Nördliche Kriegsherren
Als Nördliche Militaristen oder Peking-Clique wird in der chinesischen Geschichtsschreibung die Gesamtheit der aus der nordchinesischen Peking-Armee hervorgegangenen Warlords bezeichnet, die seit 1917 gegeneinander um die Macht in Peking kämpften, 1928 aber von den aus dem Süden vorrückenden Kuomintang unterworfen und 1931 von den Japanern vernichtet wurden.
Die Peking-Clique
Neben dem regulären Heer und einem Söldnerheer wurde nach den chinesischen Niederlagen von 1885 und 1895 in Nordchina eine dritte Armee, die sogenannten Lehrtruppen, aufgestellt. Sie waren als einzige mit modernen Waffen ausgerüstet und von westlichen Offizieren ausgebildet. Mit ihrer Hilfe schlug die Regierung den Boxeraufstand nieder, was den Aufstieg des damaligen Befehlshabers Yuan Shikai förderte. Beim Aufstand von 1911 erneut zum Premier berufen, hielt er den Norden so lange gegen die republikanischen Aufständischen, bis Sun Yatsen (Kuomintang) im Süden zu seinen Gunsten zurücktrat, Yuan Shikai wurde Präsident Chinas. Seine Macht basierte auf der Peking-Armee, bröckelte aber, als er 1915-16 eine Restauration der Monarchie unter einem eigenen Kaisertum versuchte, dem sich seine Generäle versagten, die Provinz Kwangsi fiel ab (später mit den Kuomintang verbündet). Shikais Nachfolger als Präsident wurde der aus Peking bzw. der Provinz Chili (Zhili, Dscheli, heute in Hebei umbenannt) stammende General Li Yüan-hung (1916-1917), der 1917 vom aus der Provinz Kiangsu (Nanking) stammenden monarchistischen General Dschang Hsün (gest. 1923) kurzzeitig verdrängt wurde. Neuer Präsident wurde 1917-18 der ebenfalls auch Chili stammenden General Feng Guo-dschang (gest. 1919), Premierminister der aus der Provinz Anhwei (Anhui, Anfu) stammende Marschall Düan Tschi-ruei (gest. 1936). Nachfolger als Armeechef wurde Marschall Hsü Sche-tschang, 1918-22 auch als Präsident.
Die Chili-Clique
Nachfolger als Führer der Chili-Fraktion war nach Feng Guo-dschangs Tod 1919 Tsao Kun geworden, der mit Hilfe der Fengtian-Clique Premier Düan 1920 zum Rücktritt zwang sowie nach dem Bruch mit den Fengtian-Militaristen (1922) und einer zweiten Herrschaft Li Yüan-hungs (1922-23) selbst Präsident in Peking wurde (1923-24). Wichtigste Chili-Generäle wurden fortan Wu Pei Fu in Südchina und Sun Ch´uan-fang in Ostchina, die beide nach 1924 eigene Wege gingen und 1926 geschlagen wurden.
Die Anhwei-Clique
Die 1920 im Chili-Anhwei-Krieg geschlagenen Anhwei-Militäristen hatten sich 1922 zwar den Kuomintang aus Südchina (Guandong mit Kanton) und den Fengtian-Militaristen der Mandschurei verbündet, waren aber erneut geschlagen worden.
1924 schloß Ex-Premier Düan Tschi-ruei stattdessen einen Bund mit dem abtrünnigen Chili-General Feng Yü-hsiang und wurde so selbst 1924-26 Präsident, vertrieb aber schon 1925 Feng wieder aus Peking. Nach seiner endgültigen Niederlage gegen die 1926 verbündeten Chili- und Fengtian-Militaristen zog sich Düan zurück, die Anhwei-Militaristen spielten fortan keine Rolle mehr.
Die Fengtien-Clique
Wu Pei Fu hatte zwar 1922 im ersten Chili-Fengtian-Krieg die in der mandschurischen Provinz Fengtian (heute Liaoning) stehenden Truppen des Marschalls Dschang Dzo-lin (gest. 1928) besiegt, der wiederum mit General Dschang Hsün verschwägert war. Die Fengtian-Militaristen werden der mandschurischen Hauptstadt Mukden (heute Schenyang) auch Mukden-Clique genannt. In einem zweiten Krieg erlitt Wu Pei Fu 1924 jedoch eine Niederlage gegen Dschang Dzo-lin, weil zwei anderere Chili-Generäle (Dschang Dzung-tschang und Sun Ch´uan-fang) zu Dschang Dzo-lin überliefen. Während des Krieges gegen die Anhwei 1926 aber kam es innerhalb der Fengtian-Clique zu Kämpfen, Dschang Dzo-lin konnte sich nur mit japanischer Hilfe behaupten und schloß ein Bündnis mit den restlichen Chili-Militaristen, was ihm 1927 schließlich die Präsidentschaft in Peking einbrachte.
Kuominchun-Clique
Eigentlich hatten Wu Pei Fu, Sun Ch´uan-fang und Dschang Dzo-lin 1926 das Bündnis primär gegen die Kuominchun-Nationalarmee des Feng Yü-hsiang geschlossen, der sich in die Provinz Kansu zurückgezogen hatte. Die beiden Bündnispartner wurden geschlagen, und Dschang Dzo-lin, der neue starke Mann in Nordchina, wurde 1928 kurz vor seiner geplanten Kaiserkrönung bei einem Attentat getötet, für das sowohl die Kuomintang als auch die Japaner verantwortlich gemacht werden. Daraufhin kam schloß Feng Yü-hsiang ein Bündnis mit dem Kuomintang-Nationalisten des Sun-Yatsen-Nachfolgers Chiang Kai-shek und (Dschangs Dzo-lins Sohn) Marschall Dschang Hsüa-ling sowie General Yän Hsi-schan aus der Provinz Schansi. Gemeinsam vertrieben sie Dschang Dzung-tschang aus Schandong, doch schon 1931 besetzten die Japaner die Mandschurei und errichten dort 1932 einen Marionettenstaat.
Als die Japaner 1935 auch in Peking und der Provinz Shantung einen Seperatstaat (Ost-Hebei) errichten wollten, versuchte Feng sich an die Spitze einer "alliierten antijapanischen Armee" zu setzen. Dschang Hsüa-ling jedoch zwang 1936 Chiang Kai-schek stattdessen zu einem Bündnis mit den Kommunisten aus Yenan (Nord-Shaanxi), siehe Zwischenfall von Xi'an. Bald aber schon kam es zum Chinesischen Bürgerkrieg zwischen Kuomintang und Kommunisten.
Quellen
- Kleine Enzyklopädie Weltgeschichte Band 2, S. 233. Leipzig 1979
- Pu Yi - Ich war Kaiser von China. München 1987
- The Times - Atlas Zweiter Weltkrieg, S. 32f. Augsburg 1999
- englische Liste der chinesischen Staats- und Regierungschefs