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Kastell Almásfüzitő

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Kastell Almásfüzitő
Alternativname Azaum, Odiabum, Odiavens
Limes Pannonischer Limes
Abschnitt 1
Datierung (Belegung) Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr.
bis spätestens ins frühe 5. Jahrhundert
Typ a) Alenkastell
b) Kleinkastell
Einheit a) Ala I Bosporianorum
b) Ala III Augusta Thracum sagittaria
c) Equites Dalmatae
Größe a) ?
b) 166 × 203 m = 3,37 ha
c) 32,8 × 32,5 m
Bauweise a) Holz-Erde-Lager
b) und c) Steinkastell
Erhaltungszustand Das Areal wurde der industriellen Nutzung geopfert, anschließend verseucht und ist seither nicht mehr zugänglich.
Ort Almásfüzitő
Geographische Lage 47° 43′ 39,4″ N, 18° 16′ 38,2″ O
Höhe 112 m
Vorhergehend Legionslager Brigetio (westlich)
Anschließend Kastell Nyergesújfalu (Crumerum) (östlich)
Die Lage der Befestigung am oberpannonischen Donaulimes.

Das Kastell Almásfüzitő (lat. Azaum, Odiabum, Odiavens) war ein spätrömisches Militärlager, dessen Besatzung für Sicherungs- und Überwachungsaufgaben am Limes Pannonicus entlang der Donau zuständig war. Der Strom bildete in weiten Abschnitten die römische Reichsgrenze. Die nahe über dem Südufer entdeckten Reste des Kastells lagen in der östlichen Gemarkung der nordungarischen Gemeinde Almásfüzitő im Komitat Komárom-Esztergom. Nachdem das Areal ab 1976 durch den Bau eines riesigen Absetzbeckens mit hochgiftigem Rotschlamm verseucht worden ist, wird das Gelände heute nach Rekultivierungsarbeiten mit Humus abgedeckt.[1]

Lage

Von der Kupfer- über die Bronze- bis zur frühen Eisenzeit sind vorrömische Funde aus dem Umfeld von Almásfüzitő bekannt geworden. Kupferzeitliche Siedlungsspuren fanden sich auch unmittelbar unter den römerzeitlichen Kulturschichten.[2] Das von den antiken Ingenieuren geplante Kastell befand sich zwischen der Donau und der heutigen Landstraße Nr. 10. Am anderen Ufer des Flusses besaß der für Rom oftmals gefährliche germanische Stamm der Quaden seine Gebiete. Ihm galt die Hauptaufmerksamkeit der römischen Garnison. Der Militärstandort war in der zur Donau hin flach geneigten Landschaft strategisch gut auf einer Hochterrasse ausgewählt worden. Alte Quellen berichten von Sümpfen und Gewässer, die das Land um Almásfüzitő prägten. Westlich der Terrasse, von der aus die Besatzung einen guten Rundumblick hatte, konnte auf ein höher gelegenes Überschwemmunggebiet der Donau herabgesehen werden. Südlich und östlich dagegen gab es eine noch tiefer liegende Zone, die vom altholozänen Flussbecken gebildet worden war.[3] Zur Wasserversorgung diente der Fekete-Bach (Schwarzbach), der früher östlich des Kastells in die Donau mündete.[1] Östlich und westlich der antiken Wehranlage verlaufen die heutigen Landstraßen Nr. 1 und 10 weitgehend über der antiken Straßentrasse, während sie jedoch das Umfeld des Kastells in südlicher Richtung großräumig umgehen. Diese Richtungsänderung hat nichts mit dem Bau eines Alluminiumwerkes im 20. Jahrhundert zu tun, das sich seither über den römischen Strukturen erhebt, sondern ist schon auf historischen Karten nachweisbar. Südwestlich der Garnison gab es eine antike Weggabelung, die gleichfalls heute noch genutzt wird. Hier trennte sich während der römischen Epoche eine Abzweigung von der für Militär und Handel wichtigen Limesstraße und verlief in einem großen Bogen von Westen nach Süden zu der ebenfalls schon in der Antike besiedelten Region von Tata. Von dieser Stadt aus, lässt sich auch der Aquädukt nachweisen, der das nur 6 Kilometer[1] westlich von Odiavum gelegene Legionslager Brigetio mit Wasser versorgte.

Forschungsgeschichte

Besonders der südwestlich des Kastells gelegene, in Stein ausgebaute römische Schutzdamm, auf dem stellenweise die Limesstraße verlief, hat schon früh das Interesse der Gelehrten geweckt. So war das Bauwerk erstmals von dem italienischen Offizier und Geschichtsinteressierten Luigi Ferdinando Marsigli (1658–1730) gezeichnet und in der Folge von mehreren Forschern beschrieben worden.[4] Seit dem 19. Jahrhundert verläuft neben der Landstraße auch eine Bahnlinie im Bereich der Kreuzung auf dem antiken Damm. Das Kastellareal mit seinen sichtbaren Mauersockeln und Wehrgräben blieb noch bis 1881 unversehrt, als die Baureste zum Abbruch ausgeschrieben wurden. 1930 besuchte einer der damals führenden prähistorischen Archäologen Ungarns, Lajos von Marton (1876-1934), den Kastellplatz und fand zumindest die Gräben noch in einem gut sichtbaren Zustand vor. Ein Luftbild aus dem Jahr 1940 läßt den spätantiken Kastellgraben ebenfalls deutlich erkennen.[5] In der Folge blieb das Kastellareal und sein Umfeld bis 1976 relativ ungenutzt.[6] Doch dann wurde die Flur für den Bau eines großen Aluminiumwerks abgesteckt und die nahe der Donau liegenden römischen Kulturschichten mussten in diesem Jahr einem von mehreren Absetzbecken weichen, in die anschließend Millionen Kubikmeter Rotschlamm geleitet wurden. Die Dicke der Schlackeschicht erreicht in dem Becken auf dem Kastellplatz durchschnittlich 15 Meter. Nach der Aufgabe des Alluminiumwerkes wird das Areal heute rekultiviert.[1]

Bis zur Zerstörung von Kastell und Teilen des angrenzenden Lagerdorfs (Vicus), konnten die Archäologen nur einen sehr begrenzten Einblick in die antiken Kulturschichten gewinnen. Daher beruht das heutige Wissen über die Militäranlage auf den zwischen 1959 bis 1960 gewonnenen Grabungsergebnissen von Ferenc Fülep (1919–1986), den von 1971 bis 1973 erfolgten Notbergungen des ehemaligen Direktors des Kuny Domokos Megyei Múzeum in Tata, Endre Bíró, und historischen Luftbildern.[7] Der rund 500 Meter südwestlich des Kastells noch zugängliche Vicus wurde zwischen 1998 bis 2004 unter der Leitung von Friderika Horvath (*1970) in kleinräumigen Abschnitten wissenschaftlich untersucht.[2][8]

Name

Faksimile der für Almásfüzitő wichtigen Inschrift mit der Nennung von Odiavens.

Für den römischen Kastellort Almásfüzitő können zwei antike Namensvarianten identifiziert werden. Das Itinerarium Antonini, ein Verzeichnis der wichtigsten römischen Reichsstraßen aus dem 3. Jahrhundert n. Chr., nennt den Ort Azaum (Azao)[9] und in der Notitia dignitatum, einem römischen Staatshandbuch aus der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts n. Chr., ist er als Odiabum (Odiabo) bekannt.[10] Ein 1972 als Spolie im spätantiken Restkastell gefundener und heute in Tata aufbewahrter Altar für Jupiter und Juno bestätigt mit der Variante Odiavens[11] zusätzlich die korrekte Identifizierung dieser Garnison.[12] Vor dem Inschriftenfund war sich die Forschung einig, dass Azaum die richtige und ursprüngliche Namensform gewesen sein muß, da der Ort auf dem Siedlungsgebiet des einheimischen Stammes der Azali lag. Nun besteht auch die Möglichkeit in Azaum eine Variante von Odiabum/Odiavens zu sehen.[13] Neuere Überlegungen der Archäologin Horváth gehen davon aus, dass der Name Azaum noch von einer Niederlassung der Azaler herrühren könnte, die während der römischen Okkupationsphase Pannoniens im frühen 1. Jahrhundert n. Chr. in der Gegend des späteren Kastells bestand. Diese bis heute nicht entdeckte Siedlung wäre anschließend von einer römischen Gründung mit dem Namen Odiavum abgelöst worden.[1]

Baugeschichte

Prinzipat

Holz-Erde-Lager

Während der Freilegung des südwestlichen Eckturms hat Fülep Spuren eines unter dem späteren Steinkastell liegenden, frühen Holz-Erde-Lager nachweisen, ohne dass er jedoch eine zeitliche Datierung vornehmen konnte.[14] Nach Ausweis von Ziegelstempeln, die ab 1998 im Lagerdorf entdeckt wurden, ist die Lagergründung aller Wahrscheinlicheit nach während der Regierungsjahre Kaiser Trajans (98–117) erfolgt. Dies machen Stempel der Ala I Bosporianorum (1. Reitereinheit der Bosporianer) und der Legio XI Claudia Pia Fidelis deutlich, die wahrscheinlich in dem eng begrenztem Zeitraum von 101 bis 105 n. Chr. im nahen Brigetio stationiert war. Diese Funde stützten das zeitliche Gründungszenario, wie es unter anderem der Epigraphiker Barnabás Lőrincz aufgestellt hatte.[2] Die Ausdehnung des ersten Kastells ist unbekannt, doch als Reitergarnison wird sie ähnliche Dimensionen besessen haben, wie das Steinkastell.

Steinkastell

Seit den Regierungsjahren des Kaisers Hadrian (117–138) bis in die Spätantike kann mit Sicherheit die Ala III Augusta Thracum sagittaria cives Romanorum (3. bogenschießende Reitereinheit „Augusta“ der Thraker römischen Bürgerrechts) als Stammbesatzung für Almásfüzitő nachgewiesen werden. Die Thraker waren es auch, die unter Kaiser Antoninus Pius (138–161) das 3,37 Hektar große Steinkastell errichteten.[14] Davon zeugt eine Bauinschrift, die 1972 als Spolie verbaut im spätantiken Restkastell entdeckt wurde:[15]

[Im]p(eratori) Caes(ari) Divi
[Ha]dr(iani) f(ilio) Divi Tra(iani) Part(hici)
[ne]p(oti) Divi Nervae pro-
[nep(oti)] T(ito) Ael(io) Hadr(iano) Antoni(no)
[A]ug(usto) Pio p(atri) p(atriae) pontif(ici) max(imo) trib(unicia)
[pot(estate) --- c]o(n)s(uli) IIII sub C(aio) Cl(audio) Maxi-
[mo leg(ati) Aug(usti) pr(o) pr(aetore) ala III] Aug(usta) Thr(acum)
]sag(ittaria) ---]

Durch die Nennung des damaligen oberpannonischen Statthalters Caius Claudius Maximus kann die Erstellung der Inschrift auf die Jahre um 150 bis 155 n. Chr. gelegt werden.

Das damals errichtete, 166 × 203 Meter (=3,37 Hektar) große Kastell war mit seiner nordöstlich orientierten Praetorialfront, der dem erwarteten Feind zugewandten Schmalseite, genau zur nördlich vorbeifließenden Donau hin ausgerichtet. Die Anlage besaß den für die Prinzipatszeit typischen rechteckigen Grundriss mit abgerundeten Ecken (Spielkartenform). Neben den dort plazierten Ecktürmen besaß die Fortifikation an beiden Flanken je 6 und an den beiden Schmalseiten je 4 Zwischentürme. Die steinerner Umwehrung bestand aus einer 2,2 Meter starken Mauer, der zwei Doppelspitzgräben von je 3,5 Metern Breite vorgelagert war.[7] Hinter der Wehrmauer, im Lagerinneren, wurde aus dem Material der Gräben eine Erdrampe errichtet. Neben ihrer Nutzung als Mauerverstärkung wurde sie gleichzeitig als Wehrgang verwendet. Fülep konnte diese Rampe an der Westseite des Kastells zwischen der Via sagularis (Lagerringstraße) und der Steinmauer an mehreren Stellen nachweisen. Sie bestand aus gelben und schwarzen Rasenziegeln.[6]

Erst nach den Regierungsjahren des Kaisers Marc Aurel (161–180), wahrscheinlicher aber unter Kaiser Caracalla (111–117) erhielten die vier einspurige Tore des Lagers, die sich zu den Haupthimmelsrichtungen öffneten, je zwei sie flankierende Tortürme, die leicht aus dem äußeren Verband der Wehrmauer hervorsprangen.[7] Ein ähnlicher baulicher Befund konnte auch am Kastell Intercisa beobachtet werden. Dort wurde der steinerne Ausbau der Türme mit dem 214 erfolgten Pannonienaufenthalt Caracallas in Verbindung gebracht.[16] Der Umfang der Tortürme wird mit 6 × 6,5 Metern angegeben, die Innenfläche nahm 3,5 × 3,7 Meter ein. Die Via principalis, die das Westtor mit dem Osttor verband, war 9 Meter breit.[6]

Während einer zweiten Baupase im 3. Jahrhundert wurde der nördliche Torturm der Porta principalis sinstra, das Westor des Kastells, nach Osten zum Lagerinneren hin vergrößert. Gleichzeitig aber das Tor selbst mit einer geraden Mauer verschlossen.[6] Der Sinn dieser Maßnahme kann heute nicht mehr nachvollzogen werden, doch kommen ähnliche Torverschlüsse auch an anderen Limeskastellen in dieser Epoche vor. So wurde am raetischen Kastell Pfünz eine der beiden Zufahrten an der Porta principalis sinistra ebenfalls vermauert.[17]

Spätantike

Umbaumaßnahmen

Zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt während der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts entstanden anstelle der bisherigen quadratischen Ecktürme mächtige fächerförmige Turmbauten mit abgerundeter Front. Türme dieser Art sind typisch für den spätantiken Festungsbau, sie werden an vielen Garnisonsorten entlang des pannonischen Donaulimes beobachtet und können einer mehr oder minder langen, zusammenhängend organisierten Baukampagne zugeschrieben werden. Da sich die mächtigen Fächertürme weit über den Wehrmauerverband des Kastells in den Bereich des innersten Doppelgraben schoben, wurde dieser zugeschüttet. Dies machte den Aushub eines neuen, einzelnen Grabens notwendig, der nun in einem Abstand von 10 bis 12 Metern vor der Wehrmauer lag.[4] Eine am niederpannonischen Kastell Baracspuszta gefundene Münze, die während der Herrschaft des Kaisers Konstantin II. (337–340) geprägt worden war, gilt dort als Beleg für den frühesten Zeitpunkt dieser Umbaumaßnahmen.[18]

Einer anderen Bauphase gehört die Zusetzung von drei Toren des Kastells an, wobei nur die Porta Praetoria, das nördliche Haupttor, freigehalten wurde. Für den Verschluß wurde eine rund 0,80 Meter nach außen gewölbte U-förmige Vormauer oder ein entsprechend gestalteter Turm, der an den beiden Tortürmen ansetzte, errichtet. Auch für diese Maßnahme gibt es mehrere Parallelen am Limes Pannonicus. Im Zerstörungsschutt einer solchen Vormauer in Baracspuszta fanden sich 2005 insgesamt 50 gestempelte Ziegel des damaligen Oberkommandierenden der Provinz, Terentius dux, was eine ganz klare zeitliche Zuordnung – zumindest an diesem Kastellplatz – während der Herrschaft des Kaisers Valentinian I. (364–375) ermöglichte.[19]

Kleinkastell

In nachvalentinianischer Zeit wurde der Großteil des Garnisonsareals aufgegeben und in der nördlichen Ecke ein rautenförmiges, 32,8 × 32,5 großes Kleinkastell mit 2,2 Meter starken Mauern errichtet, das Bíró untersuchte.[1] Eine ähnliche Entwicklung ist auch von anderen römischen Militärplätzen entlang der Donau bekannt, so von Dunabogdány und Eining. Im Unterschied zu diesen Restkastellen übernahm die kleine Befestigung von Almásfüzitő jedoch keine Mauern der Vorgängeranlagen, sondern entstand vollständig autonom. Als Baumaterial fanden unter anderem Spolien aus Kastell und Vicus Verwendung. Bíró konnte innerhalb des Kleinkastells 3 verschiedene Umbauphasen unterscheiden, die viele noch offene Fragen auf die späte Nutzung der Anlage werfen.[6] Wie die Notitia dignitatum erwähnt, lag dort eine Einheit der Equites Dalmatae (Dalmatinische Reiter).[4]

Vicus

Wie die Grabungen im Lagerdorf ergaben, bestand die frühe Siedlung aus Grubenhäusern. In einem fand sich 1998 ein Ziegelstempel der Legio XI Claudia Pia Fidelis, die wahrscheinlich von 101 bis 105 n. Chr. in Brigetio stationiert war. Dieser stützte das zeitliche Gründungszenario, wie es unter anderem der Epigraphiker Barnabás Lőrincz aufgestellt hatte.[2]

Weitere römische Bauten

Das riesige Rotschlammbecken im Bereich des antiken Garnisonsortes überdeckt noch weitere römische Limeseinrichtungen. Dazu gehört neben Teilen des Vicus unter anderem ein spätrömischer Burgus auf dem Puszta-Hügel, der Damm der Limesstraße mit der Brücke über den Fekete-Bach sowie die römische Trasse vom Osttor zur Anschlußstelle an die Limesstraße mit einer dazugehörigen, weiteren Brückenkonstruktion.[3]

Schutzdamm

Die Szőnyer Walkmühle am Fekete-Bach. Das antiken Wasserbauwerk mit seiner Mündung in den Bach – heute im Bereich des Szőny-Füzitő-Kanals – ist gut erkennbar wiedergegeben.

Schon früh wurde der das Kastell und seinen Vicus schützende Damm im Südwesten und Süden der römischen Siedlung von Gelehrten untersucht. Mit diesem zumindest teilweise in Stein ausgebautem Bauwerk haben die Römer den Wasserstand über Jahrhunderte stark beeinflußt. Ziel dieser Baumaßnahme war es, die Garnison und ihre Infrastruktur trocken zu halten. Außerdem konnte so auch die Problematik der Straßenführung in der sumpfigen Region gelöst werden. Das von wasserabführenden Künetten begleitete Deichsystem, besaß höchstwarscheinlich zwei Zubringer. Einer hat an dem heutigen Szőny-Füzitő-Kanal gelegen, der andere wurde ab 1747 durch den damals angelegten Mikoviny-Kanal berührt, der recht nahe an den östlichen Vicus-Bereich heranreichte. Der letztendliche Abfluß in die Donau befand sich westlich der römischen Siedlung. Der östliche Bereich des Dammes wurde bereits von Marsigli detailliert dokumentiert. Er besaß zwei in Stein gefaßte parallel laufende Abzugsgräben zwischen denen sich eine aus Steinquadern errichtete Mauer erhob. In dem Bereich, an dem die Limesstraße das tief liegende altholozäne Donaubecken erreichte, wurde sie auf dem Damm weitergeführt. An der antiken Straßenkreuzung nach Tata hielt sich die abzweigende Straße weiter auf dem Hauptast des Deiches, während die eigentliche Limesstraße auf dem trockengelegten Grund nordöstlich weitergeführt wurde. Nach dem Abzug der Römer aus Pannonien – spätestens im ersten Drittel des 5. Jahrhunderts – verwahrloste das Bauwerk, blieb aber noch über viele Jahrhunderte in einem guten Zustand. Im 18. Jahrhundert bildete es den Feldrain zwischen den ständig streitbaren Szőnyer und Almáser Großgrundbesitzern. 1747 wurde der Ingenieur Samuel Mikovíny von Kaiserin Maria Theresia (1717–1780) mit der Trockenlegung der Sümpfe um Tata beauftragt. Der Ingenieur kartographierte zunächst das Gelände mit dem antiken Damm, bevor er seine Arbeit begann, die auch den Abbruch des antiken Bauwerks zur Folge hatte, wobei etliche Quader Wiederverwendung fanden.[8]

Wichtige Funde

Kastell

Trotz einiger bedeutender Fundstücke – wie den bereits genannten Inschriften – konnte das Kastellareal in den 1970er Jahren nicht gerettet werden. Aus dem bis dahin wenig bekannten Inneren wurden aus einer Brandschicht an der Porta praetoria der Maskenhelm eines römischen Reiters geborgen. Außerdem fand sich im Lager ein lebensgroßer Pferdeschwanz aus Bronzeblech, der wohl zu einem kaiserlichen Reiterstandbild gehört haben könnte.[2]

Für die Ortsgeschichte ist der zwischen 198 und 209 n. Chr. entstandene, bereits weiter oben erwähnte Weihestein für Jupiter und Juno wichtig, da er den antiken Namen der Ansiedlung nennt:

[I(ovi) o(ptimo)] m(aximo) et Iun(oni) Reg(inae)
p(ro) s(alute) dd(ominorum) nn(ostrorum) Augg(ustorum)
sac(rum) col(legium) fabr(um)
Odiavens
v(otum) s(olvit) l(ibens) m(erito)

Übersetzung: „Für Jupiter, den Besten, Größten und für Juno, der Königin, zum Heil unseres kaiserlichen Herren. Der geheiligte Verband der Städtischen Feuerwehr von Odiavens hat sein Gelübde gern und nach Gebühr eingelöst.

Vicus und Gräberfelder

Neben alltäglichen Gegenständen, wie einem Würfel aus Bein und einer kleinen Parfüm-Phiole wurde während der Grabungen zwischen 1998 bis 2004 zusätzlich zu den bereits genannten Ziegelstempeln eine mit grünem Emaille verzierte und vergoldete Brosche aus Silber gefunden, die einen sitzenden Vogel zeigt.[20]

In einem spätantiken Männergrab des 4. Jahrhunderts fand sich während der Grabungen zwischen 1998 bis 2004 eine bronzene Zwiebelknopffibel mit Niello–Einlagen. Diese Fibeln waren in spätrömischer Zeit typische Gewandteile des römischen Militärs.[20]

Meilensteine

1966 wurde in Almásfüzitő ein Meilenstein der im Jahr 238 n. Chr. regierenden Kaiser Pupienus und Balbinus entdeckt. Der Stein war von der in Brigetio kasernierten Legio I Adiutrix pia fidelis errichtet worden und maß von der oberpannonischen Hauptstadt Brigetio aus 2 römische Meilen. Ein weiterer Meilenstein wurde bereits während der Regierungszeit der Kaiser Valerianus (256–258) und Gallienus (253–268) im Jahr 257 n. Chr. aufgestellt und maß ebenfalls 2 römische Meilen von Brigetio aus.[21]

Fundverbleib

Die bedeutendsten Funde aus den Grabungen sind in das Kuny Domokos Megyei Múzeum in der Burg von Tata gebracht worden. Ein Auswahl an Funden aus den seit 1998 laufenden Grabungen im Lagerdorf können in der Gemeindebibliothek in Almásfüzitő am Fekete-István-Park besichtigt werden.[8] Einige Steindenkmäle wurde auch nach Komárom in das zum Klapka György Múzeum gehörende Lapidarium am Fort Igmándi verbracht.

Denkmalschutz

Die Denkmäler Ungarns sind nach dem Gesetz Nr. LXIV aus dem Jahr 2001 durch den Eintrag in das Denkmalregister unter Schutz gestellt. Zuständig ist das Staatliche Amt für das Kulturelle Erbe (Kulturális Örökségvédelmi Hivatal; KÖH) in Budapest. Alle Limesanlagen gehören als archäologische Fundstätten nach § 3.1 zum national wertvollen Kulturgut. Alle Funde sind nach § 2.1 Staatseigentum, egal an welcher Stelle der Fundort liegt. Verstöße gegen die Ausfuhrregelungen gelten als Straftat bzw. Verbrechen und werden mit Freiheitsentzug von bis zu drei Jahren bestraft.[22]

Siehe auch

Literatur

  • Friderika Horváth: Die römerzeitliche Siedlungskeramik im Vicus von Almásfüzitő (Odiavum/Azaum) anhand einer frühkaiserzeitlichen Grube. In: Xantener Berichte 13. Xanten 2003. S. 206–240.
  • Friderika Horváth: Terra Sigillata aus dem SW-Kastellvicus Azaum/Odiavum aus den Jahren 1998-2000. In: Ádám Szabó, Endre Tóth (Hrsg.): Pannonica. Provincialia et Archaeologia. Studia sollemnia auctorum Hungarorum. Festschrift für Jenő Fitz. Ungarisches Nationalmuseum, Budapest 2003. S. 139–196.
  • Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3806204888, S. 65–66.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Friderika Horváth: Das Auxiliarkastell Odiavum in Almásfüzitő. In: Specimina nova dissertationum ex Institutio Historiae Antiquae et Archaeologiae Universitatis Quinqueecclesiensis. Bd. 1., Nr. 13. Pécs 2009. S. 15–20; hier S. 15.
  2. a b c d e Friderika Horváth: Almásfüzitő római kori múltjának kutatásairól. In: Ókor 2006/1. Szám. S. 82–85; hier S. 82.
  3. a b Friderika Horváth: Das Auxiliarkastell Odiavum in Almásfüzitő. In: Specimina nova dissertationum ex Institutio Historiae Antiquae et Archaeologiae Universitatis Quinqueecclesiensis. Bd. 1., Nr. 13. Pécs 2009. S. 15–20; hier S. 18.
  4. a b c Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3-8062-0488-8, S. 60.
  5. Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3-8062-0488-8, S. 60 (Luftbild).
  6. a b c d e Friderika Horváth: Das Auxiliarkastell Odiavum in Almásfüzitő. In: Specimina nova dissertationum ex Institutio Historiae Antiquae et Archaeologiae Universitatis Quinqueecclesiensis. Bd. 1., Nr. 13. Pécs 2009. S. 15–20; hier S. 17.
  7. a b c Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3-8062-0488-8, S. 59.
  8. a b c Friderika Horváth: Das Auxiliarkastell Odiavum in Almásfüzitő. In: Specimina nova dissertationum ex Institutio Historiae Antiquae et Archaeologiae Universitatis Quinqueecclesiensis. Bd. 1., Nr. 13. Pécs 2009. S. 15–20; hier S. 20.
  9. Itinerarium Antonini; 246,3.
  10. Notitia dignitatum; Occ. XXXIII 29.
  11. Nach einer persönlichen Autopsie am Altar durch András Mócsy nicht Odiavenes, wie selbst im RIU (Die römischen Inschriften Ungarns), 1981, S. 13, publiziert. Siehe: András Mócsy: Pannonien und das römische Heer. Ausgewählte Aufsätze. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3515061037. S. 172.
  12. Endre Bíró: Azaum. In: Jenő Fitz (Hrsg.): Der Römische Limes in Ungarn. Fejér Megyei Múzeumok Igazgatósága, 1976. S. 39.
  13. András Mócsy: Pannonien und das römische Heer. Ausgewählte Aufsätze. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3515061037. S. 172.
  14. a b Friderika Horváth: Das Auxiliarkastell Odiavum in Almásfüzitő. In: Specimina nova dissertationum ex Institutio Historiae Antiquae et Archaeologiae Universitatis Quinqueecclesiensis. Bd. 1., Nr. 13. Pécs 2009. S. 15–20; hier S. 16.
  15. Barnabás Lőrincz, Péter Kovács: Neue lateinische Inschriften aus Komitat Komárom-Esztergom I. In: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik. Bonn 2010. S. 277 ff.; hier S. 278 Nr. 1.
  16. Zsolt Visy: Der pannonische Limes in Ungarn. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3-8062-0488-8, S. 101.
  17. Günter Ulbert, Thomas Fischer: Der Limes in Bayern. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-8062-0351-2, S. 99.
  18. Endre Tóth: Gruppe C. Festungen mit fächerförmigen Eck- und U-förmigen Zwischentürmen. In: Endre Tóth: Die spätrömische Militärarchitektur in Transdanubien. Archaeologiai Értesitő 134. Budapest 2009, S. 44.
  19. Endre Tóth: Die spätrömische Militärarchitektur in Transdanubien. Archaeologiai Értesitő 134. Budapest 2009, S. 52.
  20. a b Fanni Dénes: A régmúlt árnyai – régészet a fotóművészetben. In: Balogh Margit (Hrsg.): Diszciplínák határain innen és túl. (Fiatal kutatók fóruma 2/2006). Magyar Tudományos Akadémia (MTA), Budapest 2007. ISBN 978-963-508-547-7. S. 299–307; hier S. 302
  21. AE 2004, 01127
  22. Siehe hierzu: Kulturális Örökségvédelmi Hivatal