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Arbeitszeugnis

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Arbeitszeugnis bezeichnet eine vom Arbeitgeber erstellte Leistungs- und Verhaltensbewertung eines Arbeitnehmers, die entweder während des Beschäftigungsverhältnisses (Zwischenzeugnis) oder beim Ausscheiden aus dem Unternehmen erstellt wird.

Geschichte

Arbeitszeugnisse gab es bereits beim Gesindezwangsdienst: Mit der Reichspolizeiordnung von 1530 wurden Atteste für ordnungsgemäßes Ausscheiden eingeführt. Kein Dienstherr durfte einen Knecht in sein Haus nehmen, wenn er kein Zeugnis vorweisen konnte in dem stand, dass er auf ehrliche Weise und mit Zustimmung des letzten Dienstherrn gegangen war. Herrschaften, die Dienstboten ohne Zeugnis beschäftigten oder ein solches verweigerten, drohten Geldstrafen.

1846 wurde in Preußen das Gesindedienstbuch eingeführt:

„Bei Entlassung des Gesindes ist in von der Dienstherrschaft ein vollständiges Zeugnis über die Führung und das Benehmen in das Gesindebuch einzutragen.“

Das Gesindebuch musste vor Dienstantritt bei der örtlichen Polizei vorgelegt werden. Wer von seiner Herrschaft ein schlechtes Zeugnis bekommen hatte, konnte nach zwei Jahren ein neues Gesindebuch bei der Polizei beantragen, wenn er nachweisen konnte, dass er sich in den letzten zwei Jahren tadellos geführt hatte. Als Tugenden galten: Fleiß, Treue, Gehorsam, sittliches Betragen, Ehrlichkeit.

Mit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches am 1. Januar 1900 wurde der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis in Deutschland gesetzlich geregelt: Alle Arbeitnehmer können ein Zeugnis verlangen, das die Führung und Leistung beurteilt.

Der Arbeitgeber hat das Arbeitszeugnis so zu formulieren, dass es der Leistung des Mitarbeiters gerecht wird und gleichzeitig einem Dritten (beispielsweise einem Personalleiter) Informationen über die Qualifikation und Leistung liefert.

Rechtliche Grundlagen

Deutschland

Nach deutschem Arbeitsrecht ist jeder Arbeitgeber gemäß § 109 Abs. 1 Gewerbeordnung bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer verpflichtet, diesem ein Arbeitszeugnis zu erstellen (siehe auch § 630 Satz 4 BGB). Nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung ist der Arbeitgeber bereits mit Zugang der Kündigung verpflichtet, auf Verlangen des Arbeitnehmers ein Zwischenzeugnis zu erteilen. Das Zeugnis darf gemäß § 109 Abs. 3 Gewerbeordnung nicht als Datei oder als E-Mail überreicht werden.

Zwei Arten des Zeugnisses sind zu unterscheiden:

  • Das einfache Arbeitszeugnis enthält die Angaben über Art und Dauer der Beschäftigung (§ 630 Satz 1 BGB, § 109 Abs. 1 Satz 2 GewO, § 8 Abs. 2 S. 1 Berufsbildungsgesetz).

Für das einfache Zeugnis genügen daher die persönlichen Daten des Arbeitnehmers, die konkrete Beschreibung seiner Tätigkeit und die Dauer des Arbeitsverhältnisses. Gegen den Willen des Arbeitnehmers ist es nicht erlaubt, den Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufzunehmen.

  • Das qualifizierte Arbeitszeugnis ist um die Leistung und das Verhalten des Arbeitnehmers erweitert (§ 630 Satz 2 BGB, § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO, § 8 Abs. 2 S. 2 Berufsbildungsgesetz). In der Regel wird ein qualifiziertes Arbeitszeugnis verlangt. Qualifizierte Arbeitszeugnisse beschäftigen die Arbeitsgerichte in erheblichem Umfang. Die kritischen Anmerkungen zur Führung des Arbeitnehmers werden häufig bestritten. Dabei sind die Verfasser der Arbeitszeugnisse auf die Wahrheit verpflichtet. Ungünstige Formulierungen können negative Auswirkungen für den Arbeitnehmer haben, so dass dem Arbeitgeber im Verfahren vor dem Arbeitsgericht die Darlegungs- und Beweislast zufällt, wenn dieser eine nicht ausreichende Bewertung vornimmt. Dass seine Leistungen im Arbeitsverhältnis eine bessere als durchschnittliche Bewertung fordern, muss jedoch der Arbeitnehmer darlegen und beweisen.

Das qualifizierte Arbeitszeugnis wird rechtlich durch die gesetzlichen Forderung bestimmt, wahr und wohlwollend zu sein. Ein Beispiel für eine Hilfstätigkeit: War der Mitarbeiter faul, dann wäre es zwar wahr, aber nicht wohlwollend, dies ins Zeugnis zu schreiben. Es darf aber auch nicht drinstehen, er sei fleißig gewesen, denn das wäre zwar wohlwollend, aber nicht wahr. Es darf also bzgl. Fleiß und Faulheit nichts im Arbeitszeugnis stehen. Bei einem fleißigen Mitarbeiter hingegen darf dies im Zeugnis stehen und sollte es auch, wenn die Tätigkeit so einfach ist, dass sie durch Fleiß bzw. Faulheit wesentlich bestimmt wird. Daraus folgt, dass in einem Zeugnis für eine einfache Tätigkeit entweder steht, der Mitarbeiter sei fleißig gewesen oder aber eben diesbezüglich nichts. Das macht das Lesen von Arbeitszeugnissen so kryptisch. Denn man muss beim Lesen wissen, welche positive Eigenschaft fehlt, um zu erkennen, wie schlecht das Zeugnis den Arbeitnehmer beschreibt. Dies gilt analog für andere Eigenschaften, die entsprechend der Tätigkeit wichtig sind.

Österreich

In Österreich entspricht dem Arbeitszeugnis das Dienstzeugnis, wobei der Dienstgeber ein Dienstzeugnis nur auf Verlangen ausstellen muss. Ähnlich dem deutschen Arbeitszeugnis darf das Dienstzeugnis nichts enthalten, was dem Arbeitnehmer eine Neueinstellung bei einem anderen Arbeitgeber erschwert. Für Angestellte ist dies im § 39 Abs. 1 AngG, für Arbeiter im gleichlautenden § 1163 ABGB geregelt.

Bis 1. Januar 2002 waren die Dienstzeugnisse mit Stempelmarken zu versteuern. Seither sind sie steuerbefreit. Etwaige Kosten hat bei einem Endzeugnis der Arbeitgeber, bei einem Zwischenzeugnis, das bedeutet ein Zeugnis bei einem bestehenden Dienstverhältnis, der Arbeitnehmer zu tragen.

Rein rechtlich besteht die Möglichkeit, es noch nach einem Zeitraum von 30 Jahren rückwirkend zu verlangen.

Zeugnissprache

Die Beurteilung der Leistung nach dem Zeugniscode ist eine Bewertung nach Schulnoten, von sehr gut bis ungenügend.

  • stets zur vollsten Zufriedenheit - Note 1
  • stets zur vollen Zufriedenheit - Note 2
  • zur vollen Zufriedenheit - Note 2,5, manchmal als 3 verstanden
  • stets zur Zufriedenheit - Note 3
  • zur Zufriedenheit - Note 4

Das kommt dem Bedürfnis nach Klarheit und Eindeutigkeit sehr entgegen. Im Rechtsstreit hat der Arbeitgeber die Darlegungslast und die Beweislast für seine Bewertung, wenn sie unterdurchschnittlich ist; möchte der Arbeitnehmer eine überdurchschnittliche Bewertung erzwingen, muss er seine besseren Leistungen darlegen und nachweisen.

Da schlechte Noten in Arbeitszeugnissen deshalb äußerst selten sind und die Bewertungen in der Regel zwischen befriedigend und sehr gut schwanken, haben die Zeugnisse inzwischen nur noch eine geringe Aussagekraft. Hinzu kommt, dass die weniger guten Noten auch ein Angriff sind auf das Selbstwertgefühl des Mitarbeiters und auf Widerspruch stoßen. Schulnoten eignen sich nicht, eine Arbeitsleistung differenziert und angemessen zu beurteilen. Es geht um die Stärken des Mitarbeiters und wie er sie nutzbringend mit welchen Ergebnissen im Unternehmen eingesetzt hat. In Arbeitszeugnissen werden deshalb auch keine Schwächen beurteilt. Wenn Mitarbeiter ihren Job gut gemacht haben, müssen die Aufgaben den Fähigkeiten entsprechen.

Die Zufriedenheitsskala hat sich in den letzten hundert Jahren entwickelt. Das deutsche Bundesarbeitsgericht hat die Zufriedenheitsfloskeln aus Gründen der Rechtssicherheit für zulässig erklärt, aber gleichzeitig den Zeugnisausstellern die Formulierungsfreiheit zugestanden. Arbeitgeber sind frei in ihrer Entscheidung, ob sie die Formulierung des Zeugniscodes verwenden oder das Zeugnis in einer klaren, verständlichen Sprache schreiben.

Umschreibungen im Zeugnis sind nicht verboten, sofern sie nicht einem anderen Verbot widersprechen. So ist die Formulierung: Er trat innerhalb wie außerhalb unseres Unternehmens engagiert für die Interessen der Arbeitnehmer ein. unzulässig, weil sie die Mitarbeit im Betriebsrat suggeriert. Die Wendung: Sein Verhalten zu den Mitarbeitern war stets einwandfrei., die suggeriert, dass das Verhalten gegenüber den Vorgesetzten dies eben nicht war, ist dagegen zulässig, wenn das Verhalten gegenüber Vorgesetzten nicht ausreichend war.


Dankes-Bedauern-Formel

Keinen Anspruch auf Berichtigung des Zeugnisses soll der Arbeitnehmer haben, wenn der Arbeitgeber die übliche Dankes-Bedauern-Formel und Zukunftswünsche einfach weg läßt (Urteil des 9. Senats des BAG vom 20. Februar 2001, Az: 9 AZR 44/00). Der Arbeitnehmer sollte deshalb bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber die Zeugnisfragen einvernehmlich regeln, bevor er die Kündigung akzeptiert. Dafür bietet sich folgende Formulierung an: Der Arbeitnehmer erhält unter dem Datum des (Datum vor Zugang der Kündigung) ein Zwischenzeugnis, das sich auf Art und Dauer sowie Führung und Leistung im Arbeitsverhältnis erstreckt und einer (sehr) guten Gesamtbeurteilung entspricht. Der Arbeitnehmer kann abweichende Formulierungen vorschlagen, die der Arbeitgeber übernehmen wird, sofern nicht erhebliche Gründe (z. B. Wahrheitspflicht) dem entgegenstehen. Der Arbeitgeber erteilt dem Arbeitnehmer ein qualifiziertes Zeugnis unter dem Beendigungsdatum mit Dankes-Bedauern-Formel und Zukunftswünschen. Das Zeugnis wird einer (sehr) guten Gesamtbeurteilung entsprechen. Der Arbeitnehmer kann abweichende Formulierungen vorschlagen, die der Arbeitgeber übernehmen wird, sofern nicht erhebliche Gründe (z. B. Wahrheitspflicht) dem entgegenstehen.

Insgesamt allerdings ist diese ausgefeilte und verrechtlichte Formulierungspraxis inzwischen eher kontraproduktiv, weil die Glaubwürdigkeit eines guten Zeugnisses erheblich eingeschränkt ist: es könnte ja auch gerichtlich oder außergerichtlich erstritten sein - und ist es auch tatsächlich immer häufiger.

Form

Ein Arbeitszeugnis stellt ein Dokument dar, welches einen hohen Stellenwert für die Karriere des Arbeitnehmers hat. So soll ein Zeugnis auf einem offiziellen Briefbogen geschrieben werden, und muss unterschrieben sein. Es muss dem Arbeitnehmer auf Verlangen zugeschickt werden, darf dazu aber geknickt werden.

Literatur

  • Hein Schleßmann, Das Arbeitszeugnis, 15. Auflage Heidelberg 1998
  • Weuster/Scheer, Arbeitszeugnisse in Textbausteinen, 10. Auflage 2004, Richard Boorberg Verlag GmbH & Co ISBN 3415034410
  • Karl-Heinz List: Zeugnisse ergebnis- und stärkenorientiert schreiben, mit CD-ROM, Sparkassenverlag Stuttgart, 2005

Abgrenzung

Beamte erhalten keine Arbeitszeugnisse sondern (periodische) Beurteilungen.