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Pulmonale Hypertonie

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Pulmonale Hypertonie (Abk. PH oder PHT) ist ein Begriff aus der Medizin und bezeichnet eine Gruppe von Krankheiten, die durch einen zunehmenden Anstieg des Gefäßwiderstandes im Lungenkreislauf mit darauf folgender Rechts-Herzinsuffizienz und vorzeitigem Tod charakterisiert sind.

Definition

Bei gesunden Menschen beträgt der mittlere Blutdruck in der Lungenschlagader (Pulmonalarterie) nicht mehr als 20 mmHg. Steigt er auf mehr als 25 mmHg in Ruhe oder 30 mmHg unter Belastung an, so spricht man von einer pulmonalen Hypertonie.

Einteilung

Die Einteilung der pulmonalen Hypertonie sollte heute nach der im Jahr 2003 auf dem 3rd World Symposium on PAH beschlossenen "funktionellen" Klassifikation erfolgen (s.u.). Daneben sind durchaus noch traditionelle Bezeichnungen gebräuchlich, wie etwa die Unterscheidung in eine primäre (IPAH und FPAH der neuen Klasifiaktion) und eine sekundäre (alle übrige Formen) pulmonale Hypertonie.

Funktionelle "Venedig"-Klassifikation 2003

  1. Pulmonalarterielle Hypertonie (PAH)
    1. Idiopathische Pulmonalarterielle Hypertonie (IPAH)
    2. Familiäre Pulmonalarterielle Hypertonie (FPAH)
    3. Pulmonalarterielle Hypertonie bei (APAH)
      1. Bindegewebserkrankung
      2. Angeborenen systemisch-pulmonalen Shunts (u.a. Herzfehler)
      3. Portaler Hypertension
      4. HIV-Infektion
      5. Medikamenten und Giftstoffen
      6. Anderen Erkrankungen (der Schilddrüse, Glykogenspeicherkrankheit, Morbus Gaucher, Splenektomie etc.)
    4. Pulmonalarterielle Hypertonie mit relevanter venöser oder kapillärer Beteiligung
      1. Pulmonale veno-okklusive Erkrankung (PVOD)
      2. Pulmonale kapilläre Hämangiomatosis (PCH)
    5. Persistierende Pulmonalarterielle Hypertonie des Neugeborenen (PPHN)
  2. Pulmonale Hypertonie bei Erkrankungen des linken Herzens
    1. Erkrankung des linken Vorhofes oder Ventrikels
    2. Mitral- oder Aortenklappenfehler
  3. Pulmonale Hypertonie bei Lungenerkrankung und/oder Hypoxie
    1. Chronisch obstruktive Lungenerkrankung
    2. Interstitielle Lungenerkrankung
    3. Schlafapnoe-Syndrom
    4. Alveolärer Hypoventilation
    5. Chronischer Höhenkrankheit
    6. Anlagebedingten Fehlbildungen
  4. Pulmonale Hypertonie aufgrund chronischer Thrombembolien
    1. Thrombembolischer Verschluss proximaler Lungenarterien
    2. Thrombembolischer Verschluss distaler Lungenarterien
    3. Nicht-thrombotische Lungenembolien (Tumor, Parsiten, Fremdkörper)
  5. Verschiedenes (Sarkoidose, Histiozytose X, Lymphangiomatosis etc.)

Idiopathische Pulmonalarterielle Hypertonie (IPAH)

Für diese selten auftretende pulmonale Hypertonie wurde bis heute keine Ursache gefunden. Die Veränderungen können trotz gesunden Herzens sehr ähnlich sein wie bei einer sekundären pulmonalen Hypertonie in Folge eines angeborenen Herzfehlers.

Pulmonale Hypertonie bei angeborenen Herzfehlern

Folgende angeborene Herzfehler können zur Entwicklung dieses Krankheitsbildes führen:

Arzneimittelbedingte Pulmonale Hypertonie

Eine der idiopathischen pulmonalen Hypertonie sehr ähnliche Form kann durch Arzneimittel, vor allem so genannte Appetitzügler (insbesondere Fenfluramin, Dexfenfluramin und Aminorex) ausgelöst werden, die allerdings bis zur Jahrtausendwende praktisch vollständig aus dem Verkehr gezogen wurden. Für diese Form der pulmonalen Hypertonie wurde eine arzneimittelbedingte Aktivierung von Serotonin-Rezeptoren (5-HT2B-Typ) und eine damit verbundene Veränderung (Remodelling) pulmonaler Blutgefäße verantwortlich gemacht.

Entwicklung der Pulmonalen Hypertonie

Zunächst stellen sich die Lungengefäße eng, verdicken ihre Gefäßmuskulatur und der Innenraum im Gefäß wird dadurch kleiner. Hält der Zustand über längere Zeit an, nimmt die Gefäßmuskulatur an Umfang zu. Danach folgt ein langsamer Umbau der Muskulatur zu Bindegewebe. Die Wand ist dann starr und unflexibel und in diesem Zustand ist eine Rückbildung nicht mehr möglich. Diesen Zustand nennt man einen fixierten Lungenhochdruck. Bei einer zusätzlichen Kalkeinlagerung in den Gefäßwänden und in den inneren Gefäßwänden spricht man dann von einer Sklerosierung der Gefäße.

Auswirkungen

Durch den Umbau der Lungengefäße wird immer weniger Sauerstoff über die Lunge aufgenommen. Das Allgemeinbefinden der Patienten und ihre Leistungsfähigkeit verschlechtert sich zunehmend und letztlich dramatisch.

Messung des Pulmonalarteriellen Druckes

Therapie

Eine dauerhaft erfolgreiche Behandlung setzt voraus, dass eine zur PH führende Grunderkrankung rechtzeitig beseitigt wird, bevor eine fixierte pulmonale Hypertonie eingetreten ist. Geschieht das zu spät oder ist es medizinisch nicht möglich, ist lediglich eine palliative Behandlung mit Medikamenten oder eine Lungen- oder Herz-Lungen-Transplantation möglich. Deswegen werden Kinder mit angeborenen Herzfehlern heute möglichst so frühzeitig operiert, dass sich eine pulmonale Hypertonie nicht entwickeln kann. Die technischen Möglichkeiten (Herz-Lungen-Maschine) und die chirurgische Erfahrung bei der Korrektur angeborener Herzfehler schon im Säuglings- oder Kleinkindalter liegt heute vor.

Die medikamentöse Therapie des pulmonalen Hochdrucks ist schwierig. Da Arzneistoffe mit einer behördlichen Zulassung für die Therapie der pulmonalen Hypertonie weitgehend fehlen (Ausnahme: Bosentan und Iloprost), können folgende Stoffe und ihre Kombination zum Teil nur im Rahmen eines Therapieversuchs angewandt werden:

  • Sildenafil (Viagra®) hat an den pulmonalarteriellen Gefäßen eine drucksenkende Wirkung.
  • Nitrate ( CAVE: Kombination mit Sildenafil)
  • ACE-Hemmer
  • Diuretika
  • Theophyllin
  • Bosentan (Tracleer®), Endothelin-Rezeptorantagonist
  • Iloprost (Ventavis®), stabiles Prostazyklinanalogon, eine inhalative und selektive Therapie.
  • Imatinib (Glivec®), ein Mittel zur Leukämie-Behandlung

Eine dauerhafte Sauerstoffgabe kann ebenfalls in einigen Fällen zu einer Besserung des pulmonalen Hochdrucks führen.

Bei Therapie der pulmonalen Hypertonie des Erwachsenen sind ein Nikotinverzicht des Patienten und eine Reduzierung eines vorhandenen Übergewichtes auf Normalgewicht unverzichtbar.

Spätfolgen

Bei angeborenen Herzfehlern, die nicht diagnostiziert wurden bevor sich eine fixierte PH entwickelt hat oder die nicht operabel waren, kann es durch den weiteren Druckanstieg im Lungengefäßsystem zu einer Shunt-Umkehr kommen. Der Lungendruck liegt dann über dem Druck im Körperkreislauf. Dieses Krankheitsbild wird als Eisenmenger-Reaktion bezeichnet. Die Patienten haben eine Zyanose und ihnen kann auf Dauer nur durch eine Herz-Lungen-Transplantation geholfen werden.