Herchen
Herchen Gemeinde Windeck
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Koordinaten: | 50° 47′ N, 7° 31′ O | |
Höhe: | 105 m ü. NN | |
Einwohner: | 1086 (31. Dez. 2011)[1] | |
Lage von Herchen in Nordrhein-Westfalen
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Herchen, Ortszentrum (2010)
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Herchen ist ein Ort in der Gemeinde Windeck im Rhein-Sieg-Kreis in Nordrhein-Westfalen. Bis zum 31. Juli 1969 bildeten die Kirchspiele Herchen und Leuscheid eine eigene Kommune, die Maire, das Amt bzw. die Gemeinde Herchen. Die Einwohnerzahl beträgt 1.086 (Stand: 31. Dezember 2011).
Lage
Herchen liegt an der Sieg zwischen Bergischem Land und Westerwald, eingebettet in bewaldete Höhen.
Geschichte


Die frühere Bezeichnung von Herchen ist Herchingen, es geht also zumindest auf fränkische Gründung zurück. Die erste urkundliche Erwähnung findet 1131 zu den Rechten der Kirche Sankt Peter statt. Der auf der anderen Siegseite liegende Ortsteil Übersehn wird 1394 erstmals erwähnt. Dann wird ein vermutlich 1247 gegründetes Kloster Herchen erwähnt, welches aber schon 1581 aufgelöst und dem Kloster Merten unterstellt wird. Von den Gebäuden des Klosters ist heute noch eine Bruchsteinwand und der Klosterbrunnen zu sehen. Die 1702 zum Andenken erbaute Kapelle steht noch im Ort.
1398 verpfändete Herzog Wilhelm von Berg an Graf Gerhard von Sayn die Orte Much, Herchen, Dattenfeld und Wahlscheid. Wann Herchen ausgelöst wurde, ist unbekannt.
1477 traf sich Herzog Wilhelm von Jülich-Berg mit Graf Gerhard von Sayn in Herchen, 1500 wurde ein Treffen von ihm mit dem Grafen von Wied in Herchen erwähnt.
1492 ließ Herzog Wilhelm von Jülich-Berg in Herchen vier weiße Tücher kaufen, 1645 wurden in Herchen vier Walkmühlen erwähnt.
1789 gehörte das Kirchspiel Herchen zum Amt Blankenberg im Herzogtum Berg und bestand aus den Honschaften Herchen, Höhe, Röcklingen und Stromberg. Das Kirchspiel Herchen hatte eine Größe von ca. 2380 ha. 1792 gab es im Kirchspiel Herchen 490 Katholiken und 528 Lutheraner.
1830 wurde eine Erhebung veröffentlicht. Danach umfasste die Bürgermeisterei Herchen, 2 Dörfer, 27 Weiler und 3 Höfe, mit 6 Kirchen und Kapellen, 7 öffentliche Gebäude, 467 Privatwohnhäuser, 5 Mühlen, 447 Scheunen und Ställe. Die Einwohnerzahl betrug 1816: 2150, 1825: 2386, 1828: 2553. Davon waren 1278 männlich, 1275 weibliche, 1757 evangelisch, 783 katholisch, 13 jüdisch. In dem Kirchdorf Herchen gab es eine Pfarrkirche und 171 Einwohner. Die Weiler Altenherfen hatten 26, Gutmannseichen 39, Gerressen 175, Lüttershausen 78, Niederrieferath 87, Oberrieferath 46, Stromberg 277, Ringenstellen 38, Röcklingen 235, Übersehen 89 Einwohner. Die Höfe Neuenhof hatten 8, Ohmbach 10 und Richardshohn ebenfalls 8 Einwohner. Das Kirchdorf Leuscheid, ebenfalls zur Bürgermeisterei Herchen gehörend, hatte eine Pfarrkirche und 192 Einwohner. Die Weiler Alsen hatten 160, Dahlhausen 78, Bitze 24, Eutscheid 24, Himmeroth 33, Hundhausen 41, Leidhecke 20, Mühl 43, Kuchhausen 78, Kocherscheid 42, Locksiefen 56, Werfen 109, Saal 132, Mittelirsen 89, Reidershof 33, Schabernack 68 und Nieder-Leuscheid 43 Einwohner.
Bis 1806 gehörte Herchen zum Amt Windeck, danach zum Kanton Eitorf.
Bereits am 5. Oktober 1932 wurde Adolf Hitler Ehrenbürger der Bürgermeisterei Herchen. Der Antrag war von Robert Ley und der starken NSDAP-Fraktion des Gemeinderates ausgegangen.[2]
Bürgermeisteramt Herchen

Zu der früher eigenständigen Gemeinde Herchen gehörten neben dem 1808 eingegliederten Kirchspiel Leuscheid die Stromberger Mark, die Herchener Höhe und die Orte Gerressen, Neuenhof, Engelsbruch, Ohmbach, Röcklingen, Kaltbachmühle, Hoppengarten und Richardshohn. Der ehemalige Hof Ottofeld ist untergegangen.
Einwohnerzahlen der Gemeinde Herchen:
Jahr | Einwohner |
1808 | 2.728 |
1910 | 3.514 |
1925 | 3.756 |
1933 | 3.644 |
1939 | 4.018 |
Maire bzw. Bürgermeister der Gemeinde Herchen:
Jahr | Bürgermeister |
1811–15.02.1815 | Johann Gerhard Anton Überzezig |
1815–1819 | Johann Peter Schildgen |
1819–1846 | Friedrich Lenz |
1846–1851 | Heinrich Wilhelm Otto |
1851–1864 | Karl Theodor Komp |
1864–1868 | Ludwig Heuser |
1868–1871 | Josef Commer |
1871–1873 | Wilhelm Gansäuer |
1873–1887 | Guido Alberty |
1887–1893 | Herr Lichtenthäler |
1893–1930 | Philipp Dörmer |
1930–1931 | Herr Manner |
01.05.1931–13.10.1932 | Walter Tersteegen |
01.06.1933–1935 | Otto Simon |
1935–1937 | Karl Schmidt |
03.01.1938–23.09.1938 | Herr Esser |
23.09.1938–1939 | Dr. Orth |
01.06.1939–24.06.1940 | Herr Brüning / Karl Schmidt |
11.03.1940–1944 | Karl Schmidt |
1944–1946 | Alfred Kuttenkeuler |
06.02.1946–30.09.1946 | Armin Vogel |
01.10.1946–Mai 1947 | Albrecht Land |
Mai 1947–30.04.1960 | Gemeindedirektor Josef Dahmen |
Das Wappen der Gemeinde Herchen zeigte den aufrechten, doppelschwänzigen bergischen Löwen.
Erholungsort

Bereits früher war Herchen eine beliebte Sommerfrische. Belegt sind Aufenthalte des Musikers Engelbert Humperdinck, des Schriftstellers Josef Winckler, der hier den Tollen Bomberg geschrieben hat, und die Gruppe des Düsseldorfer Malkastens unter Prof. Peter Innsen. Hierzu gehörten die Maler Albert B. Lüdecke, die Brüder Oswald und Andreas Achenbach, Otto Deiker und Prof. Otto Grunst, aber auch Musiker und Dichter wie Edmund Henoumont.
Die Künstlergruppe veranstaltete hier von Mitte der 1880er Jahre bis 1900 am 2. September sogenannte Sedan-Spiele. Diese Theaterstücke mit bengalischem Feuer und auf der Sieg schwimmenden Bühnenbildern wurden bald so gerühmt, dass die Eisenbahn am Spieltag Sonderzüge einsetzte.
Später wurden in Herchen einige Gebäude für den Kuraufenthalt errichtet, denen aber kein großer Erfolg beschieden war, beispielsweise der Herchener Hof und die Löwenburg.
Seit 1986 ist Herchen staatlich anerkannter Erholungsort.

Auszeichnungen
Im Landeswettbewerb Unser Dorf soll schöner werden errang Herchen 1983 Bronze, 1985 Silber und 1990 als schönstes Dorf im Rhein-Sieg-Kreis Bronze. 2006 erhielt die besondere Initiative der Frauen für die Entwicklung des Dorfes einen Sonderpreis in dem Landeswettbewerb Unser Dorf hat Zukunft; Herchen wurde Silberdorf.
Verkehrsanbindung
Herchen ist über die Landesstraße 333 und die Landesstraße 312 erreichbar. Außerdem gibt es in dem außerhalb gelegenen Ortsteil Herchen-Bahnhof Anbindung an die Siegstrecke. Hier verkehren stündlich die Züge S12 (von Au nach Düren) und der Rhein-Sieg-Express RE9 (von Aachen nach Siegen).
Schulen
In Herchen gibt es neben einer Grundschule eine der wenigen Privatschulen Deutschlands, das Bodelschwingh-Internat, welche im Besitz der evangelischen Kirche ist, sie wird im Ort immer noch Päda genannt. Im Nebenort Herchen-Bahnhof besteht seit 1966 eine Realschule, die bereits 1963 provisorisch in Herchen unterhalten wurde.
Außerdem befinden sich zwei Kindergärten in Herchen.
Sehenswürdigkeiten

Neben der alten katholischen Kirche St. Peter ist der Thingplatz mit den unterhalb stehenden Kölner Kanonen geschichtsträchtig. Die evangelische Kirche wurde 1879 bzw. 1885 (Turm) erbaut. Im Haus des Gastes finden Ausstellungen und Vorstellungen statt, der dahinterliegende Skulpturenpark geht in die Anlage der Löwenburg über, wo Minigolf und Tretbootverleih angeboten werden. Das Hindenburgdenkmal bietet einen schönen Ausblick über das Siegtal. Außerhalb gelegen ist der mit einer Sage belegte Heilbrunnen.
Kölner Kanonen
Bei den beiden s.g. „Kölner Kanonen“ handelt es sich um in Lüttich hergestellte preußische C/61 Geschütze der Festungsartillerie. Die Bauart, mit den auf die Lafettenwände aufgesetzten eisernen Böcken und der Richtmaschine, lässt darauf schließen, dass die beiden 12-zügigen 12-Pfünder mit Warendorff‘schem Kolbenverschluss zur Festungsverteidigung, der Überlieferung nach in Köln, eingesetzt waren. Diese Konstruktion ermöglichte es einerseits die Erhöhungsfähigkeit entsprechend der größeren Schussweite der gezogenen Rohre zu vergrößern und andererseits bei größtmöglicher Deckung über Brüstungen hinweg schießen zu können.
Durch allerhöchste Kabinettsorder vom 18. Februar 1858, erlassen durch den damaligen Prinzregenten und späteren Kaiser Wilhelm I., wurden die drei ersten gezogenen Hinterlader-Geschütze in die preußische Artellerie eingeführt. Es waren dies zunächst der eiserne 12-Pfünder und der eiserne 24-Pfünder. Der eiserne 6-Pfünder folgte im Jahr 1859. Mit der Einführung dieser als C/61 bezeichneten Geschütze wurde in der preußischen Artillerie die Umstellung von den herkömmlichen Vorderlader-Geschützen mit glatten Rohren, zu modernen Hinterlader mit gezogenen Rohren vollzogen. Gleichzeitig erfolgte die Ablösung des bis dahin gebräuchlichen Schwarzpulvers durch leistungsstärkere moderne Treibladungen. Gezogene Geschützrohre und stärkere Treibmittel erforderten ebenfalls eine Weiterentwicklung der Geschosse. Die damals gebräuchliche Rundkugel konnte den Anforderungen nicht mehr gerecht werden und wurde durch das Langgeschoss, damals „Bleihemdgranate“ genannt, abgelöst.
Die beiden „Kölner Kanonen“ stellen ein bedeutendes zeitgeschichtliches Dokument in der Entwicklung der Artillerietechnik und Festungsverteidigung dar.
Vereine
- Bürger- und Verschönerungsverein Herchen a. d. Sieg e. V.
- TuS Herchen 1922 e.V.
- Freiwillige Feuerwehr Windeck, Löschgruppe Herchen
- Wanderverein Herchen
- Quartettverein Herchen
- Reitverein Herchen
- Karnevalsgesellschaft Rot-Weiß Herchen 1994 e. V.
- kirchliche Vereine (evangelischer Posaunen- und Kirchenchor, katholischer Kirchenchor, Gospelchor sowie Verein für kirchliche Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen)
- Verein der Freunde und Förderer der Gemeinschaftsgrundschule Herchen e.V.
Veranstaltungen

In Herchen gibt es einen Karnevalsumzug (immer am Karnevalssonntag) und eine kleine Kirmes im August. Außerdem findet am letzten Sonntag vor den Sommerferien ein Kinderfest im Kurpark statt. Während des autofreien Siegtals (Sperrung der Siegtalstraße am ersten Julisonntag für Autos) gibt es auch in Herchen zahlreiche Stände zur Verpflegung.
Sport
Der Ort besitzt einen Haupt-Sportplatz auf der Siegseite des Bergischen Landes und einen neueren Trainingsplatz in Übersehn, beides sind Rasenplätze. Genutzt werden sie vom Turn- und Sportverein Herchen 1922 e.V. Die erste Fußball-Herrenmannschaft des Ortes spielt seit der Saison 2010/2011 in der Kreisklasse B/Sieg/Mittelrhein. Weitere Sportarten sind Volleyball, Schwimmen (Halle des Bodelschwingh-Gymnasiums), Seniorensport, Tennis und Damengymnastik.
In der Sporthalle des Bodelschwingh-Gymnasiums trägt außerdem der ehemalige Volleyball-Zweitligist und jetzige Regionalligist TSV Germania Windeck seine Heimspiele aus.
Nahe der Sieg neben der „Löwenburg“ befinden sich eine Miniaturgolfanlage sowie ein Billardtisch. Zudem ist es bei entsprechender Witterung möglich, sich Tret- und Paddelboote auszuleihen.
Des Weiteren empfiehlt sich Herchen für Wandersportler, da ein ganzes Stück Natursteig Sieg um das Dorf herum führt: Auf der fünften Etappe lohnt sich – von Eitorf kommend – ein Abstecher in den Ort, die sechste Etappe endet in Herchen am ehemaligen Hindenburgdenkmal. Auch Radsportler kommen auf ihre Kosten, führt doch der Siegweg direkt am Ort vorbei, sodass sich von dort aus Ausflüge entlang der Sieg lohnen.
Bildergalerie Herchens
Literatur
- Geschichtlicher Atlas der Rheinprovinz, -Einteilung und Entwicklung der Territorien von 1600 bis 1794- Seite 309. Von Dr. Wilhelm Fabricius, Herausgegeben 1898
- Gabriel Busch: Merten (Sieg), Verlag Reckinger & Co., Siegburg 1978
- Wolf-Rüdiger Weisbach: Vom Blitzauto zur Klümpches-Tante, Verlag Kunst im Keller 1997
- „Die modernen Geschütze der Fußartillerie“ I. Teil, Vom Auftreten der gezogenen Geschütze bis zur Verwendung des rauchschwachen Pulvers 1850-1890, von Mummenhoff. Erschienen in der Göschen’schen Verlagshandlung 1907
- „Topographisch-Statistische Beschreibung der Königlich Preußischen Rheinprovinzen“ von Friedrich von Restorf (1830) (im Bayerischen Staatsarchiv)
Weblinks
- Bürger- und Verschönerungsverein Herchen an der Sieg e.V.
- TuS Herchen 1922
- Freiwillige Feuerwehr Windeck Löschgruppe Herchen
- Quartettverein Herchen
- KG Rot-Weiss Herchen
Einzelnachweise
- ↑ Ortschaftenverzeichnis. Gemeinde Windeck, abgerufen am 10. März 2012.
- ↑ Karl Schröder: Aufstieg und Fall des Robert Ley, Bürgerverein Ruppichteroth, Verlag Franz Schmitt, Siegburg 2008, ISBN 978-3-87710-342-5, S. 79