziell als Herzog von Braunschweig-Lüneburg bis zu seinem Todestag am 18. Oktober 1884.

Der braunschweigische Hofbaumeister und Schinkelnachfolger Carl Theodor Ottmer erhielt daraufhin den Auftrag, ein neues Schloss zu planen und zu bauen. Am 15. Mai 1831 war die Annahme der Baupläne und am 23. Juni desselben Jahres der erste Spatenstich. Am 26. März 1833 wurde der Grundstein für diesen Neubau gelegt. Der mit der Front nach Westen ausgerichtete, dreiflüglige, U-förmige Bau fand im Dezember 1837 einen ersten Abschluss mit der Vollendung der herzoglichen Privaträume im Nordflügel. Zwischen 1838 und 1840 wurden die Repräsentationsräume im Haupt- und Südflügel fertiggestellt, so dass das Gesamtgebäude am 21. März 1841 vollendet wurde. Das Schloss blieb ein Torso, da Herzog Wilhelm 1839 den Ausbau der Kolonnaden untersagt hatte: Es entfielen die dreireihigen Kolonnaden in Form von zwei Viertelbogen seitlich des großen Schlossplatzes als Verbindung mit dem Bohlweg und die kleinen zweireihigen Säulengänge rings um den ostwärts gelegenen Schlossgarten. Auch viele Teile der Bauornamentik und die Quadriga auf dem Schloss kamen nicht mehr zur Ausführung. Im Gedenken an seinen Erbauer, der 1843 verstarb, wird das Braunschweiger Schloss auch „Ottmer-Bau“ genannt.

Ein erneuter Brand in der Nacht des 24. Februar 1865 aufgrund eines technischen Defektes zerstörte den Nordtrakt und beschädigte den nordwestlichen Teil des Hauptgebäudes schwer. Auch die Braunschweiger Quadriga wurde dabei zerstört. Bis 1868 rekonstruierte Baumeister Carl Wolf mit Unterstützung von Constantin Uhde das Schlossgebäude, wobei die Quadriga in etwas verkleinerter Form wieder an ihren angestammten Platz kam.

1874 wurden auf dem Schlossplatz Reiterstandbilder der Herzöge Karl Wilhelm Ferdinand und Friedrich Wilhelm aufgestellt.[2]

Die Braunschweiger Quadriga

Die 2. Brunonia mit Quadriga um 1899
Mittelbau des Schlosses mit Reiterstandbild

Die nach einem Entwurf Ernst Rietschels ab 1855 gefertigte und den Mittelbau des Schlosses krönende Quadriga mit Brunonia wurde vom Braunschweiger Erzgießer und Kupfertreiber Georg Howaldt gleich in zwei Exemplaren hergestellt. Sie war die einzige Quadriga in Deutschland, die den Zweiten Weltkrieg fast unversehrt überstand, obwohl keinerlei Maßnahmen zu ihrem Schutz während des Krieges ergriffen worden waren. Erst nach Kriegsende wurde sie durch Buntmetalldiebe zerstört. Ihre Reste wurden 1960 beim Abriss des Schlosses verschrottet. Im Zuge der Errichtung der Schloss-Arkaden und der weitgehenden Rekonstruktion der Schlosses entstand in den Jahren 2006/2008 eine dritte Version der Quadriga auf Grundlage eines Originalmodells Rietschels, das im Maßstab 1:3 in Dresden erhalten geblieben war. Diese wurde am 23. Oktober 2008 auf dem Mittelteil des Gebäudes aufgestellt.

Die Residenz zwischen 1884 und 1913

Nachdem Wilhelm, der letzte Welfen-Herzog, 1884 ohne legitimen Erben verstorben war, fiel die Regierung Braunschweigs zunächst an einen auswärtigen Regenten, da der Kaiser und auch Preußen die „Bundestreue“ des rechtmäßigen Erben, Kronprinz Ernst-August von Hannover, nicht gewährleistet sahen, da dieser weiterhin seinen Anspruch auf das ehemalige Königreich Hannover aufrechterhielt. So residierte zunächst Albrecht von Preußen bis zu seinem Tode und anschließend Johann Albrecht zu Mecklenburg (bis zum 1. November 1913) im Schloss.

Erst durch die Hochzeit Herzogs Ernst August III. mit Prinzessin Viktoria Luise von Preußen, der einzigen Tochter Kaiser Wilhelms II., und der damit verbundenen Aussöhnung zwischen Hohenzollern und Welfen bestieg am 1. November 1913 ein letztes Mal ein Welfe den Braunschweiger Thron und zog wieder in das Braunschweiger Schloss ein.

Das Schloss im 20. Jahrhundert

Das Gebäude selbst blieb in dieser Zeit größtenteils unverändert erhalten und war bis zum 8. November 1918 Sitz des Hauses Braunschweig-Lüneburg. In der Folge der Novemberrevolution in Braunschweig wurde Herzog Ernst-August an jenem Tag zur Abdankung gezwungen und verließ Braunschweig kurz darauf mit seiner Familie, um zunächst ins österreichische Exil nach Gmunden zu gehen.

Daraufhin wurde es zunächst zum Hauptquartier des Arbeiter- und Soldatenrats. Ab Frühjahr 1919 wurden die als nutzlos und wenig wertvoll erachteten Einrichtungsgegenstände sowie das Mobiliar bis zum Dezember 1919 verkauft. Die Abgabe an braunschweigische Landesstellen zog sich noch bis 1922 hin. Einiges war in der Zeit des Hauptquartiers des Arbeiter- und Soldatenrates auch gestohlen worden. Im März 1920 wurde das erste Museum im Schloss eingerichtet, in dem die wertvollsten Stücke verwahrt werden sollten. Durch einen Ausgleich von 1925 mit dem ehemaligen Herzogshaus gingen 1926 zusätzlich kostbares Mobiliar und fast alle Gemälde in das Schloss Richmond und nach Schloss Blankenburg und somit in den Besitz der Welfen über.[3]

Neben der Nutzung der 1. nordwestlichen Etage als Schlossmuseum enthielt das Gebäude auch im Großen Festsaal beispielsweise das „Kleine Haus“ des Braunschweigischen Staatstheaters, im Gartensaal das Naturhistorische Museum, im 2. Obergeschoss Institute der Technischen Hochschule Braunschweig, im Südflügel, wohl im 2. Obergeschoss, eine Galerie für Moderne Kunst (gegründet von Otto Ralfs), Teile der Öffentlichen Bücherei und die Landessteuerstelle.

Vor dem Schloss fanden 1931 die Aufmärsche beim großen Gautreffen der Nationalsozialisten vor ihrem Führer Adolf Hitler statt.

Das Schloss als SS-Junkerschule

Parade der Nationalsozialisten vor dem Schloss (1931)
Ärmelband für Angehörige der SS-Junkerschule Braunschweig

Nach Auslagerung dieser Landesfunktionen und entsprechendem Innenumbau beherbergte das Gebäude ab Juni 1935 eine der beiden im nationalsozialistischen Deutschland geschaffenen SS-Junkerschulen zur militärischen und ideologischen Ausbildung bzw. Schulung späterer SS-Offiziere. Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Schloss mehrfach bei Bombenangriffen schwer beschädigt.

Abriss des Schlosses

Abbrucharbeiten 1960

Schon bald nach dem Ende des Krieges entbrannte eine Debatte, was mit dem Schloss und dem dazugehörigen angrenzenden Park geschehen solle. 1955 übereignete das neu gegründete Bundesland Niedersachsen als Rechtsnachfolger des Landes Braunschweig die Schlossruine mit der Auflage an die Stadt Braunschweig, sie entweder binnen fünf Jahren wieder instand zu setzen oder abreißen zu lassen.

Große Teile der Braunschweiger Bevölkerung waren für den Wiederaufbau; so gab es bereits recht detaillierte Pläne, das Schloss zu einer Stadthalle mit Kinos und Restaurants umzubauen. Eine Bürgerinitiative sammelte Unterschriften; gegen den Abriss gab es Proteste des Braunschweigischen Landesvereins, der Fakultät für Bauwesen der Technischen Hochschule Braunschweig, der Kunstgeschichtlichen Gesellschaft aus Hannover und zahlreicher Anderer (so auch Viktoria Luise von Preußen) — diese blieben letztlich jedoch erfolglos.

Der Streit zog sich fünf Jahre hin, da das Land Niedersachsen keine Verlängerung der Frist zuließ. Aufgrund der Situation im Nachkriegs-Braunschweig (Trümmerräumung noch nicht abgeschlossen, begrenzte Finanzmittel, fehlende Wohnungen, Verlegung und Neubau des Hauptbahnhofes) wurden lediglich Sicherungsmaßnahmen an der Bausubstanz des Schlosses durchgeführt, weitergehende Maßnahmen aber mit dem Hinweis auf Geldmangel nicht eingeleitet. Am 21. Dezember 1959 gelang es schließlich der in Braunschweig mit absoluter Mehrheit regierenden SPD unter Führung der damaligen Oberbürgermeisterin Martha Fuchs, mit einer Mehrheit von zwei Stimmen die Entscheidung des Rates der Stadt Braunschweig für den Abriss des Braunschweiger Schlosses herbeizuführen. Die Abrissarbeiten begannen am 18. März 1960 und fanden trotz fortdauernder Proteste aus der Bevölkerung zügig ihren Abschluss. An der Stelle des abgerissenen Gebäudes wurde eine Erweiterung des Schlossparks durchgeführt.

Bei den Abrissarbeiten wurde als Zeichen des guten Willens gegenüber den Abrissgegnern der Portikus – im Gegensatz zu den meisten anderen Teilen – nicht abgerissen und zerkleinert, sondern, wie heute an den Steinen noch sichtbar, relativ schonungslos herausgebrochen. Herausragende Teile wie die Figuren des Giebelfeldes wurden auf dem städtischen Bauhof an der Ludwigsstraße verwahrt, vier Säulenkapitelle wurden später in einem Wasserbecken im späteren Schlosspark aufgestellt. Der Rest des Portikus wurde per LKW auf das Gelände des Kleingartenvereins Holzenkamp am Madamenweg transportiert und dort abgekippt, wo sie bis auf Weiteres in einer 45 mal 30 Metern großen Grube vergraben wurden. Der genaue Ort konnte im Rahmen des geplanten Wiederaufbaus mit Hilfe eines der damaligen LKW-Fahrer wieder aufgefunden werden. Viele empfanden den Abriss des Schlosses als Verlust Braunschweiger Identität.

Befürworter des Abrisses, etwa Martha Fuchs, sahen im Schloss eine Machtdemonstration der ehemals herrschenden Welfen, welche die Stadt nach mehreren gescheiterten Versuchen 1671 gegen hartnäckigen Widerstand der Bürgerschaft erobert hatten und als Residenz zentral ein dominierendes Gebäude errichten ließen. Nicht zuletzt trug wohl auch die Nutzung des Schlosses als SS-Junkerschule dazu bei, diese Epoche durch den Abriss für beendet und beseitigt zu erklären.

Die Zeit nach dem Abriss

Nach Beendigung der Abrissarbeiten wurde auf dem Gelände des Schlosses und dem danebenliegenden Schlossgarten der Schlosspark angelegt, der ab 1963 als öffentlicher Park genutzt wurde. Er wurde 1973/74 auf knapp vier Hektar Fläche erweitert und bekam 1976 mit dem Bau der Horten-Tiefgarage und dem Straßendurchbruch Georg-Eckert-Straße seinen typischen Grundriss.

Der Schlosspark bot neben Kinderspielplätzen auch Außenschach sowie die Möglichkeit, mitten in der Innenstadt im Grünen zu sein. In den letzten zehn Jahren vor seiner Beseitigung entstand in einigen Teilen des Parks zunehmend eine Drogenszene.[4]

Rekonstruktion, Neubau und „Schloss-Arkaden“

Neubau des Schlosses im Juni 2006

Planung und Proteste

Am 5. Juli 2004 beschloss der Rat der Stadt Braunschweig mit einer Stimme Mehrheit die Errichtung eines Einkaufszentrums, die „Schloss-Arkaden“, auf dem Schlossparkgelände durch den auswärtigen Großinvestor ECE Projektmanagement. Der Beschluss beinhaltete im Anschluss an die bogenförmigen Schloss-Arkaden die weitgehende Rekonstruktion der dreiflügeligen Schlossanlage mit fünf der Hauptfassaden unter Verwendung der noch vorhandenen Originalbauteile,[4] die zu diesem Zeitpunkt noch über die ganze Stadt verteilt waren, ferner der gesamten Dachlandschaft und vielfältigen Ornamentik aus Stein-, Eisen und Zinkguß.

Wie schon vor dem Abriss des Schlosses kam es auch im Vorfeld dieser Entscheidung sowie im Anschluss daran zu zahlreichen Protesten von Teilen der Bevölkerung, Bürgerinitiativen und Händlern, die zum einen die Zerstörung des Schlossparks kritisierten und zum anderen eine Verödung der Innenstadt auf Kosten ortsansässiger Unternehmen befürchteten.[5] Auch von der überregionalen Presse und der Fachpresse wurde das Projekt eher kritisch gesehen[6][7], sogar von „Disneylandsierung“ war angesichts der nur außen vorgebauten Fassade die Rede.[8] Leider bestimmen diese vorschnellen, falschen Urteile bis heute noch in Teilen der Öffentlichkeit das Bild des Schlosses, selbst in Braunschweig. Es ist zu hoffen, daß die tatsächliche typische Baulösung - derartige Fassaden sind immer 'nur' vorgehängt - ihre zukünftigen Wortführer findet.

Begleitet von Protesten wurden die Bauarbeiten am 18. Mai 2005 durch Baumfällung und Rodung des gesamten Parkgrüns begonnen. Der erste Spatenstich fand am 13. Juli 2005 statt, Richtfest war am 28. Juni 2006. Am 29. März 2007 wurden die „Schloss-Arkaden“ eröffnet. Das Bauprojekt umfasste, auf drei Ebenen verteilt, rund 30.000 m² mit ca. 150 Geschäften sowie 20 Gastronomiebetrieben.

Im Schloß befinden sich die Geschäfte allein im überdachten Innenhof, der mit seinem eisernen Glasdach und der großen Wandelhalle an Orangerien des 19. Jahrhunderts erinnert, und damit gut zum Schlosse paßt, sowie im Vestibül des Gebäudes. Sie machen ca. 20% der Gesamtnutzfläche des Schlosses aus. Der dreiflügelige Residenzschloß-Neubau zeigt wieder den besonders prachtvollen Hauptflügel nach Westen mit Säulenhallen, Giebelfeld und römischem Triumphtor im Erdgeschoß, und die beiden Nebenflügel nach Norden - mit der formenreichsten Fassade des ehemaligem Herzogsflügels - und nach Süden in schlichterer, architektürlich reiner Form.

Auf der Ostseite an der Nahtstelle zum Center wurden Nord- und Südflügel durch zwei schmalere ebenso originalgetreue Ostfassaden ergänzt, um die Eigenständigkeit des Schloßgebäudes gegnüber dem Center zu betonen. Davon ist die südöstliche mit den beiden Vollsäulen in der großen Nische die prachtvollere, erinnert an die Westseite. Der Neubau stützt sich auf die ca. 50 erhaltenen Schloßpläne aus dem Baubüro Carl Theodor Ottmers, auf eine Fülle von Detailfotos, Detailzeichnungen aus der Zeit vor dem Abbruch, er verwendet ca. 600 Altsteine des historischen Schlosses aus der Zeit von 1833/37 und von 1866/68 wieder, die im Portikus, im Haupteingang, auf den Eckrisaliten und auf der Südostfassade laut den Abbruchplänen von 1960 verbaut wurden. Im Mitteltrakt mit Portikus und Triumphtor liegt der Altsteinanteil bei ca. 90%, bei den Eckrisaliten bei ca. 50%. Die neue Schlossfassade wurde wie die alte als eine sich selbstragende Konstruktion vor einem Kern aufgemauert, nun vor einem Betonkern, 1833/35 vor einem Ziegelmauerkern. Wie damals durch Eisenanker – heute aus Edelstahl - mit dem Kern gegen Abkippen verbunden.

Die Westfassade des Schlosses [9] misst 116 m in der Länge, die Seitenflügel 61 m, und sie erreichen eine Höhe bis zum Kranzgesims von 20 m sowie einschließlich der in Komorniki bei Posen gegossenen, dritten Version der Braunschweiger Quadriga 37 m in der Höhe. Die neuen Werksteine bestehen aus Reinhardtsdorfer Sandstein aus Sachsen und teilweise aus Hohenzollernpark-Sandstein aus Polen.[10] Das Triumphtor unter dem Portikus stellt als Haupteingang den Zugang zum Einkaufszentrum dar, während die Portale der Eckrisalite zum neuen Kulturzentrum führen. Vereinfacht im Stil eines Frühklassizismus wurde die Rückseite des Welfenschlosses gebaut; außerdem fehlt die [Rotunde]]. Im Erdgeschoß des neuen Schlosses gibt es aber 15 Innenräume in den spätklassizistischen Formen Ottmers. Besonders eindrucksvoll sind der Ausleihsaal der Stadtbibliothek, ferner im Schloßmuseum das Audienzzimmer, der Weiße Saal, das Nordvestibül und herausragend natürlich der Thronsaal.

Der Neubau

Fassadenfront mit Reiterstandbildern im August 2007
Übergang vom rekonstruierten zum modernen Fassadenteil der Schloss-Arkaden

Verbunden mit dem modernen Neubau der „Schloss-Arkaden“, dessen Volumen rund drei Mal so groß wie das Volumen des Schlossneubaus ist,[5][6] entstand nach Westen ein Nachbau des Ottmer-Baus am historischen Ort, jedoch mit veränderter Aufteilung des Innenraums, der von der weitgehenden Nutzung als Kulturzentrum geprägt ist, weitgehend ohne die vormalige Schlossrückseite mit der charakteristischen Rotunde. Der vormalige Innenhof des Ottmer-Baus wurde – mit einem Glasdach versehen – Teil des Einkaufszentrums. Die Fassadengestaltung stützte sich auf die erhaltenen Schlosspläne, historische Fotos und rund 600 Steine des Ottmer-Baus, die an verschiedenen Orten in der Stadt gelagert worden waren und im Mitteltrakt, auf den Eckrisaliten und der Südostfassade verbaut wurden. Die Fassade wurde um einen Betonkern gebaut, während der Ottmer-Bau aus Ziegelsteinen aufgemauert worden war.[7]

Der Schlossneubau wird weiterhin „Schloss“ genannt. Insgesamt bietet er 16.500 m² Nutzfläche, von denen 13.300 m² von der Stadt für kulturelle Zwecke genutzt werden. Dazu zählen aber auch fensterlose Archivräume.[8] Die vermietbare Fläche des Gesamtgebäudes beträgt 55.481 m², die Verkaufsfläche des Einkaufszentrums 34.491 m². Dazu kommen 7263 m² vermietbare Nebenflächen.[9] Die Einzelhandelsgeschäfte und Gastronomiebetriebe befinden sich nur mit 20% der Gesamtnutzfläche im Vestibül des Schlosses, im überdachten früheren Innenhof und im modernen Anbau. Die übrigen 80% der Räumlichkeiten nutzen die Kultureinrichtuingen der Stadt: Stadtbibliothek, Archiv, Kulturämter mit Vortragsssälen.Das gesamte Erdgeschoß zeitgt 15 z. T. große Säle im Stil der Architektur Ottmers.

Das Einkaufszentrum hinter dem Schloß, von ihm getrennt, umfasst, auf drei Ebenen verteilt, etwa 150 Geschäfte sowie 20 Gastronomiebetriebe. Die Schlossfassade misst 116 Meter in der Breite und 20,9 Meter in der Höhe,[10] – im Mittelteil höher – die zwei Seitenflügel sind je 60 Meter lang. Die neuen Werksteine bestehen aus Reinhardtsdorfer Sandstein aus Sachsen und teilweise aus Hohenzollnerpark-Sandstein aus Polen.[11] Der Portikus und die Eckrisalite bestehen dagegen größtenteils aus Originalelementen des Ottmer-Baus. Der Portikus stellt als Haupteingang den Zugang zum Einkaufszentrum dar, während die Eckrisalite zum Kulturzentrum führen.

Die neue Quadriga

Geschichte seit der Eröffnung der „Schloss-Arkaden“

13.300 m² des Bauwerkes wurden von der Stadt für kulturelle Zwecke für 1,2 Millionen Euro jährlich auf 30 Jahre angemietet und haben wie in den 1920er und 1930er Jahren Stadtbibliothek und Stadtarchiv, Kulturverwaltung und Kulturinstitut sowie ein Schlossmuseum aufgenommen. Am 6. Mai 2007 wurde der Gesamtkomplex offiziell der Öffentlichkeit übergeben. Die endgültige Möblierung der Räume und der Umzug der städtischen Institutionen erfolgte ab dem 14. Mai 2007. Am 23. Juni 2007 fand die offizielle Eröffnung der Kultureinrichtungen statt.

Die im Krieg beschädigten, mehrfach restaurierten Reiterstandbilder der Herzöge Karl Wilhelm Ferdinand und Friedrich Wilhelm waren Anfang der 1970er Jahre an der Kurt-Schumacher-Straße am Südende des Löwenwalls aufgestellt worden. Seit dem 3. Juli 2007 befinden sie sich wieder an ihrem ursprünglichen Standort vor dem Schloss.

Am 23. Oktober 2008 fand die dritte Version der Braunschweiger Quadriga mit der Brunonia – der Landespatronin des Herzogtums und Landes Braunschweig – ihren Platz oberhalb des Portikus. Sie war bei DBA Kosicki in Komorniki bei Posen gegossen worden und ist 9,5 Meter hoch. Mit ihr erreicht das Schloss eine Höhe von rund 37 Metern. 2010 wurde das gesamte Gebäude für rund 250 Millionen Euro von der Credit Suisse an die Deka Immobilien verkauft.[9]

Im April 2011 wurde im linken Seitenflügel in Anwesenheit von Heinrich von Hannover das Schlossmuseum der Öffentlichkeit übergeben. Zu ihm gehören sieben originalgetreu gestaltete Wohn- und Audienzräume Herzog Wilhelms, so das Musikzimmer, der Audienzraum und der Thronsaal. Der Thron ist eine Leihgabe. Die Seidentapete des Thronsaals wurde in Lyon nach Originalvorlagen nachgewebt, andere Teile der Inneneinrichtung wurden zurückerworben. Die Kosten für die Einrichtung des Museums lagen bei knapp drei Millionen Euro.[12] Trägerin des Museums ist die im Juli 2010 gegründete „Stiftung Residenzschloss Braunschweig“.

Auszeichnungen

  • 2009: Peter Joseph Krahe-Preis[13]

Literatur

  • Bernd Wedemeyer: Das ehemalige Residenzschloß zu Braunschweig. Eine Dokumentation über das Gebäude und seinen Abbruch im Jahre 1960. 3. erweiterte und überarbeitete Auflage. Borek, Braunschweig 1993, ISBN 3-87091-000-3.
Commons: Braunschweiger Schloss – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. http://www.braunschweig.de/stadtportrait/geschichte/schlossgeschichte.html Die Geschichte des Braunschweiger Schlosses]
  2. Elmar Arnhold, Sándor Kotyrba: Klassizismus in Braunschweig. Arnhold & Kotyrba, Braunschweig 2010, keine ISBN, S. 51
  3. Dr. Bernd Wedemeyer, Dr. Helena Horn: Auf Umwegen ins Schloss. Fundstücke und ihre Geschichte(n). Schlossmuseum Braunschweig, Weidmann/Post, Braunschweig Mai 2012, Einleitungstext.
  4. Trinken, Kiffen, Koksen – Drogenszene Braunschweig – Subway 04/2004
  5. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen tages.
  6. Grundriss, abgerufen am 8. August 2012
  7. Welt-Online: Neue Fassade am Braunschweiger Schloss
  8. Rund 80 Prozent Kultur im Schloss. In: Braunschweiger Zeitung vom 9. Juni 2004, abgerufen am 10. August 2012
  9. a b Bericht von der Transaktion 2010, abgerufen am 9. August 2012
  10. Vorlage des Ratsbeschlusses (PDF-Datei), abgerufen am 9. August 2012
  11. Gerda Schirrmeister, Dietmar Reinsch: Braunschweig: Route zu den Naturwerksteinen. S. 122. In: Johannes H. Schroeder (Hrsg.): Steine in deutschen Städten. 18 Entdeckungsrouten in Architektur und Stadtgeschichte. Selbstverlag Geowissenschafter in Berlin und Brandenburg e.V., Berlin 2009. ISBN 978-3-928651-13-4
  12. Robert von Lucius: Braunschweig. Der Schlüssel zum Schloss. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11. April 2011
  13. Braunschweig Report, Ausgabe 45, 4. November 2009, S. 3

Koordinaten: 52° 15′ 47″ N, 10° 31′ 38″ O