Kabinett (Politik)

Als Kabinett bezeichnet man in der Politik meistens eine bestimmte Regierung, genauer die Regierungsmannschaft, also die jeweilige Besetzung des Regierungschefs und seiner Minister in ihrer Gesamtheit. Daneben findet es sich aber auch als Bezeichnung anderer leitenden Stäbe auf Staatsebene, oder innerhalb einer Behörde.
Zur Begriffsgeschichte
Benannt ist das Kabinett nach der Kammer (Kabinett ‚[Hinter-]Zimmer‘), in der einst ein Herrscher seine engsten Mitarbeiter empfing. Der Kabinettschef war dann der Verbindungsmann zum Herrscher, eine Funktion, die man heute als Ministerpräsident (‚Vorsitzender der Minister‘), Ministerratsvorsitzender, Premierminister (‚Erster der Minister‘), Regierungspräsident, Regierungschef oder Kanzler bezeichnet − ursprünglich war der Kanzler der Leiter der Hofkanzlei, also oberster Privatsekretär des Monarchen. Wie sich die Stellung dieses Postens zum Kabinett und dem Chef des Kabinetts beziehungsweise Ministerkollegiums entwickelt, hängt von der Entwicklung des Parlamentarismus und politischen Systems im jeweiligen Land ab. Eine solche Stellung als Kanzler und Kabinettschef hat beispielsweise noch der Regierungschef des Fürstentums Liechtenstein, der als einziges Mitglied der Regierung vom Fürsten in Amt und Pflicht genommen wird.
In der Anfangszeit der bürgerlich gestellten Regierungsmitglieder hatten anfangs oft nur einzelne, besonders hochrangige Minister tatsächlich das Recht, direkt beim Monarchen vorzusprechen, während andere Eingaben über die Kanzlei zu machen hatten. In den Vereinigten Staaten beispielsweise ist heute entsprechend das United States Cabinet eine Runde des Präsidenten mit den wichtigsten Ministern.
Im Französischen bezeichnete man diese Gruppe, den Rat der Minister, ursprünglich als das Ministerium,[1] erst später geht der Ausdruck Ministerium auf das Portefeuille, also einen speziellen Zuständigkeitsbereich, beziehungsweise die Dienststelle (daher gibt es Minister ohne explizitem Ministerium, und Minister ohne Portefeuille), und dann auf die Beamtenschaft eines bestimmten Ministers beziehungsweise die Behörde im Ganzen über, wie man das Wort Ministerium heute so verwendet – während Ministerrat zeitgenössisch auch auf die multilaterale Zusammenkunft von Ministern mit gemeinsamen Portefeuille angewandt wird, also facheinschlägige Gremien, nicht Institutionen einer Regierung.
Im französischen Sprachgebrauch, der auch in der Europäischen Union verwendet wird, bezeichnet der Ausdruck Kabinett (cabinet) noch heute nicht die Regierung, sondern den Stab – also die engsten Mitarbeiter – eines Behördenleiters oder Politikers. Entsprechend gibt es unter anderem in jedem französischen Ministerium ein Kabinett, und so haben alle Kommissare, aber auch der Präsident des Europäischen Parlaments und Generaldirektoren der Verwaltung der einzelnen EU-Institutionen Kabinette. Daher ist ein Kabinettschef die „rechte Hand“ eines Politikers oder leitenden Beamten.
In Österreich wird ebenfalls nach französischer Art noch heute das Ministerkollegium Ministerrat (beziehungsweise [Bundes-]Regierung) genannt. Der [Bundes-]Kanzler als Regierungschef gilt – im Sinne eines Primus inter pares (‚Erster unter Gleichen‘) – als Mitglied des Ministerrats, er kann – muss aber nicht – auch ein Ministerium leiten, desgleichen der Vizekanzler. Mit Kabinett wird aber die Stabsstelle jedes einzelnen Ministers bezeichnet wird, das Kabinett des Umweltministers sind z. B. die engsten Mitarbeiter dieses Ministers, der Kabinettschef der oberste Beamte nach dem Minister. Der Begriff Kabinett bezeichnet dabei diejenige Gruppe, die entweder von einem neuen Behördenleiter eingesetzt, oder der weiterarbeitenden Beamtenschaft gestellt wird, die also bei Regierungswechsel ausgetauscht wird oder nicht (besonders dann, wenn ein Parteizugehörigkeitswechsel im Ministeramt stattfindet).
In Deutschland kommt das Wort Kabinett im Grundgesetz nicht vor. Es wird dennoch häufig verwendet, und bezeichnet die Regierung (Bundeskabinett,[2] Landeskabinett)
In Monarchien wie in den Niederlanden ist die Verwendung ebenfalls gebräuchlich, da man damit die Regierung ohne den Monarchen bezeichnen kann, der oftmals zwar nominell der Regierung angehört, aber keine Tagespolitik betreibt. Außerdem ist dort das Kabinettssystem verbreitet, in dem die gesamte Regierung Entscheidungen treffen muss, nicht (auch) der Regierungschef oder einzelne Minister wie in Deutschland.
Nomenklatur der Kabinette
Kabinette werden heute typischerweise nach dem Regierungschef benannt, und bei Umbildungen – nach Neuwahlen, aber auch aus anderen Gründen – nummeriert, so amtierte das Kabinett Papandreou I unter dem Ministerpräsident Andreas Papandreou von 1981, dem Wahlsieg und Amtsantritt, bis 1985. Papandreou amtierte noch eine weitere Legislaturperiode bis 1989 (Kabinett Papandreou II), und wieder 1993–1996 (Papandreou III). Das seines Sohnes 2009–2011 nennt man entsprechend Kabinett Giorgos Papandreou, und fügt auch den älteren Kabinetten heute ein Andreas zwecks Unterscheidung bei.
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ So in der Revolutionsverfassung 1791 ein ministère von sechs Funktionen: Justice, Intérieur, Contributions et revenus publics, Marine, Guerre, Affaires étrangères, vergl. fr:Ministère français #Historique
- ↑ Volker Busse, Hans Hofmann: Bundeskanzleramt und Bundesregierung. Aufgaben – Organisation – Arbeitsweise. 5., neu bearbeitete und aktualisierte Auflage, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-8114-7734-6.
vergl. auch Sitzungsprotokolle des Bundeskabinetts 1949–1964 beim Bundesarchiv