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Silicate

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Silikate sind in der Mineralogie natürlich vorkommende Silikate der allgemeinen Form

.

An die Stelle der Sauerstoff-Siliziumkomplexe können Hydroxid- oder Fluoridionen treten. Die Position der Metallionen wird zum Beispiel von Aluminium, Eisen, Calzium, Magnesium, Kalium, Natrium, gelegentlich auch von seltenen Erden und anderen eingenommen. In das Gitter von besonders weitmaschigen Silikaten kann auch Wasser eingelagert werden.

Die Geologie unterscheidet zwischen Silikatmineralen und technischen Silikaten. Die Erdkruste besteht zu über 90 Prozent, der Erdmantel fast vollständig aus Silikaten. Die häufigsten Silikate in der Erdkruste sind mit 50-60 Volumenprozent die Feldspäte. Andere wichtige gesteinsbildende Minerale sind Glimmer, Tonminerale, Amphibole, Pyroxene, Granat und Olivin.

Struktur

Allen Silikatmineralen ist ein gemeinsames Bauprinzip eigen, deshalb lassen sie sich relativ einfach in eine systematische Ordnung bringen.

Grundbaustein aller Silikate sind SiO4-Tetraeder. Ein Siliziumatom ist dabei von vier Sauerstoffatomen umgeben. Die Sauerstoffatome berühren sich wegen ihrer Größe, in der Mitte bleibt Platz für das relativ kleine Siliziumatom (der freie Raum heißt Tetraederlücke).

Eine weitere Eigenschaft der Silikate besteht in der Fähigkeit der Sauerstoffatome gleichzeitig an verschiedenen SiO4-Komplexen teilzuhaben. Daraus ergeben sich neben isolierten SiO4-Tetraedern weitere, zusammengesetzte Bauelemente:

  • isolierte Tetraeder
  • Doppeltetraeder
  • Ringstrukturen
  • Einfach- und Doppelketten
  • Schichtstrukturen
  • Gerüststrukturen

Silizium kann durch das sich chemisch ähnliche verhaltende Aluminium ersetzt (substituiert) werden. Solche Silikate nennt man Alumosilikate. Wird das vierwertige Silizium (Si4+) durch dreiwertiges Aluminium (Al3+) substituiert, muss Ladungsausgleich durch Einbau weiterer positiv geladener Ionen (Kationen) erfolgen. Das Al:Si-Verhältnis kann allerdings den Wert 1 nicht überschreiten, reine Aluminate kommen in der Natur nicht vor.

Systematik

Die Silikateminerale bilden wie bereits erwähnt eine äußerst ausgedehnte Mineralfamilie. Es treten große Unterschiede hinsichtlich chemischer Zusammensetzung, Kristallsymmetrie, Bindungsarten und Struktur der Grundbausteine auf. Es bestehen deshalb verschiedene Klassifikationsschemata für Silikatminerale, siehe dazu die Literaturhinweise. Das in Deutschland übliche Klassifikationsschema teilt die Silikate nach dem Grad der Polymerisation der SiO4-Tetraeder ein.

Klassifizierung nach dem Polymerisationsgrad der SiO4-Tetraeder

Inselsilikate (Nesosilikate)

Bei den Inselsilikate liegen isolierte SiO4-Tetraeder vor. Wichtige Vertreter sind z.B. Olivin (), oder Zirkon ().

Gruppensilikate (Sorosilikate)

Je zwei [SiO4-Komplexe sind über ein Sauerstoffatom zu Doppeltetraedern verbunden, wobei dieser sogennante Brückensauerstoff jedem SiO4-Tetraeder zur Hälfte angehört. Das Si:O Verhältnis ist damit 2:7. Diese Struktur kommt weniger häufig vor, ein Beispiel ist das Mineral Gehlinit (Ca2Al[(Si,Al)2O7]).

Ringsilikate (Cyclosilikate)

In Ringsilikaten sind die SiO4-Tetraeder zu isolierten Dreier-, Vierer- und Sechserringen gruppiert. Jedes Siliziumion teilt sich je zwei Sauerstoffionen mit zwei benachbarten Tetraedern. Daraus ergeben sich die folgenden Formeln für die Ringstrukturen :

  • [Si3O9]6-
  • [Si4O12]8-
  • [Si6O18]12-.

Beryll (Al2Be3[Si6O18]) und Cordierit ((Mg,Fe)2[Al4Si5O18]*nH2O) gehören zu den Ringsilikaten.

Zu den Inosilikaten gehören zwei wichtige Gruppen von gesteinsbildenden Mineralen: Pyroxene und Amphibole. Die Pyroxene bilden eindimensionale Einfachketten, dabei gehören je zwei der Sauerstoffionen gleichzeitig zwei Tetraederkomplexen an, woraus sich ein Si:O-Verhältnis von 1:3 ergibt (z.B. Diopsid (CaMg[Si2O6]).

Amphibole bilden eindimensionale Doppelketten. Dabei sind zwei Einfachketten seitlich über Brückensauerstoffe verbunden. Gegenüber den Einfachketten hat zusätzlich jeder zweite Tetraeder jeder Einfachkette mit seinem jeweiligen Nachbarn ein Sauerstoffion gemeinsam. Das Si:O-Verhältnis bei Doppelkettensilikaten beträgt 4:11. In solchen silikatischen Doppelketten sind Hohlräume vorhanden, in die (OH)-- und F--Ionen eintreten können. In der chemischen Summenformel wird das durch einen vertikalen Strich zum Ausdruck gebracht. Ein Mineral aus der Gruppe der Amphibole ist Aktinolith (Ca2(Mg,Fe)5[(OH)2|Si8O22]).

Schichtsilikate (Phyllosilikate)

Durch weitergehende Polymerisation bilden sich aus Kettenstrukturen zweidimensionale Schichtstrukturen von SiO4-Tetraedern. Innerhalb einer Schicht teilt sich dabei jedes Siliziumion drei seiner Sauerstoffionen mit seinen Nachbarn. Das Si:O-Verhältnis der Schichtsilikate beträgt 2:5. Zwischen den SiO4-Schichten befinden sich Hohlräume die mit (OH)-- und F--Ionen besetzt werden können.

Die Schichtsilikate besitzen eine weitergehende Systematik und werden unterteilt in Zwei- und Dreischichtsilikate, eine weitere Unterteilung berücksichtigt die Strukturen und Ionen, die sich zwischen zwei Tetraederschichten befinden.

Zu den Schichtsilikaten gehören Mineralgruppen wie Glimmer, Talk, Serpentin und Tonminerale, Beispiele sind Muscovit (ein Dreischichtsilikat) (KAl2[(OH)2|AlSi3O10]) und Kaolinit (ein Zweischichtsilikat) (Al4[(OH)8|Si4O10].

Gerüstsilikate (Tectosilikate)

Bei Schichtsilikaten gehört jedes Sauerstoffion gleichzeitig zwei benachbarten Tetraedern an. Dadurch entstehen dreidimensionale Netzwerkstrukturen.Es ergibt sich die chemische Summenformel SiO2, das ist Quarz. Für weitere Gerüstsilikate muss Silizium durch Aluminium ersetzt werden. Der Ladungsausgleich erfolgt durch Einlagerung von Kationen. Zu den Gerüstsilikaten gehören die Feldspäte und Feldspatvertreter, eine wegen ihrer Häufigkeit außerordentlich wichtige Gruppe von Mineralen. Beispiele sind Minerale aus der Mischreihe der Plagioklase (Albit - Anorthit): (NaAlSi3O8 - CaAl2Si2O8).

In das weitmaschige Gitternetz einiger Gerüstsilikate können sogar große Moleküle wie [[H2O|Wasser]] eingebaut werden. Bei hoher Temperatur entweicht das Wasser, wird jedoch bei niedriger Temperatur in mit Wasserdampf gesättigter Umgebung wieder ins Kristallgitter eingebaut. Diese wasserhaltigen Minerale gehören zur Gruppe der Zeolithe (z. B. Natrolith (Na2[Al2Si3O10]*nH2O).

Amorphe Silikate

Klassifikation nach Kostov (siehe Literatur)

Diese Einteilung beruht hauptsächlich auf der chemischen Zusammensetzung des Silikats und seiner Kristallmorphologie.
...

Klassifikation nach Zoltai (siehe Literatur)

...

Vorkommen

  • Silikate kommen in allen Wässern in niedriger Konzentration gelöst vor.
  • Manche Organismengruppen bilden kieselige Skelette, die Hauptproduktion erfolgt vermutlich durch planktonisch lebende Organismen wie Diatomeen und Kieselalgen. Manche Schwämme sondern ebenfalls kieselige Gerüststrukturen ab.
  • Alle erdähnlichen Planeten bestehen zu einem großen Teil aus Silikaten.

Verwendung

Als Schmuck- und Edelstein

Industriell

  • Talk ist vielseitig verwendbar. Er wird in der Farben- und Glasindustrie und als Schmiermittel verwendet. Als gemahlener (dann Talcum genannt) Grundstoff ist er in vielen Kosmetika enthalten.
  • Asbest (Chrysotil) wurde wegen seiner Isolier-, Dämm- und feuerfesten Eigenschaften beim Bauen verwendet ist aber wegen gesundheitsschädigenden Nebenwirkungen mittlerweile aus der Mode gekommen. Zur Herstellung feuerfester und korrosionsbeständiger Werkstoffe sind auch die Minerale Zirkon, Muscovit, Andalusit, Sillimanit und Disthen geeignet.
  • Kaolinit ist ein wichtiger Rohstoff für die Keramikindustrie z. B. zur Herstellung feuerfester Tiegel und von Mauer- und Dachziegeln.
  • Zeolithe finden Verwendung als Ionentauscher (sogenannte Molekularsiebe) und als Phosphat-Ersatz zur Enthärtung von Wasser in Waschmitteln, sogar als Nahrungsergänzung zur "Entschlackung".

weitere Verwendungszwecke?

Weitere Literatur

  • W. L. Bragg (1930): The stucture of silicates. Z. Kristallogr., 74:237--305.
  • W. A. Deer, W. A. Howie und J. Zussman (1982): Rock-Forming Minerals, Volume 1A: Orthosilicates. Longman, London, 2. Auflage.
  • I. Kostov (1975): Crystal chemistry and classification of silikate minerals. Geokhimiya, Mineralogiya i Petrologiya. 1:5--41.
  • F. Liebau (1962): Die Systematik der Silikate. Naturwissenschaften. 49: 481--491.
  • S. Matthes (1993): Mineralogie. Springer-Verlag, Berlin, 4. Auflage.("inzwischen gibt es eine neue Ausgabe, Datum unbekannt")
  • S. Na'ray-Szabo (1930): Ein auf der Kristallstruktur basierendes Silicatsystem. Z. Physik. Chem. Abt.. B9: 356--377.
  • H. Pichler und C. Schmitt-Riegraf (1987): Gesteinsbildende Minerale im Dünnschliff. Enke Verlag.
  • P. H. Ribbe (1982): Reviews in mineralogy Volume 5: Orthosilicates. Mineralogical Society of America, Washington, 2. Auflage.
  • J. V. Smith und W. L. Brown (1988): Feldspar Minerals, Volume 1. Springer-Verlag, Berlin, 2. Auflage.
  • H. Strunz (1978): Mineralogische Tabellen, 3, 7. Auflage Akademische Verlagsgesellschaft Gees & Portig, Leipzig.
  • W. E. Tröger (1952): Optische Bestimmung der gesteinsbildenden Minerale, Teil 1: Bestimmungstabellen. Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart, 4. Auflage.
  • W. E. Tröger (1967): Optische Bestimmung der gesteinsbildenden Minerale, Teil 2: Textband. Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart, ?. Auflage.
  • T. Zoltai (1960): Classifikation of silicates and other minerals with tetrahedral structures. American mineralogist. 45:960--973