Adresshandel
Unter Adresshandel versteht man den An- und Verkauf von Postanschriften potenzieller Kunden, die nach den jeweiligen Wünschen von werbetreibenden Unternehmen vorgefiltert und veredelt sind. Adresshandel ist ein Teil der Arbeitsabläufe im Direktmarketing. Ziel des Direktmarketings ist es, einen Empfänger als potenziellen Abnehmer zu identifizieren und persönlich so anzusprechen, dass dieser sein Interesse an dem Unternehmen bekundet und auf die Werbebotschaft reagiert (Response). Dazu werden die Postanschriften der potenziellen Abnehmer benötigt. Diese Adressen können über Adresshändler (auch Adressbroker, Listbroker) eingekauft werden.[1]
Nach einer Analyse des Bundeskartellamtes aus dem Jahr 2005 betrug das geschätzte Marktvolumen ca. 770 Mio Euro. [2]
Marktteilnehmer
Nicht-öffentliche Stellen
Der Markt wird in Deutschland von folgenden Unternehmen dominiert (alphabetische Reihenfolge):[3]
- ABIS GmbH (gehört zu Deutsche Post Adress GmbH & Co. KG)
- Acxiom Deutschland GmbH
- AZ Direct GmbH (gehört zu Arvato/Bertelsmann AG)
- Deutsche Post Direkt GmbH
- EOS Information Services GmbH (gehört zur Otto Group)
- Schober Information Group Deutschland GmbH
Ein Sonderfall sind Umzugsadressen, d.h. Anschriften von Verbrauchern und Firmen, die umgezogen sind. Ca. 8 Mio. Menschen in Deutschland ziehen jährlich um. Marktführer in der Aktualisierung von Umzugsadressen ist die Deutsche Post Adress GmbH & Co. KG, die die Daten aus dem Nachsendeservice der Deutschen Post AG vermarktet. [4]
Öffentliche Stellen
Arten des Adresshandels und der Adressveredlung
Unternehmen können Adressen für Werbezwecke zur einmaligen oder uneingeschränkten Nutzung und Integration in die eigenen Datenbanken erwerben. Es gibt Modelle, bei denen die Adressen nicht direkt an das werbende Unternehmen gegeben werden, sondern ein "Treuhänder", z.B der Lettershop, führt die Adressen und die werblichen Informationen zusammen, ohne dass dem werbenden Unternehmen der Adressbestand selbst bekannt wird. Erst wenn der angesprochene Kunde reagiert, erfährt das werbende Unternehmen die betreffende Adresse. Adresshändler bieten am Markt sowohl selbst aqkurierte Adressen als auch Fremdadressen an. Die Fremdadressen stammen aus den Kundendatenbanken von z.B. Versandhändlern, die ihre Kundenadressen im Rahmen des Listenprivilegs für Werbezwecke unter Beachtung der Vorgaben durch das Bundesdatenschutzgesetz an Dritte herausgeben können. Eine Zustimmung der Betroffenen ist nicht erforderlich. Die Qualität der Adressen kann über Filterkriterien an die Anforderungen des werbenden Unternehmen angepasst werden. Als Filterkriterien kommen z.B. Hobbies, geografische Einschränkungen, Alter, die bisherige Einkaufshistorie, das Bezahlverhalten und die soziale Einstufung der Gegend der Wohnadresse in Betracht.
Datenhandel und Scoring
Der technische Fortschritt beim Aufbau und der Auswertung von Datenbanken ermöglicht inzwischen die nahezu unbegrenzte Anreicherung und Kombination von Verbraucheradressen mit weiteren Daten. Diese Informationen werden inzwischen weit über die Neukundenakquise hinaus eingesetzt. Z.B. kann das soziale Umfeld einer Wohnadresse bei einem Einkauf im Internet darüber entscheiden, welche Zahlungmöglichkeiten angeboten werden (Vorkasse oder auf Rechnung). In Sekundenschnelle durchgeführte Bonitätsabfragen bei Auskunfteien entscheiden über die angebotenen Produkte und Vertragsbedingungen. Diese Mechanismen gehen weit über den traditionellen Adresshandel hinaus.