Burg Hossingen
Burg Hossingen | ||
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Staat | Deutschland | |
Ort | Meßstetten-Hossingen | |
Entstehungszeit | 1100 bis 1200 | |
Burgentyp | Höhenburg, Spornlage | |
Erhaltungszustand | Mauerreste, Halsgraben,Gegenüberliegende Talseite Wall | |
Ständische Stellung | Niederadel | |
Bauweise | Kleinquadermauerwerk | |
Geographische Lage | 48° 11′ N, 8° 55′ O | |
Höhenlage | 830 m ü. NN | |
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Die Burg Hossingen, auch Hossenburg genannt, ist ein Burgrest auf einem Sporn im Tal (Kurzform örtlicher Dialekt: Burtel) 750 Meter südwestlich (Schwäbische Albstraße nach Unterdigisheim) der Kirche von Hossingen, einem Stadtteil von Meßstetten im Zollernalbkreis in Baden-Württemberg. Das Gelände gehört heute der Gemeinde Meßstetten.
Geschichte
Die Höhenburg wurde in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts von den Herren von Meßstetten, einem niederadligen Dienstmannengeschlecht, erbaut und im 14. Jahrhundert aufgegeben. Auf mittelalterlichen Baustellen fielen für den Burgherrn keine Transportkosten an. In einem erhaltenen Lagerbuch von 1560 lassen sich die Burgherren von den Untertanen in Hossingen, Oberdigisheim, Meßstetten und weiteren Orten Bretter von der Sägemühle und Baumaterialien kostenlos auf die Schalksburg fahren. Besitzer waren die Herren von Tierberg.
Besatzung durch wehrpflichtige Hossinger Bürger
Laut der Musterungsliste ab dem Jahre 1521 obliegt den Hossinger Milizsoldaten die Sicherung der Burg. Weitere Sperrwerke im Meßstetter Stadtgebiet befinden sich beim Bschorner Weg (Truppenübungsplatz beim Kählesbühl), Tobelsteige (nach Laufen), Rottweiler Weg (Lochenpass beim Wanderparkplatz) und Eschental (Unterdigisheim). Die Namen der berittenen Soldaten sind überliefert: Ulrich Eppler (Bewaffnung langer Spieß), Melchior Wizemann (Bewaffnung Hakenbüchse auch als Arkebuse bekannt); Martin Eppler jun. (Bewaffnung Hakenbüchse), Martin Eppler sen. (Bewaffnung Spieß), Conrad Schweitzer (Bewaffnung Spieß), Jakob Schweitzer (Bewaffnung Hakenbüchse). Weitere Namen späterer Listen: Baltes Fraider Vogt (Bewaffnung Hellebarde), Hans Wizemann (Bewaffnung Handrohr), Jakob Fink, der Wachmann Kiefer (Bewaffnung langer Spieß), Balle Müller (Bewaffnung Hakenbüchse), Martin Gurnern (Bewaffnung Hakenbüchse), Jörg Kiefer (Rüstung, Bewaffnung langer Spieß), Claus Eppler (Rüstung, Bewaffnung: langer Spieß), Conrad Fink. Führungspositionen in der württembergischen Landwehr nahmen vor Ort als Hauptmann Walter Ruckenbrot aus Balingen, Leutnant Hans Tüffel aus Tuttlingen und als Fähnerich Albrecht Kupferschmid aus Tuttlingen war. Die größte Burganlage im Meßstetter Stadtgebiet diente den württembergischen Soldaten der Außenposten sicher als Rückzugsort. In Hossingen, Unterdigisheim und Meßstetten üben die Soldaten Sonntags auf Schießständen. Den Salpeter für das Schießpulver stellten Salpetersieder wie der aus Tailfingen stammende Johannes Ammann und Johannes Schempp (Salzsieders Sohn, Kurzform örtlicher Dialekt Salvaiter) in Meßstetten her.
Wasserversorgung
Die Wasserversorgung der Burganlage erfolgte mittels Fässern aus dem Tal. Eine hölzerne Leitung (Deichel) wurde bisher nicht gefunden. Im Umkreis von 700 Metern befinden sich mehrere Quellen. Das Regenwasser wurde in einer Zisterne gesammelt. In der Burgküche wurde zur Zubereitung von Hülsenfrüchten (Erbsen, Bohnen, Linsen) oft schwefelhaltiges Quellwasser genutzt. Aus artesischen Quellen in Oberdigisheim (Weiler Geyerbad) und Nusplingen (Wildbad, Mayenbad) wurde dem heutigen Tuttlinger (Fluor 0,61; Kalzium 222; Magnesium 48,7: Sulfat 577: Hydrogencarbonat 211) Balinger und Haigerlocher Mineralwässern weitgehend identische Wässer in der Burgküche verwendet.
Burgkapelle
Die Burgkapelle gehörte wie die Hossinger Weilerkapelle zur Ebinger Martinskirche. Dort befand sich auch der Friedhof, auf dem die Burgbewohner bestattet wurden. 1275 wirkte Heinrich von Tieringen als Pfarrer. Aus dem Jahr 1337 ist eine der umstrittenen religiösen Urkunden, ein Ablassbrief aus Avigion erhalten: Wer am Altarpatronizium in der Wolfgangskapelle auf dem benachbarten Burg Altentierberg teilnimmt, dem soll laut Bischof Paulus Fluginens ein 40-tägiger Ablass der Sünden zuteil werden.
Reformation im Umfeld der Burg
Bereits 1517 predigt Pfarrer Dieter Rieber in Benzingen über den den unwirksamen Ablasshandel. Besonders während der österreichischen Fremdherrschaft (1519–1534) wurde die Reformation mit brutalen Strafen unterdrückt. 1524 bekannte sich der württembergische Herzog zur Reformation. Der Freiburger Arzt Johannes Murer predigte vor Ort in bäuerlicher Kleidung als Karsthans das Priestertum aller Gläubigen. Er wurde 1523 in Balingen verhaftet und später hingerichtet. 1525 wird der Meßstetter Kaplan German Kopp des Landes verwiesen. Die Grafschaft Hohenberg gilt als ein Hort der Täuferbewegung. 1527 wurden in Rottenburg und 1530 in Tübingen Täufer als Erzketzer zu Pulver verbrannt.
.[[|miniatur|]] Auch unterhalb der Burg Hossingen wurde der Ort Ensisheim wegen der Täufer abgebrannt. Lediglich die Mühle blieb am Radweg vor Bärenthal erhalten. Die Mennoniten berufen sich auf diese Täuferbewegung, der in Binsdorf inhaftierte und später hingerichtete Michael Sattler gilt als Mitbegründer dieser Freikirche.
Strategische Bedeutung der Burg Hossingen
Während des Dreißigjährigen Kriegs wurde die Burg und der heute noch vollständig erhaltene Wall auf der rechten Talseite zum Sperrwerk an der Südgrenze ausgebaut. Die bereits zu Friedenszeiten seit 1521 vorab eingeteilten Truppen hatten die Aufgabe, die strategisch wichtigen Übergänge der Seestraße vom Bodensee über Fridingen, der Reichsstraße von Mühlheim und Tuttlingen her zu sichern (Schreibweise damals: verhütten).
Das Testament eines Kölner Erzbischofs

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Am 5. November 1632 besetzte Oberst Hans Michael Rau das angrenzende truchsessisch-waldburgische Gebiet mit Nusplingen, um ein Testament mit militärischen Mitteln in Kraft zu setzen. Am 4. Dezember 1577 wurde der Nusplinger Truchsess Gebhard von Waldburg zum Kölner Erzbischof gewählt. 1582 bekannte sich der Kölner Erzbischof zur Reformation und heiratete Agnes von Mansfeld. Nach der Rechtsauffassung Wirtenbergs wurde Nusplingen in einem gültigen Testament an den wirtenbergischen Herzog vererbt.
Kriegsschauplätze bei der Burg
Am 15. Februar 1632 kam es um 24 Uhr zu Kämpfen und Plünderungen durch kaiserlichen Reitern unter dem Obervogt zu Gutenstein. Mehrere Meßstetter Bürger wurden tödlich verwundet. Auch am 20. Mai und am 30. April 1635 sind in Meßstetten Tote zu beklagen. 1633 kam es in Mühlheim und Nusplingen zu Kämpfen. Truchsess Wilhelm Heinrich berichtet, wie am 16. Oktober an der Burg in Hossingen in Richtung Unterdigisheim vorbeiziehende schwedische und württembergische Truppen Nusplingen plünderten, ausraubten und niederbrannnten.
1643 kam der bayrische Oberst Kreuz von Tuttlingen her über die Reichsstraße an der Burg vorbei und wollte in Ebingen übernachten. General Erlach schlug ihn in die Flucht und zerstörte die Ebinger Stadtbefestigung. Nach einem Überraschungsangriff am 24. November 1643 auf Tuttlingen erbeuteten bayerische Truppen zahlreiche Geschütze der Franzosen. Etwa 600 Mann sicherten damit die Gegend rund um Tuttlingen und bauten Palisaden und Wälle. 1645 griff Konrad Widerhold Tuttlingen und die Umgebung an. Die letzten verbliebenen Kampftruppen Württembergs, stationiert auf der Festung Hohentwiel, hatten den Befehl alle Palisaden, Stadttore und Sperrwerke zu zerstören. Wirtenbergische Truppen erreichen über die Hossinger Burg die Ebinger Vorstadt. Im Laufe des Kriegs wurde die Anlage vollständig geschleift. 1704 wurden die Palisaden an der Südgrenze Württembergs wieder aufgebaut.
Sage: Schimmelreiter und Burggarten

Der Schimmelreiter
Eine alte Sage berichtet von einem zu gewissen Zeiten sichtbaren Schimmelreiter, der auf dem Weg zu seinem Garten am Leuzenfelder Wasen sei.
Der Burggeist
Kindern welche bei Nacht nicht schlafen wollen wird neben den Nachtkrähen (örtlicher Dialekt Nachtkrappen) welche tatsächlich zu ihren Schlafplätzen in der Krappenhalde bei der Schmugglerhöhle in Lautlinger Tal fliegen auch mit dem Geist Burggeist Burteleß gedroht.
Sage: Geheimgang zum Burggarten

Ein Geheimgang soll zum Leuzenfelder Wasen führen. Dort befindet sich ein Lustgarten .
Wahrer Hintergrund: Bergbau bei der Burg
In der Gegend wurde Bergbau betrieben. Neben dem Tagebau bis 15 Meter Tiefe wurden auch bergmännisch Strecken aufgefahren. Manche Stecken folgten Lehmspalten und Höhlen. Andere folgten Erzflözen welche oft in Trockentälern vorkommen. Das gewonnene Eisenerz wurde mit Holzkohle zu Schmiedeeisen und Federstahl verhüttet. Fidel Eppler war vor Ort als Erzaufseher tätig. Die 108 Liter Bohnerz fassenden Holzkübel wurden mit 14 Kreuzern vergütet. Ferdinand von Steinbeis gelang es den Hochofenprozess in Ludwigsthal zu optimieren. Die unten angespitzten Spriesse wurden zum Beispiel in Tailfingen gekauft und von Lautlinger Knappen am Hörnle verbaut. Das im Mittelalter übliche Anspitzen verhinderte ein Schnellen der Spriesse unter Überlast. Ein bevorstehendes Versagen kündigte sich durch einen wachsenden Bart an der Spitze an. Somit beruht der Geheimgang in der mündlich überlieferte Sage wohl auf tatsächlich vorhandenen Bohnerzstollen.
Der Weiher unterhalb der Burg

Die Verteidigung der Südgrenze Wirtenbergs wurde durch einen mit einem Klauser Staudamm aufgestauten Weiher erleichtert. Die Wasserkraft wurde vom Wasserrad der Sägemühle unterhalb der Burg im Sägental genutzt.
Wissenschaftliche Ausgrabungen
1916 fanden Ausgrabungen statt. Dabei wurden die Mauern mit den damals üblichen Abweichungen erfasst. Um die Ruine zu erhalten, wurden Die Mauerreste mit Erde abgedeckt. 2010 wurde die Messung mit wesentlich höherer Genauigkeit wiederholt und digitalisiert. Eine 3D-CAD-Simulation vom linken Teil der mehrteiligen Burganlage ist an einer Infotafel unter der Burganlage einsehbar.
Touristische Informationen eines Wanderweges im Umfeld der Burg

2011 erbaute der Schwäbische Albverein Ortsgruppe Hossingen eine neue Zugbrücke und einen Wanderweg zur Vorburg. Nachdem im Naturpark Obere Donau alle Holzbrücken am Radweg aus Sicherheitsgründen erneuert werden mussten, wurde eine feuerverzinkte Stahlbrücke mit wetterfestem Geländer aus Lärchenholz erstellt. Die im Mittelalter übliche Ausführung mit glatten Dielen und ohne Geländer ist heute europaweit nicht mehr zulässig. Die Brücke kann problemlos von Rollstuhlfahren und Senioren mit Rollatoren passiert werden. Eine Treppe zur Hauptburg ist geplant. Ein noch zu erstellendes Infozentrum auf der Vorburg wird derzeit als Premiumwanderweg zertifiziert. Die Texte erstellt derzeit das Landesdenkmalamt. Die gesamte Tour wird digitalisiert und kann später an allen 18 Infotafeln der Stadt Meßstetten aus dem Internet heruntergeladen werden. An den Masten von jedem Wegweiser befinden sich UTM Koordinaten, um verletzte Wanderer zu retten. Vom Bahnhof Albstadt, Haltestelle Lautlingen oder Laufen kann die Burg über die Hossinger Leiter-Heimatmuseum Hossingen erwandert werden. Aktuell wird die Beschilderung der Wanderwege in Meßstetten und Nusplingen komplett erneuert. Mit neuen gelben Wegweisern wird der Premiumwanderweg zur Burg 2013 ausgeschildert und momentan vom Deutschen Wanderinstitut zertifiziert. Baumstämme aus wetterfestem Douglasienholz sollen zukünftig die Umrisse der Burg darstellen.
Beschreibung
Bei der Burganlage handelte es sich um eine Spornburg mit Kernburg und vermutlich einem Wohnturm sowie einer Vorburg mit den Maßen von etwa 9 mal 27 Metern. Hinter den beiden Burgen standen die Scheunen. Von der Anlage sind noch wenige Mauerreste und zwei Halsgräben erhalten. Die Sperranlagen auf der rechten Talseite sind mit Ausnahme des Wachturms noch vollständig erhalten.
Literatur
- Paulus; Hartmann: Beschreibung des Oberamts Balingen. Herausgegeben vom Königlich statisisch-topographischen Bureau Württembergs, Kohlhammer Verlag,1880.
- Günter Schmitt: Burgen, Schlösser und Ruinen im Zollernalbkreis. Herausgegeben vom Landratsamt Zollernalbkreis, Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2007, ISBN 978-3-7995-0186-6.
- Günter Schmitt: Burgenführer Schwäbische Alb, Band 5 – Westalb: Wandern und entdecken zwischen Reutlingen und Spaichingen. Biberacher Verlagsdruckerei, Biberach an der Riß 1993, ISBN 3-924489-65-3, S. 339–346.
- Georg Miller: Heimatbuch Nusplingen.Herausgegeben vom Bürgermeisteramt der Gemeinde Nusplingen, Ernst Glückler Verlag Hechingen 1985
- Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung: ältere Arbeitskopie einer alten Flurkarte mit Abständen in Fuß von Meßstetten mit Berufen der Besitzer
- Hermann Kraus: Orts und Kirchengeschichte von Meßstetten. Herausgegeben zum 75.Jubiläum der Kirche, 1988
- Walter Stettner: Ebingen. Die Geschichte einer württembergischen Stadt. Thorbecke, Sigmaringen 1986. ISBN 3-7995-4094-6
- Wilhelm Maute: Vergessene Ereignisse aus fünf Jahrhunderten, zugetragen in der Stadt Ebingen. Silberburg, Tübingen 2000