Zum Inhalt springen

Aarne-Thompson-Uther-Index

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 7. November 2005 um 19:00 Uhr durch Ilja Lorek (Diskussion | Beiträge) (Entstehung und Aufbau). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Aarne-Thompson-Index, (Abkürzung im deutschen Sprachgebiet: AaTh) ist eine von Antti Aarne für die internationale Erzählforschung entwickelte und von Stith Thompson ergänzte Klassifikation von Märchen- und Schwankgruppen. Die englische Abkürzung lautet AT, was im Deutschen zur Verwechslung mit dem Alten Testament geführt hätte.

Entstehung und Aufbau

1910 schrieb Aarne das Verzeichnis der Märchentypen mit Hülfe von Fachgenossen, welches auf finnischen Sammlungen, auf den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm sowie auf der dänischen Sammlung Sven Grundtvigs basierte. Im Jahr darauf veröffentlichte er das Buch Finnische Märchenvarianten. Verzeichnis der bis 1908 gesammelten Aufzeichnungen. 1927 erfolgte die erste Erweiterung des Systems durch Thompson, 1961 mit The Types of the Folktale. A classification and bibliography die zweite. Im Jahr 2004 bearbeitete Hans-Jörg Uther von der Enzyklopädie des Märchens den Katalog neu (Aarne-Thompson-Uther bzw. ATU).

Die Einteilung der Märchen- und Schwankgruppen folgt dem folgenden Schema (in Klammern jeweils die deutschen Bezeichnungen von Aarne aus dem Jahr 1910):

  • Animal Tales (Tiermärchen) lassen sich unter den Nummern 1–299 finden,
  • Tales of Magic (Zaubermärchen) unter 300-749,
  • Religious Tales (Legendenartige Märchen) unter 750-849,
  • Romantic Tales (Novellenartige Märchen) unter 850-999,
  • Tales of the Stupid Ogre (Märchen vom dummen Teufel/Riesen) unter 1000-1199,
  • Jokes and Anecdotes (Schwänke) unter 1200-1999,
  • Formula Tales [nicht bei Aarne] unter 2000-2400,
  • Unclassified Tales [nicht bei Aarne] schließlich unter 2401-2500.

Bedeutung und Kritik

Alle großen Erzählarchive der Welt sind nach diesem Index geordnet (z.B. in Bloomington, Kopenhagen, Marburg, Göttingen, Rostock). Er ist bis heute international verbindlich, trotz der häufigen Kritik, die sich sowohl in Eurozentrismus-Vorwürfen (wegen der Beschränkung auf europäische Varianten) als auch darin äußert, dass andere Erzähltypen (Sagen, Legenden etc.) ausgeklammert werden.

Literatur

  • Antti Aarne: Verzeichnis der Märchentypen mit Hülfe von Fachgenossen. Helsinki 1910 (Folklore Fellows' communications 3).
  • Antti Aarne: Finnische Märchenvarianten. Verzeichnis der bis 1908 gesammelten Aufzeichnungen. Hamina 1911 (Folklore Fellows' communications 5).
  • Antti Aarne, Stith Thompson: The types of the folktale. A classification and bibliography. Helsinki 1961 (Folklore Fellows' communications 184).
  • Hans-Jörg Uther: The types of international folktales. A classification and bibliography. Based on the system of Antti Aarne and Stith Thompson. Helsinki 2004.
  • Hans-Jörg Uther: Zum neuen internationalen Typenkatalog. In: Märchenspiegel, November 2004. (S. 10-14)